Wie wenig der gemachte Skandal um die Documenta
mit "Werten" und jüdischen Positionen gemein hat.
Schon wieder einigen Funde eindeutiger Diffamierung,
des eindeutigen Missbrauch des Holocaust.
Die falschen Freunde Israels in Aktion:
Ist die documenta noch zu retten?
Offener Brief an den documenta 15-Aufsichtsrat, an die Bundesregierung und an die Medien
Von Werner Ruf, Ingo Wandelt & Rainer Werning - 27. 7. 2022
Wir, die Unterzeichner dieses Offenen Briefes, sind besorgt darüber, dass die international renommierte Kunstausstellung documenta womöglich das letzte Mal in ihrer gewohnten Art stattfindet. Ruangrupa, das diesjährige indonesische Kurator*innen-Team der documenta, verfolgte das ehrgeizige Ziel, endlich einmal dem „Globalen Süden“ des Planeten eine Stimme zu verschaffen. Es sollten aus seiner Sicht Blicke auf eine postkoloniale Welt gelenkt werden, die zuvor durch Imperialismus, Kolonialismus, Rassismus und andere Formen von erfahrener Unterdrückung und Ausbeutung geprägt worden war. „Lumbung“, die Reisscheune als Hort einer gemeinschaftlich verwalteten und genutzten Lebensressource, hätte als Leitidee einer vitalen interkulturellen Kommunikation dienen können.
Die lobenswerte Idee, Menschen der vormaligen Dritten Welt für sich selbst sprechen zu lassen, birgt natürlich die „Gefahr“, dass in unserer eigenen Geschichtsschreibung unbeachtete Tatsachen plötzlich relevant werden, die beharrlich be- und verschwiegen blieben. Wer besitzt die Deutungshoheit über das, was „dort unten“ geschah und geschieht? Wenn „die aus dem Süden“ Deutungsmacht erhalten, wird dann nicht möglicherweise „unser“ über Jahrhunderte gepflegtes Weltbild mitsamt dem darin transportierten Herrschaftsanspruch infrage gestellt?
Das indonesische Künstlerkollektiv Taring Padi zeigte ein aus vielen hundert Bildern bestehendes, wimmelbildartiges Banner, das bereits vor zwei Jahrzehnten entstand. Es wurde seitdem vielerorts gezeigt, ohne Proteste auszulösen. Zwei auf diesem Banner befindliche Bildausschnitte wurden zum Anlass genommen, die documenta 15 vorschnell politisch zu instrumentalisieren beziehungsweise sie als „antisemitisch“ zu denunzieren. Mit dem Resultat, dass sie insgesamt in Bausch und Bogen verdammt, ja sogar ihr sofortiger Abbruch gefordert wurde. Selbst hochrangige deutsche Politiker*innen glaubten in diesen Bildausschnitten eine Existenzgefährdung des Staates Israel zu erkennen, während andere einen Besuch in Kassel bewusst mieden.
Das Künstlerkollektiv von Taring Padi hat indes frühzeitig erklärt, dass es sich bei der inkriminierten „Banner-Installation People’s Justice (2002) um einen Teil einer Kampagne gegen Militarismus und die Gewalt (handelt), die wir während der 32-jährigen Militärdiktatur Suhartos in Indonesien erlebt haben und deren Erbe, das sich bis heute auswirkt. Die Darstellung von Militärfiguren auf dem Banner ist Ausdruck dieser Erfahrungen. Alle auf dem Banner abgebildeten Figuren nehmen Bezug auf eine im politischen Kontext Indonesiens verbreitete Symbolik, z. B. für die korrupte Verwaltung, die militärischen Generäle und ihre Soldaten, die als Schwein, Hund und Ratte symbolisiert werden, um ein ausbeuterisches kapitalistisches System und militärische Gewalt zu kritisieren (…).“
So ist das Schweinsgesicht mit einem Helm, auf dem MOSSAD steht, nur eines von mehreren ähnlich behelmten Figuren mit Kürzeln wie KGB, CIA, INTEL, 007, die in ihrer Gesamtheit für internationale Geheimdienste stehen. Diese dienten als Korsettstangen des Regimes von General Suharto (1965-1998). Über dessen blutigen antikommunistischen Feldzug schrieb bereits die Wochenzeitschrift DIE ZEIT am 3. November 1967:
„Die rächende Armee hat nicht gezögert, die einmalige Chance zur Vernichtung ihres einzigen Rivalen wahrzunehmen. Mit offizieller Billigung, ausgeführt von der Armee, von militanten Jugendgruppen der Moslems und der PNI (Partai Nasional Indonesia), begann dann der wohl größte Massenmord seit Hitlers Tagen. Er kam einem Pogrom der PKI-Anhänger (der seinerzeit weltweit drittstärksten Kommunistischen Partei Indonesiens – die Autoren) gleich und wurde schließlich – außer Kontrolle geraten – zu einem nationalen Amoklauf, wobei Privatfehden und allgemeine soziale Konflikte unter dem bequemen Deckmantel des Antikommunismus bereinigt wurden.“
Der zweite inkriminierte Bildausschnitt zeigt ein Gesicht mit Haifischzähnen, die Zigarre eines Kapitalisten im Mund, den Kopf bedeckt mit einem Hut, auf dem SS-Runen zu sehen sind. Ebenso sind Konturen von Schläfenlocken erkennbar. Steht das etwa für den „hassenswerten, raffgierigen Juden“ oder einen gewieften Makler, der symbolhaft das Finanzkapital repräsentiert, das die Reichtümer und Bodenschätze der Länder der „Dritten Welt“ an der Börse verhökert? Die SS-Runen am Hut zielen wohl auf die Menschenfeindlichkeit und Brutalität des angeklagten kolonialen Systems. Wird hier „der Jude“ angegriffen oder das internationale Finanzsystem? Das Interpretationsproblem verlagert sich eher ins Auge des westlichen, genauer deutschen Betrachters, als dass es eine eindeutige Aussage über „das Judentum“ wäre. Dafür spricht auch die Tatsache, dass die inkriminierte Figur europäische Kleidung trägt. In diesem Sinne spricht selbst der israelische Soziologe Moshe Zuckermann von einem „rein deutschen Eklat“. Jedenfalls sind beide inkriminierten Bildausschnitte kein antisemitisches Werk, sondern strikt anti-suhartoistisch intendiert. Diese Grundintention des Banners kommt dem westlichen Auge offensichtlich nicht einmal in den Sinn.
Die Verortung der SS-Figur erfolgt in unmittelbarer Nähe zu zombieähnlichen Kreaturen, ebenfalls mit Reißzähnen. Im Gesamtkontext sprechen starke Indizien dafür, dass es sich hier tatsächlich um eine SS-Figur handelt und keineswegs um die Herabsetzung „des Juden“ als besondere Inkarnation des Bösen. Ein Intimus von Suharto und gleichzeitig dessen Biograf war nämlich kein Geringerer als der hartgesottene Nazi, SS-Obersturmbannführer und Kriegsverbrecher Rudolf Oebsger-Röder. Unter dem Namen O. G. Roeder war dieser Mann für die eigentliche in- wie ausländische Imagepflege Suhartos als stets „lächelndem General“ verantwortlich. Nach dem 2. Weltkrieg war Röder unter anderem hauptberuflich für die Organisation Gehlen (daher das O.G. vor dem Namen), dem Vorläufer des Bundesnachrichtendienstes (BND), tätig. Später arbeitete er in Jakarta sowohl für den BND als auch als Korrespondent für die Süddeutsche Zeitung und die Neue Zürcher Zeitung.
„Wir sehen die Dinge nicht, wie sie sind. Wir sehen sie so, wie wir sind“, schrieb einst die Schriftstellerin Anaïs Nin. „Wir“ haben „hier“ einen gefährlichen Cocktail aus Vorverurteilungen, hasserfüllter Ablehnung, zutiefst reaktionären Reaktionen, politischem Opportunismus und Vandalismus gemixt. Was dazu führte, dass ausländische Gäste, ja selbst Kurator*innen und Künstler*innen der diesjährigen documenta physisch gefährdet waren. All das hat nicht nur dieser internationalen Kunstschau beträchtlichen Schaden zugefügt. Darüber hinaus erschallen sogar laute Rufe nach Beschneidung der Kunstfreiheit und Zensur – wohlverstanden, im Sommer 2022!
Anlässlich des 70-jährigen Bestehens diplomatischer Beziehungen zwischen der Bundesrepublik und der Republik Indonesien ist es an der Zeit, dass zumindest im politischen Berlin die Archive mit Blick auf die vielfältige (west-)deutsche Unterstützung des Suharto-Terrorregimes und im Sinne stets beschworener Transparenz und „wertebasierter Außenpolitik“ geöffnet werden.
Wir fordern insbesondere den Aufsichtsrat der documenta 15 auf, unverzüglich alles in seinen Kräften Stehende zu tun, dass gesittete Umgangsformen und eine den Namen verdienende Dialogkultur mit entsprechenden öffentlichen Foren regen Gedankenaustausches die verbleibende Zeit der documenta 15 prägen. Wir erwarten überdies, ein eventuell avisiertes Beratergremium mit zumindest einem/einer Südostasienwissenschaftler*in zu besetzen.
Edermünde/Wuppertal/Königsdorf am 27. Juli 2022
Prof. Dr. Werner Ruf, em. Politologe & Friedensforscher mit dem Schwerpunkt internationale Beziehungen
Dr. Ingo Wandelt, Ethnologe & Indonesist
Dr. Rainer Werning, Sozialwissenschaftler & Publizist mit den Schwerpunkten Südost- und Ostasie
Diese Karikatur stammt aus den "Archives of Women's Struggle in Algeria":
Eine blonde Frau tritt einem mit Hakennase gezeichneten Juden in den Unterleib.
Neuer Skandal auf der Documenta:
Weitere antisemitische Bilder aufgetaucht
Documenta
Israelische Soldaten, gekennzeichnet mit dem Davidstern, werden in der Broschüre von 1988 als entmenschlichte Roboter abgebildet. - (ist das so unzutreffend?) Foto: RIAS Hessen
Wenn diese Darstellungen oben antisemitisch sind, sind es dann nicht die realen Handlungen der okupations Armee auch oder noch eher? Dazu schweigt die Lobby
So entlarven sich in ihrer Hysterie, in ihrem Eifer sich reinzuwaschen, die falschen Freunde Israles.
Da könnte man noch hunderte andere Bilder zeigen.
Was die Hasbaraabteilungen der Zionisten zur Zeit treiben,
könnten man auch mit:
"sich ins in das eigene Knie schießen" bezeichnen.
Vor dem Museum Fridericianum war bereits wenige Tage nach Beginn der documenta ein Werk des indonesischen Künstlerkollektivs Taring Padi mit antisemitischen Motiven zunächst verhüllt und kurz darauf abgehängt worden. Nun hat die Recherche- und Informationsstelle Antisemitismus Hessen (RIAS Hessen) auf weitere Elaborate mit israelbezogenem Antisemitismus auf der documenta hingewiesen, und zwar im Museum Fridericianum selbst - im Herzen der Kunstschau in Kassel.
Dort sei eine 34 Jahre alte faksimilierte Broschüre eines algerischen Frauenkollektivs mit antisemitischen Darstellungen israelischer Soldaten ausgelegt worden, hieß es. Bei dem Kollektiv handele sich um »Presence des Femmes«, das 1988 (dem zweiten Jahr der ersten Intifada) in Algier ein Sonderheft zu Palästina herausbrachte.
Von der documenta in Kassel gab es am Mittwoch auf eine entsprechende Anfrage der Jüdischen Allgemeinen zunächst keine Stellungnahme. Der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ) sagte Henriette Sölter, die Pressechefin der documenta, man habe die Bilder »strafrechtlich und ikonographisch« untersucht und sie, so die Online-Ausgabe der FAZ vom Mittwoch, nicht als antisemitisch befunden. mehr >>>
Die Documenta und die
Grenzen der Kunstfreiheit
Lothar Zechlin - 19 Juli 2022
Nach dem Rücktritt der
Documenta-Geschäftsführerin soll nunmehr
in Ruhe besprochen werden, was schief
gelaufen ist auf der Kunstausstellung in
Kassel. Findet die Kunstfreiheit
tatsächlich ihre Grenzen in dem Schutz
gegen Antisemitismus, wie
Kulturstaatsministerin Claudia Roth
zitiert wird? Zumindest in dieser
Pauschalität trifft diese Aussage nicht
zu.
Meinungsfreiheit -
Meinungsäußerungen drücken sich in Wort,
Schrift oder Bild aus und können dabei
antisemitische Stereotypen enthalten.
Ihre Grenzen sind weit gesteckt und
müssen allgemeiner Art sein, dürfen sich
also nicht gegen bestimmte Meinungen
richten. Geschützt sind auch Meinungen,
„die auf eine grundlegende Änderung der
politischen Ordnung zielen, unabhängig
davon, ob und wie weit sie im Rahmen der
grundgesetzlichen Ordnung durchsetzbar
sind. Das Grundgesetz vertraut auf die
Kraft der freien Auseinandersetzung als
wirksamste Waffe auch gegen die
Verbreitung totalitärer und
menschenverachtender Ideologien“.1) Erst
wenn die Grenzen friedlicher
Auseinandersetzungen überschritten
werden, ist Schluss.
Das hat das BVerwG jüngst für
Veranstaltungen bekräftigt, auf denen
die Forderungen der palästinensischen
BDS Bewegung gegenüber Israel zur
Diskussion gestellt werden sollen.
Solange von ihnen keine Störungen des
öffentlichen Friedens zu erwarten sind,
müssen Kommunen auch für sie Räume zur
Verfügung stellen, sofern sie diese
generell für Diskussionen gewidmet
haben. Sie können das nicht mit den
Hinweis auf (tatsächlichen oder
vermeintlichen) israelbezogenen
Antisemitismus der BDS-Forderungen
verweigern. Dieser Schutz des
Grundrechts entfalle erst „wenn
Meinungsäußerungen die rein geistige
Sphäre des Für-richtig-Haltens
verlassen“, indem sie „den öffentlichen
Frieden als Friedlichkeit der
öffentlichen Auseinandersetzung
gefährden und so den Übergang zu
Aggression oder Rechtsbruch markieren“.
Die Grenze besteht also nicht gegenüber
der Meinungsäußerung, sondern gegenüber
einer unfriedlichen Form, in der sie zum
Ausdruck gebracht wird.2)
…und Kunstfreiheit
Genau mit dieser Friedlichkeitsgrenze
argumentiert der Urheberrechtler Peter
Raue. Die Arbeit „People’s Justice“ des
indonesischen Künstlerkollektivs Taring
Padi sei „von der Meinungsfreiheit nicht
gedeckt, sie scheitert selbst an den
Schranken der Kunstfreiheit, und zwar
krachend. Die Darstellung […] erfüllt in
Gänze und ohne Zweifel den […]
Tatbestand der Volksverhetzung. […Sie]
hätte keine Sekunde auf der Documenta
gezeigt werden dürfen“, so urteilt er im
Feuilleton der Süddeutschen Zeitung.3)
Kunstfreiheit eröffnet einen größeren
Freiheitsraum als die Meinungsfreiheit.
Anders als diese kann sie nicht schon
durch allgemeine Gesetze, sondern nur
durch die Verfassung selbst,
insbesondere konkurrierende Grundrechte
Dritter, beschränkt werden. Man muss
sich über die Gründe für diese
„Privilegierung“ der Kunst aufklären, um
ihre Grenzen bestimmen zu können. Sie
liegen in den Besonderheiten der Kunst
gegenüber bloßen Meinungsäußerungen.
Der größere Freiheitsraum hat zunächst
zur Folge, dass es dem Staat
(Gesetzgebung, Justiz, Kulturverwaltung)
verwehrt ist, die Grenze zwischen
Kunst/Nicht Kunst zu definieren. Das
wäre als „staatliches Kunstrichtertum“
ein Eingriff in die Eigengesetzlichkeit
des Sachbereichs Kunst. Die Justiz muss
aber einen Begriff von Kunst haben, wenn
sie mit ihren Entscheidungen deren
Freiheit garantieren und damit auch ihre
Grenzen bestimmen soll. In diesem
Dilemma4) behilft sie sich mit einem
Ensemble verschiedener Zugänge, zu denen
auch ein formaler oder struktureller
Kunstbegriff gehört. Der stellt auf
Merkmale im Kunstbereich evolutionär
entstandener Gattungs- oder Werktypen ab
(Roman, Theaterstück, Bilder u.a.), ohne
damit deren selbstbestimmte
Weiterentwicklung einzuschränken. Ein in
sich abgeschlossener Katalog an
Gattungstypen ist damit nicht verbunden,
vielmehr bleibt auch das Entstehen neuer
Werktypen möglich. Zu solchen, auf eine
lange Tradition zurückgehenden Gattungen
gehört auch der Werktypus politischer
Agitationskunst („Agitprop“), dem das
inkriminierte Banner zuzurechnen ist.
Liegt ein solcher Werktyp vor, ist der
Aussagegehalt eines beanstandeten Werkes
als Ausdruck der Kunstfreiheit in einer
„kunstspezifischen Betrachtung“,5) also
im Lichte seiner gattungsspezifischen
Besonderheiten, zu beurteilen. Satire
zum Beispiel darf, entgegen dem
Ausspruch von Tucholsky, zwar nicht
„alles“, aber mehr oder anderes als die
bloße Meinungsäußerung, weil das
Gattungsmerkmal „satirespezifische
Zuspitzung“ mit der Erwartung verbunden
ist, das Verständnis der Aussage bei den
RezipientInnen zu relativieren. In
dieser gattungstypischen Relativierung
des Aussagegehaltes liegt der Grund für
die
Privilegierung der Kunst. >>>
Abgebautes
Ausstellungsstück von Taring Padi auf
der Documenta, Friedrichsplatz Kassel @Baummapper
C BY-SA 3.0 de
Die Documenta, Indonesien
und das Problem der geschlossenen
Universen
24. Juli 2022 - A.
Dirk Moses Documenta, Stellungnahmen 2 -
Übersetzt mit DeepL
Im Juni 2022 öffnete die internationale
Kunstausstellung Documenta in Kassel
ihre Pforten für die Besucher und löste
schnell eine Kontroverse über eines der
ausgestellten Gemälde aus: "Die
Gerechtigkeit des Volkes". Fast sofort
meldeten sich Wissenschaftler aus aller
Welt zu Wort. Einige dieser Reaktionen
werden hier in der Reihe "Documenta"
gesammelt. Eine deutsche Version dieses
Artikels wurde in Geschichte der
Gegenwart veröffentlicht. Wir haben die
Erlaubnis des Autors und des Verlags
erhalten, eine englische Version
anzubieten.
Das Kunstkollektiv Taring Padi wurde
1998 nach dem Sturz der Suharto-Diktatur
gegründet. Es ist explizit radikal und
engagiert sich für Antimilitarismus,
Anti-Neoliberalismus, Arbeiter-, Bauern-
und Frauenbewegungen sowie für den
Umweltschutz. Ihr größtes Gemälde, "People's
Justice" (Volksjustiz), malte sie 2002,
um sich gegen die Diktatur zu wenden.
Das Gemälde zeigt ein Volkstribunal mit
den Richtern an der Spitze und den
Feinden des Volkes auf der linken Seite.
Darunter befinden sich karikaturistische
Figuren, die westliche Mächte
repräsentieren, die Suhartos Regime
unterstützten. "People's Justice" ist
seit zwanzig Jahren auf internationalen
Kunstfestivals zu sehen, erstmals 2002
in Adelaide, Südaustralien. Die
Kuratoren der documenta 15 wählten das
Gemälde für einen prominenten Platz in
der Ausstellung aus, um die Besucher mit
dem Thema der Wiedergutmachung der
Verletzungen durch (Neo)Kolonialismus
und Kapitalismus zu konfrontieren. Bis
dahin scheint niemandem die
antisemitische Figur eines karikierten
orthodoxen Juden unter den vielen
anderen Figuren auf der überfüllten
Leinwand aufgefallen zu sein.
