Philosoph Achille Mbembe
Unter "Antisemitismusverdacht"
Patrick
Bahners - 17.04.2020 -
"Sollte man nicht annehmen, dass
ein in Johannesburg lehrender
Afrikaner weiß, wovon er redet,
wenn er von Apartheid spricht?
(...) Neuer Streit um die Ruhrtriennale
und Israel: Der Antisemitismusbeauftragte
der Bundesregierung wirft dem Philosophen
Achille Mbembe vor, den Holocaust zu
relativieren. (...) Diese Warnung hat Felix
Klein, der Beauftragte der Bundesregierung
für jüdisches Leben und den Kampf gegen
Antisemitismus, in der „Westdeutschen
Allgemeinen Zeitung“ geäußert."
24. 6. 2020
Boykott und
Erinnerung
Kritiker der israelischen
Besatzungspolitik wie Achille
Mbembe sind derzeit heftigen
Angriffen ausgesetzt. Ihre
Haltung zeugt von der Bedeutung
der antikolonialen Befreiungs-
und Unabhängigkeitskriege für
die Durchsetzung universeller
Menschenrechte
Norman Paech -
24.06.2020
(...) Stéphane Hessel berichtete
von einem Treffen der
Überlebenden vom KZ
Mittelbau-Dora, aus dem er kurz
vor Kriegsende fliehen konnte,
dass er bei einer kurzen Rede
auf die Situation der
Palästinenser zu sprechen kam
und damit einen Eklat unter den
Anwesenden auslöste. Wir müssen
uns eingestehen, dass ein
kritischer Blick auf das Land,
welches der Zufluchtsort der
meisten Überlebenden des
Holocaust wurde, auf den
Gedenkveranstaltungen nach wie
vor nicht möglich ist. Das ist
nicht den Kritikern der
israelischen Politik anzulasten.
Die Verbindung des Blicks in die
Vergangenheit mit dem Blick auf
die Probleme der
israelisch-palästinensischen
Gegenwart widerspricht offenbar
dem aktuellen Verständnis der
Gedenk- und Erinnerungskultur.
Doch stellt sich die Frage, ob
beides unbedingt zusammengehört
und nicht voneinander zu trennen
ist. Lässt sich die aktuelle
israelische Politik nicht ohne
den Blick auf den Holocaust
kritisieren? Unterstellt, es
wäre so, was folgt daraus?
Geriete damit das Postulat der
Singularität des Holocaust in
Gefahr und würde damit seine
Relativierung betrieben?
Offensichtlich nicht, wie ich
noch erläutern werde. Umgekehrt
wird jedoch aus der Forderung,
den Blick auf den aktuellen
Konflikt aus der Perspektive des
Holocaust zu richten, alsbald
die Forderung, die Kritik an der
Besatzungspolitik zu revidieren
und hinter der Erinnerung an das
Jahrhundertverbrechen
verschwinden zu lassen. Dann
müsste im Zeichen des
postkolonialen Diskurses und der
Weiterentwicklung der
Erinnerungskultur auf die
Kategorien des
Siedlerkolonialismus und der
Apartheid bei der Analyse der
israelischen Politik verzichtet
und diese als historisch falsch,
delegitimierend und
dämonisierend entsorgt werden,
wie es jüngst eine Politikerin
von Bündnis 90/Die Grünen in der
Tageszeitung gefordert hat.⁴
Auch Chervel wirft Mbembe
Geschichtsverfälschung vor, um
die beiden inkriminierten
Kategorien auszuschalten. Er
warnt zugleich, dass die
Verabsolutierung der eigenen
Erfahrung immer zur
Relativierung der Erfahrung des
anderen führt. Dies ist jedoch
genau die Strategie der
israelischen Politik und ihrer
hiesigen Verteidiger. Die eigene
Erfahrung des Holocaust wird
gegen die Erfahrung der Nakba
und ihrer Folgen in Stellung
gebracht und mit der
Unvergleichbarkeit beider
Ereignisse die Dominanz der
eigenen Erfahrung eingefordert.
Trennung der Erfahrungen
Das führt nicht zum Dialog,
sondern zum Ausschluss, wie es
die vergangenen Jahrzehnte
erwiesen haben. Wir entkommen
dieser Sackgasse der
gegenseitigen Erfahrungen nur,
wenn wir sie voneinander
entkoppeln und in ihrem
jeweiligen historischen Kontext
belassen. Dann wird deutlich,
dass Mbembes Blick aus der
Geschichte des Kolonialismus
genauso wie der der anderen
postkolonialen Kritiker nicht
auf den Holocaust gerichtet ist,
sondern auf die israelische
Besatzungspolitik. Die
Singularität des Holocaust steht
nicht zur Debatte, ist nicht das
Thema der Kolonialismus- und
Apartheidkritiker. Aus diesem
Blickwinkel kann eine
Relativierung oder gar Leugnung
der Singularität nicht
hergeleitet werden. Mbembes
Erfahrung »öffnete ihm die Augen
für den Schmerz, der gegenwärtig
den Palästinensern angetan
wird«, wie Jan Assmann schreibt.
Daraus können wir aber nicht
schließen, dass er die Erfahrung
des Holocaust nicht sieht. Ist
es ihm vorzuwerfen, dass er sich
um das aktuellere, schärfere
Problem kümmert? Haben Nakba und
Besatzung nicht eine eigene
Geschichte und Erinnerung auch
ohne Holocaust? Welchen
hermeneutischen Wert hat der
Holocaust für die Wahrnehmung
der aktuellen Gewalt? Edward
Said hat die Palästinenser
gemahnt, die Bedeutung des
Holocaust für die Juden im Land
nicht zu vergessen. Jassir
Arafat hat diese Mahnung ernst
genommen und schon 1988 den
Staat Israel und damit seine
Existenzberechtigung auf
palästinensischem Land
anerkannt. Er erhoffte damals,
die gleiche Anerkennung für
seinen palästinensischen Staat
von den Israelis zu bekommen –
bis heute vergebens. Das war die
volle Anerkennung des Holocaust,
die darüber hinaus aber nicht
die Aufgabe des Kampfes um einen
eigenen Staat und ein
menschenwürdiges Leben in
Unabhängigkeit verlangte – auch
mit Mitteln des Boykotts.
Erst die Trennung der beiden
Erfahrungen voneinander und die
Entlastung einer jeden von der
anderen eröffnet die Möglichkeit
der Wiederannäherung im Dialog.
Dann kann die >>>
27. 5. 2020
Streitgespräch
Mbembe und der
Antisemitismus-Vorwurf
Alan Posener und Stephan
Detjen im Gespräch mit Anke
Schaefer - 26. 5. 2020
(...) Zu diesem Streit, den ich
jetzt hier skizziert habe, haben
Sie beide, Herr Posener und Herr
Detjen, geschrieben. Stephan
Detjen einen Kommentar im
Deutschlandfunk, und Alan
Posener hat geantwortet auf
diesen Kommentar im Autoren-Blog
"starke-meinungen.de"
[https://starke-meinungen.de/blog/2020/05/24/der-gute-herr-detjen-und-der-finstere-herr-klein/
].
Herr Detjen, was Sie monieren in
Ihrem Kommentar, dass also der
Antisemitismusbeauftragte Felix
Klein Achille Mbembe aus dem
deutschen Diskurs verbannen
will, sich als diskursiver
Schrankenwächter betätigt, so
nennen sie das. Ist das für Sie
hier das eigentliche Problem?
"Eingriff in den öffentlichen
Diskurs" - Stephan Detjen:
Na ja, das habe ich so nicht
gesagt. Ich habe mir diese
Diskussion angeschaut, und das
haben Sie ja angedeutet in Ihrer
Anmoderation, die sehr
vielschichtige Ebenen hat. Es
geht um Erinnerungskultur. Es
geht um die Konfrontation
deutscher, für uns, für unser
Staatsverständnis, für unsere
Kultur, unsere Staatsraison
konstitutive Geschichtsnarrative
in Deutschland mit anderen
Narrativen, mit anderen
Erzählungen von
Unterdrückungsgeschichten, der
Sklaverei, des Kolonialismus,
die in Reibung miteinander
geraten. Und es geht dann, das
ist ja auch deutlich geworden in
Ihrer Anmoderation, um den
Fixpunkt Israel, an dem hier die
Brennflächen entstehen, an dem
das immer wieder kulminiert.
In der Tat habe ich mir als
politischer Korrespondent
angeschaut, wie die
Bundesregierung in Gestalt ihres
Antisemitismusbeauftragten,
Felix Klein, und des
Bundesinnenministeriums hier
agiert. Man muss an der Stelle
klarstellen, nicht Felix Klein
hat Mbembe von der Ruhrtriennale
ausgeladen, aber er hat diese
Ausladung verlangt, gefordert,
mit seiner regierungsamtlichen
Autorität.
Das ist ein Eingriff in einen
öffentlichen Diskurs. Und ich
habe auch nicht gesagt, dass er
aus dem öffentlichen Diskurs
verbannt wird. Aber durch das,
was hier passiert, und dieser
Fall ist symptomatisch, dass ein
wesentlicher Teil des deutschen
Diskursraums - nämlich es geht
hier um mit öffentlichen Geldern
finanzierte, bereitgestellte
Kulturräume, Kulturfestivals,
städtische Theater, kommunale
Einrichtungen -, dass dieser
Teil mit dieser fragwürdigen
Argumentation, die hier gegen
Mbembe von Regierungsseite
vorgebracht wird, gesperrt
werden soll für Mbembe und für
andere Autoren, für
Intellektuelle, für Künstler,
für Wissenschaftler, denen mit
einem - so habe ich das
formuliert - entgrenzten
Antisemitismusbegriff das Label
antisemitischer Geisteshaltung
oder Argumentation angeheftet
werden kann.
Und wenn man sich anschaut, wie
die Bundesregierung hier
argumentiert, dann ist das
Interessante an diesem Fall,
dann geht es gar nicht mehr um
Antisemitismus, sondern dann
geht es darum, wie Felix Klein
das auch hier im Programm
formuliert hat, dass Äußerungen
in Deutschland missverständlich
sein könnten. Oder dass es als
Problem benannt wird, dass der
Holocaust, die Shoa, in
Deutschland überhaupt in
Beziehung gesetzt wird zu
anderen geschichtlichen
Ereignissen. Darin wird also ein
Raum des Problematischen - und
von Regierungsseite dann mit
Diskursausschlüssen
beantworteter Raum - viel zu eng
gezogen. Da sehe ich das
Problem, das ich in meinem
Kommentar benannt habe. >>>
26.
5. 2020
Achille Mbembe:
Ein törichter Intellektueller?
Hartmut Buchholz - 25.
Mai 2020
Zu behaupten, die
"Angelegenheit" sei "leider
eindeutig", wie es Felix Klein,
seit 2018
Antisemitismus-Beauftragter der
Bundesregierung, formulierte –
zu behaupten, die Frontlinien
seien geklärt und die Argumente
ausgetauscht, wäre pure
Beschönigung. Eindeutig ist in
diesem Fall wenig bis nichts,
schon deshalb, weil Begriffe wie
Antizionismus und Antisemitismus
nicht deutlich geschieden sind,
vor allem aber, weil hier mal
wieder auf geradezu fahrlässige
Weise Israel-Kritik und
Antisemitismus in eins gesetzt
werden – und das oft nur
deshalb, um rhetorische Munition
für die schön gedrechselte
eigene Polemik zu gewinnen.
(...) Felix Klein warf Mbembe in
der Zeit vor, in "Politik der
Feindschaft" "alle Merkmale des
israelbezogenen Antisemitismus"
zu bedienen; die jüdische
Gemeinde von Frankfurt tönt,
Mbembe stehe "exemplarisch für
einen akademischen Israel-Hass";
man wirft ihm Unterstützung, gar
Mitgliedschaft in der
israelkritischen Initiative BDS
(Boycott, Divestment and
Sanctions) vor, seine gar nicht
gehaltene Rede wird als
steuerfinanzierter
Antisemitismus gegeißelt.
Der FAZ-Mitherausgeber Jürgen
Kaube folgert in einem
tendenziösen Artikel aus in den
Fußnoten von "Politik der
Feindschaft" zitierten
BDS-Sympathisanten eine
ideologische Nähe von Mbembe zu
BDS (die Mbembe selbst längst
dementiert hat) und
schwadroniert von einem
"törichten Intellektuellen".
Selbstgerechter, ja
herablassender lässt sich kaum
urteilen. Dabei unterlässt es
Kaube, eine inkriminierte
Passage in vollem Wortlaut zu
zitieren. In "Politik der
Feindschaft" steht: "Das
Apartheidregime in Südafrika und
– in einer ganz anderen
Größenordnung und in einem
anderen Kontext – die
Vernichtung der europäischen
Juden sind zwei emblematische
Manifestationen dieses
Trennungswahns." Ist das eine
Relativierung des Holocaust,
soll das antisemitisch sein?
Die Friedenspreisträgerin Aleida
Assmann sieht in der Causa
Mbembe inzwischen "eine Blamage
für den Wissenschaftsstandort
Deutschland"; der
AfrikaHistoriker Andreas Eckert
kommentierte im SWR, die
Antisemitismus-Vorwürfe gegen
Mbembe trügen "gewisse Anzeichen
einer Hexenjagd"; im Ausland
formiert sich derzeit eine auch
von jüdischen Wissenschaftlern
mitgetragene
Solidaritätsbewegung. >>>
24. 5. 2020
Streit um Historiker Mbembe
Antisemitismusbeauftragter als
diskursiver Schrankenwärter
Felix Klein, der
Antisemitismusbeauftragte der
Bundesregierung, wirft dem
Historiker und politischen
Philosophen Achille Mbembe eine
Relativierung des Holocaust vor.
Stephan Detjen geht diese Kritik
zu weit. Klein schwinge sich zu
einem zivilen Glaubensrichter
auf, kommentiert er.
Stephan Detjen -
23. 5. 2020
Seitdem der
Antisemitismusbeauftragte der
Bundesregierung, Felix Klein,
dem kamerunischen Historiker
Achille Mbembe antisemitische
Argumentationsmuster vorgeworfen
hat, liegt das Werk Memebes und
dazu eine ganze
Forschungsrichtung, der
Postkolonialismus, auf dem
Seziertisch der Feuilletons. Es
wird diskutiert, ob und wie
afrikanische Wissenschaftler die
Geschichte von Kolonialismus und
Sklaverei in Beziehung zur Shoa
setzen dürfen. Ein weites Feld.
Felix Klein hat es mit
regierungsamtlicher Autorität
beackert. Seine Forderung,
Mbembe als Eröffnungsredner der
Ruhrtriennale auszuladen,
verbietet Mbembe nicht den Mund.
Aber sie markiert eine Grenze
des in Deutschland öffentlich
Sagbaren. Öffentlich geförderte
Musikfestivals, Kulturforen,
Theater und
Bildungseinrichtungen, also ein
wesentlicher Teil der
kulturellen und politischen
Öffentlichkeit, sollen für
Wissenschaftler, Künstler und
Intellektuelle gesperrt werden,
die Felix Klein mit dem
Antisemitismus Vorwurf
brandmarkt. Hier liegt das
Problem.
Fragwürdige Exegese weniger
Zeilen
Für sein Verdikt im Fall Mbembe
genügte dem
Antisemitismusbeauftragten eine
fragwürdige Exegese weniger
Zeilen eines tausende Seiten
umfassenden Gesamtwerks. Um
seinen folgenreichen Vorwurf zu
begründen, blendete Klein
Kontexte der inkriminierten
Passsagen aus und bog sie sich
zurecht, bis das eigentlich
Gesagte hinter der
interpretierenden Zuspitzung
kaum noch erkennbar war. >>>
Man muss den
Staat Israel kritisieren“
Der
Antisemitismusbeauftragte der
Bundesregierung wirft dem
Historiker Achille Mbembe vor,
die Grenze zum Antisemitismus
überschritten zu haben, weil er
das südafrikanische
Apartheids-Regime mit der
israelischen Regierung
vergleicht. Die Philosophin
Susan Neiman verteidigt Mbembe
im Dlf.
Susan Neiman im Gespräch mit
Anja Reinhardt - 21. 5. 2020
Antisemitismus ist heute nicht
mehr mit einem
Rechts-Links-Schema erklärbar –
denn Angriffe gegen Juden,
verbal oder physisch, kommen aus
allen politischen Lagern. Die
überwältigende Mehrheit der
antisemitischen Gewalt hat
allerdings einen rechtsextremen
Hintergrund, wie Statistiken des
BKA nachweisen.
Wird von links der Vorwurf laut,
geht es oft um eine kritische
Sicht auf die Politik des
Staates Israel. So wie im Fall
des kamerunischen Historikers
und Philosophen Achille Mbembe,
einem im globalen
Wissenschaftsdiskurs anerkannten
postkolonialen Theoretiker, der
seit vielen Jahren auch Vorträge
in Deutschland hält und dieses
Jahr auf der Ruhrtriennale die
Eröffnungsrede halten sollte.
Dagegen protestierte unter
anderem der
Antisemitismusbeauftragte der
deutschen Bundesregierung, Felix
Klein. (...)
Die amerikanische Philosophin
Susan Neiman, die auch die
israelische Staatsbürgerschaft
hat und seit rund 20 Jahren das
Einstein-Forum in Potsdam
leitet, stellt sich hinter
Mbembe. „Ich nehme Mbembe ab,
wenn er sagt: ‚Ich bin kein
Antisemit.‘ Ich nehme ihm ab,
wenn er sagt: ‚Es gibt keine
Unterstützung für den BDS.‘“
(...)
Der „Aufruhr“ um Mbembe sei
letztlich auch deswegen
unverhältnismäßig, weil hier an
der falschen Stelle gegen
Antisemitismus gekämpft werde.
