In der „weltoffenen“ Stadt Bremen
darf die Frage „Ist Kritik an der Politik des
Staates Israel antisemitisch?“ nicht öffentlich
diskutiert werden
Der Bremer rot-grüne Senat untersagt
Veranstaltung mit dem Theologen Martin Breidert
Arn
Strohmeyer
Die
freie und Hansestadt Bremen ist sehr stolz
darauf, eine „weltoffene“ Stadt zu sein. Das
wird bei jeder sich bietenden Gelegenheit immer
wieder betont. Nur wenn es ernst wird und
wirklich wichtige und auch brisante Themen zur
Diskussion stehen, dann präsentiert sich diese
„weltoffene“ Stadt eher als Bananenrepublik. So
ist jetzt aufgrund des Druckes der Senatskanzlei
und der zuständigen Staatsrätin der Vortrag des
Theologen Martin Breidert abgesagt worden, der
am heutigen Donnerstag im Bremer Überseemuseum
zu der Frage „Ist Kritik an der Politik des
Staates Israel antisemitisch?“ sprechen wollte.
Hinter der Absage soll ein Rechtsanwalt Schnarch
(Nomen est Omen!) stecken, der die Bremer
Behörden auf die „antisemitischen“ Charakter der
Veranstaltung aufmerksam gemacht haben soll.
Vermutlich (was man natürlich nicht belegen
kann) ziehen im Hintergrund auch die Bremer
Jüdische Gemeinde und die Deutsch-Israelische
Gesellschaft mit die Fäden. Sie sind gerade
dabei, die im Hause des DGB geplante Ausstellung
„Frieden ist möglich – auch in Palästina“ zu
verhindern.
Im
Bremer Rathaus hat man offenbar eine so große
Angst, in den Verdacht des Antisemitismus zu
kommen, dass man jede Courage verliert und beide
Augen fest vor dem verschließt, was in
Israel/Palästina seit Jahrzehnten geschieht. Da
wird offenbar auch gar nicht zur Kenntnis
genommen, dass gerade knapp einhundert jüdische
bzw israelische prominente Wissenschaftler in
einem Appell darauf hingewiesen haben, dass
Kritik an Israels Politik eben nicht
antisemitisch ist, wenn sie sachlich auf die
Menschenrechts- und Völkerrechtsvergehen dieses
Staates an den Palästinensern eingeht. Nicht
alle Unterzeichner des Appells teilen BDS, sagen
aber klar und deutlich, dass eine Diskussion
über BDS nicht antisemitisch ist. Dasselbe hat
auch die die Hohe Beauftragte der EU für Außen-
und Sicherheitspolitik Federica Mogherini immer
wieder betont. Den Appell der jüdischen und
israelischen Wissenschaftler hatten u.a. so
bedeutende Intellektuelle wie Noam Chomsky,
Judith Butler, Alfred Grosser, Moshe Zimmermann
und Moshe Zuckermann unterschrieben.
Am
Bremer Rathaus gehen solche Diskussionen
offensichtlich spurlos vorüber. In dieser
„weltoffenen“ Stadt zählt nur, was die Jüdische
Gemeinde und die Deutsch-Israelische
Gesellschaft verkünden. Für die Verantwortlichen
im Rathaus und die beiden Gesellschaften gibt es
offensichtlich nur eine maßgebende jüdische
Position zum Konflikt Israels mit den
Palästinensern. Das Judentum in Israel, in
Deutschland und in der globalen Diaspora ist
heute aber sehr divers und vielstimmig und
gerade in dieser Frage tief gespalten. Die Juden
gibt es nicht, sie bilden weder politisch,
religiös oder ethnisch eine geschlossene
Gemeinschaft. So sagt etwa der deutsch-jüdische
Schriftsteller Max Czollek, die Juden seien sehr
viel vielfältiger, als es ihre „öffentliche
Brauchbarkeit“ zulasse. Mit anderen Worten:
Pluralität der Meinungen und Ansichten ist im
Judentum völlig normal.
Aber nicht in Bremen. Da hält man an dem Dogma
fest, dass Judentum identisch ist mit dem
Zionismus, und über dessen Verbrechen darf man
nicht debattieren. Es soll eben nur eine
Position gelten, und das ist die offizielle
Israels. Das ist nicht nur eine grobe Verletzung
des in Artikel 5 des Grundgesetzes garantierten
Rechts auf die Informations-, Meinungs-, Presse-
und Wissenschaftsfreiheit, ein solches Vorgehen
ist, da es sich hier um ein elementares
Grundrecht der Demokratie handelt, ein direkter,
nicht zu akzeptierender Angriff auf diese
Staatsform. Dass ein von der SPD geführter Senat
zusammen mit den Grünen sich so an diesem
wesentlichen Grundrecht der Demokratie
versündigt ist eine Schande.
Das
Problem ist aber keineswegs neu. Bremen steht da
in einer langen Tradition. Die Feinde der
offenen Gesellschaft und damit eines offenen
politischen Diskurses waren schon immer tätig.
So schrieben Alexander und Margarete
Mitscherlich in ihrem bahnbrechenden Buch „Die
Unfähigkeit zu trauern“ schon 1977: „Mehrt oder
mindert sich die Toleranz, abweichende Meinungen
– auch solche, die uns ärgern – zu ertragen und
zu achten? Ist Gedankenfreiheit für die Bürger
unseres Landes zur unabdingbaren Forderung an
ihre Gesellschaft geworden? Mit anderen Worten:
Wird diese Freiheit lebendig empfunden, oder ist
sie ein günstiger Zufall, der wie in der
Weimarer Republik schnell wieder verloren gehen
könnte? Das sind Fragen nach der Stabilität des
Bewusstseins der Vielen, welche unsere
Öffentlichkeit ausmachen. Wo aber
Gedankenfreiheit nicht fortwährend kritisch
herausgefordert wird, ist sie in Gefahr, wieder
zu verlöschen. Denn sie ist an den schwächsten
Teil unserer seelischen Organisation, an unser
kritisches Denkvermögen, geknüpft.“
24.04.2019
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