Arn
Strohmeyer - 3.12.2019
Bei
der Lektüre von Gerhard Hanlosers Buch „Die
andere Querfront. Skizzen des antideutschen
Betrugs“ kommt einem der Vers aus Heinrich
Heines „Deutschland ein Wintermärchen“ in
Erinnerung, in denen es – in Prosa übersetzt –
heißt: Während den anderen Völkern Europas
(England und Frankreich) das Land gehört,
„besitzen die Deutschen im Luftreich des Traums
unbestritten die Herrschaft.“ Das ganze
Ideologie-Gebäude der Antideutschen muss man in
diesem Sinn verstehen: als eine Ansammlung von
Irrationalismus, Nonsens und Inhumanität, die
aber dennoch äußerst gefährlich ist.
Denn diese
abgehobene und marginale intellektuelle
Bewegung, von der die meisten Deutschen noch nie
etwas gehört haben dürften, hat es geschafft,
das Thema Antisemitismus so zu besetzen, dass
sie mit Unterstellungen, Denunziationen und
Rufmord, bestimmen kann, wer in diesem Land als
Antisemit zu gelten hat und wer nicht. Wobei ihr
natürlich ähnlich gesinnte Gruppen tatkräftig
zur Seite stehen. Da bleibt dann in sehr vielen
Köpfen etwas hängen, und niemand fragt dann nach
der Absurdität der verbreitenden Quelle oder
nach der Stichhaltigkeit des
Antisemitismus-Begriffs, den diese Leute
verwenden.
Gerhard Hanloser
zieht denn auch gleich auf der ersten Seite
seines Buches eine vernichtende thesenartige
Bilanz seiner Recherchen über diese Bewegung,
die er dann mit seinem Text im Detail belegt. Er
schreibt über die Antideutschen, deren Vertreter
so gut wie alle ursprünglich „Linke“ waren,
inzwischen politisch-weltanschaulich aber auf
die äußerst rechte Seite gerückt sind: „Wer
betrügt, irrt nicht, ihm ist jegliche
Legitimität seines Anliegens abzusprechen. Weder
taugen die Antideutschen als Kritiker/innen
deutscher Verhältnisse, noch ist von ihnen
irgendein kluger Gedanke zu erhaschen oder eine
Theorie über die hiesigen oder gar
internationalen Entwicklungen zu entnehmen;
schon gar nicht über den Antisemitismus, den sie
laufend beschwören. Sie sind mittlerweile
Bestandteil eines politische Lager
übergreifenden, Bürger- wie Staatenkriege
bejahenden Blocks, der jeglicher Emanzipation,
jeglichem Aufbruch, ja selbst der Verhinderung
des Schlimmsten, das heißt einer
autoritär-rechten Formierung von Gesellschaft
und Staat, entgegensteht.“
Hanloser deutet
hier schon den Weg an, den die Antideutschen
genommen haben: aus linken Nach-68er-Gruppen
(die meisten aus dem KB) mit einem immerhin noch
ansatzweise emanzipatorischen Anspruch zu einer
den Kapitalismus und seine Kriege bejahenden
Bewegung. Am Anfang stand dabei noch die
verständliche Angst, dass aus der deutschen
Wiedervereinigung nach dem Zusammenbruch des
kommunistischen Sowjetimperiums ein „Viertes
Reich“ hervorgehen könnte, daher auch ihr Name
„Antideutsche“. Auch Günter Grass hatte sich
ähnlich geäußert: dass nach Auschwitz eine
Neuformierung eines wiedervereinigten
Deutschland ein Unding sei, weil die deutsche
Teilung die gerechte Strafe für Auschwitz sei;
er befürchtete einen neuen deutschen
Großmachtchauvinismus.
Die Antideutschen
zogen aus dem Zustandekommen der deutschen
Einheit aber noch radikalere Schlüsse. Man müsse
wegen des Holocaust gegen Deutschland sein,
darin stimmten sie mit Grass noch überein, sie
leiteten aus dem deutschen Mega-Verbrechen dann
aber die Hauptmaxime ihrer ganzen Bewegung ab:
eine bedingungslose Solidarität, ja die totale
Identifizierung mit Juden bzw. Israel. Die Kette
der Schlussfolgerungen fand hier aber nicht ihr
Ende. Denn die nicht hinterfragbare Solidarität
mit Juden und Israel musste – nach ihrem
Verständnis des Nahost-Konflikts – zu einem
abgrundtiefen Hass auf die Palästinenser bzw.
alle Araber und Muslime führen, weil diese
Israel ja angeblich bedrohen.