„Es gibt sehr viele rechte
Gymnasiallehrer, vor allem
Geschichtslehrer in Deutschland.
Die AfD ist voll davon. Wir
kennen Björn Höcke, es gibt
Hunderte davon. Wir wissen ja,
mit dem Radikalenerlass, Leute
die links belastet waren, die
wurden in den Siebzigern alle
mit Lehrverbot konfrontiert.“
Man denke nicht daran, zu
untersuchen, wie viel Lehrer
AfD-Gedankengut verbreiteten.
„Ich würde sehr gern sehen, dass
man solche Menschen untersucht,
anstatt dass wir uns auf einen
einzigen postkolonialen Denker
konzentrieren. Ich finde, diese
Lehrer sind viel gefährlicher.“
>>>
19. 5. 2020
Antisemitismus-Debatte:
Mbembe bekommt Unterstützung
18. Mai
2020 - Sonja Zekri
Achille Mbembe wird
Antisemitismus vorgeworfen. 700
afrikanische Intellektuelle
widersprechen dem in einem Brief
an Merkel - und fordern die
Entlassung des
Antisemitismusbeauftragten der
Bundesregierung.
In der Kontroverse um den
afrikanischen Historiker Achille
Mbembe haben 700 afrikanische
Intellektuelle, Literaten und
Künstler einen Brief an
Bundeskanzlerin Angela Merkel
und Bundespräsident Frank-Walter
Steinmeier geschrieben. Felwine
Sarr gehört dazu, Jean-Bernard
Ouédraogo und Stanislas
Bigirimana. Darin kritisieren
sie die "falschen Vorwürfe des
Antisemitismus", die von
"rechtsextremen" und
"konservativen und rassistischen
Gruppen" in Deutschland gegen
Mbembe erhoben worden seien.
Der Vorwurf des Antisemitismus
sei nicht nur unbegründet,
sondern stelle zudem "eine
unzulässige politische
Instrumentalisierung einer
entsetzlichen humanen
Katastrophe" dar. Zudem
beschädige er das Recht auf
"Kritik, Gedanken- und
Meinungsfreiheit, die
akademische und künstlerische
Freiheit und die Freiheit des
Gewissens". Wie zuvor andere
Intellektuelle fordern sie die
Entlassung von Felix Klein, dem
Antisemitismusbeauftragten der
Bundesregierung. >>>
Offener Brief von
700 afrikanischer
Intellektueller,
Schriftsteller-, und
Künst-lerlnnen an:
Frau Angela MERKEL,
Bundeskanzlerin der
Bundesrepublik Deutschland, und
Frank Walter Steinmeier,
Bundespräsident der
Bundesrepublik Deutschland
18.05.2020
Frau Bundeskanzlerin, Herr
Bundespräsident,
Wir, afrikanische
Intellektuellen, Denker-,
Schriftsteller-, Künstlerinnen,
verurteilen vorbehaltlos die
lügnerischen
Antisemitismus-Anschuldigungen
rechtsextremer
fremdenfeindlicher und
rechtskonservativer
Gruppierungen in Deutschland
gegen Professor Achille Mbembe.
Wie Hunderte
Wissenschaftlerinnen und
Fachleuten aus unterschiedlichen
Fachberei¬chen festgestellt
haben, sind diese groben
Anschuldigungen nicht nur
unvernünftig und grundlos,
sondern sie stellen auch eine
unzulässige politische
Instrumentalisie¬rung einer
schrecklichen menschlichen
Katastrophe dar. Dazu
untergraben solche
Anschuldigungen zutiefst das
Grundrecht auf Kritik, auf
Gedanken- und Meinungsfreiheit,
auf akademische und
künstlerische Freiheit und auf
Gewissensfreiheit.
Darüber hinaus können solche
Anschuldigungen das Bild
Deutschlands in Afrika
dau¬erhaft trüben sowie die
Bemühungen um einen freien,
respektvollen interkulturellen
Dialog - frei von der Last
rassistischen Gedankenguts -
zwischen Ihrem Land und den
politischen Kräften des
afrikanischen Kontinents.
Zeitgleich sprechen wir
denjenigen Bürgerinnen
Deutschlands - einfachen
Bürgerinnen, Akademikern,
Journalisten, Intellektuellen
und Diplomaten-, die sich offen
für Professor Achille Mbembe
eingesetzt haben, unseren Dank
und unsere Anerkennung aus.
Manche - unter diesen deutschen
Bürgerinnen - könnten ihre
Solidaritätsbekundung sogar mit
weiteren Schikanen seitens
derselben extremistischen
Gruppierungen bezahlen.
Frau Bundeskanzlerin, Herr
Bundespräsident,
Unser Brief ist ein Aufruf dazu,
gemeinsam in Gleichheit,
gegenseitigem Respekt und auf
der Basis intellektueller
Archive und der Weisheiten der
ganzen Welt eine neue Phase im
globalen Kampf gegen
Antisemitismus und Rassismus zu
eröffnen.
Abgesehen von wirtschaftlichen
und anderen Faktoren, die Teil
der Staatsraison sind, kennen
und schätzen wir Ihr Interesse
an Afrika, seinen Völkern,
seinen Kulturen und seiner
Geschichte.
Jedes Mal wenn Sie in Afrika
gekommen sind, haben Ihnen
unsere Völker und Regie¬rungen
im Gegenzug den würdigsten und
herzlichsten Empfang bereitet.
Wir sind uns auch Ihres
Engagements für den Dialog
zwischen den Nationen durch
künstlerischen, kulturellen und
intellektuellen Austausch -
unter Achtung der Wahrheit, ohne
Rassismus und für den
Fortschritt der Menschheit -
bewusst.
Angesichts des beklagenswerten
Zustands unserer Welt sind wir
davon überzeugt, dass ethische
Überlegungen auf sehr breiter
Basis dringend und notwendig
sind, um alle
Erinnerungskulturen an
menschliches Leid besser zu
teilen und solidarischer zu
gestalten.
Wenn alle Menschen frei und
gleich geboren sind, und wenn
sie alle derselben Spezi¬es
angehören, dann gibt es keine
menschlichen Leidenserfahrungen,
die weniger bedeutsam als andere
oder den anderen
Leidenserfahrungen gegenüber
untergeordnet sind. Die
Beziehungen zwischen
verschiedenen
Erinnerungskulturen an
menschliches Leid sind keine
Beziehungen des Vorrangs oder
der Vormachtstellung, sondern
der Solidarität. Bei jeder
Katastrophe in unserer
gemeinsamen Geschichte ist es
die Ge¬stalt eines jeden von
uns, die sich verfinstert. Und
die Verantwortung der ganzen
Erde steht auf dem Spiel.
Wie Sie es wissen, gehören die
Völker Afrikas zu denen, die in
ihrem Fleisch, ihrem Gewissen
und in ihrer Seele auch die
Gewalt der Geschichte erlitten
haben. Die sichtbaren und
unsichtbaren Folgeschäden dieser
langen Geschichte bestehen fort.
Aufgrund dieser langen Erfahrung
haben wir durch die Stimmen
unserer Schriftsteller-,
Dichter-, Denker-, Künstlerinnen
und Intellektuellen etwas
Dringendes und Kostbares, was
wir mit der ganzen Menschheit -
betreffend menschlicher
Leidenserfahrung, geistiger
Heilung und Wiedergutmachung in
der Welt- teilen können und
wollen.
Wir sind daher über die
anhaltenden Versuche in
Deutschland bestürzt, unsere
Wortmeldungen zu stigmatisieren,
unsere Denkerinnen
einzuschüchtern und zum
Schwei-gen zu bringen. Wie kann
ein interkultureller Dialog
zwischen Ihrem Land und dem
afrikanischen Kontinent
stattfinden, wenn wir durch alle
möglichen Täuschungsmanöver
daran gehindert werden, unsere
Erfahrungen, deren globalen
Bedeutungen und Erweiterungen im
gegenwärtigen und zukünftigen
Leben mit unseren eigenen Augen/
Sinnen und unserem eigenen
Verstand zu interpretieren?
>>>
Deutsche
Gedenkkultur: Privileg und
Gedenken
Zwischen 8. Mai und
Mbembe: Es ist Zeit,
eurozentrische Geschichtsbilder
zu überwinden – gerade in
Deutschland.
Zur Befreiung Europas vom
Nationalsozialismus trugen
sieben Millionen Soldaten aus
den Kolonien bei, doch der Sieg
war immer weiß. General de
Gaulle wollte Afrikaner nicht
ins befreite Paris
einmarschieren sehen – das
Wetter dort sei für sie nicht
bekömmlich, sagte er.
Bei den US-Truppen kämpfte eine
Million Afroamerikaner, doch auf
den Fotos von der Befreiung der
Lager Buchenwald und Dachau sind
die beteiligten schwarzen
Soldaten nicht zu sehen. Als sie
heimkamen, gab es statt
Medaillen segregierte Plätze im
Bus. „Die Nationen, die gegen
den Nationalsozialismus gekämpft
hatten, waren noch viele Jahre
nach Kriegsende von der
rassischen Minderwertigkeit der
Schwarzen überzeugt“, notierte
1978 der jüdisch-amerikanische
Historiker George L. Mosse, „und
sie schienen nicht zu erkennen,
dass jeglicher Rassismus – ob er
nun auf Schwarze oder auf Juden
zielte – aus demselben Stoff
war.“
Derselbe Stoff? Über die Annahme
des Emigranten, die großen
Antihumanismen seien
wesensähnlich, wird heute ein
Muster neuer Abgrenzungen
geworfen. Der Antisemitismus
erstrahlt darin wie ein dunkler
Solitär des Bösen, gleichsam
ohne ideologische
Verwandtschaft. Und es gibt ihm
gegenüber nur zwei Kategorien
von Menschen: Reine und
Schmuddelige. Die Reinen dürfen
richten. Ob ihnen dabei
Rassismen unterlaufen, ist nicht
von Belang, befleckt die
Reinheit nicht.
Als Achille Mbembe in
Deutschland von etablierten
Institutionen hofiert wurde,
erfüllte er bereits eine
Funktion: Wer einen schwarzen
Philosophen ehrt, stellt sich
auf modische Weise frei von
Rassismus. Nun ist die Party
vorbei, Mbembe wird umgekehrt
funktionalisiert: das
postkoloniale Denken, ab in die
Schmuddelecke. Niemand nennt ihn
direkt einen Antisemiten, doch
der Vorwurf hängt über ihm und
wird bleiben.
Man muss Psychologie zu Rate
ziehen, um sich die Ironie zu
erklären: Während sich
Intellektuelle darüber erhitzen,
welche Israel-Vergleiche ein
gebürtiger Kameruner ziehen
darf, ziehen auf deutschen
Straßen Corona-Protestler auf,
die sich Judensterne anheften
und Anne-Frank-Bilder
hochhalten, gegen die
„Hygienediktatur“. Wann wurden
jüdische Opfer zuletzt so
verhöhnt?
Das Missverhältnis, was die
Aufmerksamkeit für Gefahren
betrifft, lässt sich zumindest
teilweise mit einem seltsamen
Besitzanspruch auf die
Interpretation der Schoah
erklären. Ein deutsches
Phänomen, klassisch verkörpert
vom Antisemitismusbeauftragten
Felix Klein. Mbembe habe als
„ausländischer Wissenschaftler“
„eingegriffen“ in eine Frage,
die zur deutschen Identität
gehöre. Bei dem „Philosophen aus
Afrika“ gehe vieles
durcheinander, „und hier müssen
wir doch mal ganz klare Linien
einziehen, um zu sehen, was ist
zulässig […].“
Finger weg von unserer Schoah!
Welch eine Schulmeisterei. Worin
wurzelt der Glaube, sich das
leisten zu können? In der
exklusiven >>>
15. 5. 2020
Felix Klein im Interview - Extremismus:"Hass ist keine Meinung" -
Interview von Jan Bielicki - 14. Mai 2020
Antisemitismusbeauftragter Felix Klein über den Hang der Deutschen
zu Verschwörungstheorien und die Frage, ob die Corona-Krise alte
judenfeindliche Vorstellungen verstärkt. (im Abbo zu lesen) >>>
Kommentar von W. Behr - Felix Klein auf
erweiterter Spur. Man sollte meinen, dass es um Felix Klein etwas
leiser geworden ist, seitdem viele, auch jüdische Wissenschaftler
und Kulturschaffende seine Ablösung beim Innenminister Seehofer
gefordert haben. Aber die Süddeutsche Zeitung vom 14.Mai 2020 baut
den Antisemitenjäger gerade wieder auf, indem sie ihm eine
Viertelseite überlässt, um seine neuesten Thesen über die
Corona-Proteste in Verbindung mit dem Antisemitismus zu verkündigen.
Unter der Überschrift Ich halte diese Art von Protesten für
hochgefährlich Der Antisemitismusbeauftragte Felix Klein über
radikalisierte Demokraten und den Hang zu Verschwörungstheorien.
fragt der SZ-Interviewer Jan Bielicki z.B.: • Zeigt sich in diesen
{Corona-} Protesten ein neuer , antisemitischer Extremismus? •
Verstärkt die Corona-Krise die uralten Vorurteile gegen Juden? • Was
lässt sich dagegen tun? • Was sollten einzelne Bürger machen? •
Sehen Sie die Demokratie in Gefahr? Felix Klein scheint im Moment
wenig Erfolg zu haben in der Aufspürung von Antisemiten. Deswegen
erweitert er sein Suchfeld auf die Corona-Proteste. Hier eine seiner
Antworten auf die Fragen von Bielicki: Meinungsfreiheit ist ein
hohes Gut, und sogar Antisemitismus ist nicht illegal. Aber wenn
Grenzen überschritten werden, muss die Justiz eingreifen. Es lohnt
sich, die Thesen dieses Wirrkopfs in der heutigen SZ anzuschauen, um
der Forderung Gewicht zu geben, ihn endlich abzulösen. Aber das ist
wohl im israelhörigen Deutschland eine Illusion. W.Behr
Deutsche
Gedenkkultur: Privileg und
Gedenken
Zwischen 8. Mai und Mbembe: Es
ist Zeit, eurozentrische
Geschichtsbilder zu überwinden –
gerade in Deutschland.
Charlotte Wiedemann - 13.
5- 2020
Zur Befreiung Europas vom
Nationalsozialismus trugen
sieben Millionen Soldaten aus
den Kolonien bei, doch der Sieg
war immer weiß. General de
Gaulle wollte Afrikaner nicht
ins befreite Paris
einmarschieren sehen – das
Wetter dort sei für sie nicht
bekömmlich, sagte er. Bei den
US-Truppen kämpfte eine Million
Afroamerikaner, doch auf den
Fotos von der Befreiung der
Lager Buchenwald und Dachau sind
die beteiligten schwarzen
Soldaten nicht zu sehen. Als sie
heimkamen, gab es statt
Medaillen segregierte Plätze im
Bus. „Die Nationen, die gegen
den Nationalsozialismus gekämpft
hatten, waren noch viele Jahre
nach Kriegsende von der
rassischen Minderwertigkeit der
Schwarzen überzeugt“, notierte
1978 der jüdisch-amerikanische
Historiker George L. Mosse, „und
sie schienen nicht zu erkennen,
dass jeglicher Rassismus – ob er
nun auf Schwarze oder auf Juden
zielte – aus demselben Stoff
war.“
Derselbe Stoff? Über die Annahme
des Emigranten, die großen
Antihumanismen seien
wesensähnlich, wird heute ein
Muster neuer Abgrenzungen
geworfen. Der Antisemitismus
erstrahlt darin wie ein dunkler
Solitär des Bösen, gleichsam
ohne ideologische
Verwandtschaft. Und es gibt ihm
gegenüber nur zwei Kategorien
von Menschen: Reine und
Schmuddelige. Die Reinen dürfen
richten. Ob ihnen dabei
Rassismen unterlaufen, ist nicht
von Belang, befleckt die
Reinheit nicht.
Als Achille Mbembe in
Deutschland von etablierten
Institutionen hofiert wurde,
erfüllte er bereits eine
Funktion: Wer einen schwarzen
Philosophen ehrt, stellt sich
auf modische Weise frei von
Rassismus. Nun ist die Party
vorbei, Mbembe wird umgekehrt
funktionalisiert: das
postkoloniale Denken, ab in die
Schmuddelecke. Niemand nennt ihn
direkt einen Antisemiten, doch
der Vorwurf hängt über ihm und
wird bleiben.
Man muss Psychologie zu Rate
ziehen, um sich die Ironie zu
erklären: Während sich
Intellektuelle darüber erhitzen,
welche Israel-Vergleiche ein
gebürtiger Kameruner ziehen darf
>>>
14. 5. 2020
Wer lyncht Achille Mbembe?
13. Mai 2020 von Abi Melzer
Wenn ich
erst vor wenigen Tagen Michael Wolffsohns Beitrag in der NZZ als
rassistisch und dumm kritisiert habe, so muss ich aber zugeben, dass
er mit einem Satz, zufällig oder auch nicht, vollkommen Recht hat:
„Über Juden und Israel reden oder schreiben fast alle mehr, als sie
wissen.“ Das trifft auch besonders auf den Beitrag von Jürgen Kaube
in der FAZ vom 10.05.2020.
Kaube fragt wer Achille Mbembe gelynscht hat. Na, wer schon? Er und
andere seinesgleichen, die nicht wissen was sie tun und wenn es um
Israel und Juden geht, den Verstand verlieren, weil sie bei Israelis
und Juden Augen, Mund und Ohren verschließen und sich selbst
delegitimieren das zu schreiben, was notwendig wäre und stattdessen
„außer Band und Rand geraten“. So ist es auch Jürgen Kaube ergangen,
der bei allen anderen Themen und Problemen in der Regel seinen
gesunden Menschenverstand benutzt, aber wenn es um Juden geht mea
culpa denkt und sich schuldig bekennt. Schuldig aber woran?