Verständlicherweise löste das Bild in
Deutschland Empörung aus, wurde bald
abgedeckt und dann entfernt.
Wenn das Gemälde und sein Standort auf
der documenta darauf abzielte, Westler
für die Unterstützung der
Suharto-Diktatur anzuklagen, so ist es
an den Künstlern, dem indonesischen
Kunstkollektiv ruangrupa, das die
documenta kuratiert, der
documenta-Leitung und den für Kultur
zuständigen lokalen, regionalen und
nationalen Politikern abgeprallt. Nun
nutzen viele Journalisten und andere
Politiker, von der CDU/CSU bis zur AfD,
die Gelegenheit, ihre Kampagne gegen ein
neu entdecktes Feld des
Postkolonialismus zu intensivieren,
obwohl sich Taring Padi eher als
linksextreme Künstleraktivisten denn als
Teil einer globalen postkolonialen
Bewegung versteht. Die Kritiker nutzen
das Gemälde auch, um die
palästinensischen Künstler auf der
documenta als antisemitisch anzugreifen
und die geringe künstlerische
Unabhängigkeit der deutschen
Kulturinstitutionen ins Visier zu
nehmen. Es ist sogar die Rede davon, den
deutschen Kulturbetrieb vom
Antisemitismus zu säubern, was für die
Kritiker auch die Sympathie für die
Rechte der Palästinenser einschließt.
Niemand hält die Darstellung auf dem
Gemälde für vertretbar, auch nicht
Taring Padi selbst, das sich
entschuldigt und antisemitische
Absichten abgestritten hat. Es gibt noch
eine weitere Figur auf dem Gemälde, die
als antisemitisch gilt: ein
uniformiertes Schwein, das den Staat
Israel repräsentiert und auf dessen Helm
"Mossad" steht. Es erscheint zusammen
mit anderen, nahezu identischen Figuren
anderer nationaler Geheimdienste,
einschließlich der Australian Security
Intelligence Organisation (ASIO ist auf
dem Helm zu lesen). Als Australier kann
ich gut verstehen, warum "unser" Spion
auf dem Bild zu sehen ist (obwohl auf
dem Bild eigentlich der Australian
Security Intelligence Service [ASIS] zu
sehen sein müsste, da er für die
internationale Sicherheit zuständig
ist). Wie Israel und die Bundesrepublik
Deutschland war Australien ein
langjähriger Unterstützer der
mörderischen "neuen Ordnung" von
Suharto, die mit der völkermörderischen
"Säuberung" von über 500.000
indonesischen Kommunisten in den Jahren
1965-1966 begann und bis 1998 durch
brutale militärische Unterdrückung, auch
von Islamisten, regierte. In diesen
Zeitraum fällt auch die von manchen als
Völkermord bezeichnete Besetzung
Osttimors von 1975 bis 1999. Die
allgemeine Abneigung gegen den Westen,
einschließlich des Mossad, die sich aus
der "Enttäuschung, Frustration und Wut
politisierter Kunststudenten" speist,
wie Taring Padi den Kontext des Gemäldes
erklärt, ist kaum überraschend. Aber
warum hat Taring Padi den Mossad mit der
antisemitischen Karikatur des orthodoxen
Juden in Verbindung gebracht? Trotz
mehrerer Interviews kennen wir die
Antwort auf diese Frage immer noch
nicht, und leider ist das Mitglied des
Kollektivs, das das Bild gemalt hat,
nicht mehr am Leben.
Der historische Kontext bietet
Anhaltspunkte. Antisemitismus ist in der
indonesischen Kultur kein Fremdwort.
Seine Wurzeln reichen mindestens 100
Jahre zurück. Phantastische
Vorstellungen über Juden lassen sich bis
in die 1920er Jahre zurückverfolgen, als
die wenigen Juden in
Niederländisch-Ostindien - die aus den
Niederlanden, Osteuropa, Armenien, dem
Irak und China stammten - Handel
trieben, sich in Freimaurerlogen trafen
und 1927 eine zionistische Vereinigung
gründeten, so der verstorbene
Wissenschaftler Jeffrey Hadler von der
University of California Berkeley. In
seinem 2004 erschienenen Buch
unterscheidet er zwischen dem damals in
Indonesien weit verbreiteten "Anti-Israelismus"
und dem, was er als "echten
Antisemitismus" bezeichnet, der über die
niederländische Nazibewegung und die
nazifizierten einheimischen Deutschen
aus Europa importiert wurde. Zuvor
hatten holländische Kolonialbeamte
chinesische Kaufleute zum Sündenbock
gemacht, weil sie sich "wie Juden"
verhielten, und so die antisemitische
Saat verpflanzt.
Im Zuge der Entkolonialisierung wurden
Juden auf verschiedene Weise weiter
"fremd" gemacht, indem sie sowohl als
Weiße als auch als Angehörige einer
größeren Außenseitergruppe, der
Chinesen, bezeichnet wurden. Da viele
Juden keine Bürger feindlicher Länder
waren, wurden sie nach der Eroberung
Niederländisch-Ostindiens durch die
Japaner im Jahr 1942 nicht
zusammengetrieben. Als die Gestapo
nachfragte, wer inhaftiert worden war,
wurde ihnen gesagt: "alle feindlichen
Staatsangehörigen mit Ausnahme der
beiden weißen Rassen, Juden und
Armenier". Sie zwangen die Japaner,
Juden aus neutralen Ländern zu
inhaftieren. Die Briten und die
besiegten japanischen Streitkräfte
bewachten sie dann in den Gefängnissen
im anschließenden Kampf mit den
nationalistischen Kräften Indonesiens,
wodurch die Juden in der antikolonialen
Vorstellung auf der Seite der
Unabhängigkeitsgegner standen.
Niederländische jüdische Soldaten
beteiligten sich an den niederländischen
"Polizeiaktionen" gegen den
Unabhängigkeitskampf und unterstützten
gleichzeitig den zionistischen Kampf in
Palästina. Wie (andere) Europäer
verließen die meisten Juden das künftige
Indonesien und entsprachen damit dem
allgemeinen Muster, dass Juden die sich
entkolonialisierenden Gesellschaften in
Richtung der kolonialen Metropole, deren
Staatsbürgerschaft sie besaßen, in
andere westliche Länder oder in den neu
gegründeten Staat Israel verließen. Die
wenigen niederländischen Juden, die nach
der indonesischen Unabhängigkeit 1949
blieben, entschieden sich häufig dafür,
die niederländische Staatsbürgerschaft
beizubehalten und unterstrichen damit
den Eindruck, dass Juden weiße Europäer
waren, die mit der ehemaligen
Kolonialmacht verbunden waren. Erst
Sukarnos Verstaatlichungspolitik zwang
nach 1957 zu einer Entscheidung für die
lokale Staatsbürgerschaft. Bis dahin
konnten nur 30 Familien gezählt werden.
Diese winzige Gemeinschaft war ein
bequemer Sündenbock, um den
antichinesischen Rassismus zu
kanalisieren. Chinesen können in
zweierlei Hinsicht als Beispiel für eine
allgegenwärtige jüdische Bedrohung
dienen: Sie verkörpern "jüdische"
kapitalistische Züge und handeln als
Agenten "der Juden". Der Antisemitismus
in Indonesien ist zu einem großen Teil
eine Abstraktion, die durch die Chinesen
vermittelt wird. Die tatsächliche Gewalt
richtet sich also gegen die Chinesen. Im
Zuge der asiatischen Finanzkrise im Jahr
1998 wurden bei Ausschreitungen 1.000
Chinesen getötet. Der antichinesische
Rassismus hält bis heute an. Zuvor,
während des Unabhängigkeitskampfes in
der zweiten Hälfte der 1940er Jahre,
hatten Nationalisten Chinesen und
indonesische Eurasier wegen
vermeintlicher Illoyalität gegenüber der
Sache der Unabhängigkeit massakriert.
Auch Juden und Israelis werden
regelmäßig in einen Topf geworfen. In
einem Interview in einer islamischen
Zeitschrift kurz nach seinem Sturz im
Jahr 1998 machte Suharto eine
internationale zionistische Verschwörung
für sein Schicksal verantwortlich. Sein
malaysischer Amtskollege,
Premierminister Mahathir Mohamad, machte
dagegen die Juden als "finstere Kräfte"
dafür verantwortlich. Auch Suharto
berief sich auf finstere Mächte, als er
eine zionistische Verschwörung
behauptete, um die durch die asiatische
Finanzkrise von 1998 verursachten
Unruhen zu provozieren. Auf die Frage,
ob eine Verschwörung für seinen Sturz
verantwortlich sei, antwortete Suharto:
Es war eine zionistische Verschwörung.
Die indonesische Regierung war unachtsam
gegenüber den systematischen und
taktischen Machenschaften der Zionisten.
...Die Zionisten ... waren besorgt, dass
Indonesien zu einem Zentrum für den
Aufstieg des Islam werden könnte. Die
Wachstumsrate Indonesiens wurde daher
angegriffen, wie die Wirtschafts- und
Währungskrise gezeigt hat. Heute gibt es
eine Reihe von indonesischen Politikern,
die sich weigern, ihre eigene Geschichte
anzuerkennen und stattdessen den Blick
nach Westen richten.
In dieser Darstellung identifizierte
Suharto Israel auf der Seite der
Kolonialmächte, also des Westens, als
Feind der Indonesier. Ironischerweise
hatte Israel sein Regime unterstützt,
wie Joseph Croitoru erklärt. Suharto
hoffte, die Unterstützung der
Öffentlichkeit zu gewinnen, indem er auf
solche Überzeugungen einging, die seit
den späten 1980er Jahren von
islamistischen Publikationen verbreitet
wurden, die gegen sein Regime
eingestellt waren. Das
Verschwörungsdenken hat seit den 1980er
Jahren zugenommen. Sogar Rotary,
Marxisten, Coca Cola und Rupert Murdoch
werden von vielen Indonesiern als Teil
globaler Verschwörungen angesehen, so
der Indonesien-Experte der University of
Sydney, Adrian Vickers.
Trotz der starken Abneigung von Taring
Padi gegen Suharto verwendete der für
die Figur verantwortliche Künstler die
gleiche antisemitische Symbolik in einem
antikolonialen, antiwestlichen und
antikapitalistischen Geist. Der
antikoloniale Geist ist elementar für
die nationale Identität Indonesiens. Nur
wenige wissen, dass die Präambel der
indonesischen Verfassung, die während
des erbitterten Unabhängigkeitskampfes
mit den Niederländern nach der
japanischen Besatzung verfasst wurde,
mit der Aussage beginnt, dass "jeglicher
Kolonialismus in der Welt abgeschafft
werden muss, da er nicht im Einklang mit
Menschlichkeit und Gerechtigkeit steht".
Es ist kein Zufall, dass der erste
Präsident des Landes, Sukarno, 1955
Gastgeber des berühmten Treffens
asiatischer und afrikanischer Staats-
und Regierungschefs, die 54 % der
Weltbevölkerung repräsentierten, in
Bandung war. Er eröffnete das Treffen
mit einer bewegenden Rede, in der er
eine postkoloniale Zukunft anpries:
"Erinnern wir uns daran, dass das
Ansehen der gesamten Menschheit
geschmälert wird, solange Nationen oder
Teile von Nationen noch unfrei sind.
Erinnern wir uns daran, dass das höchste
Ziel des Menschen die Befreiung des
Menschen von seinen Fesseln der Angst,
seinen Fesseln der menschlichen
Erniedrigung, seinen Fesseln der Armut
ist - die Befreiung des Menschen von den
physischen, geistigen und
intellektuellen Fesseln, die die
Entwicklung der Mehrheit der Menschheit
zu lange gehemmt haben." Die
"Volksjustiz" von Taring Padi und viele
ihrer anderen Werke sind Ausdruck dieses
Gefühls. Leider bedienten sie sich dabei
des seit langem bestehenden Bildes vom
"Juden" als ausländischem Ausbeuter des
Volkes und als Kriegsverursacher, kurzum
als internationaler Bedrohung.
Dies war nicht Teil des ursprünglichen
indonesischen Befreiungskampfes. -
Man denke nur an das Werk "Give Love to
All" aus dem Jahr 1999, das jüdische,
nationalsozialistische, christliche und
andere Symbole miteinander verbindet, um
eine antiimperialistische Aussage zu
treffen, und das zeigt, dass Taring Padi
dies als Teil ihres visuellen
Repertoires nutzte. In ihrer
ausführlichen Erörterung von Taring Padi
und der indonesischen Kunst stellen die
in Australien lebenden Kunsthistoriker
Wulan Dirgantoro und Elly Kent dem
Kollektiv zu Recht schwierige Fragen zu
diesen künstlerischen Entscheidungen und
politischen Vorstellungen: "Gab es ein
wirkliches Verständnis für die Symbolik
oder wurde sie unkritisch aus der Masse
der Bilder übernommen, die in einem
öffentlichen Diskurs zirkulierten, der
Antisemitismus mit Antiimperialismus und
Antikapitalismus verband?"
In seiner Rede zum documenta-Skandal vor
dem Ausschuss für Kultur und Medien des
Deutschen Bundestages am 6. Juli 2022
gab Ade Darmawan aus Ruangupa eine
ausweichende Antwort auf die Herkunft
des Bildes. "Jahrhundert von den
holländischen Kolonialherren mitgebracht
und dort vor allem auf die chinesische
Minderheitsbevölkerung übertragen wurde.
Die indonesischen künstlerischen Tropen
sind durch ganz andere historische
Erfahrungen geprägt als in Deutschland."
Es mag sein, dass die "indonesische
Bildsprache von anderen historischen
Erfahrungen geprägt ist" als die in
Deutschland, aber es bleibt die
Tatsache, dass sie Israelis und Juden in
einen Topf wirft und sie als Akteure in
einer globalen Kampagne gegen Indonesier
zusammen mit anderen Westlern darstellt.
Es stimmt, dass es für die Menschen
verwirrend ist, zwischen Juden und dem
Staat Israel zu unterscheiden, weil
dessen Flagge das jüdische religiöse
Symbol ist, das den Anspruch erhebt,
alle Juden zu vertreten. Führende
Politiker wie US-Präsident Biden sagen
auch, dass Israel der "ultimative Garant
und Garant des jüdischen Volkes ist,
nicht nur in Israel, sondern in der
ganzen Welt", was die Selbstdarstellung
des israelischen Staates widerspiegelt.
Pro-israelische deutsche Journalisten
tun dasselbe: "Israelische Künstler
wurden zu den geförderten
Großveranstaltungen nicht eingeladen ...
offenbar hat die Kunstszene ein Problem
mit den Juden." Taring Padi spiegelt
damit eine weit verbreitete Praxis der
Vermengung von Juden und Israel wider.
Das Schlimmste an der antisemitischen
Karikatur in der "Volksjustiz" ist, dass
sie das SS-Symbol enthält, das
suggeriert, dass Juden auch Nazis sind,
und damit "die Juden" und Nazis in eine
Kategorie mit anderen Volksfeinden
stellt. Dies ist der gröbste
Antiimperialismus und ein rassistisches
Stereotyp. Jeffrey Hadlers
Unterscheidung zwischen Anti-Israelismus
und echtem Antisemitismus bricht hier
zusammen.
Hadlers Unterscheidung trifft jedoch auf
die Kunst der palästinensischen Künstler
auf der documenta zu. Mohammed Al
Hawajri aus Gaza stellt eine Serie von
Gemälden mit dem Titel "Guernica Gaza"
aus, die israelische Streitkräfte und
palästinensische Zivilisten unter
Verwendung von Motiven berühmter
europäischer Kunstwerke darstellen. Sie
berufen sich nicht auf jüdische
religiöse Symbole, jüdische
Weltverschwörungen oder Bilder
stereotyper "jüdischer" Figuren, und
natürlich hat die IDF nicht-jüdische
drusische und beduinische Soldaten. Die
Kunst greift nicht das jüdische "Wesen"
an, geschweige denn, dass sie es
konzeptualisiert, sondern nur die
israelische Militärbehörde. Während die
"jüdische" Figur in "People's Justice"
eine Abstraktion darstellt,
repräsentieren die Israelis in der
"Guernica Gaza"-Serie den
militarisierten Staat, der
palästinensisches Land besetzt, von dem
er die Palästinenser langsam vertreibt,
und der die Palästinenser bombardiert.
Anstatt paranoide Symbole,
Vereinfachungen und Stereotypen über
Juden zu verwenden, beruft sich die
Serie auf reale Interaktionen zwischen
Israelis und Palästinensern. In diesen
Bildern gibt es keinen Judenhass.
Trotz der Bemühungen, Antisemitismus und
Antizionismus in einen Topf zu werfen,
ist "Guernica Gaza" also ein Beispiel
für Hadlers Anti-Israelismus, nicht für
eine Form von Antisemitismus. Selbst die
schärfsten Kritiker geben diese
Unterscheidung zu, denn sie wiederholen
sie immer wieder, wenn sie behaupten,
die aktuelle documenta sei ein Ort
antisemitischer und antiisraelischer
Kunst. Sie verurteilen beides als
"anti-israelischen Agitprop" und
unterstellen palästinensischen
Künstlern, dass es ihnen verboten sei,
die Notlage der palästinensischen
Zivilbevölkerung zum Ausdruck zu
bringen, wenn sie sich dabei unwohl
fühlen. Angesichts ihrer
Lebenserfahrungen ist es kaum
verwunderlich, dass palästinensische
Künstler unbequeme Kunst schaffen. Sie
stellen eine katastrophale Realität dar.
Jede Begegnung zwischen Ost und West,
Nord und Süd, wie auf der documenta, ist
wegen der gegenseitigen
Unverständlichkeit risikobehaftet: Es
geht nicht nur um Symbole, sondern um
globale Gerechtigkeit, um Recht und
Unrecht kolonialer Herrschaft, um die
westliche Unterstützung von Diktaturen
wie der von Suharto und um die
israelische Besetzung palästinensischen
Landes. Bislang sind wir Zeugen der
Unverständlichkeit. Appelle von
Historikern wie Jürgen Zimmerer zu
Beginn der Debatte um "People's Justice"
und seine antisemitische Symbolik, einen
Dialog mit dem Globalen Süden darüber zu
beginnen, warum westliche Tabus über
bestimmte antisemitische Ikonographie in
anderen Teilen der Welt nicht geteilt
werden, wurden ignoriert. Abgesehen von
einem Interview mit dem
palästinensischen Künstler Yazan Khalili
in der Berliner Zeitung und einem
Artikel in der Frankfurter Allgemeinen
Zeitung (die sich ansonsten gegen die
documenta ausspricht), habe ich kein
Interesse an der Lebenswelt der
palästinensischen Künstler auf der
documenta gesehen. Anstatt über ihre
Kunstwerke und die darin dargestellte
düstere menschliche Realität zu sprechen
und über die deutsche Mitschuld an der
Entstehung des palästinensischen
Flüchtlingsproblems nachzudenken, gibt
es die üblichen Rufe nach einem
Tabubruch. Die Verwendung berühmter
europäischer Kunstmotive in "Guernica
Gaza" zeigt dagegen, dass der Künstler
es versteht, das deutsche Publikum zu
verunsichern - so wie es die Kunst tun
soll.
Eine solche Verunsicherung eröffnet
Möglichkeiten zur kritischen
Selbstreflexion. Wie Michael Rothberg,
Monique Ligtenberg und Bernhard C. Schär
in ihren Besprechungen von "People's
Justice" zeigen, ist die Kunst der
Katastrophe das Produkt einer
katastrophalen Geschichte, die den
deutschen Kolonialismus mit einbezieht,
denn die Nazi-Bilder wurden von
deutschem Kolonialpersonal nach
Niederländisch-Ostindien transportiert.
