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Israels Androhung, Gaza kein Wasser
mehr zu liefern, wäre eine komplette Katastrophe
Eva Bartlett, Elektronik-Intifada, 9. Dez.
2011
„Wenn man uns das Wasser nimmt, dann ist das nicht
so, als nähme man uns das Spielzeug weg. Wasser ist Leben- sie können
doch nicht so mit unserm Leben spielen“, sagt Maher Najjar,
stellvertretender Generaldirektor der Wasserversorgungsbetriebes der
Küstengemeinde (CMWU), über die neueste israelische Androhung, dem
besetzten Gazastreifen den Strom, das Wasser und die
Infrastrukturdienste abzustellen.
Damit ist alles betroffen: das Trink- und
Waschwasser, die Abwässer, die Kanalisation, Krankenhäuser, Schulen,
Kinder, sagt Ahmed al Amrain, Chef der Strominformation bei der
palästinensischen Energie- und nationalen Ressourcenbehörde (PENRA).
Die israelische Elektrizitätsgesellschaft liefert 60
% dessen, was der Gazastreifen benötigt, bezahlt von palästinensischen
Steuern und die von der israelischen Behörde eingenommen werden.
Gaza kauft 5% von Ägypten und versucht, die
restlichen 35% von Gazas einzigem Elektrizitätswerk zu bekommen, das
2006 von israelischen Bomben getroffen und sechs seiner Transformatoren
zerstörte.
Am 26. November drohte Israels stellvertretender
Außenminister Danny Ayalon, den israelischen Strom, das Wasser und die
Infrastrukturdienste, die 1,6 Millionen Bewohner des Gazastreifens
versorgen, abzuschneiden. Die Androhung ist Israels Reaktion auf die
Versöhnungsbemühungen zwischen der Hamas und Fatah-Partei, die vor
kurzem Treffen abhielten, bei dem sie zusicherten, zusammen zu arbeiten
und eine Einheitsregierung zu bilden.
„Dies ist die wahre Bedeutung von „kollektiver
Bestrafung“ sagt Jaber Wishah, , stellvertretender Direktor für die
Filialen des palästinensischen Zentrums für Menschenrechte (PCHR).
„Kinder, Frauen, Alte, Patienten, Studenten – alle sind von dieser
Androhung betroffen.
Den demokratischen Wahlen von 2006, die die Hamas an
die Macht brachte, folgte eine zunehmende schwere Belagerung durch
Israel, die die Palästinenser von den grundsätzlichen und wesentlichen
Waren abschneidet, einschließlich Viehbestand, Medikamenten, Maschinen
und Ersatzteilen und industriellen Diesel, um die Stromaggregate laufen
zu lassen. .
„Israel hat immer wieder den Strom abgeschnitten und
die Infrastruktur über die Jahre zerstört, aber jetzt ist es das erste
Mal, dass sie eindeutig damit drohen, alles abzuschneiden,“ sagt Wishah.
„Es ist absurd, die Bevölkerung mit ihrem Leben wegen politischer
Probleme zu erpressen“.
Das ist illegal.
Wishah und die israelische Menschenrechtsgruppe Gisha
bemerkt, dass Israel weiterhin den Gazastreifen besetzt und kontrolliert
– trotz des Auszugs der israelischen Siedler und der Militärbasen 2005
aus dem Gazastreifen.. ( nämlich die Luft, die Küste und rundum die
Grenzen.)
Nach dem Völkerrecht, sagt Gisha, ist Israel
verantwortlich für das Wohlergehen der Bevölkerung des Gazastreifens,
einschließlich des Stroms, des Wassers und einer funktionierenden
Infrastruktur.
Israel hat seit 2007 unter seiner Belagerung die
Menge an Brennstoff und industriellem Diesel, die in den Gazastreifen
gebracht werden darf, begrenzt. Die Folge davon sind die täglichen
Stromausfälle im ganzen Streifen, ja von 8-12 Stunden täglich; und die
Unterbrechung von Wasser, Kanalisation, Gesundheit und Bildung …
„Palästinensische Elektriker haben die israelische
Regierung darum gebeten, eine Hauptstromleitung , die vor kurzem von der
elektrischen Gesellschaft beschädigt wurde, zu reparieren. Aber die
israelische Regierung weigerte sich, dies zu tun,“ sagt Ahmed al-Amrain.
„Der Mangel an Strom“, sagt er, „zwingt die
Familien, Diesel für kleine Innengeneratoren zu kaufen, die zu schweren
Unfällen und Verbrennungen führen.
Mehr als 100 Palästinenser starben 2009 und im 1.
Quartal von 2010, berichtet Oxfam „ von Feuern, die der Generator
verursachte und durch CO-Einatmung.
Generatoren genügen auch nicht für Krankenhäuser, die
ständig mit Strom versorgt werden müssen.
Während sie erlauben, dass einige wichtige Maschinen,
auch bei Stromausfall laufen, andere Maschinen, wie Waschmaschinen
laufen nicht mit Generatoren. „Es ist nicht genügend Strom,“ sagt Amrain.“
„Sie sind nur für Notfälle und nur für kurze Zeiten. Sie sind absolut
keine alternative Lösung für Elektrizität im Gazastreifen. Blutplasma,
Medikamente, Krankenhaus-Essen, selbst Leichen brauchen eine bestimmte
Temperatur“, weist Gisha hin.