In der Diskussion um Mbembe geht es gar nicht um Mbembe, sondern um
uns und unsere Freiheit bzw. Meinungsfreiheit. Man ist nicht in der
Lage und bereit sich mit anderen, vielleicht sogar unliebsamen
Meinungen, Theorien und Ideologien zu beschäftigen und wenn es sein
muss zu streiten, weil man Angst hat als Antisemit diskreditiert zu
werden, sobald man es wagt Israels Politik zu kritisieren oder
jemanden, der es tut, zuzustimmen. Um nichts anderes geht es in
dieser peinlichen und würdelosen Debatte, in der man immer wieder
den Artikel 1 unseres Grundgesetzes verletzt oder vollkommen
ignoriert.
Wir haben einen vollkommen überflüssigen und dazu noch hochmütigen
und dummen „Beauftragten der Bundesregierung für jüdisches Leben und
den Kampf gegen den Antisemitismus“, der sich mitnichten um
jüdisches Leben in Deutschland kümmert, sondern um den
Nahost-Konflikt und da hauptsächlich um den Schutz des halb
faschistoiden Staates Israel. Er verteidigt Israel gegen notwendige
Kritik, auch wenn in Israels Regierung eine Ministerin von sich
behauptet, sie sei eine Faschistin und den Faschismus mit einem
Parfüm verglich, Chanel Nr. 5. Warum kümmert sich keiner, der über
Juden und Israel redet, darum, dass Felix Klein sich nicht um Juden
und jüdisches Leben kümmert, wie es sein Amt von ihm fordert? Warum
versuchen alle Achille Mbembe zu lynchen und nicht Felix Klein oder
den FDP-Politiker Deutsch, der zusammen mit Felix Klein und Josef
Schuster, der beiden beigesprungen war, den Antisemitismus in
Deutschland befeuert?
Wieso kümmert sich Klein darum, ob Mbembe die BDS Kampagne
unterstützt, oder nicht, wo es doch um Palästinenser und Israels
Politik geht, und nicht um jüdisches Leben in Deutschland. Der
Bundestag hat diese Kampagne verurteilt. Muss man diese Verurteilung
ernst nehmen und ihr folgen. Hunderte und tausende israelischer und
jüdischer Intellektuelle und Künstler haben ihrerseits diese
Verurteilung durch den Bundestag verurteilt und dagegen protestiert.
Sind die Bundestagabgeordnete in Fragen des Nahost-Konflikts
kompetenter als unzählige Israelis und Juden, die sich ernsthafter
damit beschäftigen als unzählige Hinterbänkler und Opportunisten im
Bundestag?
Inzwischen habe unzählige israelische und jüdische Wissenschaftler
und Künstler die Entlassung Kleins gefordert, weil er Mbemba zu
Unrecht als Antisemiten hingestellt habe. Klein scheint von der
BDS-Kampagne eindeutig besessen zu sein. Und Jürgen Kaube
>>>
Gegen ideologische oder politische Einmischung und
Lackmustests in Deutschland
12. Mai 2020
Die Instrumentalisierung des Antisemitismusvorwurfs für ideologische
Zwecke in Deutschland ist international verurteilt worden. Die
Zivilgesellschaft in Deutschland war zu schwach.
Internationale Wissenschaftler*innen und Kulturschaffende
verpflichten sich, in Deutschland nicht in Jurys, Preisausschüssen
oder in der akademischen Einstellungsberatung tätig zu sein, wenn es
“überzeugende Anzeichen dafür gibt, dass ihre Entscheidungen
ideologischer oder politischer Einflussnahme oder Lackmus-Tests
unterworfen sein könnten”.
377 Wissenschaftler*innen und Künstler*innen aus über 30 Ländern
erklären, dass sie politische Lackmus-Tests nicht akzeptieren werden
377 Wissenschaftler*innen und Künstler*innen aus über 30 Ländern
haben eine Erklärung unterzeichnet, in der sie sich gegen politische
Einmischung seitens staatlicher Institutionen, Kommunen und
politischer Repräsentant*innen in Deutschland aussprechen, die
darauf abzielt, Befürworter*innen der völkerrechtlich garantierten
Rechte von Palästinenser*innen zum Schweigen zu bringen.
Die Unterzeichnenden erklären, weder in Jurys oder Preiskomitees
noch bei akademischen Berufungsverfahren in Deutschland mitzuwirken,
wenn es ihrer Ansicht nach „überzeugende Anzeichen dafür gibt, dass
ihre Entscheidungen ideologischer oder politischer Einflussnahme
ausgesetzt sind oder politischen Lackmus-Tests unterliegen könnten“.
>>>
12. 5. 2020
Der Fall Achille
Mbembe darf kein Einzelfall bleiben!
Ein
satirisch gemeinter Offener Brief an den Antisemitismus-Beauftragen
Dr. Felix Klein
Arn Strohmeyer
- 11.05.2020
Sehr geehrter
Herr Dr. Klein,
Sie haben
zusammen mit dem FDP-Politiker Lorenz Deutsch (nomen est omen!) den
aus Kamerun stammenden afrikanischen Philosophen und Historiker
Achille Mbembe des Antisemitismus bezichtigt. Anlass dazu sind u.a.
Zitate, in denen er den Staat Israel mit Kolonialismus in Verbindung
bringt und ihn mit dem Apartheidstaat Südafrika vergleicht. Sie
haben wohl besonders an der Stelle Anstoß genommen, in der Mbembe
schrieb, das Apartheidregime in Südafrika – und in einer ganz
anderen Größenordnung und in anderem Kontext – die Vernichtung der
europäischen Juden seien emblematische Manifestationen des
kolonialen Grundprinzips, das er „Trennungswahn“ nennt: die
Differenzierung zwischen dem Körper des Kolonialisten und der
übrigen niedrigen Welt, zu deren „bösen Objekten“ auch die
Einheimischen gehörten. Auch wenn Mbembe hier auf gemeinsame
Grundprinzipien verweist, von Gleichsetzung oder Relativierung
spricht er nicht. Weder die Einzigartigkeit des Holocaust noch das
Existenzrecht Israels stellt Mbembe – auch in anderen Texten – in
Frage.
Mit Ihrem
ausgemachten Spürsinn für Antisemitismus (das ist schließlich Ihr
Job) haben Sie in diesen Sätzen Mbembes gleich den Bezug zu Israel
entdeckt. Denn auch in Israel gibt es ja eine „Trennung“ bzw.
„Differenzierung“ zwischen den Kolonialisten und den unterworfenen
und unterdrückten Palästinensern, es gibt dort sogar eine
Materialisierung der „Trennung“ – die „Trennmauer“, die die
zionistischen Herren des Landes von den indigenen Einheimischen (den
Palästinensern) trennt. Der Vergleich mit dem Apartheid-Südafrika
war für Sie sicher der Auslöser, den Alarmknopf zu drücken und laut
„Antisemitismus!“ zu rufen.
In dem Essay
„Israel, die Juden und wir“ behandelt Mbembe Antisemitismus,
Holocaust, israelische Politik und imperiale und postkoloniale
Verbrechen als wesensgleich: „In dem Maße, wie die magische Illusion
der ‚Befreiung‘ sich auflöst, versinkt Israel wie die gesamte
Postkolonie in der Wiederholung: Wiederholung des Verbrechens,
Wiederholung der Käuflichkeit, Wiederholung der verlogenen
Versprechen, Wiederholung der Dummheit und das Falschen,
Wiederholung des Rechts zur Ungerechtigkeit und zur Untat,
Wiederholung der schändlichen Arbeit, die darin besteht, den Platz
der Mörder einzunehmen und das dumme Leben derer zu reproduzieren,
die, gestern Opfer, heute Verfolger, sich jenem sachwachsinnigen
Spiel hingeben, das Vergewaltigung, Raub, Kolonisierung und
Schutzgelderpressung heißt.“
Was Mbembe hier
schreibt, ist bezogen auf Israel zugegeben nicht sehr freundlich,
denn er meint ja nicht mehr und nicht weniger, dass ein
Kausalzusammenhang zwischen Antisemitismus und Holocaust auf der
einen Seite und dem brutalem Vorgehen Israels gegen die
Palästinenser andererseits besteht. Dieselbe Kausalbeziehung sieht
er zwischen den Verbrechen der europäischen Kolonialisten und den
nachfolgenden Schandtaten afrikanischer postkolonialer Herrscher.
Israel in einem Atemzug mit afrikanischen Potentaten zu nennen und
diesen Staat auf eine Stufe mit den Despotien dort zu stellen, da
muss ein Antisemitismus-Jäger natürlich zur Büchse greifen, zielen
und abdrücken.
Nun sei hier am
Rande angemerkt: Der israelische Psychologie-Professor Benjamin
Beit-Hallahmi hat am Ende der 1980er Jahre ein Buch veröffentlicht,
das aufzeigt, wie enge politische und wirtschaftliche Kontakte
Israel mit den übelsten Despotien der Dritten Welt gepflegt hat. Das
Buch ist damals auch in Deutschland erschienen: „Schmutzige
Allianzen. Die geheimen Geschäfte Israels“ (Knaur-Verlag, München,
1989). Dieses Buch hat damals sogar DER SPIEGEL ausführlich und sehr
positiv rezensiert, so etwas wäre heute gar nicht mehr möglich,
dafür würden Sie schon sorgen, das ist ja Ihr Job.
Am Ende seines
Buches schlussfolgert Beit-Hallahmi, dass die Israelis den Gedanken
der Befreiung und Selbstbestimmung, der damals die Dritte Welt
bewegte, nicht einmal denken durften, denn das hätte ja – die von
ihnen selbst praktizierte Unterdrückung der Palästinenser vor Augen
– zu sehr peinlichen Fragestellungen geführt und so eine
existentielle Bedrohung des Zionismus bedeutet. Deswegen sei der
Begriff der Menschenrechte für das politische System Israels von
höchster Brisanz, weil jede Auseinandersetzung mit ihnen an den
Grundfesten des Zionismus rütteln würde. Harter Tobak, aber
geschrieben von einem israelischen Hochschullehrer!
In diesem Buch
schildert der Verfasser übrigens auch ausführlich die sehr engen,
nicht nur partnerschaftlichen, sondern sehr freundschaftlichen
Beziehungen Israels mit dem Apartheidstaat Südafrika, die
Zusammenarbeit erstreckte sich auf alle Gebiete – auch auf den Bau
gemeinsamer Atomwaffen. Der damalige südafrikanische Premierminister
Johannes Vorster, ein Nazi-Sympathisant, durfte bei seinem
Staatsbesuch in Israel im April 1976 sogar in der
Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem einen Kranz niederlegen und
bewegende Worte sprechen. Damals war das noch etwas Besonderes.
Heute pflegt Israel ja ganz offiziell enge Beziehungen mit
Anhängern, Freunden des Autoritarismus oder Neo-Faschismus als da
sind: Bolsanaro, Orban, Strache, Wilders, den Le Pens, Salvini,
Vertretern der AFD und und…
Ich bin etwas
abgeschweift, will Ihre Geduld nicht strapazieren und endlich zum
eigentlichen Anliegen meines Schreibens kommen. Ich möchte Sie auf
einen weiteren „Antisemiten“ aufmerksam machen, der Ihrem Jägerauge
bisher offensichtlich nicht in den Blick gekommen ist: der
palästinensische Literatur- und Musikwissenschaftler Edward Said,
der sich auch immer wieder politisch geäußert und seine Ansichten in
vielen Artikeln und Büchern niedergeschrieben hat. Als Palästinenser
ist er, auch wenn er später in den USA gelebt und gearbeitet hat,
laut israelischer Definition schon von Haus aus ein „Terrorist“ und
„neuer Nazi“. Dass er dann auch ein „Antisemit“ ist, ergibt sich da
ja automatisch.
Ich will das auch
belegen. In seinen Büchern vergleicht er das südafrikanische
Apartheid-Modell immer wieder mit dem zionistischen Staat Israel,
nennt Israel sogar einen „kolonialistischen Apartheidstaat“ – und
das schon vor zwanzig oder dreißig Jahren! Und niemand ist bisher
darauf aufmerksam geworden und hat daran Anstoß genommen! In seinem
Buch „Das Ende des Friedensprozesses. Oslo und danach“ (2002)
beschreibt er die kolonialistische Lösung, die sich die Zionisten
für die Palästinenser ausgedacht haben und die in Südafrika schon an
Menschen schwarzer Hautfarbe ausprobiert wurde: „Diese Lösung sieht
die Aufteilung des Landes in unzusammenhängende Bantustans
(Reservate) vor, in denen eine Apartheidpolitik den weißen (heute
israelischen Siedlern) besondere Privilegien einräumte, während die
Eingeborenen in ihren eigenen heruntergewirtschafteten Ghettos leben
durften. Dort konnten sie die Verantwortung für ihre
Gemeindeangelegenheiten übernehmen, blieben jedoch den weißen
(wiederum: israelischen) Sicherheitsbestimmungen unterworfen. Die
ist das südafrikanische Modell.“
Said hat hier
schon vor zwanzig Jahren den bestehenden kolonialen Zustand
beschrieben, der nun mit Hilfe des „Jahrhundert-Deals“ von
US-Präsident Trump endgültig festgeschrieben und umgesetzt werden
soll. An anderer Stelle schreibt Said: „In den Annalen der Apartheid
oder des Kolonialismus findet sich nichts, was dem grausamen
Einsperren von 1,3 Millionen Menschen, die man wie menschliche
Sardinen in den Gazastreifen gezwängt hat, und der Situation der
fast zwei Millionen Menschen des Westjordanlandes gleichkäme.“
Das sind sehr
bedenkliche Sätze, der unbedingten Aufmerksamkeit eines
Antisemitismusbeauftragten würdig. Nun ist Edward Said im Jahr 2003
verstorben, aber vielleicht gibt es die Möglichkeit, seine
Veröffentlichungen nachträglich auf den Index zu setzen. Zum Fall
Edward Said kommt ein anderes sehr bedenkliches Faktum hinzu. Said
war ein enger Freund des israelischen Pianisten und Dirigenten
Daniel Barenboim. Auch dieser hat sich immer wieder kritisch über
die israelische Politik geäußert.
In einem
SPIEGEL-Interview (Nr. 25/2012) hat er Ungeheures von sich gegeben.
Ich zitiere: „Seit dem Sechstagekrieg haben die israelischen
Politiker immer wieder eine Verbindung hergestellt zwischen dem
europäischen Antisemitismus und dem Umstand, dass die Palästinenser
die Gründung des Staates Israel nicht hinnehmen. Was aber absurd
ist! Die Palästinenser waren in erster Linie nicht antisemitisch,
sie haben ihre Vertreibung nicht akzeptiert. Es gibt keine
Verbindung zwischen dem Palästina-Problem und dem Antisemitismus.“
Hier fegt Barenboim eine der Grundmaximen der zionistischen
Ideologie vom Tisch: dass die Gründung Israels die unmittelbare
Folge des Holocaust sei, weil die Juden nur in ihrem eigenen Staat
vor Verfolgung sicher seien.
Auf die Frage, ob
er ein israelischer Patriot sei, antwortete Barenboim: „Worauf kann
man heute stolz sein? Wie wollen Sie Patriot sein in einem Staat,
der seit 45 Jahren fremdes Territorium besetzt? Der nicht in der
Lage ist zu akzeptieren, dass es noch eine andere Erzählung von den
vergangenen 60 Jahren gibt.“ Und: „Dauerhaft ruht Israels Sicherheit
aber nur auf einer Säule – der Akzeptanz des Staates durch die
Palästinenser. Es ist nicht die Atombombe, die Israel sicher macht.“
Und als das israelische Parlament 2018 das Nationalstaatsgesetz
beschloss, das die Palästinenser ganz offiziell zu Bürgern zweiter
oder dritter Klasse macht, weil Israel ausschließlich der Staat der
Juden sei, erklärte Barenboim, dass er sich für diesen Staat
zutiefst schäme.
Daniel Barenboim
hat zusammen mit Edward Said das „West Eastern Divan Orchester“
gegründet, ein Orchester, in dem Israelis und Palästinenser zusammen
musizieren und sogar ein Konzert im palästinensischen Ramallah
gegeben haben! Eine israelisch-palästinensische Verschwörung
schrecklichen Ausmaßes!
Ich hoffe, Ihnen
mit meinem Schreiben ein paar Tipps für weitere Aktivitäten gegeben
zu haben. Der Fall Mbembe darf kein Einzelfall bleiben! Auch die
Meinungs- und Wissenschaftsfreiheit muss ihre Grenzen haben!
Mit freundlichem
Gruß
Arn Strohmeyer
11.05.2020
Mbembe zum Antisemitismusvorwurf: „Gigantische
Diffamierungskampagne“
Der in Deutschland attackierte Kameruner weist die
Antisemitismusvorwürfe gegen ihn zurück – mit einer Ausnahme. Und:
Felix Klein möge sich entschuldigen.
11. 5. 2020
(...) Was ist geschehen?
Ich bekomme unzählige Botschaften von alarmierten Menschen, die sich
Sorgen um mich, mein Wohlergehen und meine Sicherheit machen, und
das zu Recht. Sie haben erfahren, dass ich seit einigen Wochen
Objekt völlig grundloser, ebenso verrückter wie hinterhältiger
Attacken seitens der Rechten und extremen Rechten in Deutschland
bin.
Am Ursprung dieser Diffamierungskampagne steht ein Lokalpolitiker
aus Nordrhein-Westfalen. Er heißt Lorenz Deutsch. Er kennt mich
nicht und ich kenne ihn nicht. Offiziell ist er FDP-Mitglied. Ich
bin gefragt worden, ob er irgendwelche Verbindungen zu
Neonazikreisen oder Ultranationalisten pflegt. Ich weiß darüber
nichts.