Solche Bilder wurden indigenisiert und
im antikolonialen und später im
demokratischen Kampf wiederverwendet, in
dem weder die Bundesrepublik Deutschland
noch Australien auf der richtigen Seite
standen. Wenn sich einige radikale
indonesische Künstler zu einer
"konspirativen Lesart der Geschichte"
(Achille Mbembe) hingezogen fühlten,
dann deshalb, weil sie die starren
Binaritäten, die das politische Feld
strukturierten, in dem sie, die Opfer
von Suhartos Unterdrückung, agierten,
verinnerlichten und umkehrten. Wie
Mbembe in Critique of Black Reason
(Kritik der schwarzen Vernunft)
theoretisiert, werden solche
Befreiungsdramen von den Standardfiguren
"des Henkers (des Feindes) und seines
Opfers (des Unschuldigen)" bevölkert:
Erstere verkörpern "die absolute Form
der Grausamkeit", während letztere
"voller Tugend ... unfähig zu Gewalt,
Terror oder Korruption" sind.
Mbembe kritisiert diese vereinfachende
Reaktion auf Unterdrückung: "In diesem
geschlossenen Universum, in dem
'Geschichte machen' nichts anderes
bedeutet, als seine Feinde zu verjagen
oder zu vernichten, wird jede Form von
Dissens als Extremismus angesehen".
Obwohl in "People's Justice" keine
Vernichtungsabsicht zu erkennen ist,
steht die Verwendung stereotyper
Figuren, insbesondere des "Juden", im
Widerspruch zu der antirassistischen
politischen Botschaft der Künstler, wie
sie nun feststellen. Aber westliche
Staaten sind an Taring Padis
tribunalistischer Sicht der Weltpolitik
mitschuldig, weil sie das Militärregime
von Suharto unterstützt haben. So
gesehen kann die in "People's Justice"
eingebettete Geschichte dazu beitragen,
dass alle Parteien ihre geschlossenen
Welten überwinden: über die destruktive
Dialektik von Anklage und Verteidigung
hinaus zu einer, in der traumatische
Geschichten und die von ihnen erzeugten
Zerrbilder in die Vergangenheit verbannt
werden, damit eine auf Menschenrechten
und Solidarität basierende Zukunft
denkbar wird.
Idealerweise sollte das Bild also kein
Anlass zur Reinigung sein. Im Einklang
mit der Ablehnung historischer
Verantwortung in Deutschland sehen wir
jedoch genau das: eine Tribunalpolitik,
die sich die Verschwörungstheorien von
Taring Padi zu eigen macht und sich nun
gegen jeden richtet, der mit der
Boykott-, Desinvestitions- und
Sanktionsbewegung (BDS) in Verbindung
gebracht werden könnte, der gewaltfreien
Kampagne, die die palästinensische
Zivilgesellschaft entwickelt hat, um für
gleiche Rechte in ihrer Heimat
einzutreten.
Ein katastrophales zwanzigstes
Jahrhundert hat die Deutschen gelehrt,
sich gegen geschlossene Universen zu
wehren. Sie sind zu Recht wachsam
gegenüber antisemitischen Darstellungen
und misstrauisch gegenüber der Politik
von Abstraktionen wie "das Volk",
insbesondere gegenüber der Rhetorik über
die Gerichte der "Volksjustiz". Beide
deutschen Diktaturen taten dies auf
unterschiedliche Weise, um Säuberungen
und Säuberungen mit furchtbaren
menschlichen Kosten zu vollziehen. Die
Deutschen verstehen instinktiv, dass
eine solche Sprache mit den liberalen
Werten des Pluralismus, der Toleranz und
der Rechtsstaatlichkeit unvereinbar ist.
Wie stark der deutsche Rechtsstaat ist,
zeigte sich, als das Bonner
Arbeitsgericht die Entlassung einer
palästinensischen Journalistin für
rechtswidrig erklärte. Ihre Entlassung
war Teil einer allgemeinen Säuberung von
arabischen Journalisten bei der
Deutschen Welle, die einem
beunruhigenden Muster entsprach, nach
dem deutsche Kultureinrichtungen
palästinensische Journalisten,
Aktivisten und Wissenschaftler entlassen
oder ausladen.
Es ist wichtig, zwischen Antisemitismus,
der völlig inakzeptabel ist, und
legitimer Kritik an Israel zu
unterscheiden. Dieser Unterschied ist
sehr wichtig, weil er die künstlerische
Freiheit in Bezug auf unterschiedliche
politische Positionen betrifft. In dem
einen Fall gibt es keine Möglichkeit,
die Dinge aus anderen Perspektiven zu
sehen. Im anderen Fall muss es möglich
sein, ein komplexes Thema aus einer
anderen Perspektive oder aus der Sicht
eines anderen zu sehen: "den Schmerz der
anderen zu begreifen", wie Charlotte
Wiedemann es treffend formuliert.
In Deutschland ist ein Dialog über
globale Gerechtigkeit im Gange. Museen
geben unrechtmäßig erworbene Artefakte
zurück. Dieser Dialog, so zaghaft er
auch beginnt, wird abgewürgt, wenn die
Behörden einen tribunalisierten
"Selbstreinigungsprozess" und
"Säuberungsaktionen" im Kulturbereich
durchsetzen. Im Mai 2022 sprach der
russische Präsident Putin von einer
"Selbstreinigung der Gesellschaft" im
Krieg mit der Ukraine und dem Westen. Da
die westlichen Länder diese Sprache zu
Recht kritisiert haben, ist es eine
Ironie, dass die Bemühungen, den
"Postkolonialismus" zu unterdrücken,
indem man ihn als antisemitisch
verteufelt, zunehmend dem Objekt ähneln,
als das er phantasiert wird: als
manichäisch und illiberal. Universen
werden eher geschlossen als geöffnet.
Anstelle von Selbstreinigung brauchen
wir Selbstaufklärung. Das ist komplexer,
denn man muss etwas lernen. Das Bild
"Volksjustiz" wurde ausgestellt,
teilweise verdeckt und dann wieder
entfernt: Jetzt ist es an der Zeit, die
Geschichte, die in Kassel zu sehen war,
richtig aufzuarbeiten.
Quelle
documenta-Skandal Gibt es auch eine andere Geschichte der documenta 15? Eine jenseits von "Antisemitismus-Skandal"? Vielleicht jene einer selbstherrlichen Kommentatorenriege?
Gerhard Hanloser - Ein Blog aus der Freitag-Community. - 23. 7. 2022
Die meisten Kommentatoren in der deutschen Presselandschaft konnten sich auf die immer gleichen Module verlassen: „Antisemitismus-Skandal“, „überfälliger Rücktritt“ und so weiter und so fort... Kaum ein Artikel, dessen Aussage irgendeine interessante Wendung hatte. Erschien ein solcher, musste ihm sofort vehement widersprochen werden. Für die anklagefreudigsten der documenta-Kritiker stellten die entdeckten antisemitischen Bildkomponenten auf einem indonesischen Großcomic gleich den Beweis dar, auf der internationalistisch gestimmten 15. documenta habe sich „der globale Süden“ – was immer das sein soll – mit seinem ihm ureigenen Antisemitismus ausagiert.
Tatsächlich agierte sich ein nordeuropäischer Chauvinismus von weißen, in der Regel älteren, gehäuft männlichen Medienschaffenden an der documenta aus. Eine Vielzahl der Reaktionen zeigte, dass das Urteil des verfemten australischen Historikers Dirk Moses, in Deutschland herrsche ein ungeschriebener „Katechismus“ vor, der um Antisemitismus und Israel-Solidarität kreise, neue Plausibilität erhält. hatte nicht Moses geschgrieben: "Empörung tritt an die Stelle von Nüchternheit, vermutlich noch potenziert durch die Fähigkeit der Sozialen Medien, politische Emotionen zu lenken und für diese Öffentlichkeit zu schaffen. Es scheint, als ob wir zunehmend zu Zeugen von nicht weniger als öffentlichen Exorzismen werden, die unter der Aufsicht selbsternannter 'Hohepriester' den 'Katechismus der Deutschen' bewachen."
Vorneweg im Zug der Inquisitoren bewegten sich die Autoren und Publizisten der Springerpresse. In der Welt steigerte sich Alan Posener von der Unterstellung, das aktuelle documenta-Team, sowie die „Initiative 5.3 Weltoffenheit“ und postkoloniale Aktivisten würden unisono „israelbezogenen Antisemitismus“ betreiben, zu der Vorhaltung, die ausstellenden Künstlern der documenta hofierten Clan- und Sippenstrukturen und begingen eine „Feier der Sippen-Romantik“. Auch hier wird deutlich: Rassismus ist ein Kavaliersdelikt, dem alle Zeilen in Kommentarspalten deutscher Zeitungen offenstehen. Auch der Großkünstler und Ästhetikprofessor Bazon Brock darf von „Schafsstall-Geblöke“ im Deutschlandfunk sprechen und beschwört die „westliche Idee“ der Autorität durch Autorenschaft, die im Kollektivismus des Südens verende. Dass er kurioserweise unter dem Oberbegriff des „Südens“ sowohl Erdogan, Putin und andere Despoten wie in gleicher Weise die antiherrschaftlichen Künstlerkollektive, die zu einer Großzahl in Kassel zu sehen waren, subsumiert, ist in der Presselandschaft 2022 ganz sicher kein „Skandal“. Auch kein Wunder ist es, dass die twitter-Bespucker, die im Geiste des deutschen Common Sense der großen Medien von der „antisemita“ witzelten, dabei die Vielzahl und eindeutige Schwerpunktsetzung von Roma-Kunst und Kunstwerken, die die Verfolgung und Diskriminierung von „Zigeunern“ zum Thema machten, natürlich ignorieren müssen. Die inhaltlich wie geschichtliche Nähe des Antiziganismus zum Antisemitismus ist zwar bekannt, fällt aber aus dem deutschen Katechismus und seinem Moralregime raus.
Der Proteststurm gegen die Documenta 15 – Ein Dokument „progressiven“ Herrenmenschentums
Veröffentlicht von admin - 20/07/2022
Der Proteststurm gegen die Documenta 15 – Ein Dokument „progressiven“ Herrenmenschentums
Der Kampf gegen den Antisemitismus als Regierungsformat bekämpft nicht den Judenhass, sondern schützt imperiale und postkoloniale Verhältnisse
Wenn es nicht so niederschmetternd wäre, müsste man dankbar sein, über das, was ein Wandbild auf der Documenta 15 in Kassel im Jahre 2022 ausgelöst hat und die VIP-Lounge dahinter zum Toben bringt.
Klar, eigentlich war man ziemlich liberal und offen:
Hans Eichel, ehemaliger Bundesfinanzminister und Ex-Oberbürgermeister von Kassel
Wegen Becks documenta-Kritik: Ex-OB Eichel tritt aus Deutsch-Israelischer Gesellschaft aus
Matthias Lohr - 25.07.2022,
Ex-Finanzminister Hans Eichel ist aus der Deutsch-Israelischen Gesellschaft (DIG) ausgetreten – aus Protest gegen Volker Beck. Der DIG-Präsident verleumde die documenta.
Kassel – Der ehemalige Bundesfinanzminister Hans Eichel ist aus Protest gegen die Kritik von Volker Beck an der documenta aus der Deutsch-Israelischen Gesellschaft (DIG) ausgetreten. In seinem Rücktrittsschreiben begründet dies der Sozialdemokrat unter anderem mit Äußerungen des DIG-Präsidenten Beck im HNA-Interview vorige Woche. Dort hatte der Grünen-Politiker gesagt, es sei „vielleicht nicht schlecht“, wenn die Ausstellung woanders weitergehen würde. Zudem hatte er bereits zuvor behauptet, die „documenta der Schande“ sei ein „antisemitisches Feuerwerk“.
Gegenüber der HNA sagte Eichel: „Wenn der Präsident der DIG die documenta so verleumdet und sie aus Kassel weghaben will, kann ich ihr nicht mehr angehören.“ Der ehemalige hessische Ministerpräsident und Ex-Oberbürgermeister seiner Heimatstadt Kassel gehörte der DIG mehrere Jahrzehnte an. Seine Arbeit für das deutsch-israelische Verhältnis will Eichel in der Jerusalem Foundation fortsetzen.
Auch der Kasseler Stadtplaner Christian Kopetzki hat sich zu Wort gemeldet. Der langjährige Kasseler Professor nennt die Äußerungen Becks einen „inquisitorischen, ja denunziatorischen Angriff auf die documenta insgesamt“. Zudem wirft er dem DIG-Präsidenten „Gesinnungsschnüffelei und Kontrollwahn“ vor
Antisemitismus und Documenta: Mitglieder de Kuratorenkollektivs Ruangrupa bei der Eröffnung der Documenta am 15. Juni.
Antisemitismus und Documenta
Anonymer Brandbrief
Jörg Häntzschel - 22. Juli 2022
Viele hatten erwartet, nach der wochenlangen Kontroverse um Antisemitismus auf der Documenta würde deren neuer Geschäftsführer, Alexander Farenholtz, nun eine Überprüfung aller Kunstwerke veranlassen, wenn nicht noch drastischere Schritte. Doch das wird nicht passieren.
Der Documenta-Aufsichtsrat hatte am Freitag beschlossen, ein Gremium aus Experten zu berufen, das die künstlerische Leitung beraten solle. Doch diese würden eher punktuell aktiv, so Farenholtz, ein generelles "Screening" der Ausstellung werde es nicht geben. Ohnehin sprächen die Experten allenfalls Empfehlungen aus. Das letzte Wort darüber, wie mit als problematisch empfundenen Werken umgegangen werde, habe in jedem Fall das Kuratorenkollektiv Ruangrupa. "Wenn sie entscheiden, dass sie ein Werk aus der Ausstellung nehmen wollen, können sie das tun. Andernfalls bleibt es dort. Es wird keinen Eingriff in die Handlungsautonomie der Kuratoren geben."
Genau um diese Frage geht es in einem anonymen Briefvon auf der Documenta vertretenen Künstlerinnen und Künstlern an den Aufsichtsrat, der am Donnerstag öffentlich geworden, offenbar aber schon einige Tage alt ist. Sie sprechen sich darin entschieden gegen die Einberufung eines Expertenbeirats aus. Ein solches Gremium schaffe eine Atmosphäre der "Einschüchterung, des Misstrauens und der Zensur". mehr >>>
Erklärung der documenta-Künster*innen aus Anlass der Empfehlung des Aufsichtsrats der documenta vom 16.7.22, "in einen Prozess der Konsultation mit Wissenschaftlern aus dem Bereich des zeitgenössischen Antisemitismus einzutreten".
Sehr geehrte Mitglieder des Aufsichtsrats der documenta gGmbH, wir, die UnterzeichnerInnen dieser Erklärung, wenden uns heute an Sie als teilnehmende KünstlerInnen und Kollektive sowie an ruangrupa und Mitglieder des künstlerischen Teams der documenta fünfzehn.
Im Anschluss an die Erklärung des Aufsichtsrats der documenta und Museum Fridericianum gGmbH vom 16. Juli 2022 nehmen wir die Gelegenheit wahr, eine Stellungnahme zu den Empfehlungen des documenta-Aufsichtsrats zu verfassen, insbesondere zu der Empfehlung, "in einen Prozess der Konsultation mit Wissenschaftlern aus dem Bereich des zeitgenössischen Antisemitismus
einzutreten".
Wir erkennen und bedauern den Schmerz, den die Abfolge der Ereignisse im Zusammenhang mit Taring Padis Werk "People's Justice" verursacht hat, sind jedoch der Meinung, dass dies nicht zu einer allgemeinen Atmosphäre der Untersuchung und Zensur führen sollte. Wir bekräftigen noch einmal unsere Haltung gegen alle Formen der Diskriminierung, einschließlich Antisemitismus,
Rassismus, Fremdenfeindlichkeit, Sexismus, Transphobie, Islamophobie, antipalästinensische, romafeindliche, antischwarze, antiasiatische, behindertenfeindliche, kastenbezogene,klassenbezogene und altersbezogene Handlungen und Angriffe.
Wir sind zutiefst enttäuscht, dass Sie sich entschieden haben, den Rassismus und die Gewalt zu ignorieren, denen die Künstler, die künstlerische Leitung und das Team in den letzten acht Monaten ausgesetzt waren. Viele von uns haben Zeit, Ressourcen, Liebe und guten Willen in das gemeinsame Projekt der documenta fünfzehn investiert. Die Künstlerinnen und Künstler haben Monate und Jahre fernab von ihrer Heimat und ihren Familien verbracht, um Deutschland und den Kasseler Gemeinden eine kollektive, gemeinschaftliche Arbeit zu ermöglichen. Diese Geschenke wurden in veröffentlichten Erklärungen von Politikern, in Pressemitteilungen und in der Medienberichterstattung nicht anerkannt oder gewürdigt.
Seit den ersten Medienangriffen im Januar werden palästinensische, pro-palästinensische, schwarze und muslimische Künstler von den Medien und den Politikern ins Visier genommen und diskriminiert und sind in der Folge bereits der Zensur durch die Institutionen ausgesetzt. Diese Diskriminierung hat uns deutlich gemacht, dass wir dem Vorschlag des Aufsichtsrates nicht trauen können. Um an einige dieser Vorfälle zu erinnern, erwähnen wir hier nur einige wenige:
Am 23. Juni 2022 wurde das WH22 Werner-Hilpert-Straße 22, ohne die Künstler oder Kuratoren zu informieren, für mindestens zwei Stunden geschlossen, bis Mitglieder von ruangrupa und des künstlerischen Teams es wieder öffneten. Am selben Tag wurde ein Teil des Hübner-Areals, in dem die Kunstwerke von Subversive Film ausgestellt waren, für den ganzen Tag geschlossen.
Am 10. Juli 2022 wurden Teile des Archivmaterials, die sich auf Palästina beziehen, ohne Wissen und Zustimmung des Kollektivs Archives des luttes des femmes en Algérie (Archiv der Frauenkämpfe in Algerien) entfernt. Es wurde erst am 11. Juli 2022 auf Ersuchen der Künstlerinnen zurückgestellt.
Diese Angriffe haben ein Klima der Feindseligkeit und des Rassismus gegenüber den Künstlern geschaffen, was dazu führte, dass sie weiteren Angriffen ausgesetzt waren:
Am 27. Mai 2022 wurde in WH22, dem Ort, an dem die Künstlerkollektive Question of Funding, Party Office und Hamja Ahsan untergebracht sind, eingebrochen und Vandalismus verübt, indem Parolen wie "187" und "Peralta" aufgesprüht wurden. Die Künstler vermuteten, dass sich die Slogans auf den kalifornischen Strafrechtsparagraphen über Mord und die spanische Neonazi-Aktivistin Isabel Peralta beziehen, die zu Gewalt gegen den Islam aufgerufen hat. Die Künstler beschlossen, das Graffiti am Veranstaltungsort zu belassen, und die documenta erstattete Strafanzeige.
Am 13. und 17. Juni 2022 wurde die Kirche St. Kunigundis, in der die Arbeiten der Atis Rezistans|Ghetto Biennale (Haiti/international) ausgestellt werden, nach fünf Tagen Beobachtung durch eine Frau in einem Auto von einem Mann gestürmt, der die anwesenden Künstler der Atis Rezistans|Ghetto Biennale bedrohte und anschrie. Er filmte auch mit seinem Handy, und das Video ist im Umlauf. Am 17. Juni 2022 lungerte derselbe Mann draußen herum.
Am 2. Juli 2022 wurden Mitglieder des Party Office Kollektivs auf den Straßen Kassels von transphobischen Männern angegriffen und anschließend von der Kasseler Polizei angegriffen. Die Angreifer wurden laufen gelassen. Das Parteibüro fordert eine Entschuldigung für den Umgang mit der Situation und weitere Schritte, um ihre Sicherheit und ihr Wohlergehen zu gewährleisten.
Zahlreiche Cyberstalking-Attacken und Drohungen gegen Mitarbeiter und Künstler wurden vom JuFo (Junges Forum DIG), insbesondere auf seinem Instagram-Account, verübt.
Es gab viele weitere dokumentierte Vorfälle sowie institutionelle rassistische, islamfeindliche und transphobe Diskriminierung. KünstlerInnen und Teammitglieder, die für die documenta fünfzehn arbeiten, sind bis heute auf verschiedenen Ebenen von Belästigung und Mobbing betroffen.
