Ethnische Säuberung im
zionistischen Märchenland
Vacy Vlacna,
Palestinechronicle, 13.2.12.
„Die De-Arabisierung der Geschichte
Palästinas ist ein weiterer entscheidender Punkt der
ethnischen Säuberung. 1500 Jahre arabischer und
muslimischer Herrschaft und Kultur werden in Palästina
trivialisiert, Beweise seiner Existenz werden zerstört.
All dies wird getan, um die absurde Verbindung zwischen
der alten hebräischen Kultur und dem heutigen Israel zu
knüpfen. Das offensichtlichste Beispiel von heute ist
Silwan (Wadi Hilwe), eine Stadt direkt außerhalb der
Altstadtmauern Jerusalems mit etwa 50 000 Bewohnern.
Israel vertreibt Familien aus Silwan und zerstört ihre
Häuser, weil es behauptet, dass König David hier vor
3000 Jahren eine Stadt gebaut hatte. Tausende von
Familien werden obdachlos gemacht, damit Israel hier
einen Gedenkpark für einen König einrichten kann, der
vor 3000 Jahren hier gelebt oder auch nicht gelebt hat.
Keine einzige Scherbe eines historischen Beweises
existiert, die beweisen kann, dass König David jemals
hier lebte, doch palästinensische Männer, Frauen und
Kinder und Alte müssen mit ihren Schulen, Moscheen,
Kirchen und alten Friedhöfen und jedem Beweis ihrer
Existenz verleugnet bzw. zerstört werden, so dass
zionistische Ansprüche mit exklusiven Rechten auf das
Land untermauert werden können.“ schreibt Miko Peled,
ein israelischer Dissident.
Tatsächlich ist die Archäologie ein
Staatsapparat geworden und zwar für die ethnische
Säuberung der Palästinenser im zionistischen
Märchenland, auch City of David
Archaeological Park genannt, der im
palästinensischen Ort Silwan in Ost-Jerusalem liegt.
Ost-Jerusalem ist die erklärte
Hauptstadt des geplanten palästinensischen Staates. Es
wurde illegal im Sechstage-Krieg von Israel annektiert.
Nach dem Völkerrecht ist es verboten, im Krieg erobertes
Land zu annektieren. Die internationale Gemeinschaft
erkennt Israels Annexion von Ost-Jerusalem nicht an.
Trotzdem sind über 50 000 illegale Gebäude für 250 000
illegale israelische Siedler gebaut worden.
Das Ziel der archäologischen
Judaisierung der Stadt ist, Jerusalem in die Stadt
Davids, die Hauptstadt Groß-Israels zu verwandeln und
die gemischte Zusammensetzung der jüdischen und
palästinensischen Bevölkerung Ost-Jerusalems zu einer
rein jüdischen Identität unter israelischer
Herrschaft zu bringen.
Diese Judaisierung in Silwan wird von
der israelischen Regierung, der Stadtverwaltung von
Jerusalem und der rechten Siedlerorganisation Elad
durchgeführt : durch Widerruf der Bürgerrechte, durch
das Gesetz über Besitz Abwesender, durch
diskriminierende Steuerpolitik, Hauszerstörungen,
Transfer palästinensischer Bewohner, Umbenennung
arabischer Straßennamen in hebräische und die Ausdehnung
der Siedlungen, die Richard Falk, der
UN-Sonderberichterstatter in den besetzten Gebieten, als
eine Art ethnischer Säuberung bezeichnet, was nach den
Statuten der Internationalen Gerichtshofes als ein
Verbrechen gegen die Menschlichkeit definiert wird.
Außerdem sagt der Artikel 53 der Genfer Konvention:
„Jede Zerstörung von Land- oder persönlichem,
individuellem oder kollektivem Besitz durch die
Besatzungsmacht ist verboten.“
Die finanzielle Unterstützung der
Judaisierungs-Programme kommt weltweit von Hunderten
begüterter zionistischer Organisatoren und Stiftungen.
2005 verkündete die Archäologin Eilat Mazar, sie habe
den Palast des König David aus dem 10. Jhdt v.Chr.
entdeckt. Die Ausgrabungen in Silwan wurden durch das
Shalem Center finanziert, dessen zionistische Neokons
sehr in die Judaisierungsbemühungen investiert haben, um
dem Davidmythos einen historischen Mantel zu geben. Der
Shalemgründer Ron Lauder aus dem Estee-Lauder-Empire ist
ein kompromissloser zionistischer Extremist, ein
Likudnik und ein großer Teilhaber des israelischen
TV-Kanals 10 und der augenblickliche Vorstand des
Jüdischen Nationalfond (JNF) und Präsident des Jüdischen
Weltkongresses (JWC), der die israelische Besatzung
normalisiert. Seltsamerweise hatten Abbas und Erekat im
Januar in London ein internes Treffen mit Lauder, weil
sich das palästinensische Team weigerte, sich mit
Netanyahu zu treffen..
……
Elad wurde ohne Ausschreibung die
ausschließlich Kontrolle über den archäologischen Park
City of David gegeben, einschließlich des
Tunnelnetzwerks, das unter und rund um die
Al-Aksa-Moschee gegraben wurde. Bei Elads lukrativen
Touristik-Touren zu den „historischen“ Stätten – auch
wenn es keinen historischen Beweis von Davids und
Salomos Existenz gibt - werden historische Lügenmärchen
aus der jüdisch-biblischen Narrative erzählt wie z.B.
