Israel schreibt seiner Anwendung von Entsalzungsanlagen und
Tropfbewässerung das Ergebnis zu, dass die Wüste nun blüht –
das ikonenartige Bild, das seit langem die Vorstellung
verstärkt, dass das Land des historischen Palästina ein
trockenes war, während Israels Weltzuschauer beeindruckt
sind von der Zauberei des jungen Landes mit Wasser.
Weniger
Aufmerksamkeit wird dem Knesset-Report von 2002 geschenkt:
fast vier Jahrzehnte nachdem Israels nationaler Wasserkanal
begann, das Jordanwasser zu Israels Zitrus-Obsthainen in die
Negev-Region umzuleiten. Der Bericht schließt damit, dass
die fortdauernde Wasserkrise – ein vertrocknender Jordan und
ein schrumpfendes Totes Meer – in erster Linie
menschengemacht sind.
Im Dezember
2011 berichtete Ben Ehrenreich von den nicht wieder gut zu
machenden Kosten solch landwirtschaftlicher Fülle. Sie
benötigt die Hälfte von Israels Wasser, während sie nur 3 %
zum BIP beiträgt. Trotzdem war die Extravaganz von der
Kommission für notwendig gehalten, die festlegte, es wäre
ein „zionistisch-strategisch-politischer Wert, der über
seinen wirtschaftlichen Wert hinausgeht.“
Aber da gibt
es noch ein anderes Motiv hinter dem Angebot des Mythos von
ewiger Wasserknappheit in Palästina. Wenn man behauptet,
dass man Trinkwasser aus nichts bereitet, hat man schon
erfolgreich seinen Diebstahl von etwas verschleiert.
Tatsächlich
haben die Palästinenser historisch keinen Wassermangel
gehabt. Aber die Charakterisierung Palästinas als ein extrem
trockenes Land hat, wie Clemens Messerschmid 2011 schrieb,
die Wasserkrise wie die Palästinenser sie tagtäglich
erleben, als naturgegeben charakterisiert. Gaza, das derzeit
von einer Wasserquelle lebt, die zu 95 % aus nicht
trinkbarem Wasser besteht, war einst eine Oase für Reisende,
die von Damaskus kamen und nach Kairo reisten. Diese
Geschichte – und andere – zu beachten ist wichtig angesichts
des begeisterten Lärms um Israels wundersamen
Wasserüberschuss, der einen Schimmer Hoffnung auf Frieden
und Zusammenarbeit verspricht. Es ist aber in Wahrheit eine
hilfreiche Verschleierung seines anhaltenden Diebstahls und
Ausbeuterei.
Die
Mythologie erlebt zur Zeit eine Renaissance
Zu Beginn
dieses Monats besuchte Netanjahu Kalifornien, das in diesem
Jahr extrem wenig Regen hatte, um mit dem Gouverneur Jerry
Brown einen Pakt zu schließen, der in etwa eine
Zusammenarbeit bei zukünftigen Projekten verspricht, vor
allem im Hinblick auf Wasserkonservierung und Produktion.
Den nervösen Kaliforniern gegenüber frohlockte Netanjahu:
„Israel hat kein Wasserproblem!“ Zweifellos erwartete er mit
diesem Wunder seine Zuhörerschaft zu blenden, bevor die
Tugenden der israelischen Innovation und Industrie
herunterbetete.
Die
Darstellung war eine phantastische Schau von Anmaßung und
Verlogenheit mit Blick auf die Tatsache, dass Netanjahus
Land seit langem den Palästinensern das Wasser stiehlt.
Der Besuch -
und die Botschaft, die er mit sich brachte - ist nur der
letzte einer Reihe von PR-Tricks, die treffenderweise „blauwaschen“
(blue-washing) genannt werden. Israel hat kein
„Wasserproblem“, weil es das Wasser der Palästinenser
stiehlt.
Der Dieb
Das
israelische Militär beherrscht seit 1967 bzw. 1974 alle
Wasserquellen in der Westbank und in Gaza. Ursprünglich
durch militärische Eroberung gewonnen, wurde die Kontrolle
nachträglich durch die Oslo-Abkommen bestätigt und, in
zunehmendem Maße, durch die Arbeit der Palästinensischen
Behörde und internationaler Nichtregierungsorganisationen.
Ein kurzer
Überblick über die staatliche Herrschaft der
Wasserressourcen zeigt, dass Israel den Jordan in den See
Genesareth umleitet, wie es Jordanien, Syrien und der
Libanon tun - und zwar auf ihr Land. Der Spiegel des Toten
Meeres sinkt daher ständig. Durch die Missachtung des
Völkerrechts gegen die Plünderung besetzter Gebiete
kontrolliert Israel den Bergaquifer – wovon 80 Prozent unter
dem Westjordanland liegen – und übernutzt ihn für die
Landwirtschaft wie auch die Pools und grüne Rasen der
Siedler. Im Jahr 2009 lieferte der Bergaquifer 40 Prozent
des Wassers für die israelische Landwirtschaft und 50
Prozent des Trinkwassers für die israelische Bevölkerung.