Neben diesen direkten rassistischen und transphoben Vorfällen haben Künstler und Lumbung-Mitglieder strukturellen Rassismus und Vernachlässigung erfahren. Diese wurden durch Probleme im Zusammenhang mit Visa, Unfreundlichkeit und Vernachlässigung von Daten und Kommunikation im Zusammenhang mit Künstlern und Arbeitnehmern, die sich als BIPOC, nicht-binäre und Trans-Künstler identifizieren, deutlich. Dies hat ihr physisches und psychisches Wohlergehen und ihren künstlerischen Prozess behindert. Dazu gehört auch, dass mehreren Künstlern und Ruangrupa-Mitgliedern kein oder nur ein befristetes Visum erteilt wurde und dass die Künstler unter entsetzlichen Bedingungen untergebracht wurden. Es ist uns ein Bedürfnis zu betonen, dass wir diese Verantwortung nicht den überarbeiteten, unterbesetzten und oft ungerecht behandelten Mitarbeitern des documenta 15 Teams aufbürden.
Die Empfehlung des documenta-Aufsichtsrats, "in einen Prozess der Konsultation mit Wissenschaftlern aus dem Bereich des zeitgenössischen Antisemitismus einzutreten", wurde gegen die Meinung von ruangrupa und dem künstlerischen Team ausgesprochen. Der Aufsichtsrat hat die beteiligten Künstler nicht konsultiert. Der Aufsichtsrat hat diese Vorgehensweise gewählt, obwohl er sich vertraglich zu gegenseitigem Respekt, Wohlverhalten und Loyalität gegenüber ruangrupa verpflichtet hat (Klausel 12.1 des Vertrages zwischen Documenta gGmbH und ruangrupa).
Warum wir die Empfehlung des Aufsichtsrates ablehnen, "in einen Prozess der Konsultation mit Wissenschaftlern aus dem Bereich des zeitgenössischen Antisemitismus einzutreten":
Wir möchten daran erinnern, dass wir im vergangenen Jahr versucht haben, mit dem Forum "Wir müssen reden! Kunst, Freiheit und Solidarität" im vergangenen Mai versucht haben, einen Dialog zu beginnen, wobei wir einen ehrenwerten, aber vergeblichen Versuch unternommen haben, eine gute Antwort auf eine schlechte Frage zu formulieren. Wir möchten auch daran erinnern, dass der Dialog nach intensiven Gesprächen mit den Forumsteilnehmern, in denen deutlich wurde, dass eine freie und produktive Diskussion unmöglich war, abgebrochen wurde. Vorausgegangen war die Kritik von Josef Schuster, dem Präsidenten des Zentralrats der Juden in Deutschland, an der Zusammensetzung des Forums. Einige Teilnehmer zogen sich wenige Tage vor der geplanten Eröffnung des Forums zurück oder zogen es in Erwägung, sich zurückzuziehen.
Die Kunstwerke sind nun seit mehr als 30 Tagen ausgestellt. Sie waren für die Öffentlichkeit in voller Transparenz zu sehen. Mehr als bei jeder anderen documenta waren und sind die Künstler in den Ausstellungsräumen präsent, um sich mit dem Publikum auszutauschen. Das Publikum hat mit großer Begeisterung auf die Ausstellung reagiert. Kunstwerke und Künstler zu untersuchen, ist anklagend und respektlos. Wir sehen es als eine Untersuchung, die implizieren könnte, dass jeder Künstler oder jedes Kunstwerk antisemitisch ist, bis das Gegenteil bewiesen ist.
Die Untersuchung von Kunstwerken, die Geschichte und Gegenwart in Frage stellen und vorantreiben, bedeutet, dass Kunstwerke sich nicht mehr mit der Komplexität dieser Geschichte auseinandersetzen können. Die Rolle des Publikums ist es, sich auf gleicher Augenhöhe damit auseinanderzusetzen, nicht in anklagender Weise. Wenn die Kunstwerke einer Prüfung unterzogen werden, hat dies tiefe Auswirkungen auf ihre lokalen Gemeinschaften und politischen Kontexte.
Die Aufnahme eines Beirats wird zu einem Präzedenzfall und schafft ein Umfeld der Angst und Selbstzensur, das es den Kuratoren und Künstlern unmöglich macht, sich in einem sicheren Umfeld offen mit der Öffentlichkeit auseinanderzusetzen. In der Kunst geht es nicht nur um Ästhetik und Komfortzonen, die Kunst spielt eine wichtige Rolle bei der Öffnung von Kanälen und der
Auseinandersetzung mit unserer Geschichte, lassen Sie es zu. Das ist es, was künstlerische Freiheit bedeutet.
Dieses Umfeld der Einschüchterung, des Misstrauens und der Zensur ist unhaltbar, und einige der Kollektive in der Ausstellung haben diese Erfahrung schon viel zu lange gemacht. Daher lehnen wir gemeinsam und kategorisch Ihre Empfehlung ab, "in einen Konsultationsprozess mit Wissenschaftlern aus dem Bereich des zeitgenössischen Antisemitismus einzutreten", oder eine erneute Überprüfung der Kunstwerke. Wir werden kein Ergebnis akzeptieren, das aus einer solchen Überprüfung resultiert. In einer am 25. Juni 2022 an die Direktion gesendeten E-Mail forderten wir die Institution auf, die erneute Prüfung unserer Werke unverzüglich einzustellen und alle Ausstellungsorte und Kunstwerke zu öffnen, damit unsere Kunstwerke von der Bevölkerung ohne Unterbrechung erlebt und angenommen werden können. Wir bitten Sie hiermit erneut, Ihre Empfehlung zurückzuziehen.
Wir möchten Sie daran erinnern, dass Zensurbehörden ihre Geschichte und ihren Kontext in Deutschland und weltweit haben. Wir kommen aus vielen Ländern, in denen wir mit Zensurgremien und Unterdrückung konfrontiert sind und uns auch weigern, sie zu befolgen. Zensurgremien entziehen dem Publikum die Verantwortung, sich zu engagieren, zu lernen und zu verlernen. Sie entziehen dem Publikum die Möglichkeit, sich eine unabhängige politische Meinung zu bilden. Zensurausschüsse sind das Ende einer Ära der Kunst, wie wir sie kennen; sie stehen für den Beginn einer neuen Ära (oder vielmehr für die Rückkehr zu einer Ära), in der die Kunst im Dienste politischer Regime steht.
Abschließend erwarten wir vom Aufsichtsrat Folgendes:
1. dass die Empfehlung, ein Gremium von Wissenschaftlern mit der Überprüfung der Kunstwerke zu beauftragen, unverzüglich zurückgezogen wird.
2-Dass KünstlerInnen und documenta fifteen Teammitglieder (namentlich Parteibüro, Hamja Ahsan), die zahlreiche E-Mails über physische und Cyber-Attacken geschickt haben, beantwortet und weiterverfolgt werden und dass solche Nachrichten auf den offiziellen facebook- und instagram-Seiten der documenta fifteen sofort abgerufen werden.
3-Dass die Täter und Täterinnen der bisher registrierten Übergriffe von der documenta und der Stadt Kassel zur Rechenschaft gezogen werden.
4-Dass ein sicheres Umfeld frei von jeglicher Form von Diskriminierung und Übergriffen in Kassel gewährleistet wird, indem ein Verhaltenskodex, ein Beschwerdeprotokoll und eine Reaktionsstruktur (wie z.B. der Zugang zu den Anwälten der documenta gGmbh) für solche Diskriminierungen erarbeitet wird.
Wir erwarten bis zum 22. Juli 2022 eine Rücknahme Ihrer Empfehlung zum Beirat. Andernfalls behalten wir uns vor, weitere Schritte gemeinsam zu unternehmen.
Außerdem erwarten wir bis zum 30. Juli 2022 eine öffentliche Entschuldigung für das Versäumnis, die rassistischen, islamfeindlichen und transphoben Angriffe weiterzuverfolgen oder zu erwähnen, sowie eine konkrete Strategie, um die oben genannten Diskriminierungen vieler KünstlerInnen zu beseitigen.
Wir sind hier, um zu bleiben und wollen diese Ausstellung offen halten, aber mit der Garantie der künstlerischen Freiheit. Wir sind überzeugt, dass die Kunstwerke für sich selbst sprechen können, und wir glauben an die Fähigkeit des Publikums, sich als mündige Bürger ohne staatliche Aufsicht mit den komplexen Zusammenhängen der Kunstwerke auseinanderzusetzen. Wir sind für offene und aufrichtige Gespräche und kollektiven Austausch hier. Wir sind hier als Menschen mit unseren Schwächen, unserer Stärke, unserem Mut und unserer Kunst, und wir wollen so lange wie möglich bleiben, um einen kritischen und freudigen Dialog mit denen zu führen, die uns in unserer Vielfalt als gleichwertig akzeptieren.
Ist Deutschland eine Bananenrepublik?
Die Antisemitismus-Hysterie untergräbt die Kunstfreiheit /
Anmerkungen zum Rücktritt der Leiterin der Documenta
Arn Strohmeyer - 17.07.2022
Die Leiterin der Documenta, Sabine Schormann, konnte dem Druck der Antisemitismus-Jäger nicht mehr standhalten und hat hingeworfen. Damit ist die Documenta endgültig im Desaster versunken. Die Israel-Anhänger und die meisten Medienvertreter, die genau das wollten, können die Sektkorken knallen lassen! Was für sie ein Triumph ist, ein Sieg im Kampf gegen den Antisemitismus, wie sie ihn verstehen, ist in Wirklichkeit eine Schande für dieses Land. Es hat sie als unfähig erwiesen, die Stimme des Südens, der die furchtbare Erfahrung mit dem westlichen Kolonialismus machen musste, anzuhören bzw. seine Kunst anzuschauen.
Werner Ruf hat es so treffend formuliert: „Nicht die Stimme des Südens, der Entrechteten, ‚der Verdammten dieser Erde‘ (Frantz Fanon) soll gehört und verstanden werden, sondern die Definitionsmacht der Herrschenden wird durchgesetzt.“ Die Definitionsmacht in Politik und Kultur, das beweist der „Antisemitismus-Skandal“ der Documenta, ist die von Israel vorgegebene Erinnerungspolitik an den Holocaust. Sie ist das deutsche Staatsdogma und die deutsche Staatsräson, koste es, was es wolle. Dass die Meinungs- und die Kunstfreiheit – also wesentliche Elemente der Demokratie dabei unter die Räder kommen – , wird hingenommen, dank des höheren Wertes Israel. mehr >>>
Zensur?
Abraham Melzer - 24. Juni 2022
„Das Bedienen antisemitischer Klischees auf der documenta15 erinnert an die dunkelsten Zeiten der deutschen Geschichte“, kommentiert Jürgen Hardt von der CDU. Damit hat er nicht so Unrecht. Mich erinnert das an die große Kunstausstellung der Nationalsozialisten, die sie „Entartete Kunst“ nannten. In Kassel ist aber nicht die Kunst entartet, was Kunst nicht kann, sondern der Diskurs um die angeblich antisemitischen Tendenzen der Ausstellung, die ich nicht sehe und nirgend zu erkennen vermag, selbst nicht in dem gigantischen Bild, dass verhängt und schließlich abgehängt worden ist. Jetzt bleibt das Gerüst als Mahnmal. Das Gerüst ist jetzt das Kunstwerk. Damit hat sich die Forderung eines documenta-Urgesteins, nämlich Josef Beus, bestätigt und erfüllt, dass alles Kunst sei, selbst ein Butterberg.
Kunst diskutiert, sondern über Antisemitismus. Man konnte es kaum noch ertragen. Der Generalsekretär der FDP Djir-Sarai belehrte uns, dass „Antisemitismus ist keine Meinung. Antisemitismus ist Hass und kann daher nie die Freiheit der Kunst in Anspruch nehmen.“ Aber selbst wenn Antisemitismus Hass ist (in den meisten Fällen ist es Dummheit und primitive Vorurteile) so kann es doch nicht verboten sein. Oder will die FDP den Menschen verbieten zu lieben oder zu hassen? Verbieten kann man Judenhass nicht. Verbieten und verhindern muss man nur Ausschreitungen gegen Menschen nur weil sie Juden sind. Dafür ist aber die Polizei zuständig und nicht die documenta.
Aber schon im Vorfeld zur diesjährigen documenta15 wurde den Kuratoren, der indonesischen Gruppe ruangrupa, sowie mehreren ausstellenden Künstlern die Nähe zur „antisemitischen“ BDS-Bewegung attestiert. Und weil Kulturstaatsministerin Claudia Roth bei der beschämenden Abstimmung im Bundestag nicht zugestimmt hat, wird jetzt von der Jüdischen Allgemeine ihre Entlassung gefordert. Josef Schuster verlangt jetzt personelle Konsequenzen. Er behauptet, dass Deutschlands Image in der Welt durch diesen Vorfall Schaden genommen hatte. Damit hat er möglicherweise sogar Recht. Die beschämende Debatte um die documenta15 hat in der Tat weltweit Aufsehen, Erstaunen und Mitleid mit den Deutschen erweckt, aber auch Wut und Zorn auf den Zentralrat der Juden, auf die diversen überflüssigen Antisemitismusbeauftragten, die sich alle plötzlich zu Kunstsachverständigen aufgeplustert haben und auf die israelische Regierung, die sich in Angelegenheiten einmischt, die sie ganz und gar nicht angehen.
„documenta der Schande“ nannte Israels Botschafter die internationale Kunstausstellung. Die Schande liegt aber allein auf seiner Seite und beim Zentralrat der Juden, der blind vor Hass und Gehorsam wie ein Terrier Israels völkerrechtswidrige Politik verteidigt. Die zahlreichen Antisemitismusskandale der letzten Jahre zeigen aber nur, wie leicht man in Deutschland mit dem Wort „Antisemitismus“ Aufmerksamkeit erregt und Menschen und Karrieren zu Fall bringen kann. Was ist denn der Antisemitismusvorwurf wert, wenn sogar ich als „berüchtigter Antisemit“ diskreditiert, beleidigt und diffamiert werde.
Die Jüdische Allgemeine meint, dass die jüdische Gemeinschaft in Deutschland selten so in Aufruhr war. Das widerspricht aber alles, was ich wahrnehme und wahrgenommen habe. Die sogenannte „Jüdische Gemeinschaft“ gibt es gar nicht. Die „Juden in Deutschland“, wie sich diese angebliche Gemeinschaft nennt, leben in einem selbstgewählten Ghetto, in dem sie vom Zentralrat alimentiert und bewacht werden. Sie werden tagaus, tagein mit der israelischen antipalästinensischen und im Grunde auch antijüdischen Propaganda gefüttert, lesen die Jüdische Presse als einzige Informationsquelle und wichtige Artikel, natürlich pro-israelisch und anti-palästinensisch werden sogar ins russische übersetzt, weil die Mehrheit der „jüdischen Gemeinschaft“ russische und ukrainische Juden ist, die mitnichten nach Israel auswandern wollen. Viele von ihnen kamen auf Umwegen aus Israel.
Die Jüdische Allgemeine hetzt und fragt, wie es sein kann, dass „jüdische Künstler aus Israel von der Weltkunstausstellung in Kassel gezielt ausgeschlossen wurden?“ Woher weiß denn die Jüdische Allgemeine, dass sie „gezielt“ ausgeschlossen wurden? Und warum wieder diese dämliche Behauptung, dass es sich um jüdische Künstler aus Israel handelt. Sind denn Künstler aus Israel nicht Israelis? Und sind nicht Künstler aus anderen 156 Staaten nicht eingeladen worden, was ganz was anderes ist als „ausgeschlossen“.
Die Jüdische Allgemeine fragt, wie es sein kann, „dass Juden in einem Gemälde als Schwein samt Davidstern und „Mossad“-Aufschrift gedemütigt werden?“ Welche Juden sind denn gedemütigt worden? Wohl nur diejenigen, die fest und stramm hinter der zionistischen Politik Israels stehen. Diese Politik ist aber kolonialistisch und trägt die Merkmale einer Apartheid und nicht mehr und nicht weniger wollten die indonesischen Künstler in ihrem Bild ausdrücken. Israel und seine Besatzungspolitik sei zu ächten, wie die anderen europäischen und amerikanischen Koloniale Systeme.
Sollen wir in Zukunft Kunst, Literatur und öffentliche Debatten vom Zentralrat der Juden zensieren lassen? Dieses sagt immer wieder, dass Kritik an Israel erlaubt sei, aber meint, dass nur die Kritik, die der Zentralrat in Vertretung der israelischen Propaganda genehmigt, erlaubt sei. Wollen wir das erlauben? Sollten wir nicht Josef Schuster sagen: Schuster bleib bei deinem Leisten. Kümmere dich um deine Juden, um deren Wohlergehen und mische dich nicht ein in innerdeutschen Debatten, von denen Du nichts verstehst und zu denen Du nichts beitragen kannst. Reicht Dir der Posten des Vorsitzenden des Zentralrats der Juden nicht? Willst Du bei der Weltpolitik mitmischen und deinen Senf ausdrücken? Warum sind die Vorsitzenden der moslemischen Gemeinden oder der Sintis klüger und zurückhaltender. Warum melden die sich nur, wenn es tatsächlich um ihre Angelegenheiten geht? Die documenta15 ist nicht die Angelegenheit des Zentralrats der Juden.
Es ist alles in allem eine Schande und man kann nur noch abwarten und staunen was noch mehr passiert und welche Politiker noch einknicken und der israelischen Propaganda zustimmen werden. Die Hirnis applaudieren jeder Rechtsverletzung, wenn sie die “Richtigen“ trifft. Dass aber morgen die Relativierung des Rechts wieder „die Falschen“ treffen könnte, können diese prämorbiden Persönlichkeiten nicht abschätzen: ihre Intelligenz erfasst das nicht (Debilität) oder nicht mehr (dementia praecox).
Jetzt hat auch unser Bundespräsident Frank Walter Steinmeier seinen übelriechenden Senf zur documenta-Antisemitismus-Debatte abgegeben und es war nicht nur ein Skandal, wie es Elke Buhr im Kunstmagazin Monopol nannte. Es war für uns alle eine schändliche Rede, eine peinliche Blamage für Deutschland, eine Beleidigung der internationalen Kunst- und Künstler-Welt und ein Gesichtsverlust für den Präsidenten. Ich bin als Israeli erstaunt, als Jude beschämt und als Deutscher wütend, dass Steinmeier eine solche Rede auch in meinem Namen gehalten hat. Er hat damit Deutschland geschadet und seine Pflicht Schaden vom Staat fernzuhalten, verletzt. Noch Jahre und Jahrzehnte wird man uns daran erinnern und es wird schwierig sein sich dieser Last zu entledigen.
Ich würde mich nicht wundern und es auch nicht bedauern, wenn er damit das Ende der documenta eingeleitet hat. Wer wird in Zukunft noch Vertrauen und Mut haben eine documenta zu kuratieren, auch wenn man ihr oder ihm die Freiheit der Kunst zusichert, wenn der Weg zur Durchführung voller Mienen ist, wenn die Freiheit von Anfang an schon begrenzt ist. Wird denn der künftige Kurator oder die künftige Kuratorin jeden Künstler fragen müssen: „Bist du Jude? Sympathisierst Du mit BDS? Hast Du früher, als Du noch minderjährig warst, Israel kritisiert?“ Wer wird denn solche peinlichen Fragen stellen wollen. Ich übertreibe vielleicht, aber nur so kann man zeigen, wie absurd die Lage und wo die Debatte um den Antisemitismus gelandet ist. Sie wird von unverantwortlichen „entarteten“ Journalisten, Politiker, Funktionären und speziell dafür ausgebildeten Agenten und bezahlten Publizisten geführt.