Anzeige
Was ich weiß, ist, dass er nicht wollte, dass ich die große
Eröffnungsrede der Ruhrtriennale dieses Jahr halte. Das Festival
wurde wegen Covid-19 abgesagt.
Unser Politiker konnte nicht sagen, dass er keinen Neger auf dem
Festival wollte. Er konnte nicht sagen, dass er mich ablehnt, weil
ich antikoloniale Thesen vertrete. Oder weil ich für die Rückgabe
afrikanischer Kulturgüter eingetreten bin. Oder weil ich mich gegen
Europas Umgang mit Migranten und Asylsuchenden ausspreche.
Also hat er etwas Besseres gefunden. Er hat eine teuflische Idee
gehabt: Ein antisemitischer Neger – das schlägt zwei Fliegen mit
einer Klappe!
Wie sonst soll man diese gigantische Diffamierungskampagne mit
rassistischen Zügen erklären?
Er hat behauptet, ich sei BDS-Mitglied. Absolut falsch. Ich bin von
nichts Mitglied, keiner Kirche, keiner politischen Partei, keiner
Organisation. Ich gehöre nicht einmal der Lehrergewerkschaft meiner
Universität an.
Aber für Deutsche ist die Idee unerträglich, dass ein Neger ganz
allein nachdenken und moralische Standpunkte beziehen kann. Ein
Neger ist ein Objekt, das man verwendet. Da das deutsche Parlament
BDS zu einer antisemitischen Bewegung erklärt hat, sagte sich Lorenz
Deutsch: Es genügt, dass er mich in all der Macht seiner Phantasie
mit BDS in Zusammenhang bringt, damit ich tatsächlich Antisemit bin.
Er hat dann in einem meiner letzten Bücher geblättert, „Politiques
de l'Inimitié“, dann in einem Vorwort zu einem Buch, das
afrikanische Forscher vor einem Jahrzehnt veröffentlicht haben („The
Politics of Analogy“). Er hat zwei Passagen ausgewählt, auf die er
sich stützt, um zu behaupten, dass ich erstens den Holocaust und die
Apartheid vergleiche (und damit den Holocaust relativiere) und
zweitens den Staat Israel mit dem Apartheidstaat vergleiche (und
damit Israel das Existenzrecht abspreche).
Völlig falsch. Hat er sich überhaupt die Mühe gemacht zu lesen? Ich
>>>
Grünes Licht für
Annexion
Deutschland sollte helfen, die Straflosigkeit für die
israelische Siedlungspolitik zu beenden, anstatt den internationalen
Rechtsweg zu behindern
11. 5. 2020 - René Wildangel ist Nahostexperte beim
European Council on Foreign Relations (ECFR).Zuvor arbeitete er für
Amnesty International und leitete das Büro der
Heinrich-Böll-Stiftung in Ramallah.
Deutschland ist zu Recht stolz
auf die langjährige Unterstützung des Internationalen
Strafgerichtshofes, dessen rechtliche Grundlage mit dem Römischen
Statut 1998 geschaffen wurde. Heute ist Deutschland der zweitgrößte
Finanzgeber und sieht den Gerichtshof als zentral an „im Ringen um
mehr Gerechtigkeit und beim Kampf gegen die Straflosigkeit
schwerster Verbrechen“. Im Widerspruch dazu hat sich die
Bundesregierung jüngst gegen eine Untersuchung im Fall Palästinas
positioniert und mit Blick auf die Annexionspläne der israelischen
Regierung ein fatales Signal gesendet.
Im Dezember 2019 hatte die Chefanklägerin des Internationalen
Strafgerichtshofs, Fatou Bensouda, erklärt, dass alle „Kriterien
nach dem Römischen Statut erfüllt sind, um eine Untersuchung [zur
Situation in Palästina] einzuleiten“. In einem weiteren
ausführlichen Bericht von Ende April hat sie das nochmals
ausführlich begründet. Eine abschließende Einschätzung zur
rechtlichen Zuständigkeit, die eine weitere Kammer des Gerichts
abgeben soll, steht wegen der Coronakrise noch aus.
Ausgerechnet Deutschland hat sich ins Zeug gelegt, um eine solche
Untersuchung im Grundsatz zu verhindern. Das Auswärtige Amt legte
eine Einschätzung vor, laut der Palästina >>>
Antisemitismus, Apartheid und Michael Wolffsohn
Abi Melzer - 11. Mai 2020
Camus
beschreibt in seinem Buch „Die Pest“ vordergründig eine tödliche
Epidemie, die Situation der Quarantäne einer gesamten Stadt und wie
sich die ihr unterworfene Bevölkerung nach anfänglicher Lähmung in
„Freiwilligengruppen“ organisiert und sich der „Pest“ in innerem und
äußerem Widerstand erfolgreich entgegenstemmt. Vieles im Roman liest
sich vor dem Hintergrund unseres eigenen Erlebens der Kontaktsperre,
örtlicher Ausgangssperren sowie der Quarantäne in Zeiten der
Corona-Krise wie eine realitätsnahe Vorwegnahme der heutigen
Pandemie. Camus verwendete die Beschreibung des Verlaufs der Pest
nur als beispielhafte Symbolik. Ihm ging es um einen politischen
Vergleich: Die Pest – das war für ihn die Besatzung Frankreichs
durch die Nazis von 1940 bis 1944 im historisch-konkreten Sinne. Die
Pest – das war für ihn aber auch die Warnung vor erneuten, anderen
Formen der Diktatur. Was aber für uns in Deutschland und fast
überall auf der Welt, eine neue unheimliche und erschreckende
Erfahrung bedeutet, ist für Palästinenser, die im von den Israelis
besetzten Palästina leben, eine seit Jahrzehnten erlebte tagtägliche
Erfahrung. Die Pest – das ist auch die Besatzung Palästinas.
Seit Wochen ist die gesamte Welt von einem tödlichen Virus befallen,
und man hat kaum noch Zeit und Nerven, sich mit etwas anderem zu
beschäftigen. Jetzt, wo die verantwortlichen Politiker glauben, die
beinahe diktatorischen Fesseln lockern zu können und man sich für
die Zeit nach der Pandemie vorbereitet, gibt es erstaunlicherweise
immer noch Ewiggestrige, blinde und taube Mitbürger, die genau dort
weitermachen zu wollen, wo sie vor Wochen aufgehört haben, nämlich
bei der Antisemitismushysterie.
Es sind immer die gleichen, die hinter der faschistoiden Politik
eines Benjamin Netanjahu stehen, diese verteidigen, indem sie nicht
darüber reden, sie ignorieren und verschweigen, und stattdessen
wieder das Thema aus der Mottenkiste hervorholen, das inzwischen die
Bevölkerung leid bis zum Erbrechen hat. Es sind immer dieselben
Kandidaten, die bekannten Hetzer, Lügner und Leugner: Henryk M.
Broder, Michael Wolffsohn, Chajim Noll, die diversen
Antisemitismusbeauftragten, die das vom Beruf aus müssen und die
diversen jüdischen pseudo Politiker, die sich nicht um ihre Aufgabe
kümmern, sondern sich berufen fühlen, Weltpolitik zu machen, wie
Josef Schuster, Charlotte Knobloch und andere.
Da wird, weil man sonst niemanden hat, ein angesehener afrikanischer
Intellektuelle, ein bedeutender Philosoph und Gegner von
Kolonisation und Apartheid, als Antisemit stigmatisiert, weil er
sich erlaubt hat, in den hunderten und tausenden Seiten, die er im
Verlauf von zwanzig Jahren veröffentlicht hat, auch einige wenige
Seiten über die israelische Apartheid und Besatzung von Palästina zu
schreiben. Nein, diese armseligen jüdischen wie nichtjüdischen
Zeitgenossen beschäftigen sich nicht mit dem Sohn von Benjamin
Netanjahu, der das neue Gesicht für eine antideutsche und
antieuropäische Werbekampagne der AfD geworden ist. Die AfD macht
Werbung für ihre nationalistische, rassistische und
antidemokratische Politik mit dem Gesicht des Sohnes des
israelischen Ministerpräsidenten. Wer hätte sich sowas vor Jahren
vorgestellt? Dabei ist doch Yair
8. 5. 2020
Solidarität mit
Achille Mbembe
Freiheitsliebe-Redaktion
- 8. Mai 2020
Aktuell
läuft in Deutschland eine
Kampagne gegen den kamerunischen
Professor Achille Mbembe, der in
Deutschland bei der
Ruhrtriennale einen Vortrag
halten sollte. Verschiedene
Wissenschaftlerinnen und
Wissenschaftler haben einen
Aufruf verfasst, in dem sie
gegen die Antisemitismusvorwürfe
Stellung beziehen. Wir
dokumentieren diesen Aufruf.
Wir, die Unterzeichnerinnen und
Unterzeichner dieser
Stellungnahme, beschäftigen uns
von Berufs wegen mit der
Geschichte des Antisemitismus
und Nationalsozialismus, des
Kolonialismus und Rassismus in
ihren unterschiedlichen
Ausprägungen. Einige von uns
sind in der Genozid-Forschung
tätig. Als Wissenschaftlerinnen
und Wissenschaftler nehmen wir
mit großem Befremden die
schwerwiegenden Vorwürfe zur
Kenntnis, die gegen unseren
Kollegen Prof. Achille Mbembe
von unterschiedlichen Seiten
erhoben worden sind. Er sollte
den Eröffnungsvortrag bei der
diesjährigen Ruhrtriennale
halten, die der Aufsichtsrat der
Kultur Ruhr GmbH mittlerweile
jedoch wegen der Corona-Pandemie
abgesagt hat.Es geht uns um die
Art und Weise, wie versucht
worden ist, ins Programm
einzugreifen und Achille Mbembe
als Hauptredner zu
diskreditieren.
Gegen ihn wurden Vorwürfe ins
Feld geführt, die gerade in
einem Land wie der
Bundesrepublik schwerer kaum
wiegen könnten: Relativierung
und Verharmlosung des Holocaust
und–letztlich–Antisemitismus.In
den Augen seiner Kritikerinnen
und Kritiker bestand Mbembes
Verfehlung unter anderem darin,
politische und
ideengeschichtliche
Ähnlichkeiten seit der Sklaverei
und Kontinuitäten zwischen
Kolonialregimen und der
NS-Ideologie herauszuarbeiten
bzw. auf eine Gemeinsamkeit der
NS-Politik mit der
südafrikanischen Apartheid
aufmerksam zu machen–ohne dabei
die Vernichtungspolitik der
Nazis mit der Apartheid
gleichzusetzen, wie behauptet
worden ist. Wer die Schriften
Mbembes aufmerksam gelesen hat,
wird viel Stoff zur kritischen
Auseinandersetzung finden und
vielleicht mancher Aussage
widersprechen wollen.Geschichte
als wissenschaftliche Disziplin
kommt jedoch ohne analytische
Vergleiche nicht aus. Ohne die
vergleichende Betrachtung wäre
ein Erkenntnisgewinn in der
Geschichtswissenschaft, wie in
den meisten anderen
Wissenschaftsdisziplinen,
grundsätzlich nicht möglich.
Unseren Kollegen dafür der
Verharmlosung der Shoa oder gar
Gleichsetzung des Genozids an
den europäischen Jüdinnen und
Juden mit dem rassistischen
Regime Apartheid-Südafrikas zu
bezichtigen, stellt eine
fundamentale Grundlage der
Wissenschaft in Frage und ist
deshalb falsch. Historische
Vergleiche, die ja dazudienen,
Unterschiede und Gemeinsamkeiten
zwischen Ereignissen, Diskursen
und Prozessen herauszuarbeiten,
sind nötig und legitim.
Darauf haben im Juli 2019 unter
anderem rund 600 Kolleginnen und
Kollegen, international
anerkannte Historikerinnen,
Historiker, Holocaust-und
Genozid-Forscherinnen und
Forscher, in einem offenen Brief
an die Direktorin des US
Holocaust Memorial Museum
aufmerksam gemacht.Zwischen
zulässigen Vergleichen und
unzulässigen Gleichsetzungen
besteht ein wichtiger und
wesentlicher Unterschied.
Zweifel an der Singularität des
Holocaust oder seine
Relativierung wird man bei
Achille Mbembe vergeblich
suchen.Achille Mbembe hat
jenseits seines
wissenschaftlichen Arbeitens
verschiedentlich Position zur
israelischen Siedlungspolitik
bezogen. Für dieses Engagement
wird er jetzt angegriffen und
von >>>
7. 5. 2020
Der Fall Mbeme wird zum Fall Klein
Aufruf Jüdische Wissenschaftler und Künstler fordern den Rücktritt
des Antisemitismus-Beauftragten.
Grund dafür sind seine Äußerungen gegenüber einem
Philosophen
Daniel Bax - Ausgabe 19/2020
Felix Klein soll zurücktreten. Das fordern namhafte Intellektuelle
und Künstler aus Israel, den USA und Deutschland. Der
Antisemitismusbeauftragte der Bundesregierung habe „der akademischen
Freiheit geschadet“ und sei für seine Aufgabe „unqualifiziert“,
heißt es in einem offenen Brief „jüdischer Wissenschaftler und
Künstler“, der an Bundesinnenminister Horst Seehofer adressiert ist
und unter anderen von der Soziologin Eva Illouz, dem Künstler Dani
Karavan und dem kalifornischen Talmud-Gelehrten Daniel Boyarin
unterschrieben wurde.
Das harte Urteil geht auf Kleins fragwürdigen Umgang mit dem
Postkolonialismus-Denker Achille Mbembe zurück. Klein hatte sich
gegen dessen geplanten Auftritt bei der Ruhrtriennale ausgesprochen
und dem weltweit anerkannten Philosophen nichts weniger als
Holocaust-Relativierung und „antisemitische Muster“ unterstellt:
schwere Vorwürfe, die der Politiker durch aus dem Zusammenhang
gerissene Zitate belegen zu können glaubte. Mit der
Rücktrittsforderung ist die „Causa Mbembe“ nun auch zum „Fall Felix
Klein“ geworden.
Das war überfällig. Denn schon lange mehren sich die Zeichen, dass
der promovierte Jurist und Diplomat Klein von seinem Amt überfordert
ist. Kurz nachdem er es vor zwei Jahren angetreten hatte, nahm Klein
in Berlin an einem sogenannten Marsch des Lebens teil, bei dem
Hunderte Menschen mit israelischen Fahnen den Kurfürstendamm
entlangzogen. Der Marsch wird von christlich-fundamentalistischen
Gruppen organisiert, die glauben, dass alle Juden der Welt ins
Heilige Land ziehen sollten, damit ihr Messias – also Jesus – zum
zweiten Mal erscheinen und sie zum Christentum bekehren kann. An so
einem Marsch teilzunehmen, ist ein seltsames Zeichen gegen
Antisemitismus.
Die skrupellose Weltmacht: Viele betrachten die USA als die größte
Gefahr für den Weltfrieden. Woran liegt das? Ein Buch über
Hintergründe, Motive und Mittel der Weltmacht USA, in dem Daniele
Ganser eindrücklich beschreibt, wie die USA Weltmachtpolitik
betreiben, in der Gewalt ein zentrales Element darstellt
Wenig später forderte Klein die Evangelische Akademie in Bad Boll
auf, eine geplante Konferenz zum Nahostkonflikt abzusagen, weil er
ihr Einseitigkeit unterstellte. Im vergangenen Jahr warnte er Juden
davor, in bestimmten Vierteln eine Kippa zu tragen, was für manche
einer >>>
5. 5. 2020
Eine deutsche Debatte im Jahr 2020
Achille Mbembe sagt ein paar Wahrheiten über den kolonialistischen Hintergrund Israels und wird deshalb als „Antisemit“ dämonisiert
Arn Strohmeyer - 4.5.2020 Die Antisemitismus-Vorwürfe gegen den afrikanischen Philosophen Achille Mbembe haben auch eine positive Seite. Sie offenbaren, in welcher ideologischen Blase sich der Mainstream-Diskurs über den Nahost-Konflikt im politischen Deutschland befindet. Wenn es um Israel/Palästina geht, sind nur noch Fragen nach dem Existenzrecht Israels und nach der Relativierung des Holocaust erlaubt. Fallen die Antworten nach Meinung der Fragesteller unbefriedigend aus, beginnt die Antisemitismus-Kanonade und die hinterlässt dann nur noch verbrannte Erde. Dass solche Kampagnen dem eigentlichen Anliegen, dem Kampf gegen den wirklichen Antisemitismus, nur schaden können, scheint dann in der hysterisch aufgeladenen Stimmung schon kaum noch jemanden zu interessieren. Und dass dann wie jetzt im Fall Achille Mbembe auch noch die im Grundgesetz verbürgte Freiheit der Wissenschaft großen Schaden nimmt, wen interessiert das im Eifer des Gefechts?
Wenn man heute laut ausspricht oder schreibt, dass der Holocaust und der Antisemitismus-Vorwurf auch in perfider Weise instrumentalisiert werden, um die brutale Herrschaft Israels über ein ganzes Volk vor Kritik zu schützen, dann ist das auch gleich wieder schlimmer Antisemitismus. Und so dreht sich die Debatte im Kreis ohne die geringste Chance, einen Erkenntnis-Schritt weiter zu kommen. Von politischen Fortschritten und Verbesserungen für die am meisten unter dem gegenwärtigen Zustand Leidenden – die Palästinenser unter der nun schon über 50 Jahre andauernden Besatzung – ganz zu schweigen.