Der Golfkrieg 1991
gegen den Irak Saddam Husseins und der Anschlag
auf das World Trade Center in New York (9/11)
und die anschließenden „Anti-Terror-Kriege“ der
USA fanden die volle Unterstützung der
Antideutschen, was wiederum dazu führte, dass
sie fanatische Anhänger der führenden Weltmacht
USA und ihres kapitalistischen
Wirtschaftssystems wurden. Was wiederum zur
Folge hatte, dass jede Kritik am Kapitalismus
und seines Finanzsystems als „Antisemitismus“
verleumdet wurde. Da die Kritik am Kapitalismus
in erster Linie von der Linken kommt, wurden die
Vertreter dieser politischen Richtung
(einschließlich Menschenrechtler und Vertreter
der Friedensbewegung) zum „antisemitischen“
Feind erklärt.
Linke, wenn sie
denn wirklich welche sind, denken eigentlich
universalistisch, also internationalistisch und
damit humanistisch und können so gesehen gar
keine Antisemiten sein. Aber die ideologischen
Purzelbäume der Antideutschen machten es
möglich: Aus den ursprünglichen Kritikern und
Gegnern des Kapitalismus wurden fanatische
Verteidiger des Kapitalismus und seines
neoliberalen Geistes. Ihr Hauptaugenmerk galt
und gilt also inzwischen der Erhaltung dieser
Wirtschaftsordnung, was natürlich automatisch
eine Delegitimierung jeder Kritik am
Neoliberalismus bedeutet, und damit ein mit
allen Mitteln – auch verleumderischen und
denunziatorischen – geführter Kampf gegen die
vermeintlichen „Antisemiten“ auf der linken
Seite des politischen Spektrums.
Gerhard Hanloser
beschreibt die politische Entwicklung und die
ideologischen Verrenkungen der antideutschen
Bewegung mit großer Ausführlichkeit, wobei am
meisten die ideologischen Rechtfertigungen der
Antideutschen verwundern, bezeichnen sie sich ja
bis heute als „Ideologiekritiker“. Der Begriff
Ideologiekritik stammt von Karl Marx und soll
die mangelnde Übereinstimmung von Denken und
Sein aufzeigen, also die Ursachen dieser
Diskrepanz analysieren. Was heißt: die
Ideologiekritik soll die gesellschaftlichen
Verhältnisse aufdecken, die dem Denken Schranken
setzen, soll also die herrschende Ideologie
einer Gesellschaft entlarven. Da die
Antideutschen sich von einer solchen kritischen
Sicht weit entfernt hatten, suchten sie Zuflucht
bei der Kritischen Theorie der Frankfurter
Schule.
Aber auch da
konnten sie nicht andocken, denn auch Theodor W.
Adorno und Max Horkheimer waren ja entschiedene
Kritiker des Kapitalismus. Ihr Ideologiebegriff
geht davon aus, dass der Kapitalismus einen
Warenfetischismus erzeugt, die Verhältnisse und
Beziehungen der Menschen untereinander also nur
noch Warencharakter haben. Auch die Ausbeutung
des Lohnarbeiters sehen sie als keineswegs
aufgehoben an. Die Ideologie erfüllt also eine
Rechtfertigungsfunktion, sie bestätigt und
kaschiert bestehendes Unrecht mit Idealen und
Theorien der Gerechtigkeit. Die Ideologiekritik
hat demnach die Aufgabe, die von der Ideologie
verdecke Ungerechtigkeit zu entlarven. Die
Antideutschen decken und klären aber nicht auf,
sondern produzieren selbst eifrig Ideologie. Der
israelische Sozialwissenschaftler und Philosoph
Moshe Zuckermann, der selbst bei Adorno und
Horkheimer studiert hat, kann sich auf beide
Frankfurter Denker in seiner Kritik an den
Antideutschen berufen, wenn er sagt, dass die
beiden Sozialphilosophen auch schon das Phänomen
gründlich untersucht haben, dass Bewegungen mit
einem ursprünglich emanzipativen Anspruch in ihr
poltisch-weltanschauliches Gegenteil umschlagen
können. Zuckermann merkt an, dass sich die
beiden kritischen Denker im Grabe umdrehen
würden, wenn sie noch realisieren könnten, was
da mit ihrem Gedankengut getrieben würde.