Es erinnert mich zu sehr an die Nazi-Ausstellung „Entartete Kunst“ mit der sich Adolf Hitler anmaßte zu bestimmen, was Kunst ist. Er verurteilte Kunst, die ihm nicht gefiel und die er nicht verstand. Bei Steinmeier ist es nicht einmal das. Er urteilt über etwas, das er nicht gesehen hat, weil es nicht vorhanden ist. Sollte man ihn hinterfragen, dann wäre er nicht in der Lage auch nur eine Äußerung der Kuratoren dieser documenta anzuführen, die die Existenz des Staates Israel in Frage stellen, weil es solche Äußerungen nicht gab. Allein schon deshalb, weil der Staat Israel für indonesische Künstler nicht die Bedeutung hat, wie für Deutsche. Antisemitismus ist dort fast so unbekannt wie am Nordpol.
Wenn deutsche Politiker und Publizisten lautstark beklagen, dass Israel von der Ausstellung ausgeschlossen sei, wie übrigens unzählige andere Staaten, und das Antisemitismus sei, dann ist das nur ein weiterer Beleg für die Antisemitismus-Hysterie, die ich schon in meinem Buch DIE ANTISEMITENMACHER von 2016 beschrieben habe und die inzwischen in Deutschland noch stärker herrscht. Die indonesischen Künstler betrachten die Welt aus der Perspektive eines Schwellenlandes der Dritten Welt, wo andere Probleme die Menschen beschäftigen als der Antisemitismus. Die Indonesier haben lange unter dem niederländischen Kolonialismus gelitten und haben vielleicht deshalb mehr Empathie für unterdrückte Völker als für deren Unterdrücker. Vielleicht sollte Steinmeier das auch zur Kenntnis nehmen.
Elke Buhr gibt darauf eine klare Antwort: „Nirgendwo auf dieser Ausstellung wird das Existenzrecht Israels in Frage gestellt. Es werden auch keine Juden diffamiert und herabgewürdigt. Im Übrigen hatte auch im Vorfeld keiner der Beteiligten sich irgendwo antisemitisch geäußert, alle hatten Antisemitismus explizit verurteilt.“
Aber das ist wie mit dem Mann, dem man vorwirft, dass seine Schwester eine Hure sei. Es hilft ihm nicht, wenn er sagt, dass er keine Schwester hat. Diese nicht vorhandene Schwester ist nunmal eine Hure. Ähnlich handelt Steinmeier. Es werden keine Juden diffamiert und die Existenz des Staates Israel wird nicht in Frage gestellt, Israel ist diesmal ausnahmsweise kein Thema der Ausstellung. Aber das passt einigen Journalistinnen und Journalisten, der Springer-Presse, der Zeit und einem zweifelhaften Kasseler Blog von durchgeknallten hysterischen Jüdinnen und Juden nicht. Sie suchten nach Antisemitismus und fanden ihn da, wo es ihn nicht gab. Sie haben mit ihrem absurden Vorwurf andere aufgeblasen und schließlich auch den Bundespräsidenten und mit ihm gleich Felix Klein, den glücklosen und überflüssigen Antisemitismusbeauftragten der Bundesregierung, der sich unverzüglich stramm hinter Steinmeier aufstellte und meinte, dass wenn kein einziger israelischer Künstler eingeladen wurde, dies auf einen Boykott israelischer Künstler deutet. Dabei sind Künstler aus mehr als 150 Staaten nicht eingeladen worden, die weit davon entfernt sind zu behaupten, dass man ihre Existenz in Frage stellt oder gar verneint. Steinmeier, Felix Klein, Josef Schuster und manch andere kleinkarierte Politiker und Zentralrat Vorsitzende können sich wohl nicht vorstellen, dass es Regionen und Länder in dieser doch kleinen Welt gibt, für die Juden, Israel und Antisemitismus kein Thema ist.
Die Stadt Kassel hat für die diesjährige documenta Kuratoren aus Indonesien eingeladen und ihnen vollkommene Unabhängigkeit zugesichert und wohl vergessen zu erwähnen, dass dies für Israel nicht gilt. Man hat ihnen nicht gesagt, wen sie einladen dürfen und wen nicht.
„Kritik an israelischer Politik ist erlaubt, doch wo Kritik an Israel umschlägt in die Infragestellung seiner Existenz, ist die Grenze überschritten“. In einem Satz spricht der naive, tölpelhafte, ahnungslose und arglose Präsident von Kritik an israelischer Politik und Kritik an Israel. Israel existiert und kann nicht delegitimiert werden. Israels Politik dagegen sehr wohl.
Steinmeyer sollte das deutsche Grundgesetz studieren. Darin ist die Meinungsfreiheit garantiert und die Rede ist nicht von der richtigen oder falschen Meinung. Jede Meinung ist frei. Mich erinnert das an einen früheren Bundespräsidenten, Johannes Rau, der gesagt hat: „Kritik an Israel ist erlaubt. Aber muss es denn öffentlich sein?“
Nirgendwo auf der documenta wird das Existenzrecht Israels in Frage gestellt. Trotzdem spricht Steinmeier davon und bekräftigt und bestätigt den Antisemitismus-Vorwurf, als ob es ihn tatsächlich gäbe. Es ist eine bösartige und unverantwortliche Beleidigung des indonesischen Kollektiv Ruanggrupa und aller weiteren Künstlerinnen und Künstler, die an der Entstehung diese Ausstellung mitgewirkt haben. Zum Glück für die documenta, für die Stadt Kassel und für Deutschland, haben all diese nicht Deutschen Künstler nicht verstanden worum es Steinmeier, Klein, und den anderen Hohlköpfen gegangen ist. Sonst hätte sie vielleicht ihre Kunstwerke eingepackt und sich verabschiedet. Ich hätte es jedenfalls so gemacht. Es mag sein, dass jüdische Künstlerinnen und Künstler mit Wohnsitz in Israel nicht prominent vertreten sind, aber die sechs Millionen Juden in Israel sind medial mehr als genug vertreten und wenn sie es nicht sind, wie auf der diesjährigen documenta, dann sorgen sie dafür, dass man sie und ihr Anliegen, in diesem Fall der israelische Rassismus, Apartheid und die Unterdrückung des palästinensischen Volkes laut genug hört.
Mit solchen Diskussionen schaffen es die üblichen Täter den Antisemitismus-Begriff auszuhöhlen und zu instrumentalisieren. Man freut sich als Zuschauer einen anderen Blick auf die Welt der Kunst zu sehen, aber, sagt die jüdische Philosophin Susan Neiman in der Süddeutschen Zeitung, „eigentlich will man diesen Blick doch nicht sehen.“ Es fehlt das, womit man sich in Deutschland schon seit Jahren auseinandersetzt, die hysterische Auseinandersetzung mit dem Antisemitismus. Und ohne Antisemitismus geht der Deutsche nicht ins Bett.
Steinmeier will offen sein und behauptet, dass er „in der vergangenen Woche nicht sicher (war) ob ich heute hier sein werde.“ Dabei hat er in der vergangenen Woche bei seinem Staatsbesuch in Indonesien gesagt, dass er in seiner Rede am kommenden Samstag sich mit der Frage der Freiheit der Kunst insbesondere nach dem Streit mit den Antisemitismus-Vorwürfen beschäftigen wolle. Und tatsächlich hat er in seiner Rede, die sicherlich schon in der vergangenen Woche verfasst worden war, dem indonesischen Künstlerkollektiv vorgeworfen Organisationen eingeladen zu haben, die den kulturellen Boykott Israels unterstützen oder antisemitisch seien. Fakten und Beweise hat er nicht vorgetragen, da es sie nicht gibt.
Erst vor wenigen Tagen hat sich Frank Walter Steinmeier bei den Ukrainern wegen seiner pro-russischen Politik entschuldigt. Bei wem will er sich wegen seiner missglückten documenta-Rede entschuldigen? Bei den Deutschen? Bei den Juden? Bei den Palästinensern oder bei den Indonesiern? Eigentlich bei allen.
Dabei betonte er aber, dass Kunst nicht streitfrei zu haben sei. Er sagte: „Kunst darf anstößig sein, sie soll Debatten auslösen. Doch wo Kritik an Israel (bzw. seine Politik) umschlägt in die Infragestellung seiner Existenz, ist die Grenze überschritten.“
Wo, Herr Bundespräsident, ist Israels Existenz in Frage gestellt worden?
Steinmeier sagt noch, dass er im Vorfeld der Schau „manchen gedankenlosen, leichtfertigen Umgang mit dem Staat Israel“ beobachtet habe. „Die Anerkennung Israels sei in Deutschland aber Grundlage und Voraussetzung“ für alles. Israels Existenz sei für Deutschland Staatsräson und deshalb erwartet wohl Steinmeier, dass auch Künstler aus Indonesien und aus Palästina sich daranhalten. Wie naiv, dumm und selbstgerecht muss man denn sein, um eine solche Erwartung zu haben? Und Felix Klein gibt auch noch seinen stinkenden Senf dazu: „Ich teile die kritische Einstellung des Bundespräsidenten. Es kann nicht sein, dass Antisemitismus Teil des von der öffentlichen Hand geförderten künstlerischen Diskurses in Deutschland ist.“ Solche schwachsinnigen und dümmlichen Sätze gibt er seit Jahren von sich, ohne auch nur ein einziges Mal einen Nachweis zu bringen. Das nenne ich gedankenlos, leichtfertig und vor allem unverantwortlich.
Dass Antisemitismus nicht geduldet werden darf, ist inzwischen eine solche Binse, dass man sich fast schon schämen muss es zu sagen. Wenn aber die Antwort darauf die inzwischen unzähligen Antisemitismusbeuftragten sind, und wenn wieder von israelbezogenen Antisemitismus die Rede ist, wo es um berechtigte und sogar notwenige Kritik an der Politik des Staates Israel geht, um die Bekämpfung der in Israel herrschenden Apartheid und den Hass und die Verachtung der Palästinenser geht, dann läuft etwas schief im Lande der Deutschen. Und wenn einer internationale Kunstausstellung, die von indonesischen Künstlern kuratiert wird, wieder einmal Antisemitismus vorgeworfen wird, dann kann man nur noch verzweifeln und all diesen zionistischen Agitatoren zurufen, was Uwe Becker, der Antisemitismusbeauftragter des Landes Hessen, bei einer Solidarität Kundgebung für Palästina zugerufen hat: Haltet´s Maul. Und ausgerechnet dieser Rassist, Zionist und ein Feind der Demokratie traut sich noch indonesische Künstler, die gegen Apartheid, gegen Kolonialismus, Unterdrückung und Ausbeutung in ihrem Kunstwerk protestieren, vorzuwerfen, sie seien Antisemiten, weil sie in ihrem Mamutbild einen israelischen Soldaten abgebildet haben, in Zusammenhang mit anderen unsympathischen Figuren aus der Zeit der Unterdrückung Indonesiens. Die Indonesier haben lange unter dem niederländischen Kolonialismus gelitten, sie wissen also sehr genau, was Kolonialismus bedeutet. Es kann deshalb nicht verwundern, wenn sie ihre Sympathie nicht den Unterdrückern, sondern den unterdrückten Palästinensern zuwenden.
Bei den documenta Kuratoren aus Indonesien handelt es sich um „lupenreine Judenhasser“, sagt die Jüdische Allgemeine Zeitung, so wie einst Gerhard Schröder Putin bescheinigte ein „lupenreiner Demokrat“ zu sein. Dabei ist Putin alles andere als ein „lupenreiner Demokrat“. Er ist vielmehr ein lupenreiner Diktator, Mörder und Nationalist, so wie die indonesischen Kuratoren keine Judenhasser sind, sondern freie Künstler, denen die Freiheit zugesagt wurde, die Ausstellung nach ihrem Verständnis und ihrer Ideologie auszurichten. Aber die Leitung der documenta hat von Anfang an die Hosen voll gehabt vor Angst, die Indonesier würden die Kunstwelt nicht so sehen, wie sie selbst. Halbherzig und ängstlich haben sie die Kuratoren in Schutz genommen vor diskriminierenden Beschuldigungen sie seien Antisemiten, als ob es in dieser Zeit keine anderen Probleme gäbe, als ob wir keine Corona-Pandemie hätten, als ob kein mörderischer Krieg in der Ukraine tobt, als ob in vielen Teilen der Welt keine Hungersnot herrscht, als ob wir keine Sorgen um unsere eigene Energiezufuhr hätten, als ob nicht Deutschland, Europa und die Welt von einem skrupellosen Diktator bedroht und erpresst wird.
Antisemitismus, Antisemitismus, Antisemitismus – das hören wir seit Jahren und immer wieder aus der gleichen Ecke, von dubiosen pro Israel Vereinen, aus der israelischen Botschaft und vom Zentralrat der Juden, der sich eigentlich um seine Juden gefälligst kümmern sollte und Schuster bei seinem Leisten bleiben sollte und sich nicht um Kunst kümmern, von der er keine Ahnung hat.
Damit solche dummen Skandale nie wieder passieren, schlage ich vor, dass die nächste documenta von Josef Schuster, Felix Klein, Henryk Broder, Michael Wolffsohn und Charlotte Knobloch kuratiert wird. Dann kann man davon ausgehen, dass mindestens 100 jüdisch-israelische Künstler eingeladen werden und Wände mit der Inschrift „Tod den Arabern“ beschmiert werden, als Beispiel für zeitgenössische israelische Kunst.
Aber mit Kunst wird eine solche documenta nichts mehr zu tun haben. Es wird eine Propagandaschau der israelischen Hasbara sein und die armen und naiven Deutschen werden es über sich ergehen lassen müssen. Denn wer ein Antisemit ist bestimmt der Zentralrat der Juden und wenn früher Juden bestimmt haben was Antisemitismus ist, so sind es heute philosemitische nicht jüdische Zionisten wie Felix Klein oder Uwe Becker. Bei der nächsten documenta werden wir vielleicht ein Riesenwandbild mit Soldaten, die ein Hakenkreuz tragen und es wird wieder derselbe Skandal sein, denn was Soldaten mit Hakenkreuz für Juden, Ukrainer, Polen, Russen aber auch Franzosen, Holländer, Dänen und Norweger bedeuten, das bedeuten israelischen Soldaten mit einem Davidstern für Palästinenser. Beide Zeichen stehen für verschiedene Völker als Symbole für Gewalt, Okkupation, Unterdrückung, Demütigung, Ausbeutung, Landraub und physische Vernichtung.
Kassels Oberbürgermeister Geselle ist wütend und enttäuscht und fühlt sich beschämt, weil seiner Meinung nach die Installation einen eindeutig antisemitischen Zusammenhang weise. Jeder Bürgermeister und Oberbürgermeister in Deutschland ist mit Hilfe der israelischen Hasbara zum Antisemitismussachverständigen mutiert und jeder kann Antisemitismus von Kunst unterscheiden und Antisemitismus selbst dort entdecken, wo es nicht vorhanden ist. Das erleben wir in Deutschland von München bis Düsseldorf, von Kassel bis Berlin und alle berufen sich auf die BDS-Entscheidung des Bundestages, und man ist machtlos dagegen, obwohl das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig unlängst geurteilt hat, dass BDS keineswegs antisemitisch sei und man deshalb auch BDS-Veranstaltungen nicht verbieten kann bzw. solchen Veranstaltungen Räume verweigern darf.
Es nützt aber alles nichts und es geht uns, die wir nicht voreingenommen sein wollen, so wie dem Mann, dessen nichtexistierende Schwester eine Hure ist. Die indonesische Künstlergruppe Taring Padi kann so oft und so eindringlich behaupten, dass ihre Figurendarstellung nichts mit Antisemitismus zu tun hat, man glaubt ihr nicht, man nimmt sie nicht ernst, man beleidigt sie und erhebt sich über sie mit der gewohnten europäischen Arroganz und Überheblichkeit gegenüber Menschen aus der Dritten Welt. Dabei ist die Banner-Installation People´s Justic Teil einer Kampagne gegen Militarismus und Gewalt, und bedeutet so wie sie heißt: Gerechtigkeit für das Volk, und gemeint ist jedes Volk.
Die Darstellung von Militärfiguren auf dem Banner ist Ausdruck einer 32-jährigen Militärdiktatur Suhartos in Indonesien, aber es gibt diese Militärdiktatur auch in Palästina, ob es dem Zentralrat der Juden und dem israelischen Botschafter passt oder nicht. Heute bzw. gestern hat man die Schande der Israelis zugedeckt, aber nicht beseitigt. Sie ist nicht zu verheimlichen und totzuschweigen, auch wenn Israels Propaganda es seit Jahren versuchen. Alle auf dem Banner abgebildeten Figuren nehmen Bezug auf eine Realität, die nun einmal existiert und die man nicht totschweigen kann. Generäle und Soldaten werden als Schweine, Hunde und Ratten symbolisiert und es wäre gut und klug gewesen, wenn wir Europäer diese Sichtweise der Indonesier zur Kenntnis genommen und uns weniger aufgeregt hätten. Nicht nur in Indonesien werden Kapitalismus, militärische Gewalt, Ausbeutung, Unterdrückung und Entwürdigung von Menschen mit solchen Symbolen gezeichnet. Auch in der europäischen Kunst nach dem ersten Weltkrieg gab es manche Künstler, die sich ähnlich ausgedrückt haben. Das Banner wurde erstmals 2002 in Australien gezeigt und seitdem an vielen verschiedenen Orten in Asien, Südamerika und China. Nirgends gab es eine solche deplatzierte Aufregung wie in Deutschland. Es reichte der deutschen linken und rechten Presse nicht, dass Taring Padi versichert haben, dass ihre Arbeit „keine Inhalte enthält, die darauf abzielen, irgendwelche Bevölkerungsgruppen auf negative Weise darzustellen.“ Sie wurden schon lange vorher, bevor man das Bild überhaupt gesehen hat, als Antisemiten abgestempelt und diskreditiert. Die erste Präsentation des Banners in einem europäischen Land misslang und wurde zu einem Skandal und zum Symbol der documenta15. Das Werk wird nun zu einem Denkmal der Trauer und der Schande und der Unmöglichkeit eines Dialogs. Und selbstverständlich sind alle Vorwürfe gegen die Geschäftsführung der documenta banal und überflüssig, denn die Geschäftsleitung lässt in der Tat nicht, wie sie auch sagt, die tausenden von Exponaten vorab zur Prüfung vorlegen. Eine zukünftige Leitung, womöglich vom Zentralrat und dem Antisemitismusbeauftragten mag das anders machen, aber dann wird es schon nicht mehr die documenta sein.
Wer will denn den Indonesiern verbieten ihre Unterdrücker in ihrer Kunst zu verarbeiten und wer soll und will ihnen verbieten sich mit anderen unterdrückten Völkern zu solidarisieren. Keiner außer deutsche Politiker, Publizisten und andere naive und verlogene Gutmenschen, die die Juden schützen wollen und in Wirklichkeit Juden noch mehr gefährden. Wann wird die deutsche Öffentlichkeit nicht mehr schweigen, wenn Herr Josef Schuster bestimmen wird, was sie sehen darf, was sie lesen darf, was sie sagen darf und dass sie zu den Verbrechen der israelischen Armee und Gesellschaft schweigen soll. Dann kommt das alles auf uns zurück wie ein Bumerang und macht keinen Unterschied zwischen Gegner und Befürworter der israelischen Okkupation.
Der Skandal ist nicht die documenta, sondern der widerliche Skandal um die documenta. Man verspricht die Freiheit der Kunst und übt Kritik bei der kleinsten Differenz. Man lässt keinen Raum für Diskussionen und Streit. Man verdeckt das Kunstwerk und weil das nicht reicht, baut man es ab.
Für uns hier ist schon der Furz vor einer Synagoge Antisemitismus und wir zwingen Menschen aus Indonesien unsere falsche Empfindlichkeit auf. Für sie ist ein israelischer Soldat ein Unterdrücker wie englische, amerikanische und französische Soldaten auch. Selbstverständlich herrscht in Israel ein Apartheidsystem und dass Israel ein anderes Volk unterdrückt und knechtet, hat doch erst neulich Amnesty International bestätigt, nachdem es mehrere israelische und jüdische Organisationen auch festgestellt haben. In Indonesien und anderen Gegenden des Südens sieht man es wie es ist. Nur in Deutschland betrachtet man die israelische Apartheid durch eine rosarote Brille, weil man Angst hat als Antisemit diskreditiert zu werden, wenn man Mord und Demütigung als das nennt was es ist: Mord und Demütigung.