Insofern hat die Debatte um Achille Mbembe auch ihre guten Seiten offenbart. Der Israel-Palästina-Konflikt wird endlich einmal nicht unter dem ausschließlichen Aspekt Holocaust und Antisemitismus geführt, sondern auf seine Wurzeln zurückgeführt. Denn in der westlichen Welt hat man sich – dank der sehr erfolgreichen israelischen Propaganda – daran gewöhnt zu glauben, dass es den Konflikt erst seit dem Juni-Krieg 1967 und den damaligen israelischen Eroberungen gibt, also dem Beginn der Okkupation. Dass es diese Besatzung schon unter strengster Militärherrschaft nach der Nakba 1948 über die noch im jungen Staat Israel verbliebenen Palästinenser bis 1966 gab, wird meistens verschwiegen.
Die entscheidenden Probleme, die den Konflikt bis heute ausmachen, sind aber schon Jahrzehnte früher entstanden. Ohne ihre Kenntnis konnte sich aber der Eindruck verfestigen, dem Israel mit seiner Propaganda kräftig nachgeholfen hat, dass die Araber bzw. die Palästinenser allein an der Auseinandersetzung schuld seien, weil sie sich weigerten, die Feindschaft zu beenden, Israel als Staat anzuerkennen und damit Frieden zu schließen. Also auf der einen Seite die bösen und aggressiven Araber und auf der anderen die friedliebenden und unter der Bedrohung leidenden Israelis. Die wirklichen Ursachen des Konflikts gingen bei dieser Sichtweise völlig unter.
Es lohnt sich aber, den Blick etwas weiter in die Vergangenheit zu richten und auch die andere, die am meisten betroffene Seite zu Wort kommen zu lassen. Was besonders in Deutschland schwierig ist, da im offiziellen Diskurs nicht zwischen Judentum und Zionismus unterschieden wird, ja allein die Beschäftigung mit dem Zionismus schon den Verdacht nahelegt, ein Antizionist gleich Antisemit zu sein. Aber der Zionismus ist – unterschieden vom Judentum – eine historische Tatsache, an der kein Weg vorbeiführt, denn er ist bis heute die Staatsideologie Israels. Die Auseinandersetzung mit ihm ist unumgänglich zum Verständnis des Nahostkonflikts.
Deshalb ein Rückblick. Der Zionismus ist ohne die Theorie und Praxis des europäischen Imperialismus und des Kolonialismus im 19. Jahrhundert gar nicht denkbar. Der Imperialismus strebte die Unterwerfung anderer Länder und Völker sowie die Eingliederung in den eigenen Machtbereich an. Er rechtfertigte diese Eroberungen mit seinem höheren zivilisatorischen Standard und auch mit der rassischen Überlegenheit der Europäer. Schon die frühesten Rassentheoretiker grenzten die weiße Rasse „wissenschaftlich“ von den Völkern roter, gelber, brauner und schwarzer - mehr >>>
Debatte um Achille Mbembe: Zum Schweigen gebracht
Bei der Debatte um Achille Mbembe geht es weniger um dessen angeblichen Antisemitismus als um Deutschlands Unwillen, die eigene Kolonialzeit aufzuarbeiten.
Kolumne von Dominic Johnson - 3. 5. 2020
Wer die globalisierte Welt verstehen will, kommt an „Critique de la raison nègre“ nicht vorbei. Das Hauptwerk des kamerunischen Philosophen Achille Mbembe aus dem Jahr 2013 entwirft die globale Moderne als Geschichte ihrer ersten Opfer, den versklavten Afrikanern, aus deren Status sich alles andere ableitet. Der „Neger“ des Titels ist der Mensch als Ware. Er ist Rohstoff und Arbeitswerkzeug, zu zähmendes Lebewesen, zu dressierender Wilder, im Zustand permanenter Erniedrigung gehalten, mit einer auf Gehorsam und Ungehorsam reduzierten Gedankenwelt. Die Sklaverei gründet darauf, der Kolonialismus, die Apartheid, auch die Segregation in den USA oder der Antisemitismus in Europa.
Keine Person, eine Kondition
Mbembes Neger ist nicht einfach der Schwarze, wie es die verhunzte deutsche Übersetzung des Buchtitels („Kritik der schwarzen Vernunft“ statt „Kritik des Negerdenkens“) nahelegt. Er ist jeder, dessen Identität andere bestimmen. Er ist das „vergiftete Subjekt“. Er ist der Proletarier im Schatten, zum Arbeitseinsatz gerufen oder ausgesondert. Er ist keine Person, sondern eine Kondition. „‚Neger‘ sagen“, schreibt Mbembe, „heißt, all die Leichen in Erinnerung zu rufen.“ Das „Neger-Werden der Welt“ gehört zu Mbembes Dystopien.
Das besondere Interesse Mbembes galt zuletzt Stadtentwicklungsformen, die Ungleichheit zementieren, sowie Grenz- und Migrationsregimen als Systeme der Kontrolle, Überwachung und Zuordnung. Er hat auch Europas Flüchtlingspolitik so analysiert. Der mittlerweile in Südafrika familiär verankerte Kameruner erkennt darin eine Weiterentwicklung der südafrikanischen Apartheid, in der der Schwarze als „Neger“ fungierte: Schwarze durften die Gebiete der Weißen nur zwecks Arbeit betreten und mussten sich ansonsten in elende Townships zurückziehen, reglementierte Lager unter Flutlicht, außer Sichtweite. >>>
3. 5. 2020
Debatte über
Antisemitismus: Rückendeckung
für Mbembe
Der umstrittene Philosoph
Achille Mbembe bekommt
Unterstützung: Intellektuelle
beziehen Stellung und fordern
die Absetzung Felix Kleins.
Jannis Hagmann - 3. 5. 2020
Mit gleich zwei neuen
Stellungnahmen nimmt die Debatte
um die Antisemitismusvorwürfe
gegen den kamerunischen
Historiker und Philosophen
Achille Mbembe neu an Fahrt auf.
In einem ersten Schreiben
fordern jüdische Gelehrte und
KünstlerInnen die Absetzung des
Antisemitismusbeauftragten der
Bundesregierung, Felix Klein. In
einem zweiten Schreiben
verteidigen WissenschaftlerInnen
Mbembe gegen den Vorwurf der
Schoah-Verharmlosung.
„Wir halten Herrn Kleins
Versuch, Prof. Mbembe als
Antisemiten hinzustellen, für
unbegründet“, heißt es in dem
ersten Schreiben, das großteils
von Lehrenden an israelischen
und US-amerikanischen
Universitäten unterschrieben
ist, darunter die SoziologInnen
Eva Illouz und Moshe Zuckermann
sowie der Talmud-Gelehrte Daniel
Boyarin.
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„Abgesehen von dem persönlichen
und beruflichen Schaden, der
Prof. Mbembe zugefügt worden
ist, hat Herr Klein dem
dringenden Kampf gegen echten
Antisemitismus einen schlechten
Dienst erwiesen und die
Integrität seines öffentlichen
Amtes beeinträchtigt“, heißt es
in dem an Bundesinnenminister
Horst Seehofer gerichteten
Schreiben. In Mbembes
umstrittenen Passagen über die
NS-Zeit sehen sie weder eine
Verharmlosung des Holocausts
noch Antisemitismus.
Um Mbembe, der die
Eröffnungsrede der mittlerweile
abgesagten Ruhrtriennale halten
sollte, war eine Debatte
ausgebrochen, die durch Aussagen
Kleins angestoßen wurde. Der
Antisemitismusbeauftragte hatte
Mbembe im April vorgeworfen, das
Existenzrecht Israels infrage zu
stellen und den Holocaust zu
relativieren. Von der FAZ um
>>>
Solidaritätsbrief für Achille Mbembe„Vergleich bedeutet nicht Gleichsetzung“
Der Historiker und Politikwissenschaftler Achille Mbembe sei kein Antisemit, sagt der Erziehungswissenschaftler Micha Brumlik im Dlf. Mit anderen internationalen WissenschaftlerInnen hat er in einem Offenen Brief Solidarität mit dem kamerunischen Kollegen ausgedrückt.
Micha Brumlik im Gespräch mit Tanya Lieske - 4. 5. 2020
„In den Augen seiner Kritiker*innen bestand Mbembes Verfehlung unter anderem darin, politische und ideengeschichtliche Ähnlichkeiten seit der Sklaverei und Kontinuitäten zwischen Kolonialregimen und der NS-Ideologie herauszuarbeiten“, heißt es in dem Offenen Brief. Achille Mbembe habe „auf eine Gemeinsamkeit der NS-Politik mit der südafrikanischen Apartheid aufmerksam“ gemacht, dabei aber die Vernichtungspolitik der Nationalsozialisten nicht mit der Apartheid gleichgesetzt, wie behauptet worden sei.
Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler nähmen deshalb die „schwerwiegenden Vorwürfe“ gegen ihren Kollegen „mit Befremden zur Kenntnis.“ Unterzeichnet haben das Schreiben unter anderem Historikerinnen, Antisemitismusforscher, Soziologinnen, Afrikanologen, Ethnologinnen und Kulturwissenschaftler aus Israel, den USA, Deutschland, Großbritannien und Australien – darunter Aleida Assmann, Wolfgang Benz, Eva Illouz, Susan Neiman und Moshe Zimmermann.
Israels Recht auf Leben in Frieden
„Rassismus hat sowohl in Südafrika als auch im Nationalsozialismus geherrscht“ sagte im Deutschlandfunk Micha Brumlik, emeritierter Professor für Erziehungswissenschaften an der Johann-Wolfgang-Goethe-Universität Frankfurt. Weil Achille Mbembe das Vorwort zu einem amerikanischen Buch mit dem Titel „Apartheid Israel – The Politics of an Analogy“ verfasst habe, würden ihm nun – wegen angeblicher Gleichsetzung von Israel mit dem NS-Staat – die Verharmlosung des Holcaust und eine antisemitische Haltung vorgeworfen. „Im selben Text steht aber auch der Satz: ‚Israel hat das Recht, in Frieden zu leben‘“, so Brumlik. Ein Vergleich bedeute keine Gleichsetzung. >>>
Eine deutsche Debatte im Jahr 2020
Achille Mbembe sagt ein paar Wahrheiten über den kolonialistischen Hintergrund Israels und wird deshalb als „Antisemit“ dämonisiert
Arn Strohmeyer - 4.5.2020 Die Antisemitismus-Vorwürfe gegen den afrikanischen Philosophen Achille Mbembe haben auch eine positive Seite. Sie offenbaren, in welcher ideologischen Blase sich der Mainstream-Diskurs über den Nahost-Konflikt im politischen Deutschland befindet. Wenn es um Israel/Palästina geht, sind nur noch Fragen nach dem Existenzrecht Israels und nach der Relativierung des Holocaust erlaubt. Fallen die Antworten nach Meinung der Fragesteller unbefriedigend aus, beginnt die Antisemitismus-Kanonade und die hinterlässt dann nur noch verbrannte Erde. Dass solche Kampagnen dem eigentlichen Anliegen, dem Kampf gegen den wirklichen Antisemitismus, nur schaden können, scheint dann in der hysterisch aufgeladenen Stimmung schon kaum noch jemanden zu interessieren. Und dass dann wie jetzt im Fall Achille Mbembe auch noch die im Grundgesetz verbürgte Freiheit der Wissenschaft großen Schaden nimmt, wen interessiert das im Eifer des Gefechts?
Wenn man heute laut ausspricht oder schreibt, dass der Holocaust und der Antisemitismus-Vorwurf auch in perfider Weise instrumentalisiert werden, um die brutale Herrschaft Israels über ein ganzes Volk vor Kritik zu schützen, dann ist das auch gleich wieder schlimmer Antisemitismus. Und so dreht sich die Debatte im Kreis ohne die geringste Chance, einen Erkenntnis-Schritt weiter zu kommen. Von politischen Fortschritten und Verbesserungen für die am meisten unter dem gegenwärtigen Zustand Leidenden – die Palästinenser unter der nun schon über 50 Jahre andauernden Besatzung – ganz zu schweigen.
Insofern hat die Debatte um Achille Mbembe auch ihre guten Seiten offenbart. Der Israel-Palästina-Konflikt wird endlich einmal nicht unter dem ausschließlichen Aspekt Holocaust und Antisemitismus geführt, sondern auf seine Wurzeln zurückgeführt. Denn in der westlichen Welt hat man sich – dank der sehr erfolgreichen israelischen Propaganda – daran gewöhnt zu glauben, dass es den Konflikt erst seit dem Juni-Krieg 1967 und den damaligen israelischen Eroberungen gibt, also dem Beginn der Okkupation. Dass es diese Besatzung schon unter strengster Militärherrschaft nach der Nakba 1948 über die noch im jungen Staat Israel verbliebenen Palästinenser bis 1966 gab, wird meistens verschwiegen.
Die entscheidenden Probleme, die den Konflikt bis heute ausmachen, sind aber schon Jahrzehnte früher entstanden. Ohne ihre Kenntnis konnte sich aber der Eindruck verfestigen, dem Israel mit seiner Propaganda kräftig nachgeholfen hat, dass die Araber bzw. die Palästinenser allein an der Auseinandersetzung schuld seien, weil sie sich weigerten, die Feindschaft zu beenden, Israel als Staat anzuerkennen und damit Frieden zu schließen. Also auf der einen Seite die bösen und aggressiven Araber und auf der anderen die friedliebenden und unter der Bedrohung leidenden Israelis. Die wirklichen Ursachen des Konflikts gingen bei dieser Sichtweise völlig unter.
Es lohnt sich aber, den Blick etwas weiter in die Vergangenheit zu richten und auch die andere, die am meisten betroffene Seite zu Wort kommen zu lassen. Was besonders in Deutschland schwierig ist, da im offiziellen Diskurs nicht zwischen Judentum und Zionismus unterschieden wird, ja allein die Beschäftigung mit dem Zionismus schon den Verdacht nahelegt, ein Antizionist gleich Antisemit zu sein. Aber der Zionismus ist – unterschieden vom Judentum – eine historische Tatsache, an der kein Weg vorbeiführt, denn er ist bis heute die Staatsideologie Israels. Die Auseinandersetzung mit ihm ist unumgänglich zum Verständnis des Nahostkonflikts.
Deshalb ein Rückblick. Der Zionismus ist ohne die Theorie und Praxis des europäischen Imperialismus und des Kolonialismus im 19. Jahrhundert gar nicht denkbar. Der Imperialismus strebte die Unterwerfung anderer Länder und Völker sowie die Eingliederung in den eigenen Machtbereich an. Er rechtfertigte diese Eroberungen mit seinem höheren zivilisatorischen Standard und auch mit der rassischen Überlegenheit der Europäer. Schon die frühesten Rassentheoretiker grenzten die weiße Rasse „wissenschaftlich“ von den Völkern roter, gelber, brauner und schwarzer - mehr >>>
1. 5. 2020
Debatte
über den Denker Achille Mbembe:
Die andere Seite der Gleichung
Zur Diskussion über Achille
Mbembe und die Beziehung
zwischen Postkolonialismus und
Antisemitismus gehört der
kritische Blick auf den
Zionismus.
Die Debatte über den
afrikanischen Denker Achille
Mbembe berührt eine zentrale
Frage: Wie verhalten sich
Postkolonialismus und
Antisemitismus zueinander? Diese
Debatte lohnt, geführt zu
werden. Saba-Nur Cheema und
Meron Mendel haben in der taz
kritisiert, dass Mbembe und der
postkoloniale Diskurs die
Besonderheiten des
Antisemitismus im Vergleich zu
anderen Formen des Rassismus
ignoriert. Es ist richtig,
dieses Thema anzusprechen.
Doch in ihrer Kritik fehlt die
andere Seite der Gleichung – in
der deutschen Debatte über
Antisemitismus ist kein Platz
für die kolonialen Aspekte
Israels und des Zionismus. Und
so ist Cheemas und Mendels
Lesart des Antisemitismus
unbefriedigend, trotz ihrer
Sympathie für den postkolonialen
Diskurs. Sie begreifen den
Antisemitismus und Israel als
eine Geschichte, die isoliert
für sich steht. Eine seriöse,
wenn auch provozierende und mit
Affekten aufgeladene Debatte der
zentralen Fragen in Sachen
Israel und Palästina ist somit
kaum möglich. Deshalb verstehen
sie Mbembe falsch.
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Es war kein geringerer als Ze’ev
Jabotinsky, die charismatische
zionistische Leitfigur und der
Gründer der revisionistischen
Bewegung, der 1923 kühl die
kolonialen Aspekte des Zionismus
beschrieb. In dem Artikel „Die
eiserne Mauer“ erklärte er
seinem Publikum schonungslos,
warum die Palästinenser den
Zionismus gewaltsam ablehnten:
„Meine Leser haben eine
allgemeine Vorstellung von der
Geschichte der Kolonialisierung
in anderen Ländern. Ich schlage
vor, dass sie alle ihnen
bekannten Fälle betrachten und
prüfen, ob es einen einzigen
Fall gibt, in dem eine
Kolonisierung mit der Zustimmung
der einheimischen Bevölkerung
durchgeführt wurde. Diesen
Präzedenzfall gibt es nicht. Die
einheimische Bevölkerung hat
immer hartnäckig Widerstand
gegen Kolonisatoren geleistet.“
Haim Kaplan, ein
leidenschaftlicher Zionist aus
Warschau, beschrieb 1936 im
gleichen Geiste den sogenannten
Großen Arabischen Aufstand in
Palästina, wo zu jener Zeit
seine beiden Kinder lebten. Das
Gerede vom wieder aufgeflammten
arabischen Antisemitismus sei
bloß zionistische Propaganda,
stellte er fest. Denn aus ihrer
Perspektive hätten die Araber ja
recht: Der Zionismus vertreibe
sie aus ihrem Land und beginne
einen Krieg gegen sie. Kaplan
schrieb sein Tagebuch auch
während des Holocaust weiter. Es
ist einer der wichtigsten Texte
aus dem Warschauer Ghetto. Er
kam im August >>>
Aufrufe für
Achille Mbembe:"Kampagne"
Jörg Häntzschel - 1. 5.