Hanloser schreibt
zu der ständigen „Aussonderung“ von Ideologie
bei den Antideutschen: „Ab 1991, als die Welt
nach dem Ende der Kalten-Kriegs-Ordnung in eine
neue chaotische Phase eintrat und vornehmlich
die USA als Hegemonialmacht mit meist
gescheiterten ‚Weltordnungskriegen‘ auftraten,
waren die ‚Antideutschen‘ mit diversen
Kriegslegitimationsideologien zur Stelle. Von
marxistischen und imperialismustheoretischen
Ansätzen verabschiedete man sich, um im
Nirgendwo einer haltlosen ‚Kritik‘ im Trüben zu
fischen, hauptsächlich projektiv zu agieren und
die Linke mit Polemik zu überziehen.“
Mit einem Zitat von
Matthias Küntzel, einem der tonangebenden
Ideologen der antideutschen Bewegung, belegt
Hanloser das eindimensional auf Antisemitismus
ausgerichtete Weltbild der Antideutschen:
„Welche Verheerungen der Antisemitismus auch
über nicht-jüdische Bevölkerungsteile zu bringen
vermag, zeigen nicht nur die Fotos deutscher
Großstädte von April 1945, sondern auch die
innenpolitischen Zustände in Gaza oder Iran.“
Hanloser
interpretiert diese Passage so: „Dieser Satz ist
paradigmatisch in mehrerer Hinsicht: Er zeigt,
wie stark für Küntzel der Antisemitismus alles
erklärt und letztlich für alles und überall
verantwortlich ist, womit andere Realitäten,
Fragen der Ökonomie, Krieg, Imperialismus oder
postkoloniale Besatzungspolitik beispielsweise
ausgeblendet werden. Der Zweite Weltkrieg und
der NS-Faschismus werden auf Antisemitismus
reduziert, genauso wie die ökonomische und
soziale Lage Gazas oder des Iran. Diese
Überblendungs- und Überschattungsstrategie ist
konstitutiv für einen im Kern unkritischen und
apologetischen Anti-Antisemitismus, der sich mit
der Betonung eines ‚neuen Antisemitismus‘
hervortut und dabei die Besatzungsrealität [in
Israel/Palästina) weitgehend ausklammert.“
An anderer Stelle
schreibt Hanloser: „In eine beispiellosen
Diskursverkehrung wird die Linke zur Antisemitin
gemacht und der antilinks disponierte
Verteidiger der herrschenden Ordnung hat als
Antisemitenjäger seine Performance und
präsentiert sich zuweilen mit Kippa.“ An diesem
Punkt haben auch andere Kritiker der
antideutschen Bewegung stets angesetzt. So
bezeichnet der Israeli Moshe Zuckermann das
Vorgehen der Antideutschen gegen „linke
Antisemiten“ als „verlogen“, „perfide“ und „denunziatorisch“.
Dem Antisemitismus-Vorwurf werde heute so gut
wie alles unterworfen. Jeder und jede, die sich
im öffentlichen Raum bewegen, könnten das Opfer
werden. Scharfrichterliche Gesinnungspolizisten
wachten darüber, dass das reine
Antisemitismus-Dogma – so wie es vor allem diese
Israel-Lobby versteht – auch eingehalten wird.
Der wirklich vorhandene und zu bekämpfende
Antisemitismus verschwinde dabei völlig hinter
der Verwässerung des Begriffes und seiner
zunehmenden Entleerung. Der keulenartig
vorgebrachte Antisemitismus-Vorwurf sei
inzwischen so wirkmächtig, dass viele schon im
Voraus – eingeschüchtert – in vorauseilendem
Gehorsam einknicken würden, obwohl sie sich gar
nichts vorzuwerfen hätten. Aber das
Sich-Verteidigen und In-Abrede-Stellen nütze
nichts, es werde dann eben als Beweis für
unbewussten Antisemitismus gedeutet. Soweit
Moshe Zuckermann.