Ich frage mich wie lange die Deutschen das noch dulden werden und wann es wie ein Bumerang auf Zentralrat und allen philosemitischen Gutmenschen zurückfällt. Es ist eine heuchlerische und unmoralische Aufregung und der Zentralrat der Juden und die israelische Botschaft wollen in Deutschland die Blockwächter sein und die Deutschen erziehen. Dass sie damit nur mehr Antisemitismus schaffen, habe ich schon in meinem Buch DIE ANTISEMITENMACHER bewiesen. Aber gegen Dummheit sind selbst die Götter machtlos.
Der documenta ist ein ungeheurer nicht wiedergutzumachender Schaden zugefügt worden. Es wird vielleicht die letzte sein, denn einem solchen Stress, einer solchen Zensur und einer solchen Unaufrichtigkeit, Heuchelei und Zensur wird sich in Zukunft kein Künstler gefallen lassen und keiner wird auch Kurator sein wollen für eine Geschäftsleitung, die schon, wenn das Wort Antisemitismus geflüstert wird, einknickt und vor der Israel-Lobby, dem Zentralrat der Juden und den diversen Antisemitismusbeauftragten und ihre Ableger bei der Presse tiefe Kotaus macht. Und das wird so lange so sein, wie Israels Sicherheit deutscher Staatsräson bleibt und die Sicherheit der Palästinenser nur ein Lippenbekenntnis. Auf dem inkriminierten Banner behandelt das Kollektiv Taring Padi eine der blutigsten und blutrünstigsten Epochen der indonesischen Geschichte. Indonesien wurde damals von den USA, aber auch von Deutschland und Israel unterstützt, nicht zuletzt auch mit Waffen, mit denen die Indonesier unterdrückt und von ihrer eigenen Regierung bekämpft wurden. Nichts an diesem Banner hat mit Antisemitismus zu tun und solche Assoziationen können nur in den Köpfen deutscher Intellektueller und Politiker, aber auch Funktionären und kleinkarierter Bürgermeister entstehen. Die Kunstkollektive des Globalen Südens haben uns die Gelegenheit gegeben Kunst jenseits der teuren Galerien zu sehen und zu verstehen. Wir haben es aber vermasselt. Eine zweite Chance wird es womöglich nicht geben.
WO RECHT ZU UNRECHT WIRD
WO UNRECHT VERTEIDIGT UND GEDECKT WIRD
Zum Antisemitismus-Streit auf der documenta.
Katja Maurer - 23. 6. 2022
Die documenta fifteen wollte sich den Kunstkollektiven des Globalen Südens überlassen. Als Kuratoren ausgewählt wurde das indonesische Künstlerkollektiv ruangrupa, das andere Künstlerkollektive beauftragte, weitere zu suchen und so den Prozess der Werkauswahl zu demokratisieren. So wenig Hierarchie wie möglich war die Devise. Mit einer ganz eigenen Begriffswelt sollten Räume für ästhetisches Erleben, Aneignen und Selbermachen geschaffen werden, die die bürgerlichen documenta-Besucher:innen mit einer anderen Option des Lebens und Zusammenlebens in Berührung oder Konfrontation bringen könnten. Eine Welt voller Katastrophen, die den Süden zu einem unbewohnbaren Ort zu machen droht, sollte sich mit künstlerischen Praktiken, die nicht auf den Kunstmarkt zielen, neu imaginieren.
Und nun das: Der Antisemitismus-Vorwurf hat die documenta-Macher:innen seit vielen Wochen begleitet. Er wurde u.a. wegen der Teilnahme des palästinensischen Künstlerkollektivs „Question of Funding“ erhoben und führte zu tätlichen Angriffen von Rechtsextremen und anderen auf die Arbeiten der Gruppe. Was bei ihnen nicht entdeckt wurde, hat sich nun auf dem Ausschnitt eines Bildes der indonesischen Gruppe Taring Padi tatsächlich gezeigt: Eindeutige antisemitische Klischees. Damit schien der vermeintlich letztgültige Beweis gefunden, dass der Antisemitismus-Vorwurf von Beginn an zurecht erhoben und die Warnungen vor einer antisemitischen documenta in den Wind geschlagen wurden.
Ein beeindruckender medialer Angriff - Was sich im Zuge der Verhüllung und anschließenden Beseitigung des Bildes ereignet, ist ein beeindruckender medialer Angriff auf die Bemühungen in der öffentlichen Debatte in Deutschland, die Erinnerungskultur um das Reflektieren kolonialer Verbrechen zu erweitern, ohne die seit Jahrzehnten mühsam und gegen den Widerstand der Eliten aufgebaute Verantwortung für die NS-Verbrechen zu relativieren. mehr >>>
Vorsitzender des documenta-Forums tritt zurück
Jörg Sperling hatte die Entfernung des antisemitischen Kunstwerks kritisiert, das documenta-Forum distanzierte sich daraufhin von ihm. Nun tritt Sperling zurück.
Aktualisiert am 23. Juni 2022,- Quelle
"Die Freiheit ist ein wundersames Tier
Und manche Menschen haben Angst vor ihr
Doch hinter Gitterstäben geht sie ein Denn nur in Freiheit kann die Freiheit Freiheit sein" Georg Danzer
Volker Beck und Josef Schuster fordern Rücktritt der Documenta-Chefin
Sabine Schormann soll ihren Posten als Documenta-Generaldirektorin räumen: Das legen ihr nun die Präsidenten der Deutsch-Israelischen Gesellschaft und des Zentralrats der Juden nahe.
Von der Verantwortung der Kunst. Steinmeier auf der Documenta Fifteen.
Norman Paech Hamburg, 20. VI. 2022
Bundespräsident Steinmeier begann seine Rede zur Eröffnung der Documenta Fifteen in Kassel mit dem Bekenntnis: „Ich war mir in den vergangenen Wochen nicht sicher, ob ich heute hier sein würde". Ein Besuch der Documenta lohnt sich immer, insbesondere dieser 15. Aber er hätte schweigen und einen Rundgang machen sollen. Dann hätte er sein Manuskript, welches ihm irgendwer im Präsidialamt zusammengeschrieben hat, in der Tasche lassen müssen, um sich nicht derart zu blamieren, wie er es jetzt getan hat. Denn keines seiner Vorurteile, die eine dubiose Antifagruppe in Kassel in die Welt gesetzt hat, fände er bestätigt. Nirgends in der Ausstellung wird die Staatlichkeit Israels angegriffen oder die Existenz in Frage gestellt. Selbst die Künstlergruppe „The Question of Funding“ aus Ramallah, an der sich die allgemeinen Vorurteile festmachen, kritisiert zwar die Besatzung und die Gewalt in den besetzten Gebieten, hat die Staatlichkeit Israels aber nicht in Frage gestellt.
Doch wo leben Sie, Herr Bundespräsident?
Sie sagen: „Die Anerkennung Israels ist bei uns Grundlage und Voraussetzung der Debatte.“ Das mag so sein. Aber auch Sie wissen, dass niemand in der Welt, kein Staat, kein Mensch, verpflichtet ist, Israel anzuerkennen. Schon gar nicht einen ausschließlich jüdischen Staat, weswegen Indonesien z. B. Israel nicht anerkannt hat. Wollen Sie alle Künstlergruppen, zu Gast in Deutschland, in unser Erinnerungsdogma zwängen und ihre Kunst dem Holocaust-Test unterziehen? Die US-amerikanische Philosophin Susan Neiman vom Einsteinforum meint, es sei in unseren Versöhnungsbemühungen etwas durcheinander gegangen: "Was sich in den letzten zwei Jahren gezeigt hat, ist eine schiefgelaufene Sühne." Und ihr Kollege Peter Beinart in den USA erklärt dazu: „Sie ist aus dem Ruder gelaufen, weil es der israelischen Regierung in Zusammenarbeit mit der deutschen Rechten erlaubt wurde, zu definieren, wie die Deutschen für ihre völkermörderische, antisemitische Vergangenheit büßen sollen“.
Sie betonen: „Die Freiheit der Meinung und die Freiheit der Kunst sind Wesenskern unserer Verfassung.“ Aber: „Ein Boykott Israels kommt einer Existenzverweigerung gleich“, und damit „ist die Grenze überschritten“. Machen Sie Sich auf den Weg nach Gaza, dort werden Sie sehen, wer wen boykottiert und mit welchen Folgen. Hat Ihnen niemand erzählt, dass die weltweit unterstützte BDS-Bewegung der Palästinenser nur ein Ziel hat, die israelische Politik zur Einhaltung des Völkerrechts zu zwingen? Eine Aufgabe, um die sich die deutsche Bundesregierung Jahrzehnte lang herumgedrückt hat. Sie verkündigen auf ihrem letzten Besuch in Israel: „Die Position der deutschen Regierung ist, dass der Internationale Strafgerichtshof keine Zuständigkeit in diesem Fall hat, weil es keinen palästinensischen Staat gibt.“ Es geht um mögliche Kriegsverbrechen in dem Überfall auf Gaza im Jahr 2014 und der Siedlungspolitik in den besetzten Gebieten. Die deutsche Regierung hat das Römische Statut von 1998 unterzeichnet, welches sie verpflichtet, den Gerichtshof zu unterstützen. Sie aber helfen dem möglichen Kriegsverbrecher, sich der strafrechtlichen Verantwortung zu entziehen.
Ihnen fällt auf, dass „auf dieser bedeutenden Ausstellung zeitgenössischer Kunst wohl keine jüdischen Künstlerinnen und Künstler aus Israel vertreten sind“. Gleichzeitig räumen Sie ein: „Es gehört zum Prinzip dieser Weltkunstschau, dass jede Ausstellung unabhängig kuratiert wird.“ „Aber“, nehmen Sie das sogleich zurück: „Die Verantwortung bleibt ja. Verantwortung lässt sich nicht outsourcen.“ Welche Verantwortung und wessen Verantwortung? Warum lädt man eine Künstlergruppe aus Indonesien zur Kuratierung einer Welt- keiner deutschen Ausstellung ein, um sie unseren muffigen Erinnerungsquerelen zu unterwerfen? Die Verantwortung von ruangrupa ist die Versammlung und Präsentierung eines weiten aber nie vollständigen Spektrums internationaler Künstlerinnen, Künstler und Kunstprojekte. Wenn dabei einige Länder nicht berücksichtigt werden, liegt das in ihrer freien Verantwortung und nicht der vermeintlichen politischen Verantwortung der Bundesregierung. Man renommiert mit der „bedeutendsten Weltkunstausstellung“, ist an ihren Entwürfen und Perspektiven aber offensichtlich nicht interessiert.
Sie fordern, dass wir „stärker hinschauen, auch hinhören“: „Die lange Kolonialgeschichte mit Gewaltherrschaft und Ausbeutung und die zahllosen blinden Flecken ihrer Aufarbeitung. Die Erfahrung von Unterdrückung und Entrechtung. Der Umgang mit geraubtem Kulturgut.“ Gehen Sie in den Pavillon der Künstlergruppe „The Question of Funding“ und Sie werden dort gerade darüber in der bis heute andauernden Kolonial- und Gewaltgeschichte Palästinas mehr erfahren als von Ihren Gesprächspartnern im Zentralrat der Juden oder den jagdhungrigen Antisemitismusbeauftragten. Hat in Ihrem Amt niemand die zahlreichen Berichte der Menschenrechtsbeauftragten der UNO, von Human Rights Watch und jüngst Amnesty International über den Apartheidstaat Israel gelesen? Es gibt genügend Menschenrechtsskandale in der Welt. Aber dieser ist der längste und einer der gröbsten.
Sie hätten sich gewünscht, „dass vor der Eröffnung dieser documenta über all das diskutiert worden wäre.“ Das Angebot von ruangrupa zu einem öffentlichen Forum zur Diskussion über die Vorwürfe ist abgelehnt worden. Man wollte den Kuratoren die Zusammensetzung des Forums nicht selbst überlassen. Sind Ihnen die jahrelangen heftigen Auseinandersetzungen über die israelische Besatzungspolitik entgangen? Der Streit um Diskussionsräume bis vor das Bundesverwaltungsgericht, welches Anfang dieses Jahres die BDS-Bewegung von den Vorwürfen freisprach, die Sie jetzt wieder hervorholen? Erst das Bundesgericht hat der Diskussion den notwendigen Freiraum geschaffen. Der unqualifizierte Beschluss des Bundestages, der die BDS-Bewegung als antisemitisch bezeichnet? Selbst wenn es so wäre, könnte damit kein Verbot, keine Ablehnung eines Diskussionsraums begründet werden. Ihr Vorwurf „Boykottieren statt diskutieren“ trifft nicht die BDS-Bewegung. Da ist Ihnen etwas durcheinander gekommen. Er trifft die Stadträte, die ihre Kommunen verpflichtet haben, Diskussionen über den Palästinakonflikt keine Räume zu gewähren – bis das Bundesverwaltungsgericht die Beschlüsse für rechtswidrig erklärte.
Sie wollen schließlich, Herr Bundespräsident „diesen Ort, die documenta stärken. Wir brauchen sie“. Richtig, aber nicht so. Die palästinensische Künstlergruppe heißt nicht ohne Hintersinn „The Question of Funding“. Wie wäre es, wenn Sie Ihre Stärkung mit einer kräftigen Spende an die Künstlergruppe aus Ramallah unterstreichen? Eine angemessene Wiedergutmachung.
Norman Paech Hamburg, 20. VI. 2022
Die scheinheiligen
Das Chaos fair deuten
Was ist hier warum antisemitisch? Eine Analyse - abseits der Aufregung - des Bildbanners "People's Justice" der Documenta.
16. Juli 2022 - Joseph Croitoru
Das mittlerweile abgehängte umstrittene Großgemälde des indonesischen Künstlerkollektivs Taring Padi auf dem Friedrichsplatz in Kassel.
Nach der Entfernung seines Monumentalbilds "People's Justice" von der Documenta fifteen wegen antisemitischer Bildsprache hatte sich das indonesische Künstlerkollektiv Taring Padi entschuldigt. Seine Mitglieder betonten, dass Antisemitismus "weder in unseren Gefühlen noch in unseren Gedanken" einen Platz habe und bedauerten, "eine mögliche Beteiligung der Regierung des Staates Israel" an den Schrecken der Militärdiktatur Suhartos "unangemessen" dargestellt zu haben: "Gewalt, Ausbeutung und Zensur" und insbesondere der "Massenmord an mehr als 500.000 Menschen in Indonesien im Jahr 1965, der bis heute nicht aufgearbeitet wurde".
"People’s Justice" der indonesischen Künstlergruppe Taring Padi
Zum Vergrößern das Bild anklicken.
Jetzt doch: Antisemitismus auf der documenta fifteen
Auf dem Friedrichsplatz - ist am Wochenende das Banner "People’s Justice" der indonesischen Künstlergruppe Taring Padi aufgestellt worden. Darauf sind schweinsköpfige Mossad-Mitglieder karikiert und ein Schläfenlockenjude mit Zigarre und SS-Hut. Quelle und mehr - BR24 Kultur -
20.6.2022 - PRESSEINFORMATION ZUR VERDECKUNG EINER ARBEIT VON TARING PADI AUF DER DOCUMENTA FIFTEEN
Aufgrund einer Figurendarstellung in der Arbeit People’s Justice (2002) des Kollektivs Taring Padi, die antisemitische Lesarten bietet, hat sich das Kollektiv gemeinsam mit der Geschäftsführung und der Künstlerischen Leitung entschieden, die betreffende Arbeit am Friedrichsplatz zu verdecken und eine Erklärung dazu zu installieren.
Taring Padi äußert sich dazu wie folgt:
„Die Banner-Installation People’s Justice (2002) ist Teil einer Kampagne gegen Militarismus und die Gewalt, die wir während der 32-jährigen Militärdiktatur Suhartos in Indonesien erlebt haben und deren Erbe, das sich bis heute auswirkt. Die Darstellung von Militärfiguren auf dem Banner ist Ausdruck dieser Erfahrungen. Alle auf dem Banner abgebildeten Figuren nehmen Bezug auf eine im politischen Kontext Indonesiens verbreitete Symbolik, z.B. für die korrupte Verwaltung, die militärischen Generäle und ihre Soldaten, die als Schwein, Hund und Ratte symbolisiert werden, um ein ausbeuterisches kapitalistisches System und militärische Gewalt zu kritisieren. Das Banner wurde erstmals 2002 auf dem South Australia Art Festival in Adelaide ausgestellt. Seitdem wurde das Banner an vielen verschiedenen Orten und in unterschiedlichen Kontexten gezeigt, insbesondere bei gesellschaftspolitischen Veranstaltungen, darunter: Jakarta Street Art Festival (2004), die retrospektive Ausstellung von Taring Padi in Yogyakarta (2018) und die Polyphonic Southeast Asia Art Ausstellung in Nanjing, China (2019).
Taring Padi ist ein progressives Kollektiv, das sich für die Unterstützung und den Respekt von Vielfalt einsetzt. Unsere Arbeiten enthalten keine Inhalte, die darauf abzielen, irgendwelche Bevölkerungsgruppen auf negative Weise darzustellen. Die Figuren, Zeichen, Karikaturen und andere visuellen Vokabeln in den Werken sind kulturspezifisch auf unsere eigenen Erfahrungen bezogen.
Die Ausstellung von People’s Justice auf dem Friedrichsplatz ist die erste Präsentation des Banners in einem europäischen und deutschen Kontext. Sie steht in keiner Weise mit Antisemitismus in Verbindung. Wir sind traurig darüber, dass Details dieses Banners anders verstanden werden als ihr ursprünglicher Zweck. Wir entschuldigen uns für die in diesem Zusammenhang entstandenen Verletzungen. Als Zeichen des Respekts und mit großem Bedauern decken wir die entsprechende Arbeit ab, die in diesem speziellen Kontext in Deutschland als beleidigend empfunden wird. Das Werk wird nun zu einem Denkmal der Trauer über die Unmöglichkeit des Dialogs in diesem Moment. Wir hoffen, dass dieses Denkmal nun der Ausgangspunkt für einen neuen Dialog sein kann.“
Sabine Schormann, Generaldirektorin der documenta und Museum Fridericianum gGmbH dazu: „Die Geschäftsführung der documenta ist keine Instanz, die sich die künstlerischen Exponate vorab zur Prüfung vorlegen lassen kann und darf das auch nicht sein. Das Banner wurde am vergangenen Freitagnachmittag am Friedrichsplatz installiert, nachdem notwendige restauratorische Maßnahmen aufgrund von Lagerschäden an der 20 Jahre alten Arbeit durchgeführt wurden. Ich möchte noch einmal ausdrücklich darauf hinweisen, dass das Werk nicht für Kassel, nicht für die documenta fifteen konzipiert wurde, sondern im Kontext der politischen Protestbewegung Indonesiens entstanden ist und dort wie an anderen außereuropäischen Orten gezeigt wurde. Dies ist das erste Mal, dass die Arbeit in Deutschland und in Europa gezeigt wird. Alle Beteiligten bedauern, dass auf diese Weise Gefühle verletzt wurden. Gemeinsam haben wir beschlossen, das Banner zu verdecken. Ergänzend holen wir weitere externe Expertise ein.“ Quelle
Aufgrund einer Figurendarstellung des Kollektivs, die antisemitische Lesarten ermöglicht, habe sich das Kollektiv gemeinsam mit der Geschäftsführung und der Künstlerischen Leitung "entschieden, die betreffende Arbeit zu verdecken und eine Erklärung dazu zu installieren", teilte die documenta am Montagabend mit. "Unsere Arbeiten enthalten keine Inhalte, die darauf abzielen, irgendwelche Bevölkerungsgruppen auf negative Weise darzustellen", erklären Tarin Padi auf der Webseite der documenta.
