Verfechter
von "Tod den Arabern" ist Frontmann
der EU in israelischer PR-Kampagne
Jonathan
Ofir -
04.08.2017 - Die Europäische Union
hat letzte Woche eine Videokampagne
gestartet, um sich selbst ein
positiveres Image zu geben (auf der
Facebookseite der EU- Botschaft in
Israel) – und wer wäre besser als
Experte einzusetzen, als jemand, der
einen Genozid an den Palästinensern
befürwortet?
Electronic Intifada hat gestern
davon berichtet und mit dem Video
verlinkt, aber gerade, als der
Artikel heute vormittag
fertiggestellt war, wurde das Video
(von der Webseite) genommen. [...]
Das
Video zeigt viele Verbindungen
zwischen der EU und Israel, wie
Tourismus, Export und Import,
Kooperation im Bereich der
Technologie- und Rüstungsindustrie
und wird von Avishai Ivri
präsentiert.
Ivri
ist ein bekannter
rechts-nationalistischer Experte.
Letztes Jahr trat er bei einer
Diskussion der israelischen
Nachrichtenagentur Walla auf und
sprach erst über Elor Azarya, der
einen wehrlosen Palästinenser mit
einem Kopfschuss aus nächster Nähe
tötete:
"Eine
Ehrenmedaille für ihn dafür, dass er
den Terroristen erledigt hat", sagt
er. "Schade, dass er die Kamera
übersehen hat!" (damit bezog er sich
darauf, dass der Vorfall von einem
Palästinenser gefilmt worden war).
Er erklärt:
Ehrlich gesagt, es geht ja nicht
darum, dass Azarya einem Terroristen
eine Kugel in den Kopf eines
Terroristen geknallt hat – jeder
macht das. Es geht darum, dass er
erwischt worden ist ... er ist
gefilmt worden. Ich meine, die
Anklage wegen "Totschlags" sollte in
"fuck-up" geändert werden (fadiha
auf Hebräisch).
Die
Moderatorin lacht, die ganze
Diskussion ist richtig lustig,
niemanden scheint diese Sprache zu
stören. Etwas später, in der
Diskussion über Terror, sagt Ivri zu
seinen etwas weiter "links"
stehenden Gegenkandidaten:
"Ihr fragt uns immer, was ist eure
Lösung? Was ist eure Lösung? Hallo??
Wir
rufen nicht "Tod den Arabern", weil
es sich reimt!" (Die Anhänger der
Mitte lachen, richtig amusiert.)
"Wir rufen das, weil es unsere
Lösung ist! Wir
schreiben das, verdammt nochmal, mit
Spray an die Wand! Wie geheim, denkt
ihr, halten wir unsere Lösung?"
In dem
Bericht von Electronic Intifada über
die gestrige Geschichte der
EU-Kampagne werden viele Tweets von
Ivri über die Jahre vermerkt. Zum
Beispiel schrieb er während des
israelischen Gemetzels in Gaza 2014:
"Hier ist eine Strategie, die noch
nicht versucht wurde: 1.000 getötete
Araber
für
jeden Getöteten von unserem Volk",
twitterte er. "Ich denke, sie sind
uns
noch 5.000 von der letzten Woche
schuldig."
Eine
Woche zuvor hatte er eine
effektivere Lösung:
"Scheiss drauf! Radiert Gaza aus!",
schrieb er.
Ivris
letzte Woche gestartetes Video
spricht die Ängste wegen Europa an,
von denen vermutet wird, dass viele
Israelis sie haben. Er beginnt damit
folgendermaßen:
"Die EU – glaubt ihr, das sie
anti-israelisch ist? Lasst mich euch
überraschen."
Ivri
weist darauf hin, dass die EU ein
riesiger Markt ist, und spielt die
Vorteile der Handelskooperation
durch. Er erwähnt, dass 1/3 der
israelischen Exporte in die EU gehen
(im Wert von etwa 13 Milliarden
Dollar jährlich). "Sie lieben den
israelischen Export – und wir lieben
den ihren!" sagt er. Er vermerkt die
israelischen Importe von Gütern für
21 Mrd. Dollar. Dann verweist er auf
die Wertschöpfung durch den
Tourismus "für uns und für sie".
"Ihr
habt gedacht, die Eu wäre mit uns in
nichts einig?", fragt er und
beschreibt dann das "open
skies"-Abkommen: "Wir haben ihnen
freien Zugang zu unseren Flughäfen
gegeben, und sie haben uns freien
Zugang zu ihren gegeben – sie haben
500 davon!"