Was bewegt junge
deutsche Intellektuelle – noch dazu ehemalige
Linke – sich einer so „verroteten“ Weltsicht (Hanloser)
und dem dazu passenden denunziatorischen
Vorgehen zu verschreiben, das stark an den
McCarthysmus in den fünfziger Jahren in den USA
erinnert? Die Antwort kann nur in einer ganz
offensichtlich misslungenen Aufarbeitung der
NS-Vergangenheit liegen – darin sind sich der
Deutsche Hanloser und der Israeli Zuckermann
einig. Hanloser zitiert das aufschlussreiche
„Läuterungserlebnis“ des schon erwähnten
antideutschen Ideologen Matthias Küntzel: Er sei
in den frühen 80er Jahren noch Antizionist
gewesen. In einem Bus in New York sei er mit
einer jungen Frau ins Gespräch gekommen. Er habe
sich als Deutscher vorgestellt, sie habe
geantwortet, dass sie Jüdin sei. Dieser Satz
habe ihn wie ein Schlag getroffen. Er habe
daraufhin mit der Frage geantwortet, warum die
Israelis die Palästinenser so grauenhaft
behandelten. Später habe er dann verstanden,
dass die Jüdin ihn offenbar mit seinen
virulenten Schuldgefühlen konfrontiert habe und
er sei reflexhaft zum Gegenangriff übergegangen.
Was, so kann man nur vermuten, bei ihm neue
Schuldgefühle ausgelöst hat.
Küntzel will durch
dieses Erlebnis seine Schuldverstrickung
verstanden haben, und sie treibt ihn auf die
Seite Israels und zur Identifikation mit diesem
Staat und gegen den „neuen islamischen
Faschismus“. Ganz ähnliche Prozesse müssen die
anderen Anhänger der antideutschen Bewegung
durchgemacht haben, um mit ihrem Schuldgefühl
fertigzuwerden. Hanloser führt als Gegenbeispiel
den 68er Dieter Kunzelmann an, den sein
Schuldgefühl auf die palästinensische Seite und
zur Al Fatah trieb. Den einen (Küntzel) zog es
also aus demselben Schuldgefühl heraus „zu
kriegerisch gestimmten globalen Werten“, die die
totale Identifikation mit Israel bedeuteten; den
anderen (Kunzelmann) trieb es „zum
antiimperialistisch-kämpferischen Weltgefühl für
die Schwachen.“ Mit ihrem Engagement im
Nahost-Konflikt versuchten sie beide, ihre
Schuldgefühle zu bewältigen. Aber beide Wege
sind Sackgassen, sinnlos und ohne Perspektive.
Aber sind das die
einzigen Schlussfolgerungen, die man aus dem
deutschen Mega-Verbrechen ziehen kann? Muss man
wie die Antideutschen auf einem so inhumanen
(human nur für Juden!) und
anti-emanzipatorischen Weg landen, der die
realen Verhältnisse völlig auf den Kopf stellt,
weil er die von den Zionisten vertriebenen und
unterdrückten Palästinenser als „judenmordende
Volksgemeinschaft Palästina“ denunziert, sie
also ausschließlich als „Terroristen“ und „neue
Nazis“ sieht, wie das in Israel üblich ist. Auch
dem Islam bzw. dem Islamismus werden
Gemeinsamkeiten mit der NS-Ideologie
unterstellt, was letztlich zu einem projüdischen
antiarabischen Rassismus führt. Wäre als dritte
Möglichkeit, Schlussfolgerungen aus dem
Holocaust zu ziehen, nicht auch das Bekenntnis
zu den universellen Menschenrechten denkbar, das
alle Menschen dieser Erde gleichermaßen in die
Pflicht nimmt, damit alles getan wird,
Verhältnisse zu schaffen, dass Auschwitz sich
nicht wiederhole (Adorno).
Der Israeli Moshe
Zuckermann stellt denn auch in Bezug auf die
Antideutschen und ihren richtigen Umgang mit der
deutschen Vergangenheit die richtigen Fragen und
kommt auch zu überzeugenden Antworten. In diesem
Punkt hält sich Hanloser eher zurück. Zuckermann
fragt, mit welchem Israel sich die Antideutschen
identifizieren und antwortet: Es ist ein
abstraktes, seiner Wirklichkeit quasi enthobenes
Israel, das man sich als ideologische
Zufluchtstätte zurechtkonstruiert hat, dabei
werden die Verbrechen Israels an den
Palästinensern aber völlig ausgeklammert. Die
Antideutschen nehmen also Israel in seiner
Realität gar nicht wahr, dieser Staat ist für
sie nur eine Projektionsfläche ideologisch
verformter deutscher Befindlichkeiten.