Documenta muss umstrittenes Werk der Künstlergruppe Taring Padi entfernen
Das umstrittene Großplakat des indonesischen Kollektivs Taring Padi wird von der Documenta entfernt. Kulturstaatsministerin Claudia Roth begrüßt den Schritt und mahnt »die klaren Grenzen für die Kunstfreiheit« an.
21.06.2022
»Es ist überfällig, dass dieses Wandbild, das eindeutig antisemitische Bildelemente aufweist, jetzt von der Documenta entfernt wird«, erklärt Kulturstaatsministerin Claudia Roth in einem Statement. Die bloße Verhüllung und die Erklärung des Künstlerkollektivs Taring Padi dazu seien absolut inakzeptabel gewesen, so Roth. »Antisemitismus darf auf dieser Kunstausstellung, wie insgesamt in unserer Gesellschaft, keinen Platz haben. Das gilt auch für Rassismus und jede Form der Menschenfeindlichkeit. Das sind die klaren Grenzen für die Kunstfreiheit.«
Fragwürdige Frau Roth, keine Form von Rassismus und Menschfeindlichkeit hat Platz in unserer Gesellschaft. Aber warum regen sie sich so scheinheilig über Bilder auf und nicht über die Vergehen? Gäbe es nicht sehr viel Gründe sich über die Verbrechen des Zionismus aufzuregen, aufzuhören deren Einflüsterungen aufzunehmen und sich konditionieren zu lassen?
Ich mag es eigentlich nicht, wenn man Menschenrechtsvergehen vergleicht, noch weniger, wenn man sie gleichstellt. Nur, wer vor den Verbrechen der Zionisten nicht die Augen verschließt, der denkt auch daran, welchen Platz werden diese Verbrechen in der Geschichte finden, mit welchen anderen wird man sie vergleichen?
Besonders für uns deutsche sind die Verbrechen der Nazis der Höhepunkt an Unmenschlichkeit. Das Vergehen, das Ein Jude mit SS Runen bedacht wurde, das kann man benennen, kann man kritisieren. Nur ist man unglaubwürdig wenn man gleichzeitig ohne Konsequenzen, ohne Handeln die Verbrechen der Zionisten wahrnimmt. Das ist kein moralisches denken, dass ist der entlarvende Beleg für eine Doppelmoral (keiner Moral, ein Beleg für Scheinheiligkeit) E. Arendt
Auf dem entsprechenden Werk, einem 20 Jahre alten Großplakat, sind unter vielen anderen emblemhaften Darstellungen auch antisemitische Motive zu sehen, auf dem schwarzen Hut eines Mannes, der offenbar eine Schläfenlocke trägt, etwa SS-Runen, ein Mann mit Schweinsnase wird als Angehöriger des Mossad ausgewiesen. Bereits am Montag war es verdeckt worden. Nach Kritik hatte die Documenta-Leitung das Werk erst verhüllen lassen, nun wird es komplett aus der Ausstellung entfernt.
Dies solle noch am Dienstag geschehen, sagte Kassels Oberbürgermeister Christian Geselle (SPD). »Ich bin wütend, ich bin enttäuscht. Denn die Stadt Kassel und ich als Oberbürgermeister, wir fühlen uns beschämt«, sagte Geselle. »Es ist etwas passiert, was nicht hätte passieren dürfen.« Die Installation weise einen eindeutigen mehr >>>
"Die Banner-Installation People’s Justice (2002) ist Teil einer Kampagne gegen Militarismus und die Gewalt, die wir während der 32-jährigen Militärdiktatur Suhartos in Indonesien erlebt haben und deren Erbe, das sich bis heute auswirkt. Die Darstellung von Militärfiguren auf dem Banner ist Ausdruck dieser Erfahrungen. Alle auf dem Banner abgebildeten Figuren nehmen Bezug auf eine im politischen Kontext Indonesiens verbreitete Symbolik, z.B. für die korrupte Verwaltung, die militärischen Generäle und ihre Soldaten, die als Schwein, Hund und Ratte symbolisiert werden, um ein ausbeuterisches kapitalistisches System und militärische Gewalt zu kritisieren." Taring Padi
Mohammed Al Hawajri kombiniert in seiner Serie „Guernica Gaza“ Bilder von Angriffen der israelischen Armee auf das Palästinensergebiet mit klassischen Motiven von Millet, Delacroix, Chagall oder van Gogh. Der Serientitel stellt eine Verbindung her zum Gemälde „Guernica“ von Pablo Picasso - es entstand 1937 als Reaktion auf die Zerstörung der spanischen Stadt durch einen Luftangriff der „Legion Condor“ Nazi-Deutschlands.
GAZA = GUERNICA
Rivera Sun - 10. August - 2014 - Übersetzt mit DeepL
1949 hielt Picasso die Schrecken des Krieges in seinem Gemälde Guernica fest, das eine durch Bombenangriffe während des Spanischen Bürgerkriegs zerstörte Stadt zeigt. Angesichts ähnlicher Zerstörungen in Palästina hat unsere Love-In-Action-Network-Gruppe in Taos, New Mexico, eine sieben mal fünfzehn Fuß große Adaption von Guernica gemalt und dabei Bilder der humanitären Krise in Gaza eingefügt.
"Blut klebt an unseren Händen. Scham steht auf unseren Gesichtern. Wir tragen Schwarz als Zeichen der Trauer. In unseren Herzen ist der Mut, unsere Stimme gegen Kriegsverbrechen zu erheben, die durch unsere US-Steuergelder finanziert werden." - Rivera Sun
Am Samstag, den 9. August, versammelten sich in Solidarität mit den weltweiten Protesten zur Unterstützung des Gazastreifens etwa vierzig Mitglieder der Gemeinschaft in der Innenstadt. Wir gingen in einer langsamen, stillen Prozession durch unseren zentralen Platz und den belebten Farmers Market, hielten unsere blutverschmierten Hände in die Höhe und läuteten eine trauernde Glocke. An jeder Ecke des Platzes blieben wir stehen, hoben langsam unsere roten Hände in die Höhe und blieben einen Moment lang stehen, während die Glocke ihr unangenehmes, rhythmisches Klirren von sich gab. Dann gingen wir in einer Reihe weiter.
Kinder marschierten mit uns, und Ältere. Muslime, Juden, Christen, Buddhisten, Hindus und andere Glaubensrichtungen waren alle bei dieser Aktion vertreten. Wir sind menschliche Wesen. Wir lehnen die Verwendung unserer US-Steuergelder für Kriegsverbrechen ab. Wir verurteilen diese Handlungen der Israelis und die lange Geschichte solcher Aktionen durch unser eigenes Militär.
Kunst ist mächtig. Die "theatralischen" Elemente der Prozession, die schwarze Kleidung, die roten Hände und das mächtige, riesige Gemälde riefen starke Reaktionen in der Öffentlichkeit hervor.
Während der Demonstration stießen wir sowohl auf Unterstützung als auch auf Feindseligkeit. Rufe wie "Ihr seid falsch! Falsch! Falsch!" und "Lang lebe Israel" kamen von Umstehenden. Eine Frau griff uns verbal heftig an und weigerte sich, jemandem zuzuhören oder sich auf ein ruhiges Gespräch einzulassen.
Ich bin sehr dankbar für die mutige, gewaltfreie Disziplin dieser Demonstranten. Sie haben sich als edle Menschen behauptet und sich geweigert, mit unseren Zwischenrufern zu streiten, und sich Würde und Nachsicht bewahrt. Am Ende des Zuges haben wir mit einigen von ihnen gesprochen. Wir hörten mit Mitgefühl zu, antworteten aber mit der Wahrheit. Die Demonstranten zeigten heute Mut, Menschlichkeit und gewaltfreie Disziplin. Ich fühlte mich an Elizabeth Eckford erinnert, die die Rassentrennung in den Schulen aufhob. Das disziplinierte Schweigen der Demonstranten sprach lauter als Worte und ermöglichte es Gandhis Satyagraha "Wahrheits-Kraft", die Hässlichkeit des Hasses, der in der Brust unserer Mitbürger brodelt, zu enthüllen. Sie enthüllte auch ihre Unsicherheit, ihre Vorurteile und ihre Unwissenheit, während unsere Disziplin und unser Schweigen unsere Entschlossenheit zeigten, für diejenigen einzutreten, deren Stimme an den Rand gedrängt wird und die darunter leiden.
Love-In-Action Taos, CODEPINK Taos und Mitglieder der Gemeinde arbeiteten zusammen, um diese Demonstration zu organisieren. Love-In-Action-Mitglieder entwarfen das Transparent "Gaza = Guernica" und malten es letzte Woche an einem Nachmittag gemeinsam. Hunderte von Gemeindemitgliedern wurden mit dieser Demonstration erreicht; Zehntausende mehr wurden mit der "Online-Demonstration" der Fotos erreicht, die in den sozialen Medien geteilt wurden. Wir ermutigen andere, diese Demonstration in ihren eigenen Gemeinden zu wiederholen und auch unser Kunstwerk zu kopieren (ja, bitte tun Sie das.). Wenn Sie Informationen wünschen, wenden Sie sich an Love-In-Action Network. Quelle
Viele der geladenen Gruppen bleiben also letztlich im klassischen Format einer Ausstellung. Auch die Galerie Eltiqa aus dem von der Hamas kontrollierten Gaza. Neben folkloristischen Malereien verweist sie in Infotexten auf Finanzprobleme und nicht bezahlbare Mieten. Freie Kunst, klar, braucht zu allererst einen Ort. Doch wie frei ist die Kunst von Eltiqa?
Oder ist sie vielmehr das Resultat finanzieller und politischer Abhängigkeiten, wenn jemand wie Mohammed Al Hawajri so instrumentalisierbare Bilder macht, wie seine hier ausgestellten Fotocollagen? In die Reproduktionen einer Bauernidylle des Barbizon-Malers Jean-François Millet platziert er die Fotos hoch ausgerüsteter junger Soldaten.
Seltsam wie hier vieles postkolonial zusammengemixt wird. Trifft auf dieser Arbeit mit dem Titel „Guernica Gaza“ etwa das israelische Militär auf die unschuldig schlummernden Kleinbauern in Gaza wie 1937 die Nazi-deutsche Legion Condor auf die baskische Kleinstadt Guernica? Hier werden giftige Parallelen aufgemacht, die kaum mit der Phrase von der „Freiheit der Kunst“ zu legitimieren sind. mehr >>>
Ist das Konzept der Documenta wirklich antisemitisch?
Es gibt gute Gründe, warum die indonesischen Organisatoren das offizielle Israel nicht eingeladen haben
Arn Strohmeyer - 19.06.2022
Es scheint für die größte Kunstausstellung der Welt in Deutschland kein anderes Thema zu geben als Israel und Antisemitismus. Die Macher der Ausstellung – die indonesische ruangrupa-Gruppe – haben das offizielle Israel nicht eingeladen. Ist das aber Antisemitismus? Sie haben ein klares Konzept: Das Thema ist „humbung“. Das ist das indonesische Wort für eine gemeinschaftlich genutzte Reisscheune, in der die überschüssige Ernte zum Wohle der Gemeinschaft gelagert wird. Es geht also um eine gemeinsame Lebens- und Arbeitsweise, um Werte wie Kollektivität und Solidarität. Humbung soll die Ungerechtigkeit der herrschenden Systeme aufzeigen und gleichzeitig demonstrieren, dass die Dinge auch anders gelöst werden können: eben durch das Teilen, das in Indonesien eine sehr lange Tradition hat.
Auf der Documenta sollen Organisationen und Institutionen aus der ganzen Welt zusammen humbung praktizieren. Die ruangrupa-Gruppe formuliert ihr Ziel so: „Jedes der humbung-member wird einen Beitrag leisten und verschiedene Ressourcen wie Zeit, Raum, Geld, Wissen, Fürsorge und Kunst teilen und erhalten.“ Wenn humbung also kurzgefasst die Idee von kollektiv zu verteilenden Ressourcen ist und die Kunst Anstöße geben soll, wie eine solche Verteilungsstruktur im Laufe der Zeit global aufgebaut werden kann, erhebt sich die Frage, ob offizielle Vertreter des siedlerkolonialistischen Apartheid- und Besatzungsstaates Israel in eine solche Ausstellung und ihr Konzept passen würden. Wo praktiziert dieser Staat in seinem Herrschaftsbereich Solidarität und Kollektivität gegenüber den Palästinensern? Nein, Israel ist ein Musterbeispiel für Ungleichheit und Ungerechtigkeit gegenüber einem ganzen Volk, das es unterdrückt.
Nun gibt es natürlich auch in Israel kritische und kreative Künstler, die gut in das Konzept von humbung gepasst hätten. Aber die Wächter über den Antisemitismus hätten dann sofort einen Affront, ja einen Angriff auf das offizielle Israel gewittert und auch den Antisemitismus-Vorwurf erhoben. Kritischen israelischen Intellektuellen hat man hierzulande ja schon Säle für ihre Vorträge untersagt und sie als „Antisemiten“ oder „selbsthassende Juden“ denunziert. Der Vorwurf von Micha Brumlik eines neuen McCartyismus in Deutschland ist ja mehr als berechtigt.
Wenn deutsche Politiker und Publizisten anlässlich der Documenta lautstark beklagen, dass Israel von der Ausstellung ausgeschlossen und das Antisemitismus sowie die Leugnung von Israels Existenz sei (Bundespräsident Steinmeier), dann ist das nur ein neuer Beleg für die Antisemitismus-Hysterie, die in Deutschland inzwischen herrscht. Demnächst wird es auch antisemitisch sein, wenn in einer Fußball-Bundesliga-Mannschaft oder in einem Theaterensemble nicht ein Jude oder Israeli vertreten ist.
Die indonesische ruangrupa-Gruppe betrachtet die Welt aus der Perspektive eines Schwellenlandes der Dritten Welt und nicht aus der Sicht der deutschen Israel-Ideologie. Sie hat deshalb vermutlich gute Gründe, warum sie offizielle Vertreter des siedlerkolonialistischen Besatzungsstaates Israel nicht eingeladen hat, auch wenn das nicht laut gesagt wird. Die Indonesier haben lange unter dem niederländischen Kolonialismus gelitten, sie wissen also sehr genau, was Kolonialismus bedeutet. Es kann deshalb nicht verwundern, wenn sie ihre Sympathie nicht den Unterdrückern, sondern den unterdrückten Palästinensern zuwenden.
Dazu kommt etwas Anderes, das in der deutschen Diskussion gar nicht vorkommt: das Verhältnis Israels zur Dritten Welt. Der israelische Sozialwissenschaftler Benjamin Beit-Hallahmi hat es vor Jahren untersucht und kam zu folgendem Ergebnis: Die israelische Politik hat sich nie mit Befreiungsbewegungen in der Dritten Welt identifizieren können, weil die Begriffe „Befreiung“ und „Selbstbestimmung“ sofort die Ansprüche der Palästinenser in die öffentliche Debatte Israels gebracht hätten und das sollte unter allen Umständen vermieden werden.
Beit-Hallahmi schreibt: „Dem Zionismus waren von Anfang an, insbesondere was den Umgang mit der Dritten Welt betraf, einige unübersehbare und unausweichliche ideologische Festlegungen inhärent. Kernpunkt des zionistischen Programms war die Begründung eines souveränen jüdischen Staatswesens in Palästina durch Besiedlung und Ausübung politischer Herrschaft. Der Zionismus trug damit gleichsam per definitionem die Momente der Vergewaltigung einer eingeborenen Bevölkerung und der Konfrontation mit der Ditten Welt in sich.“
Und an anderer Stelle schreibt Beit-Hallahmi: „Der Gedanke der Befreiung und Selbstbestimmung für die Länder der Dritten Welt stellt für den Zionismus eine existentielle Bedrohung dar. Sogar der Begriff der Menschenrechte ist für das politische System Israels von potientieller Brisanz. Jede ernsthafte Auseinandersetzung mit der israelischen Politik in der Dritten Welt muss unvermeidlich zu einer radikalen Kritik am Zionismus und seinen politischen Zielen führen.“
Und weiter: „Der Zionismus kann sich eine moralische Selbstanalyse nicht leisten. Das Unrecht, das den Palästinensern angetan wird, liegt so klar auf der Hand, dass man, um es nicht zur Kenntnis nehmen zu müssen, das Thema als solches tabuisieren muss. Da aber jede Diskussion darüber, was Israel in der Dritten Welt anstellt, zwangsläufig in der Frage nach den Rechten der Palästinenser münden würde, muss auch die Dritte-Welt-Problematik tabuisiert werden. Man kann nicht über Gleichberechtigung, Freiheit und Selbstbestimmung im Allgemeinen reden, ohne irgendwann auch das Verhältnis zwischen Israelis und Palästinensern an der Elle dieser Ideale zu messen.“
Auch wenn diese Sätze schon einige Jahre zurückliegen, an der Grundkonstellation der zionistischen Politik hat sich in der Zwischenzeit nichts geändert. Beit-Hallahmis Feststellungen erklären auch, warum Israel in der Dritten Welt nie mit den Befreiungsbewegungen, sondern immer mit den brutalsten und korruptesten Diktatoren zusammengearbeitet hat und das auch heute noch tut. Mit humbung hat der Zionismus nichts im Sinn. Aber ist eine solche Kritik antisemitisch?
Es scheint für die größte Kunstausstellung der Welt in Deutschland kein anderes Thema zu geben als Israel und Antisemitismus. Die Macher der Ausstellung – die indonesische ruangrupa-Gruppe – haben das offizielle Israel nicht eingeladen. Ist das aber Antisemitismus? Sie haben ein klares Konzept: Das Thema ist „humbung“. Das ist das indonesische Wort für eine gemeinschaftlich genutzte Reisscheune, in der die überschüssige Ernte zum Wohle der Gemeinschaft gelagert wird. Es geht also um eine gemeinsame Lebens- und Arbeitsweise, um Werte wie Kollektivität und Solidarität. Humbung soll die Ungerechtigkeit der herrschenden Systeme aufzeigen und gleichzeitig demonstrieren, dass die Dinge auch anders gelöst werden können: eben durch das Teilen, das in Indonesien eine sehr lange Tradition hat.
Auf der Documenta sollen Organisationen und Institutionen aus der ganzen Welt zusammen humbung praktizieren. Die ruangrupa-Gruppe formuliert ihr Ziel so: „Jedes der humbung-member wird einen Beitrag leisten und verschiedene Ressourcen wie Zeit, Raum, Geld, Wissen, Fürsorge und Kunst teilen und erhalten.“ Wenn humbung also kurzgefasst die Idee von kollektiv zu verteilenden Ressourcen ist und die Kunst Anstöße geben soll, wie eine solche Verteilungsstruktur im Laufe der Zeit global aufgebaut werden kann, erhebt sich die Frage, ob offizielle Vertreter des siedlerkolonialistischen Apartheid- und Besatzungsstaates Israel in eine solche Ausstellung und ihr Konzept passen würden. Wo praktiziert dieser Staat in seinem Herrschaftsbereich Solidarität und Kollektivität gegenüber den Palästinensern? Nein, Israel ist ein Musterbeispiel für Ungleichheit und Ungerechtigkeit gegenüber einem ganzen Volk, das es unterdrückt.
Nun gibt es natürlich auch in Israel kritische und kreative Künstler, die gut in das Konzept von humbung gepasst hätten. Aber die Wächter über den Antisemitismus hätten dann sofort einen Affront, ja einen Angriff auf das offizielle Israel gewittert und auch den Antisemitismus-Vorwurf erhoben. Kritischen israelischen Intellektuellen hat man hierzulande ja schon Säle für ihre Vorträge untersagt und sie als „Antisemiten“ oder „selbsthassende Juden“ denunziert. Der Vorwurf von Micha Brumlik eines neuen McCartyismus in Deutschland ist ja mehr als berechtigt.
