"Ich wünsche Euch allen, jedem
einzelnen von Euch, sein eigenes
Motiv der Empörung
zu seiner Herzensangelegenheit
zu machen, denn diese ist ein
kostbares
Gut. Wenn Euch etwas empört, so
wie mich der Nazismus empört
hat, dann wird
man streitbar, stark und
engagiert. So gestaltet man den
Lauf der Geschichte mit,
und der große Lauf der
Geschichte muss sich, dank jedem
Einzelnen, hin zu mehr
Gerechtigkeit und Freiheit
fortsetzen" - Stéphane Hessel
Stéphane Hessel war
ein großer Freund der
Palästinenser / Nachruf auf
einen bedeutenden Humanisten
Arn Strohmeyer
Stéphane Hessel, dieser große
jüdische Humanist, hat in seinem
kleinen Buch „Empört Euch!“ ein
ganzes Kapitel der
Palästina-Frage gewidmet. Über
die Zustände im Gazastreifen,
den er sechs Mal besucht
hat, und im Westjordanland war
er entsetzt. Er zitiert in
diesem Zusammenhang einen Aufruf
mutiger Israelis im Ausland, in
dem es heißt: „Ihr, die Ihr von
uns geboren seid, seht, wohin
unsere leitenden Männer und
Frauen dieses Land geführt
haben, nicht eingedenk der
grundlegenden menschlichen Werte
des jüdischen Glaubens.“
Er empfahl, den im Auftrag des
UNO-Menschenrechtsrates
erstellten Bericht des
südafrikanischen Richters
Richard Goldstone über Israels
Operation „Gegossenes Blei“
gegen den Gazastreifen an der
Jahreswende 2008/09 zur
Pflichtlektüre zu machen, weil
das israelische Militär dort
Akte begangen hat, „die mit
Kriegsverbrechen und vielleicht,
unter bestimmten Umständen, mit
Verbrechen gegen die
Menschlichkeit vergleichbar
sind.“(Zitat aus dem
Goldstone-Bericht)
Hessel schrieb, dass er die
Schlussfolgerungen aus dem
Goldstone-Bericht teile und
fügte hinzu: „Dass Juden
Kriegsverbrechen begehen können,
ist unerträglich. Leider kennt
die Geschichte nicht viele
Beispiele von Völkern, die aus
ihrer Geschichte lernen.“ Den
Gazastreifen bezeichnete er als
ein „Gefängnis unter freiem
Himmel für anderthalb Millionen
Palästinenser“. Er distanzierte
sich ausdrücklich vom
palästinensischen Terrorismus,
etwa den Raketenangriffen der
Hamas auf israelische Städte, da
er jede Gewalt ablehnte, gab
indirekt aber Israel die
Mitschuld an diesen Attacken,
indem er feststellte: „Aber ist
es wirklich realistisch zu
erwarten, dass ein mit unendlich
überlegenen militärischen
Mitteln besetztes Volk gewaltlos
reagiert?“
Er hielt es für die Sache der
Hamas abträglich, wenn sie
Raketen auf Israel schoss, fand
die Reaktion der eingesperrten
Palästinenser gleichzeitig aber
auch verständlich: „In der
Verzweiflung ist Gewalt ein
bedauerlicher Kurzschluss zur
Beendigung einer für die
Betroffenen unerträglichen
Situation. So gesehen ist
Terrorismus eine
Erscheinungsform von
Verzweiflung. Hoffnungslosigkeit
– diese Negativwort – beinhaltet
aber die Hoffnung. Die
Hoffnungslosigkeit ist die
Negation der Hoffnung. So
verständlich, fast naturgemäß
sie ist, kann man sie dennoch
nicht akzeptieren, denn aus ihr
kommt nichts, was eventuell
wieder Hoffnung sprießen ließe.“
Er warf dem militärisch so
überlegenen Israel den
schlimmeren Terrorismus vor. Im
großen Stil, wenn seine Waffen
im Krieg gegen den Gazastreifen
1400 Menschen – Frauen, Kinder
und Alte – umbrachten und
tausende verletzten. Und im
kleinen Stil, wenn israelische
Soldaten gegen gewaltlos für
ihre Rechte demonstrierende
Palästinenser in den besetzten
Gebieten mit scharfer Munition
vorgehen und die politisch
Verantwortlichen diese
friedlichen Proteste auch noch
als „gewaltlosen Terrorismus“
anprangern.
Wenn die israelische Politik
völlig einseitig ethnisch
ausgerichtet ist, nur den
Vorteil für die eigene Ethnie
sieht und damit den Hauptgrund
für den nun schon seit
Jahrzehnten andauernden
Nahost-Konflikt mit all seinen
Leid für die Menschen liefert,
war der Jude Stéphane Hessel,
ein Kosmopolit und Weltbürger.
Er, der dem Tod im Holocaust nur
mit knapper Not entkommen war,
zog die gegenteilige
Schlussfolgerung aus dem
monströsen
Menschheitsverbrechen: nicht für
die Rechte einer Ethnie allein
zu kämpfen, sondern sich für das
Rechte aller Menschen auf dieser
Erde einzusetzen. Er war ein
unermüdlicher Kämpfer für die
universalistischen Werte des
Judentums und deshalb für die
Menschenrechte ganz allgemein.
Seine Mahnung, sich gegen
Ungerechtigkeiten und Gewalt mit
„Empörung“ zu wehren, ist auch
nach seinem Tod aktueller denn
je.
The Russell Tribunal on
Palestine mourns the
passing of Stéphane
Hessel
- Brussels - 27 February
2013
Stéphane Hessel, author
of the bestseller « Time
for outrage », French
ambassador, human rights’
advocate and great
philosopher, died last
night at the age of 95.
The Russell Tribunal on
palestine (RToP) mourns
the passing of its
honorary president and
huge supporter.
Pierre Galand, RToP
general coordinator says
: « The Tribunal has
always ben his project,
and he was its soul as
he has always inspired
us with his ideas and
supported us with
concrete gestures. He
would have participated
in the last session of
the Tribunal, in
Brussels on 16 and 17
March, but now that he’s
passed away we will pay
him the tribute he
deserves. With his death,
we loss a last
eye-witness of the
drafting of the Human
Rights’ declaration. If
the World loses a great
personality and a
distinguished
intellectual and
activist, at a personal
level, I will miss him
as a comrade and a
friend ».
In all sessions of the
RToP held in Barcelona,
London, Cape Town and
New York, Hessel has
denounced the outragious
complicity of third
parties in the
continuous violation of
the Palestinian people’s
rights and the failure
by Israel to comply with
the international law.
He’s also called on
individuals and
organisations around the
World to put pressure on
the international
community so that
politicians and
decision-makers adopt
all possible measures to
reach peace in the
Middle East and enforce
the existing sanctions
on those countries which
don’t comply with UN
resolutions.
On 18 February 2013,
Stéphane Hessel gave a
last interview on his
involvement in the RToP.
The interview will be
published in a book by
the French publisher
Editions de L’Herne, due
out in mid March. You
can read the interview
at this link (French
only):
http://www.russelltribunalonpalestine.com/en/sessions/final-session/forthcoming-book-justice-pour-la-palestine-march-2013
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