2020
Wissenschaftler aus dem In- und
Ausland haben in einem Aufruf
Achille Mbembe gegen
Antisemitismus-Vorwürfe in
Schutz genommen. In einem
zweiten Schreiben fordern
jüdische Gelehrte und Künstler
Innenminister Seehofer in
scharfen Worten auf, den
Antisemitismusbeauftragten der
Bundesregierung, Felix Klein,
abzuberufen. (...)
Die Unterzeichner des ersten
Schreibens, darunter Jan und
Aleida Assmann, Wolfgang
Reinhard und Micha Brumlik,
kritisieren die "Kampagne" gegen
Mbembe und die "missbräuchliche
Verwendung des
Antisemitismusbegriffs". Die
Autoren des Briefs an Seehofer,
die großenteils an israelischen
und US-Universitäten lehren,
erklären, Kleins Versuch,
"Mbembe als Antisemiten
hinzustellen", sei "unbegründet,
unangemessen, anstößig und
schädlich". Klein habe "dem
dringenden Kampf gegen echten
Antisemitismus einen schlechten
Dienst erwiesen" und "der
akademischen Freiheit
geschadet". Für seine Aufgabe
sei Klein "unqualifiziert".
>>>
Hier zu lesen
>>>
29. 4. 2020
Aleida Assmann
und Susan Neiman zur Causa Mbembe
Die Welt reparieren,
ohne zu relativieren
Moderation: René Aguigah
- 26. 4. 2020
(...) Das Apartheidregime in
Südafrika und – in einer ganz
anderen Größenordnung und in
einem anderen Kontext – die
Vernichtung der europäischen
Juden sind zwei emblematische
Manifestationen dieses Trennungswahns.“
Relativiert Achille Mbembe damit
den Holocaust? Es sei „zumindest
missverständlich“, so kritisierte
der Antisemitismusbeauftragte
Felix Klein, wenn Mbembe das
Apartheidsystem in Südafrika
und den Genozid an Juden in
Europa unmittelbar hintereinander
erwähne und darauf hinweise,
„dass beides ‚emblematische
Manifestationen einer Trennungsfantasie‘
seien.“ Klein verstand das als
einen Hinweis auf gemeinsame
„ideologische Hintergründe“
und kam zu dem Schluss: „Für
mich sind diese Sätze auch als
Relativierung des Holocaust
zu deuten.“
Susan Neiman ist anderer Ansicht:
„Eine Relativierung? Nein, überhaupt
nicht.“ Allerdings könne sie
verstehen, dass man in Deutschland
„heutzutage allergisch darauf
reagiert, dass der Holocaust
mit irgendetwas anderem verglichen
wird.“ Schließlich hätten die
Nationalsozialisten selbst versucht,
„ihre Verbrechen zu entlasten,
indem sie zum Beispiel auf den
Genozid an den Native Americans
hingewiesen haben.“ Entscheidend
sei für sie deshalb immer die
Frage: „Wozu wird verglichen?“
Wenn der Vergleich auf Entlastung
von eigener Verantwortung abziele,
sei er „natürlich sehr fragwürdig“,
so Neiman. „Aber ein Vergleich
ist immer möglich, ohne dass
es gleich ein Relativieren ist.“
Holocaust als Teil der deutschen
Identität
In der wissenschaftlichen Auseinandersetzung
mit Geschichte hält Aleida Assmann
das „Instrument des Vergleichens“
für unverzichtbar. „Wir müssen
vergleichen können“, sagt Assmann,
„wir dürfen nicht gleichsetzen.“
Felix Klein machte in seiner
Kritik an Mbembe geltend, „die
Einzigartigkeit des Holocaust“
sei „auch ein wichtiges Narrativ
für die Erinnerungskultur in
Deutschland“. Klein berief sich
auf den ehemaligen Bundespräsidenten
Joachim Gauck: „Der Holocaust
und die Auseinandersetzung damit
gehören zur deutschen Identität.“
Inzwischen sei die deutsche
Erinnerungskultur, die in den
letzten Jahrzehnten aus dieser
Auseinandersetzung erwuchs,
zum Teil einer transnationalen
Erinnerungsgemeinschaft geworden,
sagt Aleida Assmann. Mit der
Internationalen Allianz zum
Holocaustgedenken (IHRA) hat
sie auch einen institutionellen
Rahmen gefunden. Die Einzigartigkeit
des Holocaust sei dort eine
allgemein geteilte Grundüberzeugung,
so Assmann. Fragen der historischen
Vergleichbarkeit stellten sich
heute jedoch schon vor dem Horizont
postkolonialer Perspektiven
neu. >>>
Michael Wolffsohn - ein
braver Verteidiger des Zionismus
und Israels,
geübt als Verleumder meldet
sich.
Mir scheint, er wandelt geistig
auf den Spuren von Henryk M.
Broder
Der
Israel-Vergleich von Achille
Mbembe bestätigt das verbreitete
antisemitisch-antizionistische
Muster der Linken
Michael Wolffsohn - 28.04.2020
Der in Johannesburg lehrende
Philosoph Achille Mbembe bezeichnet
Israel als «Labor» einer bevorstehenden
globalen Apartheid-Politik.
Die Ruhrtriennale, an der er
die Eröffnungsrede hätte halten
sollen, ist zwar abgesagt. Aber
die Problematik bleibt bestehen,
dass ein bestimmtes linkes Milieu
eine offene Judenfeinschaft
pflegt.
Michael Wolffsohn - 28.04.2020
Über Juden und Israel reden
oder schreiben fast alle mehr,
als sie wissen. Besonders Antisemiten
und Antizionisten. Rechtsextreme
und Muslime ebenso wie Linke
und Linksliberale (Li-Libs).
Dann werden gerne, wie es jüngst
in der «FAZ» der Fall war, jüdische
oder israelische Aussenseiter
als Schutzwall gegen den Antisemitismus-Vorwurf
benutzt. Zum Beispiel Judith
Butler und Noam Chomsky. Fairerweise
muss einschränkend erwähnt werden,
dass viele Li-Libs sich subjektiv
wirklich nicht als Antisemiten
oder Antizionisten wahrnehmen.
De facto sind sie es, weil sie
in der internationalen Politik-
und Kulturarena den Seinsgrund
der jüdischen und israelischen
Mehrheit unterminieren.
Näher erklärt sei, weshalb manche
Li-Libs (sowie über diese hinaus
weite Teile der pazifistisch
und bis zur Corona-Epidemie
universalistisch programmierten
westlichen Nachkriegsgesellschaften)
sich selbst subjektiv durchaus
nicht als Antisemiten/Antizionisten
wahrnehmen, es jedoch objektiv
– genauer: de facto – sind.
>>>
27. 5. 2020
Geplatzte
Ruhrtriennale: Vertrag von
Intendantin läuft aus
Die
umstrittene
Ruhrtriennale-Intendantin
Stefanie Carp wird wegen der
Corona-Pandemie ohne eine letzte
Spielzeit im Spätsommer von
ihrem Posten ausscheiden. Der
Vertrag laufe Ende September wie
geplant aus, sagte ein Sprecher
des nordrhein-westfälischen
Kulturministeriums auf Anfrage.
Zuvor hatte der Aufsichtsrat
trotz der Proteste der
Intendantin entschieden, das
Kulturfestival 2020 wegen der
Corona-Krise abzusagen. Carp
muss deshalb auf die letzte
ihrer drei Spielzeiten
verzichten.
Die Intendantin war zuletzt
erneut in die Kritik geraten,
weil sie mit Achille Mbembe
einen Redner für die Eröffnung
der Ruhrtriennale 2020
eingeladen hatte, der wegen
israelkritischer Ansichten in
der Kritik steht. Schon zwei
Jahre zuvor war Carp massiv
unter Beschuss geraten, weil sie
eine Band eingeladen hatte, die
der Bewegung BDS nahestehen
soll. Diese fordert unter
anderem den Boykott israelischer
Waren und wurde in einem
Beschluss des Bundestags als
antisemitisch eingestuft.
>>>
26. 5. 2010
Moshe Zuckermann zur Debatte um Mbembe„Antizionismus, Antisemitismus und Israelkritik sind drei Paar Schuhe“
Moshe Zuckermann im Gespräch mit Johannes Nichelmann
Die Vorwürfe wiegen schwer: Der renommierte Postkolonialismus-Theoretiker Achille Mbembe ein Antisemit? Der Historiker Moshe Zuckermann ist anderer Ansicht: Kritik am Staat Israel müsse auch in Deutschland möglich sein.
Dem kamerunischen Postkolonialismus-Theoretiker und Historiker Achille Mbembe wird von Felix Klein, dem Antisemitismusbeauftragten der Bundesregierung, vorgeworfen, den Holocaust zu relativieren und die vom Bundestag als antisemitisch eingestufte Kampagne „BDS“ zu unterstützen. Mbembe weist beides entschieden zurück.
Der israelische Historiker Moshe Zuckermann verteidigt Mbembe jetzt und meint, besagte Vorwürfe hätten weniger etwas mit Mbembe zu tun, als vielmehr mit „deutschen Befindlichkeiten“: In Deutschland habe man das Gedenken an den Holocaust und den Kampf gegen Antisemitismus „dermaßen verhunzt“, „dass man noch nicht begriffen hat, dass Israel, Zionismus und Judentum drei paar Schuhe sind. Was auch – negativ gewendet – heißt, dass Antizionismus, Antisemitismus, Israelkritik drei paar Schuhe sind.“
Wer bestimmt, wer Antisemit ist?
Kritik an Israel sei deswegen nicht gleichzeitig antisemitisch. Auch ein Vergleich des Umgangs Israels mit den Palästinensern mit dem Apartheidregime Südafrika hält Zuckermann für zulässig.
Es gehe nicht darum, ob Menschen wie Achille Mbembe oder er selbst Antisemiten seien, sagt Zuckermann, sondern um „die Tatsache, dass man wieder von Deutschland aus bestimmt, wer Jude ist und wer nicht Jude ist, und wer Antisemit ist und wer nicht Antisemit ist, und sich dabei gar nicht die Frage stellt: Was betreibt Israel, dass es dazu führt, dass es zu diesen Strategien und zu dieser Kritik kommt?“ >>>
25. 4. 2020
Das peinliche Eigentor
des Antisemitismus-Beauftragten
Felix Klein
Der afrikanische Philosoph Achille
Mbembe legt ein überzeugendes Bekenntnis
zum politischen Universalismus ab
und lässt seine Kritiker brillant
abblitzen
Arn Strohmeyer
Die deutschen
Antisemitismusjäger glaubten,
ein neues Opfer gefunden zu
haben: den aus Kamerun
stammenden Historiker und
Philosophen Achille Mbembe. Aber
der Schuss ging gründlich
daneben und geriet – in der
Fußballsprache gesagt – zum mehr
als peinlichen Eigentor. Denn
Mbembes Erwiderung auf die
Vorwürfe in der ZEIT stellte die
beiden Inquisitoren, den
nordrheinwestfälischen
FDP-Politiker Lorenz Deutsch und
den Antisemitismus-Beauftragten
Dr. Felix Klein, als das dar,
was sie in Wirklichkeit sind:
kleingeistige Dogmatiker, die
sich offensichtlich im Judentum
auch nur sehr begrenzt
auskennen. Was nicht verwundert,
wenn man Judentum, Zionismus und
Israel und umgekehrt
Antisemitismus, Antizionismus
und Kritik an der israelischen
Politik nicht auseinanderhalten
kann oder will.
Auch auf die Gefahr hin sich zu
wiederholen: Es ist kein
Geheimnis, dass sich das
Judentum in einer tiefen
existentiellen Krise befindet,
weil es in zwei große Richtungen
gespalten ist: die
Partikularisten und die
Universalisten. Erstere sind
heute die Anhänger des Zionismus
bzw. des radikalen israelischen
Nationalismus, auf der anderen
Seite stehen die Universalisten,
also die Vertreter von
Menschenrechten und Völkerrecht,
denen die Zionisten mit
Ablehnung bis Verachtung
begegnen.
Um zu belegen, dass das
Aufzeigen des Konflikts im
Judentum keine Erfindung von
Kritikern der israelischen
Politik ist, sei hier eine
Passage aus dem Buch Israel der
israelischen Soziologin Eva
Illouz angeführt, in der sie
genau diese schwärende Wunde des
Judentums aufzeigt: „Der Zweck
dieses Buches und der damit
verbundenen Entscheidung, den
akademischen Elfenbeinturm zu
verlassen, ist kein geringerer,
als Juden auf der ganzen Welt
den Spiegel vorzuhalten, um sie
an die Ideale zu erinnern, für
die sie in den letzten
zweihundert Jahren gekämpft
haben und die dafür sorgten,
dass ihre Gemeinschaften
gediehen. Diese Ideale und den
moralischen Kompass, den sie
boten, zu vergessen heißt, die
Geschichte der aufgeklärten
Juden der letzten zweihundert
Jahre zu verraten. Diese
Geschichte ist unvollendet,
solange die politischen
Institutionen und die Kultur
Israels nicht universalistische
Gebote umfassen, die die Geburt
aller modernen Demokratien
begleitet haben. Ein jüdischer
Staat, der nicht auf
universeller Gerechtigkeit
aufbaut, wird nicht auf die
zentrale Herausforderung
geantwortet haben, vor die die
Moderne das jüdische Volk
stellte, nämlich ihre Existenz
und ihre Identität unter
Einbeziehung der Forderungen des
Universalismus neu zu
definieren, statt diese von sich
zu weisen.“
Diese Sätze sagen deutlich, dass
deutsche
Antisemitismus-Beauftragte, die
Kritik an Israels Politik als
Antisemitismus diffamieren,
nicht die Aufklärung mit ihren
universalistischen Prinzipien
vertreten, sondern die
Interessen des israelischen
Ultra-Nationalismus. Achille
Membe ist, das betont er in
seiner Antwort auf die
Antisemitismusvorwürfe, sehr
deutlich, ein überzeugter
Universalist – und das reicht
dann aus, ihn zu verleugnen.
Schon die Überschrift, die er
für seinen Antwortartikel
benutzt, ist universell jüdisch:
„Die Welt reparieren“ (tikun
olam). Unter diesem Motto
betreibt Israel seine
Entwicklungspolitik in der
Dritten Welt, besonders in
Afrika. Es leistet dort
Aufbauhilfe vielerlei Art:
zivile und militärische, während
die Palästinenser in den
besetzten Gebieten (besonders im
Gazastreifen) nicht das Nötigste
zum Überleben bekommen. Aber die
Dritte Welt ist für Israel ein
wichtiger Handelspartner und
Abnehmer von Waffen und
Sicherheitstechnik. Und
natürlich sollen die
Dritte-Welt-Staaten in der UNO
für Israel und nicht für die
Rechte der Palästinenser
stimmen. In diesem Sinn hat
Achille Mbembe die Überschrift
seines Artikels „Die Welt
reparieren“ aber sicher nicht
verstanden.
Er schreibt dazu erklärend ganz
im Sinn des Universalismus: „Ich
widme meine gesamte
intellektuelle Energie der Frage
nach der Reparatur und
Reparation der Welt. Alles, was
ich je geschrieben oder gesagt
habe, ruht auf einem einzigen
Element, nämlich der Hoffnung
auf der Herausbildung einer
wirklich universellen
menschlichen Gemeinschaft, von
deren Tisch niemand
ausgeschlossen wird.“
Die Ausgangspunkte seiner
Gedanken sind die in Europa in
den vergangenen Jahrhunderten
entwickelten kolonialistischen
und rassistischen Bewegungen,
die dann über die Weltmeere
exportiert wurden und in den
Kolonien der europäischen Mächte
zu furchtbaren Massenverbrechen
geführt haben. Mbembe weiß als
Afrikaner, wovon er redet. Wenn
er von der Utopie der
„universellen Versöhnung“ und
dem „kollektiven Aufstieg des
Menschseins“ spricht, bezieht er
sich ausdrücklich auch auf
jüdische – universell
ausgerichtete – Denker wie
Hermann Cohen, Franz Rosenzeig,
Ernst Bloch und Emmanuel
Levinas.
Und da der aus Europa kommende
Kolonialismus und Rassismus in
seinem Denken eine so wichtige
Rolle spielt, muss er sich auch
notgedrungen mit der Geschichte
und den Vorgängen in
Israel/Palästina beschäftigen,
denn der Zionismus ist die
letzte (nach-) kolonialistische
Bewegung auf der Welt und gerade
deshalb so anachronistisch. >>>
Jerusalem
Post Diaspora Antisemitism -
German Jewish head opposes BDS
speaker, wants anti-Israel
director fired - Schuster
criticized Mbembe’s writings
which argue that Israel’s
interactions with the
Palestinians in the context of
the Palestinian-Israeli conflict
is worse than the Holocaust.
- Benjamin Weinthal - 25,
2020
The president of the Germany’s
105,000 member Central Council
of Jews called on Saturday for
the dismissal of Stefanie Carp,
the anti-Israel director of the
Ruhrtriennale music and cultural
festival, who passionately
defended a South African-based
academic who supports the
“global isolation” of the Jewish
state as the opening speaker for
the now cancelled event.
The Jerusalem Post sent a press
query to Josef Schuster, the
head of the Central Council,
this week. He said "I have no
understanding for the invitation
of Achille Mbembe as opening
speaker of the Ruhrtriennale -
even if the event has now been
cancelled due to corona,”
according to a report in the
Neuen Osnabrücker Zeitung
Schuster called on the
festival’s organization to fire
Stefanie Carp, the director of
Ruhrtriennale, who has invited
Boycott, Divestment, Sanctions
speakers over the years to the
festival to bash Israel.