Wenn deutsche Politiker und Publizisten anlässlich der Documenta lautstark beklagen, dass Israel von der Ausstellung ausgeschlossen und das Antisemitismus sowie die Leugnung von Israels Existenz sei (Bundespräsident Steinmeier), dann ist das nur ein neuer Beleg für die Antisemitismus-Hysterie, die in Deutschland inzwischen herrscht. Demnächst wird es auch antisemitisch sein, wenn in einer Fußball-Bundesliga-Mannschaft oder in einem Theaterensemble nicht ein Jude oder Israeli vertreten ist.
Die indonesische ruangrupa-Gruppe betrachtet die Welt aus der Perspektive eines Schwellenlandes der Dritten Welt und nicht aus der Sicht der deutschen Israel-Ideologie. Sie hat deshalb vermutlich gute Gründe, warum sie offizielle Vertreter des siedlerkolonialistischen Besatzungsstaates Israel nicht eingeladen hat, auch wenn das nicht laut gesagt wird. Die Indonesier haben lange unter dem niederländischen Kolonialismus gelitten, sie wissen also sehr genau, was Kolonialismus bedeutet. Es kann deshalb nicht verwundern, wenn sie ihre Sympathie nicht den Unterdrückern, sondern den unterdrückten Palästinensern zuwenden.
Dazu kommt etwas Anderes, das in der deutschen Diskussion gar nicht vorkommt: das Verhältnis Israels zur Dritten Welt. Der israelische Sozialwissenschaftler Benjamin Beit-Hallahmi hat es vor Jahren untersucht und kam zu folgendem Ergebnis: Die israelische Politik hat sich nie mit Befreiungsbewegungen in der Dritten Welt identifizieren können, weil die Begriffe „Befreiung“ und „Selbstbestimmung“ sofort die Ansprüche der Palästinenser in die öffentliche Debatte Israels gebracht hätten und das sollte unter allen Umständen vermieden werden.
Beit-Hallahmi schreibt: „Dem Zionismus waren von Anfang an, insbesondere was den Umgang mit der Dritten Welt betraf, einige unübersehbare und unausweichliche ideologische Festlegungen inhärent. Kernpunkt des zionistischen Programms war die Begründung eines souveränen jüdischen Staatswesens in Palästina durch Besiedlung und Ausübung politischer Herrschaft. Der Zionismus trug damit gleichsam per definitionem die Momente der Vergewaltigung einer eingeborenen Bevölkerung und der Konfrontation mit der Ditten Welt in sich.“
Und an anderer Stelle schreibt Beit-Hallahmi: „Der Gedanke der Befreiung und Selbstbestimmung für die Länder der Dritten Welt stellt für den Zionismus eine existentielle Bedrohung dar. Sogar der Begriff der Menschenrechte ist für das politische System Israels von potientieller Brisanz. Jede ernsthafte Auseinandersetzung mit der israelischen Politik in der Dritten Welt muss unvermeidlich zu einer radikalen Kritik am Zionismus und seinen politischen Zielen führen.“
Und weiter: „Der Zionismus kann sich eine moralische Selbstanalyse nicht leisten. Das Unrecht, das den Palästinensern angetan wird, liegt so klar auf der Hand, dass man, um es nicht zur Kenntnis nehmen zu müssen, das Thema als solches tabuisieren muss. Da aber jede Diskussion darüber, was Israel in der Dritten Welt anstellt, zwangsläufig in der Frage nach den Rechten der Palästinenser münden würde, muss auch die Dritte-Welt-Problematik tabuisiert werden. Man kann nicht über Gleichberechtigung, Freiheit und Selbstbestimmung im Allgemeinen reden, ohne irgendwann auch das Verhältnis zwischen Israelis und Palästinensern an der Elle dieser Ideale zu messen.“
Auch wenn diese Sätze schon einige Jahre zurückliegen, an der Grundkonstellation der zionistischen Politik hat sich in der Zwischenzeit nichts geändert. Beit-Hallahmis Feststellungen erklären auch, warum Israel in der Dritten Welt nie mit den Befreiungsbewegungen, sondern immer mit den brutalsten und korruptesten Diktatoren zusammengearbeitet hat und das auch heute noch tut. Mit humbung hat der Zionismus nichts im Sinn. Aber ist eine solche Kritik antisemitisch?
An den Präsidenten der Bundesrepublik Deutschland, Herrn Frank-Walter Steinmeier
Betreff: Rede zur Eröffnung der documenta
Manfred Jeub - 18. Juni 2022
Sehr geehrter Herr Bundespräsident Steinmeier, im Anhang übersende ich Ihnen die Impressionen, die der jüdische New-York-Times-Journalist und Politikprofessor Peter Beinart nach seiner Teilnahme an der vom Haus der Kulturen der Welt, dem Einstein Forum und dem Zentrum für Antisemitismusforschung der Technischen Universität Berlin veranstalteten Konferenz „Hijacking Memory. Der Holocaust und die Neue Rechte“ am 9. bis 12. Juni aus Deutschland mitgenommen hat.
Nachdem ich Ihre Rede zur Eröffnung der documenta gelesen habe, bitte ich Sie herzlich, diese Außensicht auf den deutschen Diskurs doch einmal zur Kenntnis zu nehmen – vielleicht erreicht Sie die Stimme eines amerikanischen Juden eher als Stimmen aus dem globalen Süden. (Denn in der Tat halte ich eine Verständigung zwischen Menschen, die von der kolonialen Erfahrung von Landraub und Entrechtung herkommen, und Menschen, die dafür die Sprachregelung „Siedlungsbau“ eingeführt haben, für schwierig.)
Nach dem BDS-Bundestagsbeschluss schrieb das Büro des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Menschenrechte am 18.10.2019 an den damaligen Außenminister Heiko Maas: "Wir möchten unsere Sorge zum Ausdruck bringen, dass der Beschluss einen besorgniserregenden Trend setzt, die Meinungs-, Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit unverhältnismäßig einzuschränken.“ Unterzeichnet hatten den Brief insgesamt fünf Sonderberichterstatter, David Kaye, zuständig für den Schutz der Meinungsfreiheit, Clement Nyaletsossi Voule, zuständig für das Recht auf Versammlungsfreiheit, Michel Forst, zuständig für die Lage von Menschenrechtsaktivisten, Michael Lynk, Sonderberichterstatter für die Menschenrechtslage in den seit 1967 besetzten palästinensischen Gebieten und Ahmed Shaheed, zuständig für die Religionsfreiheit.
Seither hat sich die Situation beim Thema Israel-Palästina beständig verschlimmert, so dass honorige Kultur- und Wissenschaftsorganisationen sich mit einer „Initiative GG 5.3 Weltoffenheit“ an die Öffentlichkeit wenden mussten, um, wie der Name sagt, unter Berufung auf Artikel 5 Absatz 3 des Grundgesetzes die Freiheit von Kunst und Wissenschaft in Schutz zu nehmen. Was Forschung und Lehre anbelangt, so versuchte beispielsweise die Hochschulrektorenkonferenz die umstrittene IHRA-Definition administrativ durchzusetzen, die zur Gleichsetzung von Israelkritik und Antisemitismus führt. Dagegen richtete sich eine Petition des jüdischen Sozialpsychologen Prof. Dr. Rolf Verleger, die inzwischen von über 2000 Hochschullehrern unterschieben wurde.
Ich gehe davon aus, dass ein deutsches Staatsoberhaupt über diese Vorgänge, deren lange Liste sich fortsetzen ließe, nicht uninformiert ist.
Dennoch haben Sie, sehr geehrter Herr Bundespräsident, die documenta 2022 mit einem Angriff auf die Kunstfreiheit eröffnet. Sie reden von dieser Freiheit. Doch stets folgt auf dem Fuße das „aber“. Ihr Thema – für Deutschlands Geschichte leider weithin repräsentativ – sind wieder einmal die „Grenzen“ der Freiheit. Damit leisten Sie als Präsident aller Deutschen, der Sie sein sollten, einen parteilichen Beitrag zur Förderung der Cancel-Culture, die von bestimmten Interessensgruppen betrieben wird. Denn das könnten Sie wissen: Nicht die documenta hat eine „heftige, kritische Debatte hervorgerufen“, sondern Pressure-Groups, darunter ein eigens staatlich installierter Vertreter, haben sie gezielt skandalisiert, wie es in unserem Land leider gängige Praxis geworden ist. Sie beklagen die Verhärtung des Diskurses Israel-Palästina. Mit Ihrer Positionierung in dieser Rede tragen sie selbst dazu bei. Noch einmal eine jüdische Stimme: Micha Brumlik hat das erzeugte Klima in unserem Land einen „neuen McCarthyismus“ genannt, weil mit Kontaktverdächtigungen gearbeitet wird. Das tun Sie in Ihrer Rede leider auch.
„Ein Boykott Israels kommt einer Existenzverweigerung gleich.“ – wie kommen Sie zu einer solchen Behauptung? Unser Land sanktioniert eine Reihe anderer Länder mit erheblich wirksameren Boykottmaßnahmen, als zivilgesellschaftliche Aktionen es je vermöchten. Das soll eine Änderung von deren Politik erzwingen, aber doch selbstverständlich nicht ihre staatliche Existenz in Frage stellen. Es ist mir unerfindlich, wie in die Rede eines deutschen Staatsoberhauptes die Behauptung geraten konnte „Ein Boykott Israels kommt einer Existenzverweigerung gleich.“ Außer als israelische Regierungspropaganda macht sie keinen Sinn.
Herr Bundespräsident, ich bedauere zutiefst, dass Sie Öl ins Feuer eines ethisch tiefgehenden, die Menschen in unserem Land entzweienden Konfliktes gegossen haben und möchte Sie wissen lassen, dass Sie in Kassel nicht in meinem Namen gesprochen haben. Mit freundlichen Grüßen Manfred Jeub
Antisemitismus-Debatte bei documenta
Lehrstück über Dämonisierung und Delegitimierung
Hanno Loewy im Gespräch mit Liane von Billerbeck · 15.06.2022
Der Debatte über Antisemitismus und Rassismus bei der documenta 15 kann Hanno Loewy wenig Gutes abgewinnen. Statt die Perspektive des jeweils anderen anzuerkennen, falle man übereinander her, sagt der Direktor des Jüdischen Museums Hohenems.
Zum Start der documenta 15 müsste nun eigentlich über die Kunst diskutiert werden, die dort zu sehen ist. Das findet zumindest Hanno Loewy, Direktor des Jüdischen Museums Hohenems. Stattdessen sorgt die internationale Kunstausstellung mit einer Diskussion über Antisemitismus und Rassismus für reichlich Schlagzeilen.
Zwei Perspektiven auf Israel - Ursache der Debatte ist die Einladung der palästinensischen Künstlergruppe „Question of Funding“. Diese soll der israelkritischen Boykottbewegung BDS nahestehen, so der Vorwurf. „Das Problem ist, dass die Auseinandersetzungen über Antisemitismus und Rassismus miteinander immer mehr ins Gehege geraten, immer mehr zu einem Konflikt um Deutungshoheiten werden“, sagt dazu Loewy.
Kern sei dabei der unterschiedliche Blick auf Israel und Palästina: Für Juden sei „dieses Land im Nahen Osten“ die Zuflucht, für die Palästinenser stehe es für europäischen Kolonialismus. „Beides stimmt“, sagt Loewy. „Solang man das nicht anerkennt, dass die Perspektive des anderen tatsächlich auch eine legitime Seite besitzt, solang fällt man nur übereinander her, und das erleben wir im Moment.“ Aus Loewys Sicht ein Lehrstück über Dämonisierung, Delegitimierung und doppelte Standards. (...)
„Das sind ja die drei Kriterien, mit denen häufig auf vermeintlichen Antisemitismus hingewiesen wird“, erklärt Loewy: „Man sagt, Kritik an Israel sei in Wirklichkeit Dämonisierung, Delegitimierung und messe mit doppelten Standards. Aber dasselbe gilt leider auch für die Auseinandersetzung mit den Positionen der Palästinenser. Israelische Politik ist eben auch ein Versuch, die Interessen und Positionen der Palästinenser zu delegitimieren und zu dämonisieren, und dabei wird eben auch immer wieder mit doppelten Standards gemessen.“
Ähnliches könne man bei der documenta-Auseinandersetzung beobachten. Der palästinensischen Künstlergruppe wurde beispielsweise vorgeworfen, sie sei antisemitisch, weil wie sich in einem Kulturzentrum treffe, das nach einem Nazi-Freund und Antisemiten benannt wurde. „Das war pure Dämonisierung, denn daran war nichts wahr“, so Loewy. mehr >>>
An alle die entsprechend manipulieren und konditionieren,
so auch den Bundespräsidenten Steinberg.
Bevor man sich von Propaganda einer fragwürdigen Ideologie, dem Zionismus manipulieren läßt, sollte man sich vielleicht mal informieren, was der der BDS Aufruf der Palästinenser, seine Übertragung ins deutsch sagt.
Ich denke nicht, dass es eine Aufgabe öffentlicher Personen ist
nicht Lügen und Unterstellungen der zionistischen Propaganda zu verbreiten.
Wir hatten einmal gesagt: NIE WIEDER
es sollte weltweit für alle gelten: NIEMAND
NIRGENDWO
BEGINNEN WIR AUCH SO ZU HANDELN
KEINER HAT DAS RECHT ZU FORDERN
DAS WIR AUF DER SEITE DER NEUEN TÄTER STEHEN SOLLEN
Lesen Sie den Aufruf der BDS Bewegung.
Es darf nicht sein, dass wir an der Seite der neuen Täter stehen.
sie decken und das verteidigen was mit Palästina geschieht.
Palästina hat das Recht auf das was Israel verweigert,
ein gerechtes miteinander, den Schutz der Staaten der Welt
1)Die Besetzung und Kolonisation allen arabischen Landes beendet und die Mauer abreißt;
2) Das Grundrecht der arabisch-palästinensischen BürgerInnen Israels auf völlige Gleichheit anerkennt; und
3) Die Rechte der palästinensischen Flüchtlinge, in ihre Heimat und zu ihrem Eigentum zurückzukehren, wie es in der UN Resolution 194 vereinbart wurde, respektiert, schützt und fördert.“
DER BDS AUFRUF RICHTET SICH NICHT GEGEN JUDEN SONDERN GEGEN EINE GRAUSAMME IDEOLIGIE:
Unterstellt wird „Kauft nicht bei Juden“
Unterstellt wird, man wolle Israel zerstören.
Die Wahrheit ist, dass Israel ein kaum wahrnehmbares "Nur für Juden" Schild auch über Palästina gehängt hat.
Das ist das Handwerk, das der Kolonisatoren Israel seit Jahrzehnten verfolgen.
BDS FORDERT EIN GERECHTES MITEINANDER
Es geht darum ein Land das Apartheid betreibt zu Sanktionieren.
Was wir zu Recht mit Putin machen sollte für alle gelten.
Lesen Sie die Quellen und nicht was die Hasbaraabteilungen Israel verbreiten
Eröffnung der Documenta 2022 durch den Bundespräsidenten Walter Steinmeier
Kassel, 18. Juni 2022
Ein Ausschnitt aus der Rede, die zeigt, wie sich die BRD erneut einem Täter zuordnet.
(...) Streitfrei ist Kunst also nicht zu haben, aber: Ist deshalb alles Kunst? Joseph Beuys würde jetzt sagen: "Ja!" Aber das kann nicht bedeuten, dass all jene, die sich für ihre politischen Botschaften der Kunst bedienen, außerhalb der Kritik bleiben. Zumal dann nicht, wenn sie den politischen Aktivismus zur Kunstform machen. Wer als Künstlerin oder Künstler in das Forum der Politik eintritt, muss sich nicht nur der ästhetischen, sondern auch der politischen Debatte und Kritik stellen. Und dort gibt es Grenzen!
Um das klarzustellen, spreche ich heute hier.
Ich habe die Diskussion im Vorfeld der jetzigen documenta sehr genau verfolgt, über das was wir an Kunst zu erwarten haben, aber auch über manchen gedankenlosen, leichtfertigen Umgang mit dem Staat Israel. Denn so nachvollziehbar manche Kritik an der israelischen Politik, etwa dem Siedlungsbau, ist: Die Anerkennung der israelischen Staatlichkeit ist die Anerkennung der Würde und Sicherheit der modernen jüdischen Gemeinschaft. Die Anerkennung ihrer Existenzgewissheit. Als deutscher Bundespräsident halte ich für mein Land fest: Die Anerkennung Israels ist bei uns Grundlage und Voraussetzung der Debatte!
Ich sage gern nochmal: Kunst darf anstößig sein, sie soll Debatten auslösen. Mehr noch: Die Freiheit der Meinung und die Freiheit der Kunst sind Wesenskern unserer Verfassung. Kritik an israelischer Politik ist erlaubt. Doch wo Kritik an Israel umschlägt in die Infragestellung seiner Existenz, ist die Grenze überschritten.
Es fällt auf, wenn auf dieser bedeutenden Ausstellung zeitgenössischer Kunst wohl keine jüdischen Künstlerinnen oder Künstler aus Israel vertreten sind. Und es verstört mich, wenn weltweit neuerdings häufiger Vertreter des globalen Südens sich weigern, an Veranstaltungen, an Konferenzen oder Festivals teilzunehmen, an denen jüdische Israelis teilnehmen.
Ein Boykott Israels kommt einer Existenzverweigerung gleich. ... mehr >>>
Frank-Walter Steinmeier auf der Documenta
Diese Rede ist ein Skandal
Elke Buhr - 18.06.2022
Nirgendwo auf der Documenta wird das Existenzrecht Israels in Frage gestellt. Trotzdem hielt der Bundespräsident in Kassel eine Rede, die die Antisemitismus-Vorwürfe einfach als berechtigt darstellte. Ein Kommentar
Gemeinschaft, Kooperation, Ressourcenteilung, das sind die Werte, die das indonesische Kollektiv Ruangrupa auf der Documenta Fifteen umsetzen will. Dazu haben sie zahlreiche weitere Kollektive vor allem aus dem Globalen Süden eingeladen, die wiederum selbst viele Künstlerinnen und Künstler gebeten haben, an der Großausstellung in Kassel teilzunehmen. Die vollständige Künstlerliste, die gerade erst veröffentlicht wurde, ist selbst fast wie ein Konzeptkunstwerk: Sie umfasst Tausende von Namen.
An den Eröffnungstagen ging das Konzept auf: Überall standen Menschen entspannt zusammen, lagen in der Sonne, freuten sich über den positiven Vibe, der die Ausstellung durchzieht – obwohl viele Werke auch Krieg, Unterdrückung, ökologische Katastrophe und Kolonialismus zum Thema haben.
Doch nein, nicht alle freuten sich. Ein paar Journalistinnen und Journalisten hatten anderes zu tun: Sie suchten nach Antisemitismus. Die zunächst von einem zweifelhaften Kasseler Blog erhobenen Vorwürfe gegen Ruangrupa und vor allem eine palästinensische Gruppe, die sich schnell zu Vorwürfen gegen alles "Postkoloniale" erweiterten, waren so konsequent aufgeblasen worden, dass sie für viele zu einer Schablone wurden, unter der die Ausstellung wahrgenommen wurde. Wo ist er denn nun, der Antisemitismus?
Keine Diffamierung oder Herabwürdigung - Eine erste Antwort soll hier nun klar gegeben werden: Nirgendwo auf dieser Ausstellung wird das Existenzrecht Israels in Frage gestellt. Es werden auch keine Juden diffamiert und herabgewürdigt. Im Übrigen hatte auch im Vorfeld keiner der Beteiligten sich irgendwie antisemitisch geäußert, alle hatten Antisemitismus explizit verurteilt.
Was allerdings stattfindet, ist die Präsentation von palästinensischen Künstlerinnen und Künstlern. Zum Beispiel bei dem Kollektiv Question of Funding aus Ramallah. Es dokumentiert die Geschichte des Künstlerkollektivs Eltiqa aus dem Gaza-Streifen-Künstlerinnen und -Künstler, die wegen israelischer Einfuhrregulation kaum über Leinwand und Farben verfügen, deren Biografien geprägt sind von Kriegen und Armut. Die Situation dieser Menschen wird nicht einmal bewertet, nur dargestellt. Ist das bereits zu viel?