Israel nimmt
sich auch mehr als seinen Anteil aus dem Küstenaquifer, der
unter Gaza liegt, und leitet das Wadi Gaza in die
israelische Negev-Wüste um, bevor es Gaza erreicht.
Schließlich schließt die israelische Mauer günstigerweise
Brunnen und Quellen ein, die östlich von der Grünen Linie
liegen.
Angesichts
all dieser Wasserquellen ist es nicht verwunderlich, dass
Israelis locker etwa fünfmal so viel Wasser verbrauchen wie
Palästinenser.
1982
verkaufte das Verteidigungsministerium, damals geführt von
Ariel Sharon, die gesamte Wasserinfrastruktur der Westbank
an die halb-private Firma Mekorot für einen symbolischen
Schekel. Was einst ein militärischer Erwerb war, wurde das
Eigentum eines staatlichen Unternehmens. Heute kaufen die
Palästinenser in der Westbank mehr als die Hälfte ihres
Wassers von Mekorot, oftmals zu höheren Preisen als
benachbarte Siedler.
Die 1937
gegründete israelische Wasserfirma Mekorot spielte eine
wichtige Rolle im zionistischen Staatsaufbauprojekt; zu
diesem Zweck leistete es einen Beitrag zu Israels
Ausradierung seiner ursprünglichen Grenzen. Who Profits,
eine Organisation, die die israelische Besatzung überwacht,
stellt fest, dass es auf Mekorots Karte des nationalen
Wassersystems keine Grüne Linie gibt.
Mekorots
Wassermanagement stellt sicher, dass die Palästinenser an
die Abhängigkeit von Israel geknechtet bleiben – es ist
ihnen verboten, das unter ihnen fließende Wasser zu nutzen
oder ihre eigene Wasserinfrastruktur zu entwickeln. In den
Jahren nach der Usurpation der palästinensischen
Wasserressourcen durch Israel fiel die landwirtschaftliche
Produktion Palästinas massiv um 20 Prozent. Ungefähr 200 000
Palästinenser in der Westbank haben weder Zugang zu
fließendem Wasser, noch haben Palästinenser die Möglichkeit,
ohne ausdrückliche Erlaubnis, die selten gewährt wird,
selbst Wasser zu sammeln.
Mekorot
begeht diesen verbrecherischen Diebstahl ohne Unterlass,
während Israel behauptet, es habe die Lösungen für geringen
Regenfall und Wasserknappheit und dass Mekorot den
ausgetrockneten und bedürftigen Palästinensern humanitäre
Hilfe leiste.
Am 22. März
war Weltwassertag, ein Tag, der seit 1993 jedes Jahr in der
ganzen Welt begangen wird. Dieses Jahr wurde der Tag bewusst
gewählt als Auftakt zu einem einwöchigen Protest gegen
Mekorot – genannt internationale Woche gegen Mekorot -, der
am 30. März, dem Palästinensischen Tag des Landes, beendet
werden wird. Diese Kampagne ist wichtig angesichts der
zunehmenden Prahlerei Israels im Hinblick auf seine Stärke
in der Wassertechnologie.
Mekorot
startete seine internationale Expansion 2005; in jenem Jahr
wurde außerdem die Brand Israel Group ins Leben gerufen,
eine Multimillionen-Dollar-Initiative, um Israels
internationale Ansehen zu verbessern, wobei der Export von
Waren eine nützliche Rolle spielt. Israel wird präsentiert
als das Land mit den Lösungen für die schlimmsten
Bedrohungen der Erde – der Klimawandel, Dürre und
Wasserknappheit.
„Israel hat
die Herausforderung der Wasserknappheit angenommen und eine
Exportindustrie in Wassertechnologie aufgebaut“, schrieb
kürzlich Will Sarni von Deloitte Consulting, und merkte an,
dass die Exporte in sechs Jahren um 170 Prozent gestiegen
seien. McKinsey schätzt, dass der globale Wassermarkt der
dritt- oder viertgrößte Warenmarkt der Welt ist.
Und während
die Palästinensische Behörde Entsalzungsanlagen als Ersatz
für die Wiederherstellung von Wasserrechten für
Palästinenser seit langem ablehnt, akzeptiert sie heute
diese technischen Lösungen – ein weiteres Indiz ihrer
Ohnmacht als politische Instanz.
Doch trotz
alledem gibt es Einige, die sich von Israels Getöse und
Angeberei nicht einnehmen lassen. Befürworter von BDS - eine
Bewegung, die Boykotte und Sanktionen gegen Israel fordert –
haben bereits wichtige Siege gegen Mekorot errungen: Die
Niederlande und Argentinien haben kürzlich ihre Verträge mit
Mekorot aufgekündigt, wegen Mekorots Verletzung
internationalen Rechts.
Die
Bedeutung dieser Erfolge kann nicht stark genug betont
werden: Sie sind ein klares Zeichen dafür, dass der Ruf nach
BDS von Regierungsführern gehört wird und, vielleicht noch
wichtiger, dass Zionisten in ihrem unermüdlichen Bestreben,
ihre Verbrechen gegen die Palästinenser dem globalen
Vergessen anheim fallen zu lassen, versagen.