Schuster said Mbembe propagates
the view that Israel’s conduct
is worse than the former
apartheid regime in South Africa.
Schuster said that is
historically false and
unacceptable.
Schuster also criticized
Mbembe’s writings because they
argue that Israel’s interaction
with the Palestinians in the
context of the
Palestinian-Israeli conflict is
worse than the Holocaust. "With
that he [Mbembe] disqualifies
himself." said Schuster, adding
"I wonder what the director was
thinking when she invited him.
Apparently, her attitude has not
changed at all." Schuster said
"I can no longer understand that
she continues to be director of
the Ruhrtriennale, and I appeal
to those responsible to finally
draw the necessary conclusions."
>>>
Dokumentation - Benjamin
Weinthal - Deutschland
Korrespondent der "Jerusalem
Post" >>>
Zentralrat der
Juden fordert Absetzung von
Intendantin der Ruhrtriennale
25.04.2020
Der Zentralrat der Juden in
Deutschland kritisiert die
Intendantin der Ruhrtriennale,
Stefanie Carb, scharf. Der
"Neuen Osnabrücker Zeitung"
sagte Zentralratspräsident Josef
Schuster: "Ich habe keinerlei
Verständnis für die Einladung
von Achille Mbembe als
Eröffnungsreferent der
Ruhrtriennale - auch wenn die
Veranstaltung wegen Corona
mittlerweile abgesagt ist."
Mbembe vertrete die Auffassung,
Israel verhalte sich heute
schlimmer als Südafrika zur Zeit
der Apartheid. "Das ist
historisch falsch und nicht zu
akzeptieren. Damit unterstützt
er indirekt die BDS-Bewegung",
sagte Schuster. Zudem läsen sich
einige Stellen in seinen
Schriften so, als betrachte der
Historiker den Umgang Israels
mit den Palästinensern in
gewisser Weise als schlimmer als
die Schoah. "Damit
disqualifiziert er sich", so
Schuster.
"Ich frage mich, was sich die
Intendantin bei seiner Einladung
gedacht hat." Schon vor zwei
Jahren war Stefanie Carb in die
Kritik geraten. Damals hatte sie
eine BDS-nahe Band eingeladen.
"Sie hat sich offensichtlich in
ihrer Einstellung überhaupt
nicht geändert", kritisiert der
Zentralratspräsident. "Ich kann
nicht mehr nachvollziehen, dass
sie weiterhin Intendantin der
Ruhrtriennale ist, und
appelliere an die
Verantwortlichen, endlich die
notwendige Konsequenz zu
ziehen." >>>
|
Spiegelbilder und
Geisterdebatten
Reiner Bernstein -
April 25, 2020
Nur gut, dass es den
Corona-Virus gibt… Da genießen
die einen die Wiederkunft ihrer
Weltverschwörungstheorien,
wonach die Geflüchteten für das
Unheil in aller Welt
verantwortlich seien. Die
anderen richten sich in der
Sonne von
Antisemitismus-Verdächtigungen
ein, die bürgerliche Existenzen
in Grund und Boden ruinieren
sollen. Ein Glück also, dass
sich die Verantwortlichen in
Düsseldorf hinter Covid-19 mit
der Absage der diesjährigen
Ruhrtriennale verstecken
konnten, um der Gefahr zu
entgehen, kriminalisierende
Belege gegen Achille Bmembe zu
erbringen, anscheinend reichten
„Zweifel“ aus. Ist er ein
törichter Intellektueller, auf
den es mehr oder weniger nicht
ankomme, wie die FAZ glaubte,
vermitteln zu müssen? Nebenbei
wird in den Anwürfen der Argwohn
gleich mittransportiert, die
Stifter zahlreicher
Auszeichnungen des
Wissenschaftlers seien wohl auch
Antisemiten.
Seit zwei Wochen geistert die
Diskussion durch unsere Medien,
ob der in Kamerun geborene
Politologe und Philosoph
Antisemit sei. Ihm werden die
Zugehörigkeit oder zumindest
Sympathien für die BDS-Kampagnen
vorgehalten, als ob das
Verlangen nach Mindeststandards
der Rechtsgleichheit für die
Palästinenser in Israel und in
den besetzten Gebieten ein
Verbrechen sei. Da hilft es
nicht, dass Mbembe sich in einem
Lernprozess von BDS distanziert
hat. Dem eigenen Lernprozess in
Sachen Israel müssen sich seine
Gegner nicht stellen, oder? Es
ist an der Zeit, vor der
Befassung mit BDS die
israelischen
Interaktionsprozesse in den
besetzten Gebieten in
Augenschein zu nehmen und die
Naivität über Bord zu werfen.
Es passt wie die Faust aufs
Auge, dass im deutschen
protestantischen Establishment
erneut die These bei den
Kirchengemeinden vertreten wird,
die Gründung des Staates Israel
sei „ein Zeichen der Treue
Gottes zu Seinem Volk“. Von der
theologischen Übergriffigkeit
abgesehen: Wer muss sich da
>>>
Brillanter Denker
im Zentrum einer
Antisemitismus-Debatte.
Jörg
Häntzschel - 24. April 2020
Neulich bekam der in
Johannesburg lebende Historiker
und Politologe Achille Mbembe
eine Nachricht, die ihn
sprachlos machte. Er werde, hieß
es darin, in Deutschland des
Antisemitismus beschuldigt. Der
FDP-Politiker Lorenz Deutsch
wollte in Mbembes Schriften
Hinweise darauf gefunden haben.
Der Antisemitismusbeauftragte
der Bundesregierung, Felix
Klein, schloss sich an. Beide
empörten sich darüber, dass
Mbembe den Eröffnungsvortrag der
Ruhrtriennale halten sollte und
forderten, ihn auszuladen. >>>
24. 4. 2020
Achille Mbembe
bei der Verleihung des
Geschwister-Scholl-Preises 2015.
(Foto: Heike Huslage-Koch, CC
BY-SA 4.0)
Neokoloniales
Denken
Die Angriffe gegen Achille
Mbembe im Namen der
Antisemitismus-Bekämpfung sind
im wahrsten Sinne ver-rückt.
Katja Maurer
Sprechpositionen, die
eigentlich die eigene koloniale
und antisemitische Geschichte
reflektieren sollten, sind
unversehens zu
Wahrheitspositionen geworden.
Der Antisemitismusbeauftragte
der Bundesregierung verbietet
einem der bedeutendsten
Theoretiker des
Postkolonialismus das Wort.
Verleumdung statt einer
notwendigen Debatte?
Der Antisemitismus-Beauftragte
der Bundesregierung Klein hat
den kamerunischen Philosophen
Achille Mbembe des
Antisemitismus beschuldigt und
verlangt, dass er die
Ruhrtriennale 2020 nicht
eröffnen dürfe. Ganz abgesehen
davon, dass das Kulturfestival
mittlerweile abgesagt ist,
sollen also seine „Reflections
on Planetary Living“
inkriminiert werden. Geplant
war, dass Achille Mbembe sein
„Konzept des Reparierens unseres
Planeten und unserer
Gesellschaften“ beschreibt, und
das was er das „planetarisches
Leben“ nennt.
Das würde man in Corona-Zeiten
gerne hören und lesen. Dieses
Konzept der Reparatur findet
sich im Übrigen nicht nur bei
Achille Mbembe. 2016 zeigte das
Frankfurter Museum für Moderne
Kunst die Arbeiten des
algerisch-französischen
Künstlers Kader Attia, der zur
Zeit in Berlin und Algier lebt,
und seine Erfahrungen in
verschiedenen Kulturen und ihre
jeweilige traumatische Historie
in ein ästhetisches Konzept von
Sichtbarmachen und sichtbarem
Reparieren der Wunden übersetzt
hat. Seine Ausstellung in
Frankfurt begann mit dem
begehbaren Nachbau eines kurzen
Straßenstücks in der Altstadt
von Hebron, in dem die
verrammelten Läden
palästinensischer
Betreiber*innen rundherum und
auch von oben eingezäunt sind,
um die besonders radikalen
jüdischen Siedler von den
Palästinenser*innen zu trennen.
Die Siedler*innen werfen als
Zeichen der Missachtung und des
Hohns regelmäßig Müll auf das
Dach aus Zaun; Müll, den die
Palästinenser*innen nicht
beseitigen können. 2016 gab es
noch keinen
Antisemitismusbeauftragten. Der
hätte vielleicht auch Kader
Attia des Antisemitismus
beschuldigt.
Vergleichen heißt nicht
gleichsetzen
Mit Achille Mbembe soll nun
einer der wichtigsten Denker des
Postkolonialismus, der nicht nur
Frantz Fanon und Aimé Césaire in
sein Denken integriert, sondern
auch europäische und nicht
zuletzt jüdische Philosoph*innen
von Spinoza bis Hannah Arendt,
mundtot gemacht werden. Der
Grund besteht in seiner Kritik
gegenüber der israelischen
Besatzungs- und
Siedlungspolitik, die er sich in
seinem Buch „Politik der
Feindschaft“ mit analytischer
Schärfe vornimmt und bei der er
auch Vergleiche mit dem
südafrikanischen Apartheidsystem
nicht scheut. Vergleichen ist
aber bekanntlich nicht
gleichsetzen. Mbembe kommt in
seiner Beschäftigung zum
Schluss, dass die „Metapher
Apartheid“ nicht tauge – was
seine Kritik nicht weniger
scharf macht.
Das Problem: Mit dem
BDS-Beschluss des Bundestages
steht Kritik an Israel generell
unter dem Anfangsverdacht des
Antisemitismus. Die Singularität
der Shoa, die im industriell und
bürokratisch organisierten
Massenmord ihre Einzigartigkeit
besitzt, auf Israel auszuweiten
und damit all seine
Herrschaftspraktiken über die
Palästinenser*innen zu
legitimieren, entlässt
allerdings Israel aus den Regeln
des Völkerrechts, so
unvollständig und ambivalent sie
sein mögen. Das Recht des
Stärkeren wird aus der
Bedrohungsannahme begründet. Das
aber ist mitnichten eine
Besonderheit der israelischen
Variante des Otherings. „Den
Kern der aktuellen
Trennungsprojekte bildet also
die Vernichtungsangst“, schreibt
Mbembe 2017 mit Bezug auf den
Aufschwung rechter und
neofaschistischer Bewegungen in
Europa, die sich seit der großen
Bewegung der Geflüchteten in
Rassismus- und Abweisungsideen
ergießen. Sie können sich dabei
auf den Diskurs der rechten
Regierung in Israel stützen.
Kein Wunder, dass die AfD beim
BDS-Beschluss des Bundestages
die schärfsten Formulierungen
wählte und gleich noch jede
humanitär Unterstützung in den
palästinensischen Gebieten
verbieten wollte.
>>>
22. 4. 2020
Gespräch -
Antisemitismus-Vorwürfe gegen
Achille Mbembe:
„Anzeichen einer Hexenjagd“
Der Historiker
Prof. Andreas Eckert sieht in
den Antisemitismus-Vorwürfen
gegen den
Postkolonialismus-Forscher
Achille Mbembe „gewisse
Anzeichen einer Hexenjagd“. Im
Gespräch mit SWR2 sagte Eckert,
die umstrittenen Textpassagen
Mbembes würden die Vorwürfe
nicht rechtfertigen. In seinen
Schriften habe Mbembe deutlich
gemacht, dass der Holocaust eine
andere Dimension darstelle als
das Apartheidsystem, so Eckert.
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MP3)
Zuvor hatte Felix Klein, der
Antisemitismusbeauftragte der
Bundesregierung, Teile von
Mbembes Buch „Politik der
Feindschaft“ kritisiert. Mbembe
selbst hat die Vorwürfe
ebenfalls zurückgewiesen.
Der Politikwissenschaftler
Mbembe sollte die Ruhrtriennale
2020 mit einer Rede eröffnen. Am
22. April wurde bekannt gegeben,
dass das Festival wegen der
Corona-Pandemie abgesagt ist.
aus der Sendung vom Mi,
22.4.2020 18:40 Uhr, SWR2 Kultur
aktuell, SWR2
21. 4. 2020
Die Causa Achille
Mbembe
Schwere Vorwürfe und Streit um
einige Textpassagen
René Aguigah im Gespräch
mit Felix Klein und Andrea Gerk
- 21- 4- 2020
(...)
Wir
haben im
Programm
schon
gestern
darüber
berichtet,
wollen
aber
noch mal
genauer
hinschauen.
Mein
Kollege
René
Aguigah
hat mit
Felix
Klein
gesprochen.
Was
wirft er
denn
Mbembe
genau
vor?
René
Aguigah:
Ich habe
gestern
die
Gelegenheit
gehabt,
eine
knappe
halbe
Stunde
zu
telefonieren,
und ein
paar
Ausschnitte
wollen
wir
hören.
Da hat
er mir
seine
Vorwürfe
genauer
erläutert.
Vielleicht
hören
wir
direkt
mal
rein:
Die
Einzigartigkeit
des
Holocaust
als
deutsches
Narrativ
Felix
Klein:
Herr
Mbembe
ist ein
sehr
bedeutender
Philosoph
Afrikas,
und von
ihm
erwarte
ich,
dass er,
wenn er
Stellung
nimmt zu
den
Themen
Holocaust,
Völkermord,
Apartheid,
da auch
genau
formuliert.
Die
Sätze,
die er
in
seinem
Aufsatz
„Politik
der
Feindschaft“
äußert,
sind
zumindest
missverständlich,
wenn er
das
Apartheidssystem
in
Südafrika
und die
Zerstörung
von
Juden in
Europa
unmittelbar
hintereinander
erwähnt
und auf
die
ideologischen
Hintergründe
hinweist,
dass
beides
„emblematische
Manifestationen
einer
Trennungsfantasie“
seien.
Aguigah:
Das
Letzte
war
jetzt
ein
Zitat,
Felix
Klein
zitiert
hier
Achille
Mbembe.
Diese
Debatte
hat den
äußeren
Anlass,
dass
Mbembe
eingeladen
worden
ist zu
einem
Eröffnungsvortrag
bei der
Ruhrtriennale
im
August.
In einem
umfangreichen
Buch
namens
"Politik
der
Feindschaft"
wurden
dann
zwei,
drei
Stellen
gefunden,
an denen
sich
diese
Debatte
entzündet,
eine hat
er
gerade
zitiert,
diese
Sache
mit der
„emblematische
Manifestation
einer
Trennungsfantasie“,
auf die
Mbembe
eben
nicht
nur den
Holocaust
bezieht.
Was
Felix
Klein
als
Kritiker
von
Mbembe
darin
sieht,
ist die
Relativierung
des
Holocaust,
und das
hören
wir uns
auch
genauer
an.
Klein:
Das
heißt,
die
Einzigartigkeit
des
Holocaust,
die auch
ein
wichtiges
Narrativ
ist für
die
Erinnerungskultur
in
Deutschland,
auch für
die
Gründung
der
Bundesrepublik
Deutschland,
so wie
es
Joachim
Gauck ja
mal
formuliert
hat: Der
Holocaust
und die
Auseinandersetzung
damit
gehören
zur
deutschen
Identität.
Wenn
also
Herr
Mbembe
als
ausländischer
Wissenschaftler
in so
eine
Debatte
eingreift
und auch
missverständliche
Sätze
formuliert,
dann
muss er
das
klarstellen.
Für mich
sind
diese
Sätze
auch als
Relativierung
des
Holocaust
zu
deuten,
und in
meiner
Eigenschaft
als
Antisemitismusbeauftragter
fühle
ich mich
berufen,
in so
eine
Debatte
einzugreifen
und dann
auch
meine
Sorge
zum
Ausdruck
zu
bringen,
dass das
hier
missverstanden
werden
kann.
Deswegen
habe ich
mich zu
Wort
gemeldet,
und die
Auseinandersetzung,
die
jetzt
geführt
wird,
halte
ich für
sehr
richtig.
Aguigah:
Hier
finde
ich
interessant,
dass
Felix
Klein,
der
Beauftragte
für den
Kampf
gegen
den
Antisemitismus
in
Deutschland,
als Kern
seines
Anliegens
anführt,
dass er
einen
Grundsatz
der
Bundesrepublik
– die
deutsche
Erinnerungskultur
und
Identität
–
bedroht
sieht.
Er
spitzt
den
Vorwurf
dann
sogar
noch
weiter
zu:
nicht
nur
Relativierung
des
Holocaust,
sondern
Gleichsetzung.
Apartheid
und
Holocaust
nicht
gleichsetzen
Klein:
Ich
glaube,
dass es
etwas
völlig
Unterschiedliches
ist,
diese
Separationsfantasien.
Ob man
durch
einen
Zaun
Wohngebiete
trennt
oder
Nationen
durch
eine
Mauer
oder ein
Vernichtungslager
von der
restlichen
Bevölkerung,
das ist
doch
grundsätzlich
etwas
Anderes.
Die
völkische
Ideologie
der
Nazis
gleichzusetzen
mit dem
System
der
Apartheid
halte
ich
wirklich
für
problematisch,
weil
dieser
allumfassende
Zerstörungs-
und
Rassenwahn
der
Nazis in
die
systematische
und
industrielle
Vernichtung
von
Menschen
geführt
hat. Das
halte
ich
auch,
wenn ich
die
südafrikanische
Perspektive
oder
kamerunische
Perspektive
von
Herrn
Mbembe
miteinbeziehe,
wirklich
für
problematisch,
zumal er
auch,
wenn er
sich
auch auf
Israel
bezieht,
die
Situation,
in der
Israel
sich
befindet,
zu sehr
gleichsetzt
mit dem,
was in
Südafrika
war.
