ECCP-Brussels_19.11.2015
Die Kennzeichnung der
Produkte aus den Siedlungen genügt
nicht zur Erfüllung der
Verpflichtungen der EU
Am 11. November 2015
hat die EU neue Richtlinien für die
Kennzeichnung von Produkten aus den
illegalen israelischen Siedlungen im
Westjordanland herausgegeben. Das
ist aber nur eine symbolische Geste
der EU, um seine Politik der
Nicht-Anerkennung der israelischen
Souveränität über das Westjordanland
neu zu bekräftigen. Wie auch immer,
durch die bloße Kennzeichnung von
Siedlungsprodukten, im Gegensatz zu
deren Verbot, anerkennt die EU sie
de facto als rechtsmäßig, solange
ihre Herkunft ausgezeichnet ist.
Darüber hinaus möchte
ECCP die Beamten in der EU daran
erinnern, dass die Trennung zwischen
"Siedlungsprodukten" und
"israelischen Produkten" nicht nur
irreführend ist, sondern auch die
Realität der wirtschaftlichen
Ausbeutung des Westjordanlandes
durch Israel verschweigt. Täglich
werden Rohmaterialien aus den
besetzten Gebieten herausgeholt, um
innerhalb der israelischen Grenzen
zu Fertigprodukten verarbeitet zu
werden; israelische Banken geben
Siedlern im Westjordanland Geld auf
Hypotheken. Und die Liste könnte so
weiter gehen. Die Kennzeichnung von
Gütern aus den illegalen
israelischen Siedlungen wird nicht
die Klarheit schaffen, die angeblich
beabsichtigt ist. Sie trägt im
Gegenteil dazu bei, bei den
europäischen Konsumenten die
politische Ökonomie der Besatzung
noch mehr zu verschleiern.
"Das Völkerrecht
verbietet eindeutig die Ausbeutung
von Ressourcen (wie Land und Wasser)
eines besetzten Gebietes durch den
Besatzer. Tatsache ist, dass ein
hoher Prozentsatz der exportierten
israelischen Früchte und Gemüsen im
besetzten Jordantal (eines der
fruchtbarsten Gebiete Palästinas)
gezogen worden ist, und dass die
hoch subventionierten Industriezonen
in Atarot, Mishor Edumim und Barkan
(unter anderen) das Westjordanland
in zwei Teile teilen und die
Verschmutzung von palästinensischem
Land und Wasser verursachen. Die
Gewinne aus dem Export dieser Güter
nennt Shlomo Swirsky vom
israelischen Adva-Institut ein
Hindernis für den Frieden ("peace
disincentive"). Außerdem
machen sie die europäischen
Konsumenten zu Komplizen an einem
Verbrechen." (Shir Hever,
israelischer
Wirtschaftswissenschaftler).
Als Russland laut EU
im März 2014 die Krim rechtswidrig
annektierte, handelte die EU
schnell, um internationales und ihr
eigenes Recht voll wirksam
anzuwenden, und stoppte den Handel
mit Russland. Das Importverbot der
EU entsprechend seiner Politik der
Nicht-Anerkennung der Annexion der
Krim und von Sewastopol stellt die
Frage, warum eine solche
Nicht-Anerkennungs-Politik nicht im
Fall des Handels mit illegalen
Siedlungen in den besetzten
palästinensischen Gebieten angewandt
wird.
In diesem Fall
verlangt das internationale Recht
(Völkerrecht) die Nicht-Anerkennung
einschließlich eines Handelsverbots.
Aber bei der 48 Jahre
andauernden Besetzung Palästinas und
der immer weiter fortschreitenden
Enteignung von palästinensischem
Land durch Israel und dem Transfer
von (eigener) Bevölkerung in das
Westjordanland mit Hilfe der
illegalen Siedlungen (in Verletzung
der Vierten Genfer Konvention und
anderer internationaler Instrumente)
wendet die EU nicht die gleichen
Standards an.
Die Verpflichtung zur
Nicht-Anerkennung hat jeder
Mitgliedsstaat der EU. Wenn die EU
mit ihrer exklusiven Kompetenz für
Handel ihren internationalen
rechtlichen Verpflichtungen nicht
nachkommt, dann müssen
Mitgliedsstaaten dafür eintreten
und garantieren, dass sie selbst
keinen Handel mit Siedlungen treiben
und so ihre internationalen
rechtlichen Verpflichtungen brechen.
Die EU sollte in
ihrer Außenpolitik eindeutig und
konsequent sein und das Völkerrecht
nicht selektiv anwenden. Denn das
zeigt klar doppelte Standards und
ein Versagen der EU bei der gleichen
Anwendung internationalen Rechts im
Falle von Israel/Palästina
Deshalb ruft ECCP
– ein für Freiheit, Gerechtigkeit
und gleiche Behandlung des
palästinensischen Volkes kämpfendes
Netzwerk von 41 Organisationen aus
20 Ländern – die EU auf:
-
Restriktive
Maßnahmen gegenüber Israel
anzuwenden, einschließlich der
Suspendierung des
Assoziationsabkommens, um auf
Israel Druck zur Beachtung des
Völkerrechts auszuüben, und die
Unterstützung für die
israelischen Verletzungen des
Völkerrechts zu beenden.
-
Ihre
Unterstützung für die illegalen
israelischen Siedlungen durch
ein Verbot des Handels und
wirtschaftlicher Beziehungen zu
beenden, die dazu dienen diese
illegalen Siedlungen zu
erhalten.
-
Israelische
Rüstungsunternehmen und ihre
Subventionen von der Teilnahme
an Forschungsprojekten der EU
auszuschließen, auch im Rahmen
von Horizon 2020 und von
Unternehmen, die in irgendeiner
Weise von der Besatzung
profitieren.
Quelle:
http://www.eccpalestine.org/labelling-settlement-products-is-insufficient-for-fulfilling-the-eus-obligations/-
Übersetzung: K. Nebauer
(ECCP – European
Coordination of Committees and
Associations for Palestine) |