über den byzantinischen Wasserbrunnen, der als Jeremias
Brunnen ausgegeben wird. Die 8000 Jahre alte
palästinensisch-kanaanitische Geschichte wird vertuscht.
Im Dezember 2011 wurden australische
Besucher zu einer Fantasietour zum sog. Davidspalast
von der amerikanischen
Rundfunkgesellschafts-Moderatorin Rachael Kohn und dem
Archäologen Avner Goren eingeladen, die beide
überschwänglich Märchen über den mythischen König
erzählten und ihn mit George Washington verglichen und
wegen seiner zweifelhaften Authentizität vertrauensvoll
auf die Bibel hinwiesen.
In archäologischen Kreisen gibt es
eine anhaltende Kontroverse, in wie weit biblische Texte
mit der Geschichte gleich gesetzt werden können. In den
70ern schlug William Dever vor , anstelle von
biblischer Archäologie von syro-palästinensischer (
nicht syro-israelischer!) Archäologie zu sprechen , was
passender wäre und in akademischen Kreisen auch benützt
wird.
Archäologen .. aus der Kopenhagener
Schule folgern, dass die Bücher der hebräischen Bibel
während der persischen (oder hellenistischen) Periode
geschrieben wurden. Die historischen Bücher enthalten
tatsächlich erfundene Geschichten ( in denen einige vage
alte Legenden mit verarbeitet wurden) durch die die
lokale organisierte ( jüd.) Flüchtlingsbevölkerung sich
mit einer Mythos-Titelgeschichte versorgte, die mit dem
Land und einer Religion verbunden ist. Diese
Schlussfolgerung hat zwei wichtige Ergebnisse: 1. Dem
Bibelnarrativ über die politische, soziale und
intellektuelle Welt des alten Israel von Abraham bis zur
Zerstörung des Tempels fehlt der beweiskräftige Wert. 2.
Jedes Narrativ über das, was dem realen in der
zentralen Berggegend lebenden, israelitischen Volk
wirklich geschah und dessen Ära Archäologen die
Eisenzeit nennen, müssen sich allein auf archäologische
Daten gründen. Es gibt keine anderen authentischen
Quellen über ihre Geschichte.
Weithin wird akzeptiert, dass die
Bibel ihren schriftlichen Ursprung im 7. Jhdt v.Chr.
hat, also 300 Jahre nach David. Andere historische
Irrtümer wie die Paläste in Megiddo werden offiziell
Salomo zugeschrieben, gehören aber in eine Zeit lange
nach Salomos Zeit. Und Städte, die von Joshua im 14.
Jahrhundert v. Chr. erobert wurden, waren lange vor
dieser Ära zerstört wurden. Daniel Gavron kommentiert,
dass „die Geschichten von Abrahams Wanderung aus Ur in
Chaldäa, die Patriarchen, der Exodus, Sinai und die
Eroberung von Kanaan anscheinend alle auf Legenden
beruhen …“ Yuval Goren gibt zu, er habe eine unendliche
Reihe von falschen biblischen Texten verschiedener Arten
geprüft. Es gibt Dutzende, wenn nicht Hunderte solcher
Fälschungen, besonders aus der Zeit des 1. Tempels. Es
würde keine Übertreibung sein, wenn man sagt, dass der
Wissenszweig der biblischen Geschichte und Archäologie
in einer Weise verdorben worden sind, dass keine
schriftlichen Quellen irgendwie verlässlich sind.
Ein „Beweis“ von Davids Existenz
beruht auf einem Stück Stein, der in Tel Dan im
nördlichen Galiläa ( nicht in Jerusalem) gefunden
wurde. Auf ihm standen die Wörter „Beit David“, die
„Haus von David“ bedeuten könnte oder „Haus des
Geliebten“, aber eindeutig nicht König David. So ist es
auch mit der Scherbe, die am Tel Safi mit dem Namen
Goliath gefunden wurde und die ziemlich sicher nicht
Davids Goliath gehörte. Sie besagt aber, dass es solch
einen Personennamen in dieser Region und Zeitepoche
gab.“ Die erste alte Erwähnung eines israelitischen
Königs ist im 8. Jhdt v.Chr. in einem assyrischen
Dokument gefunden worden, das von einem „König Ahab von
Israel berichtet, der 2000 Wagen und 10 000 Soldaten
geschickt habe.“
Leben und Land ist für die
palästinensische Seele ein Synonym. König David mag ein
Mythos sein, aber es sind die heutigen einheimischen
Palästinenser, die aus dem eigenen Land Ausgestoßenen,
die allein mit dem Stein SUMUD ( Standhaftigkeit) in
ihren Händen täglich den militanten Horden
gegenüberstehen, die von den zionistischen Goliaths von
Milliarden- Dollar-Empires und christlichen Zionisten
unterstützt werden, dazu vom unterwürfigen US-Kongress,
einer verkommenen EU und von den verächtlichen,
unzulänglichen UN.
Dr. Vaci Vlazna ist Koordinatorin für
Gerechtigkeit in Sachen Palästinas. Sie war
Menschenrechtsberaterin im GAM-Team bei der 2. Runde der
Friedensgespräche in Helsinki im Februar 2005 …. .. Sie
hat diesen Artikel für Palestinechronicle.com
geschrieben.
(dt. und stark gekürzt:
Ellen Rohlfs)
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