Er
stellt fest, dass jedes Jahr 2
Millionen Touristen nach Israel
kommen und zwei Milliarden Dollar in
Israel lassen. Er sagt, die Europäer
liebten den Agrar-Export von Israel;
80% des israelischen Exports von
frischen Agrarprodukten gehen nach
Europa, im Wert vom 1 Million Euro
pro Jahr, einschließlich natürlich
Cherrytomaten und Tahin. Dann geht
Ivri zur Technologie über – zu high
tech – zu Drohnen (die natürlich im
Kampf gegen die Palästinenser
getestet wurden), Bewässerung, und
Cyber-Sicherheit etc.
Nachdem er all diese Vorteile
aufgezählt hat, schließt Ivri:
"Es schadet uns auch nicht, wenn
wir mehr als mit allem anderen mit
technologischer Innovation
identifiziert zu werden... also,
wenn ihr das
nähste Mal von der EU hört, erinnert
euch daran – es sind die besten
Nachbarn, die wir haben!"
Die EU hat entschieden Ivri als
ihren Moderator (Präsentator)
einzusetzen. Klar, er hat eine
lustige Art, er kann reden. Aber
welche Botschaft sendet die EU den
Palästinensern? Was sagt sie den
Palästinenser, wenn sie diese Person
einsetzt? Was sagt das der Welt?
Kann
es sein, dass die EU nichts von
Ivris Empfehlungen für einen Genozid
gewußt hat? Sie müssen doch durch
einen Prozess der Suche nach einem
geeigneten Kandidaten gegangen sein,
der sie repräsentiert, das ist ja
keine kleine Aufgabe. Und
schließlich hat Ivri seine Ansichten
nicht gerade geheim gehalten, so wie
er sagt, "schreibt er es verdammt
nochmal an die Mauer".
Haben
denn die EU-Beamten nicht die
Schreibe auf Ivris Genozid-Mauer
gesehen? Oder haben sie gedacht, was
noch schlimmer ist, dass eine Person
mit seinen Ansichten beim
israelischen Publikum gut ankommen
wird?
Vielleicht hat die EU nicht genug
aufgepasst. Es scheint, dass das
eher typisch ist für den Botchafter
der EU in Tel Aviv, Lars
Faaborg-Andersen. Im März letzten
Jahres nahm er an einer
anti-BDS-Konferenz in Jerusalem
teil, auf der der israelische
Geheimdienstminister eine "gezielte
zivile Eliminierung" von
palästinensischen
Menschenrechtsaktivisten forderte –
wobei er einen Begriff verwendete,
den das israelische Militär als
euphemische Umschreibung von
außergerichtlichen Exekutionen
benützt. Speziell BDS-Führer Omar
Barghouti wurde als ein Ziel für
Vertreibung genannt, und Amnesty
International bekundete "nach den
Anspielungen von israelischen
Ministern auf Bedrohungen wie
Körperverletzung und die Aberkennung
von Rechten, ihre Befürchtung für
die Sicherheit und Freiheit des
palästinensischen
Menschenrechtsaktivisten Omar
Barghouti und andere
BDS-Aktivisten".
Aber
Faaborg-Andersen hat nicht viel
mitbekommen. In einer Antwort auf
eine Frage des israelischen
Aktivisten Ofer Neiman während eines
Facebook live chats verteidigte
Faaborg-Andersen seine Rolle auf der
anti-BDS-Konferenz:
"Ich habe an der Konferenz
teilgenommen, um die Position der EU
zu BDS zu
erklären, das die EU nicht
unterstützt. Ich habe auch die
Positionen der EU
zu
den Siedlungen erklärt, die aus der
Sicht der EU illegal sind, und zur
korrekten Angabe der Herkunft von
Gütern, die aus israelischen
Siedlungen
in
die EU exportiert werden. Das heißt
nicht, dass ich den Bemerkungen der
israelischen Minister auf dieser
Konferenz zugestimmt hätte, und ich
habe
auch niemanden das Leben eines
anderen bedrohen gehört."
Demnach wird vielleicht die
Botschaft der EU behaupten, sie
hätten nicht gehört, dass Avishai
Ivri "das Leben von irgendjemandem
bedroht" hätte.
Warum
sich überhaupt über Genozid
aufregen?
Demnach wissen die Israelis, dass
sie von der EU nichts zu fürchten
haben. Wie die USA gibt auch die EU
ihnen gelegentlich einen Klaps auf
die Hand, die Israelis schreien
"Antisemitismus!" und alle machen
weiter (wie bisher). Und nichts
geschieht. Der Handel geht weiter,
auf dem Rücken der Palästinenser.
Quelle Übersetzung: K.
Nebauer
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