Volk ohne Hoffnung -
Eine Reise zu den Palästinensern hinter der Mauer -
Arn Strohmeyer
Vorwort
Dieser
Bericht über die Situation der Palästinenser hinter der Mauer ist
nach Eindrücken auf einer Reise entstanden, die ich mit einer Gruppe
der Erwachsenenbildung aus Bremen nach Israel und in die besetzten
Gebiete gemacht habe. Anlass der Reise war, uns über die
Menschenrechtssituation „hinter der Mauer“ und die Chancen für einen
gewaltlosen Widerstand der Palästinenser zu informieren. Wir fanden
den Befund bestätigt, dass es in diesen Gebieten „israelische
Staatsbürger mit vollen Rechten und nicht-israelische
Nicht-Staatsbürger mit Nicht-Rechten gibt“, wie es ein israelischer
Autor formuliert hat. Dieser Satz drückt den Sachverhalt aber noch
zu milde aus, denn die Wahrheit ist: die Palästinenser sind der
vollkommenen Willkür ihrer Besatzer unterworfen. Ihre Lage ist
erschreckend und völlig hoffnungslos.
Die jüdischen Siedlungen breiten sich wie riesige, alles
beherrschende Festungen auf palästinensischem Land aus. Die Mauer
trennt Städte und Dörfer, Felder und Olivenhaine, Familien, Freunde
und Verwandte voneinander. Die Checkpoints und Straßensperren sind
jeden Tag Orte der Demütigung und Erniedrigung für die Menschen.
Landraub, Häuserzerstörungen und die ständigen willkürlichen
Verhaftungen – all das muss den Hass zwischen beiden Völkern nur
vertiefen und die Aussicht auf Frieden in immer weitere Ferne
rücken. Terrorismus – von welcher Seite auch immer – ist in einer
solchen Unkultur der Gewalt die notwendige Folge.
Ziel einer solchen Politik kann es nur sein, jedes gesellschaftliche
Leben und alle Ansätze zu einer politischen Staatenbildung der
Palästinenser im Keim zu zerstören. Auch sehr viele Israelis – wenn
auch leider noch nicht die Mehrheit – sind der Meinung, dass dies
ein Irrweg ist und ihr Land immer tiefer in dem menschlichen,
moralischen, sozialen, militärischen und politischen Morast der
Okkupation und Herrschaft über ein anderes Volk versinkt. Mit einer
solchen Politik untergräbt Israel seine eigene politische
Legitimität sowie seine moralischen und sicherheitspolitischen
Grundsätze. Das kann und darf uns Deutschen, die wir aus
historischen Gründen ein besonderes Verhältnis zu diesem Staat
haben, nicht gleichgültig sein. Freunde, die nie Kritik äußern, sind
aber keine wirklichen Freunde. Mit Antisemitismus hat das gar nichts
zu tun.
Ich bin mir bewusst, dass mein Bericht einseitig ist und nur die
Menschenrechtsverletzungen der einen Seite sieht, obwohl es die der
anderen Seite natürlich auch gibt. Aber diese Sichtweise ist durch
die einseitige Art des Konfliktes bedingt. Israel ist politisch,
wirtschaftlich und militärisch eine starke Macht, die Palästinenser
sind absolute Habenichtse, sie sind völlig machtlos und den Israelis
in jeder Beziehung unterlegen, ja ausgeliefert. Der
amerikanisch-jüdische Autor Henry Siegmann spricht von einer
„überwältigenden Ungleichheit zwischen Besatzern und Besetzten“. Die
Palästinenser haben der israelischen Übermacht nichts
entgegenzusetzen – außer ihr völkerrechtlich verbürgtes Recht auf
Widerstand. Es ist eine total asymmetrische Auseinandersetzung, die
seit Jahrzehnten im „Heiligen Land“ tobt. Und im übrigen: Kein
palästinensischer Soldat hat jemals in Israel als Besatzer
gestanden, kein Palästinenser hat jemals einem Israeli auch nur
einen Quadratmeter Land weggenommen und darauf Siedlungen gebaut,
kein Israeli muss in demütigender Weise palästinensische Checkpoints
passieren, kein Israeli ist von einer von Palästinensern gebauten
Mauer eingeschlossen. Deshalb der einseitige Blick auf die Tragödie
der Palästinenser. Israel als der so viel Stärkere könnte diesen
Konflikt heute oder morgen beenden, wenn es nur wollte.
Natürlich geben meine Reiseeindrücke nur einen kleinen Ausschnitt
des Geschehens in Palästina wieder, aber wenn man die unzähligen
medialen Quellen hinzunimmt, die zur Verfügung stehen, sowie die
Aussagen israelischer Menschenrechtsgruppen, dann kommt ihnen ein
hoher Grad zu verallgemeinernder Authentizität zu.
Ich bin mir der deutschen Verantwortung gegenüber den Juden und
Israel voll bewusst. Ich bin aber nicht bereit, die Augen vor dem zu
verschließen, was „hinter der Mauer“ geschieht. Wir Deutsche neigen
dazu, Israel zu idealisieren und in Schutz zu nehmen, um uns von
unserer historischen Schuld zu entlasten. Dass wir damit neue Schuld
auf uns laden, indem wir das demütigende und dem Völkerrecht
widersprechende Vorgehen Israels gegen die Palästinenser billigen,
wird dabei allzu oft übersehen.
Arn Strohmeyer - Bremen, Mai 2008
Vita Arn
Strohmeyer - Ich wurde 1942 in Berlin geboren. Aufgewachsen
bin ich im Osten Deutschlands, später in Soest in Westfalen. Das
Abitur habe ich in Göttingen gemacht, habe dann dort und in Bonn
Philosophie, Soziologe und Slawistik studiert und 1972 das
Magisterexamen abgelegt. Danach Tätigkeit als Redakteur bei
verschiedenen Tageszeitungen und einer politischen
Monatszeitschrift. Heute lebe und arbeite ich in Bremen.
Dieses Buch
kann für 8€ plus Porto beim Verfasser oder dem Verlag bestellt
werden.
ISBN 978-3-927723-71--9
Organisationen werden gerne Exemplare zum verbilligten
Preis
zur Verfügung gestellt. Informationen beim Autor.
Kontakt: arn.strohmeyer (at) web.de
http://www.arnstrohmeyer.de/
Inhalt
von „Volk ohne Hoffnung“
Vorwort
Der palästinensische Pastor Mitri Raheb in Bethlehem zur Situation
in den besetzten Gebieten
Die Deutsch-Palästinenserin Faten Mukarker berichtet über die Lage
in Bethlehem
Im Flüchtlingslager Deheishe
Erinnerungstag an die Nakba 1948: Zitate israelischer Politiker zur
Vertreibung der Palästinenser
Berichte von Palästinensern in Bethlehem über die Gewalt der
israelischen Soldaten
Besuch bei der israelischen Menschenrechtsorganisation „New Profile“
in Tel Aviv
Erinnerung an die Nakba 1948: Wie Jaffa „befreit“ wurde
Jerusalem – Stadt der Gegensätze
Besuch bei der Menschenrechtsorganisation „B’tselem“ in Jerusalem
Enteignete Dörfer, zerstörte Olivenhaine, jüdische Siedlungen –
Fahrt entlang der Mauer
Gesprayter Widerstand – Graffitis an der Mauer
Geisterstadt Hebron
Der Menschenrechtler Yehuda Shaul und seine Organisation „Breaking
the Silence“
Nachwort
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