„Es wird eine richtige Katastrophe, wenn Israel den
Strom abschneidet. Dann wird die Hälfte der Bevölkerung keinen Zugang
mehr zu Wasser haben,“ sagt Maher Najjar. Gaza leidet seit Jahren an
einer zunehmenden alarmierenden Wasserkrise.
Im Augenblick sind 95% des Grundwassers kein
Trinkwasser – nach WHO-Standards, die einen Salz (Chloridgehalt)-Gehalt
von 250mg/Liter für akzeptabel halten. In Gaza hat das Wasser
durchschnittlich einen Gehalt von 800-1000mg/l Chlorid auf Grund des
Eindringens von Meerwasser,“ sagt Najjar.
Die WHO berichtet, Nitrate seien krebserregend, vor
allem wenn es über 330mg/l im sind , dies übersteigt weit die 50mg/l,
die noch annehmbar sind.
Das Eindringen des Meerwassers in das Grundwasser ist
eine Folge von beidem: man zieht zu viel Wasser aus dem
Gaza-Küstenaquifer und hält so die Wasserlinie sehr niedrig und hat
deswegen schon lange auch wegen der israelischen Besatzung und
Belagerung große Probleme mit Wasser. .
Seit 2000 haben wir Pläne, um die Wasserprojekte in
Gaza zu reparieren und auszubauen, aber bis jetzt konnten nur sieben von
100 Projekten fertig gestellt werden ,“ sagte Najjar.
Gisha stellt fest, dass CMWU seit Juni 2007 auf
Ersatzteile und Material, wie Röhren und Filter gewartet hat, Material
die von Israel unter der Belagerung des Gazastreifens verboten sind.
Diese Unmöglichkeit, die Röhren zu erhalten, verursachte 2004 einen
Wasserverlust von 30% und 2009 von 47%, was zur Folge hat, dass noch
mehr Wasser nach oben gepumpt werden muss. Das lässt den Wasserspiegel
noch mehr sinken und das Wasser versalzen.
Nach Najjar erhalten gerade 10% von Gaza 1,6
Millionen Bewohner jeden Tag Wasser. Weitere 40% bekommen alle zwei Tage
Wasser, weitere 40% erhalten jeden 3. Tag Wasser und 10 % nur einmal
alle vier Tage.
Die Unmöglichkeit, ständig Quellwasser in
Wasserleitungen zu pumpen, hängt mit der Zerstörung des natürlichen
Wasserflusses aus den besetzten Gebieten (Hebroner Berge) nach Gaza
zusammen.
„Israel hat mehr als 1000 Quellen rund um den
Gazastreifen für den eigenen Gebrauch gebohrt. Sie unterbrechen den
Wasserfluss, bevor er Gaza erreicht,“ sagt Najjar (Das wurde
mir schon 1995 in Gaza gesagt – vielleicht waren es damals noch nicht so
viel. ER).wurde
Während die Wassermenge, die von der israelischen
Mekorot (Nationale Wassergesellschaft) geliefert wird. nur gerade 5%
ausmachen, ist es die Androhung Israels, den Strom und die
infrastrukturellen Bedürfnisse völlig abzusperren, was die Bewohner von
Gaza am meisten quält. „Chlor wäre für unsere Wasserbehandlung
lebenswichtig. Ohne diese Behandlung können wir keinen Tropfen Wasser
pumpen“, sagt Najjar.
Schon aus Mangel an entsprechenden Strom- und
Behandlungsanlagen fließen bis zu 80 Millionen Liter von nur teilweise
geklärten Abwässern täglich ins Meer von Gaza und erhöhen so die Nitrate
und die Fäkalbakterien und die sich davon ableitenden Krankheiten.
2008 berichtete die WHO von einer gefährlichen Menge
fäkaler Bakterien an einem Drittel von Gazas Küste. Für 2010 berichtet
UNWRA, dass akute blutige Durchfälle und virusinfektiöse Hepatitis die
vermehrte Ursache von Krankheiten unter den Flüchtlingen im Gazastreifen
ist.
„Wir benötigen ununterbrochen Strom, damit die
Abwässer aus den Häusern in die Kläranlagen gepumpt werden können“, sagt
Najjar. Generatoren laufen während der Stromsperre, aber ohne
regelmäßigen Strom fließen die Abwässer durch die Straßen..
Im März 2007 floss ein Klärwassertümpel in Beit
Lahiya über und setzte fünf Wohnhäuser im nächsten Dorf unter Wasser.
Hamas bleibt dabei, es würde einen palästinensischen
Staat in den 1967er-Grenzen akzeptieren. Dies sind die Grenzen, die
Israel noch definieren muss aber weiter verwischt, indem es weiter
illegale jüdische Siedlungen baut und palästinensisches Land besetzt.
„Ich fürchte, die Israelis machen mit ihrer Androhung
ernst“, sagt Wishah, „weil sie gar nicht auf die internationale Meinung
achten, auch nicht auf die internationalen Gesetze und Konventionen, wie
die Genfer Konventionen, die sie mit unterzeichnet haben, die aber
kollektive Strafe verbieten. Sie tun aber so, als stünden sie über dem
Gesetz und jenseits jeder rechtlichen Verfolgung.
(dt. Ellen Rohlfs)
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