Zuckermann fragt:
„Sollte sich etwa die abstrakte Solidarität mit
einem völkerrechtlich verkommenen und
verbrecherischen Israel als eine
psycho-ideologisch motivierte Entlastung der
historischen Schuld der Deutschen erweisen? Man
misst diese Möglichkeit normalerweise der
deutschen Solidarität mit den Palästinensern
bei. Muss man nicht annehmen, dass sie sich viel
gravierender, wenngleich auch glänzend
kaschiert, in der überbordenden Solidarität mit
dem Judenstaat niedergeschlagen hat?“ Totale
Identifizierung mit Israel also, um das eigene
Schuldgefühl abzutragen. Der Fall Matthias
Küntzel belegt Zuckermanns These.
Aber Zuckermann
belässt es nicht dabei, er geht noch einen
Schritt weiter. Da die Antideutschen keine
Skrupel haben, auch Juden als „Antisemiten“ zu
denunzieren, wenn sie der Politik Israels
kritisch gegenüberstehen, (Zuckermann ist selbst
ständig ein solches attackiertes Ziel der
Antideutschen), sieht der Israeli hier „ein bis
zur Perversion verkommenes deutsches
Befindlichkeitsproblem“, ja „Hitlers
verlängerten Arm“ in Aktion. Er konstatiert
deshalb bei vielen Deutschen und natürlich auch
bei den Antideutschen „ein Residuum eines latent
antisemitischen Ressentiments, das sich – im
heutigen Deutschland tabuisiert – neue Wege und
Bahnen der legitimen Manifestation sucht. Nur
Antisemiten können Juden als Antisemiten
besudeln, um sich selbst von der erbärmlichen
Unwirtlichkeit ihres deutschen, allzu deutschen
Antideutschseins zu erlösen.“ Die gnadenlosen
Antisemitenjäger also selbst als verkappte
Antisemiten, weil sie mit ihrem Schuldgefühl
nicht fertig werden!
Gerhard Handloser
geht in seinem Buch nicht so weit, eine solch
exakte Analyse kann wohl auch nur ein selbst
betroffener Jude oder Israeli wie Zuckermann
vornehmen. Aber sie trifft den Kern und führt
die antideutsche Ideologie zugleich völlig ad
absurdum. Hanlosers Buch ist denn auch neben der
exzellenten Darstellung der Geschichte der
antideutschen Bewegung und der gelungenen
Analyse ihrer verqueren Ideologie zugleich ein
Abgesang auf diese Bewegung. Sie hat ihre
„beste“ Zeit längst hinter sich.
Dennoch – und auch
darauf geht der Autor ausführlich ein – hat
diese marginale Bewegung ihre nachhaltigen
giftigen Spuren in der deutschen Gesellschaft
hinterlassen. Ihr völlig undifferenzierter und
denunziatorischer Antisemitismus-Begriff, der
keinen Unterschied zwischen Judentum, Zionismus
und Israel und damit auch nicht zwischen
Antisemitismus, Antizionismus und Israel-Kritik
kennt, wird auch regierungsoffiziell, in den
Parteien und vielen Institutionen und
Organisationen sowie den deutschen Leitmedien
geteilt. Die Grenzen verwischen sich da. Ohne
diese Unterstützung im Rücken wären die
Antideutschen wohl völlig bedeutungslos
geblieben. Man hat eben dasselbe Problem mit der
nicht aufgearbeiteten deutschen Vergangenheit
und kompensiert das mit einem überzogenen
Philosemitismus.
Hanlosers Buch
leistet mit der Dekuvrierung der antideutschen
Bewegung einen wichtigen Beitrag über den
Zerfall kritischen Denkens und damit auch über
die Krise der Demokratie in diesem Land.
3.12.2019
Gerhard Hanloser
Querfront.
Skizzen des antideutschen Betrugs
Münster 2019 - ISBN 978-3-89771-273-7
- 18 Euro |