Aguigah:
Vielleicht
noch mal
kurz zur
Übersicht
– es
geht um
drei
große
Komplexe,
die da
eine
Rolle
spielen:
Apartheid
in
Südafrika,
Holocaust
und der
Staat
Israel,
die
Besatzungspolitik
Israels.
Nach
Ansicht
der
Kritiker,
von
denen
Felix
Klein
einer
ist,
vermengt
Achille
Mbembe
das
alles zu
sehr,
wirft
alles in
einen
Topf.
Wir
hören
noch
einen
letzten
O-Ton
von
Felix
Klein,
in dem
er noch
mal auf
die
vermeintliche
oder
angebliche
Bestreitung
des
Existenzrechts
Israels
eingeht:
>>>
20. 4. 2020
Deutsche
Zensurkampagne
richtet
sich
gegen
Wissenschaftlerin
über BDS
und
erhebt
"Antisemitismus"-Anklage
Jonathan Ofir - 20. April 2020 - Übersetzt mit DeepL
Deutschland
ist nun
berüchtigt
dafür,
den
Vorwurf
des
Antisemitismus
zur
Waffe zu
erheben,
um die
Solidarität
mit
Palästina
zum
Schweigen
zu
bringen,
und
bezeichnet
BDS -
die
friedliche
Boykott-,
Entflechtungs-
und
Sanktionsbewegung
gegen
israelische
Übergriffe
- als
von
Natur
aus
antisemitisch.
Im Mai
letzten
Jahres
hat der
Deutsche
Bundestag
eine
Resolution
verabschiedet,
in der
der BDS
als
"antisemitisch"
verurteilt
und
"Israel"
und
"Juden"
schlicht
und
einfach
mit
"Israel"
verschmolzen
und
damit
der BDS
mit dem
Judenboykott
der
Nazis in
Verbindung
gebracht
wurde.
Nun gibt
es also
einen
ganzen
Wirbel
um den
renommierten
Professor
Achille
Mbembe,
der für
einen
Vortrag
bei der
Ruhrtriennale
in
Nordrhein-Westfalen
gebucht
ist.
Mbembe
ist für
die
Eröffnungsrede
am 14.
August
mit dem
Titel
"Reflexionen
über das
planetarische
Leben"
gebucht.
Er hat
BDS
unterstützt
und
Vergleiche
zwischen
der
südafrikanischen
Apartheid
und der
Unterdrückung
der
Palästinenser
angestellt.
Mbembe
ist ein
in
Kamerun
geborener,
in
Südafrika
lebender
Historiker,
der auf
der
ganzen
Welt
Vorträge
hält und
von der
South
African
National
Research
Foundation
mit A1
bewertet
wird. Er
ist
Mitglied
der
American
Academy
of Arts
and
Sciences.
Die
Angriffe
gegen
Mbembe
scheinen
von
Lorenz
Deutsch,
einem
Lokalpolitiker
der FDP
(Liberale
Partei),
durch
einen
Brief
initiiert
worden
zu sein,
der von
Dr.
Felix
Klein,
dem
"Beauftragten
der
Bundesregierung
für
jüdisches
Leben
und
gegen
Antisemitismus",
weitergeleitet
und
gefördert
wurde.
Deutsch
hebt in
seinem
Brief
Zitate
aus
Mbembes
Schreiben
hervor,
die
seinen
Antisemitismus
belegen
sollen,
und was
die
lokale
wie auch
die
israelische
Presse
als
"Holocaust-Benachteiligung"
und
"Holocaust-Relativierung"
ausgeheckt
haben.
Hier
sind die
kritischen
Mbembe-Zitate:
Darüber
hinaus
sind die
Auswirkungen
des
israelischen
Projekts
auf den
palästinensischen
Körper
angesichts
seines "Hi-Tech"-Charakters
viel
gewaltiger
als die
relativ
primitiven
Operationen,
die das
Apartheidregime
in
Südafrika
zwischen
1948 und
den
frühen
1980er
Jahren
durchgeführt
hat. Das
Apartheidsystem
in
Südafrika
und die
Vernichtung
der
Juden in
Europa -
letzteres
allerdings
auf
extreme
Weise
und in
einem
ganz
anderen
Rahmen -
stellten
zwei
emblematische
Manifestationen
dieser
Trennungsphantasie
dar.
Wie
gelangt
man nun
von hier
aus zum
Antisemitismus,
zur
Relativierung
des
Holocaust
oder zur
Trivialisierung
des
Holocaust?
Selbst
in
dieser
klinischen
Isolation
sind die
Zitate
recht
logisch
aufgebaut,
und das
letztgenannte
Zitat
ist
sogar
entscheidend
für die
Unterscheidung
des
Holocaust
von der
südafrikanischen
Apartheid.
Der
Schlüssel
zur
Anklage
gegen
Mbembe
liegt in
der
berüchtigten
"Definition"
von
Antisemitismus
durch
die
International
Holocaust
Remembrance
Alliance,
die
international
als
Waffe
eingesetzt
wurde,
um die
Kritik
an
Israel
zu
unterdrücken..
Die vage
und
ungeschickte
Definition
liefert
eine
Liste
von 11
Beispielen
antisemitischer
Äußerungen,
von
denen
sieben
mit
Israel
in
Verbindung
stehen.
Unter
diesen
Beispielen
sind:
Verweigerung
des
Selbstbestimmungsrechts
des
jüdischen
Volkes,
z.B.
durch
die
Behauptung,
die
Existenz
eines
Staates
Israel
sei ein
rassistisches
Unterfangen
Beschuldigung
der
Juden
als Volk
oder
Israels
als
Staat,
den
Holocaust
erfunden
oder
übertrieben
zu
haben.
Diese
beiden
Beispiele
scheinen
nahe an
die
Anschuldigungen
gegen
Mbembe
heranzukommen,
obwohl
sie
ohnehin
nicht
wirklich
zu ihnen
passen.
Diese
"Definition"
soll
ohnehin
nicht
perfekt
passen -
es geht
darum,
sich für
eine
allgemeine
Kampagne
der
Verunglimpfung
des BDS
und der
Kritik
an
Israel
im
Allgemeinen
zu
öffnen,
wie es
vielerorts
der Fall
war, wie
in den
USA und
Großbritannien,
wo die
Definition
in
letzterem
Land ein
wichtiger
Aktivposten
in der
Kampagne
gegen
Jeremy
Corbyn
war.
Die
Angriffe
gegen
Mbembe
scheinen
mehrere
Kanäle
zu haben
- von
den
lokalen
Politikern
und
konservativen
jüdischen
Führern
bis hin
zur
Jerusalem
Post.
"Deutscher
Kulturfestival-Direktor
wegen
BDS-Antisemitismus
zur
Entlassung
gedrängt",
so
lautet
der
Titel
des
jüngsten
in einer
Reihe
von
Artikeln
von
Benjamin
Weinthal
in der
Jerusalem
Post,
einem
Journalisten,
für den
solche
Hexenjagden
ein
Lieblingsprojekt
zu sein
scheinen.
Weinthals
Ziel ist
auch die
Leiterin
des
Festivals,
Stefanie
Carp. Er
zitiert
zustimmend
einen
deutschen
Beamten,
der
sagt,
sie
solle
entlassen
werden,
weil sie
Mbembe
gebucht
habe.
Beachten
Sie auch
die
Paarung
"BDS-Antisemitismus".
Das ist
eine
sprachliche
Gesamtverschmelzung,
die
absolut
keinen
Raum
fuer die
Moeglichkeit
laesst,
dass der
BDS
tatsaechlich
eine
Bewegung
ist, die
sich mit
Menschenrechten
befasst.
Nein, es
ist
einfach
eine
Unterform
des
Antisemitismus,
und das
steht
außer
Diskussion.
Weinthal
zitiert
Uwe
Becker,
den
"Beauftragten
der
Hessischen
Landesregierung
für
jüdisches
Leben
und den
Kampf
gegen
den
Antisemitismus
in
Deutschland",
der
genau
dieselbe
Verschmelzung
vornimmt:
Wieder
einmal
setzt
die
Leiterin
der
Ruhrtriennale
Stefanie
Carp
einen
anti-israelischen
Akzent
und
inszeniert
die
Diffamierung
des
jüdischen
Staates
unter
dem
Deckmantel
der
Kunst-
und
Meinungsfreiheit...
Offensichtlich
hat Frau
Carp
nicht
nur ein
Problem
mit
Israel,
sondern
bietet
dem
israelbezogenen
Antisemitismus
bewusst
eine
große
Plattform.
Wieder
einmal
missbraucht
sie den
Rahmen
eines
öffentlich
finanzierten
Festivals
für
antisemitische
Feindbilder
gegenüber
Israel.
Dabei
spielt
es keine
Rolle,
dass
Carp
bestätigt
hat,
dass
Mbembe
in
seiner
Festival-Rede
"sich
nicht
mit
Israel
und dem
Nahost-Konflikt
befassen
wird".
Seine
Positionen
sind
anscheinend
jenseits
des
Erlaubten,
und Carp
muss
gefeuert
werden,
weil sie
überhaupt
in
Erwägung
zieht,
ihn über
irgendetwas
sprechen
zu
lassen.
Weinthal
weist
auf
Mbembes
Kardinalssünde
hin:
Dass er
in einem
Vorwort
zu einem
Buch aus
dem Jahr
2015 mit
dem
Titel
"Apartheid
Israel:
The
Politics
of an
Analogy"
schrieb
Mbembe,
dass
"die
Zeit für
eine
globale
Isolation"
Israels
gekommen
sei.
Es ist
ein
echtes
Problem,
wenn
diese
Zusammenschlüsse
von
Israel
und
allen
Juden
vollzogen
werden -
und man
kann
nicht
über die
israelische
Apartheid
sprechen,
ohne sie
als
einen
inhärenten
Hass auf
alle
Juden zu
betrachten.
Sogar
Juden
werden
für
diese
Dinge
angegriffen.
Im
vergangenen
Jahr
erhielt
die
Deutsch-Jüdische
Stimme
für
einen
gerechten
Frieden
im Nahen
Osten
einen
Friedenspreis
der
Stadt
Göttingen,
den
Israel-Apologeten
mit dem
Hinweis
auf die
"falsche
Art von
Juden"
gestrichen
haben
wollten.
Im Jahr
2016
wurde
nach
einer
Aufklärungskampagne
der
israelischen
Regierung
und
ihrer
lokalen
Unterstützer
das
Bankkonto
der
Organisation
geschlossen.
Dies war
in der
Tat das
erste
Mal nach
dem
Zweiten
Weltkrieg,
dass ein
Konto
einer
jüdischen
Organisation
in
Deutschland
geschlossen
wurde.
Es wurde
ihnen
ausdrücklich
erklärt,
dass
dies aus
politischen
Gründen
geschah
- wenn
sie ihre
Unterstützung
für den
BDS
zurückziehen
würden,
könnten
sie das
Konto
wieder
eröffnen.
Erst
nach
einer
massiven
Protestaktion
wurde
ihnen
erlaubt,
das
Konto
wieder
zu
eröffnen.
Deutschland
wendet
in
dieser
Hinsicht
eine
staatlich
geförderte
Zensur
auf
Steroide
an. Die
Holocaustschuld,
die von
israelischen
Diplomaten
aktiv
und
zugegebenermaßen
gefördert
wird,
dient
als
zentraler
emotionaler
Kern für
diese
Zensur,
die
Israel
vor
Kritik
und
Verurteilung
schützen
soll,
indem
sie
jeden,
der
jemals
über
seinen
Rassismus
gesprochen
hat,
selbst
als
Rassist
befleckt.
Quelle
Antisemitismusvorwürfe
gegen
Mbembe:"
Sehr
viel
Fantasie"
Der
Antisemitismusbeauftragte
des
Bundes
wirft
dem
Historiker
Achille
Mbembe
vor, den
Holocaust
relativiert
zu
haben.
Die
Angriffe
scheinen
allerdings
gegen
jemand
anderen
gerichtet.
Jörg
Häntzschel
- 20.
4.2020
(...)
Wäre er
tatsächlich
Antisemit,
hätte
das
längst
auffallen
müssen:
als er
im
letzten
Jahr als
Gastprofessor
in Köln
lehrte,
als er
den
Ernst-Bloch-
und den
Gerda-Henkel-Preis
erhielt
(die
Laudatio
hielt
die
Staatsministerin
Michelle
Müntefering),
bei den
"Berliner
Korrespondenzen",
veranstaltet
von
Humboldt-Universität,
Gorki-Theater
und
Auswärtigem
Amt,
oder als
er 2015
mit dem
nach den
Widerstandskämpfern
der
Weißen
Rose
benannten
Geschwister-Scholl-Preis
ausgezeichnet
wurde.
Mbembe
zeigt
sich in
einer
Mail
fassungslos
Weil
wohl
auch
Deutsch
seine
vermeintlichen
Belege
etwas
mager
erschienen,
bezeichnet
er
Mbembe -
ohne
Beweise
vorzulegen
-
außerdem
als
"Aktivisten"
der
israelkritischen
Gruppe
BDS und
behauptet,
er sei
Unterzeichner
des
BDS-Aufrufs
zum
akademischen
Boykott
Israels.
Die
eigentliche
Adressatin
der
Angriffe
scheint
jedoch
die
Intendantin
der
Ruhrtriennale,
Stefanie
Carp, zu
sein,
die
schon
2018
teils
von
denselben
Personen
beschuldigt
wurde,
BDS-Sympathisanten
einzuladen.
Mbembe
ist
angesichts
der
Vorwürfe
fassungslos.
"Ich bin
kein
Mitglied
oder
Unterstützer
des BDS
oder
sonst
einer
Organisation,
die im
israelisch-palästinensischen
Konflikt
involviert
ist",
schreibt
er. Und
ergänzt:
"Ich
halte
nichts
von
einem
allgemeinen
Boykott
israelischer
Akademiker."
Er
kenne,
so
Mbembe
weiter,
"keinen
ernsthaften
Wissenschaftler,
der das
Apartheidsystem
in
Südafrika
mit dem
Holocaust
vergleichen"
würde.
Und was
seine
Kritik
an der
"kolonialen
Besatzung"
angehe -
er meint
die
Politik
Israels
im
Westjordanland:
"Auch
mit sehr
viel
Fantasie
lässt
sich
daraus
kein
Antisemitismus
ableiten."
Auch
Stefanie
Carp ist
entsetzt.
Es
handle
sich um
"erfundene,
konstruierte
Vorwürfe,
die
keiner
Quellenuntersuchung
standhalten",
sagte
sie der
SZ. Sie
sei
"schockiert,
dass das
nicht
ganz
eindeutig
von der
Politik
zurückgewiesen
wird".
>>>
Antisemitenjagd
in Zeiten
von Corona
Ludwig Watzal
- 20. 4.
2020
„Es ist
nicht nur
das Corona-Virus,
das diese
Gesellschaft
gefährdet,
es ist auch
das Virus
der Denunziation“,
so Henryk
M. Broder
in „Broders
Spiegel“
vom 20.
April 2020.
„Gut gebrüllt
Löwe.“ Warum
nicht auch
in Sachen
„Antisemitismus“?
Wo war Deutschlands
journalistischer
Antisemitismus-Spürhund
in der „Affäre“
Dr. Carp?
Denunziantentum
ist so alt
wie das
„älteste
Gewerbe
der Welt“.
Es macht
auch in
Zeiten von
Corona keine
Pause.
So geschehen
in einem
faktenfreien
Denunziationsschreiben
des FDP-Politikers
im NRW-Landtag,
Lorenz Deutsch,
an Dr. Stefanie
Carp, Intendantin
der Ruhrtriennale.
Darin hatte
er dem diesjährigen
Festredner,
Achille
Mbembe,
nicht nur
eine Relativierung
des Holocaust
durch den
Vergleich
mit dem
Apartheid-Regime
in Südafrika,
sondern
auch eine
Unterstützung
von BDS
(einer zivilgesellschaftlichen
Protestbewegung
gegen die
israelische
Besatzung)
vorgehalten.
Beides laut
angeführten
Quellen
unhaltbar.
Wie es scheint,
entpuppt
sich auch
dieser „Antisemitismus-Vorwurf“
als konstruiert
und an den
Haaren herbeigezogen.
(...)
Als „angezählte“
Intendantin
müsste ihr
eigentlich
Angst und
Bange werden,
wenn sie
sich die
Liste ihrer
Gegner anschaut.
Bei der
Riege der
Politiker,
Antisemitismus-Beauftragten,
den Vorsitzenden
des Zentralrates
der Juden
nicht zu
vergessen,
scheint
es nur ein
Frage der
Zeit, bis
sie ihren
Job verlieren
wird. Das
Schicksal
des Direktors
des Jüdischen
Museums,
Peter Schäfer,
lässt grüßen.
Auch damals
hatte der
allmächtige
Zentralratsvorsitzende,
Josef Schuster,
harsche
Kritik an
Schäfer
geübt. Auch
im Falle
Carp ist
Schuster
wieder von
der Partie.
Seine Kritik
an Carp
dürfte den
Ausschlag
geben. Ihr
wird sich
kein deutscher
Politfunktionär
widersetzen.
Die diversen
Antisemitismus-Beauftragten
(„Judenreferenten“)
blasen alle
ins gleiche
Horn, allen
voran Felix
Klein, der
das unsägliche
Referat
im Bundesinnenministerium
leitet.
Dass sich
Carp gegenüber
der „Süddeutsche
Zeitung“
schockiert
zeigt, „dass
das nicht
ganz eindeutig
von der
Politik
zurückgewiesen
wird“, zeigt
nur, wie
wenig sie
vom politischen
Geschäft
versteht.
Glaubt sie
tatsächlich,
dass sich
ein deutscher
Politiker
für sie
einsetzt,
wenn der
Gegner der
Vorsitzende
des Zentralrates
der Juden
in Deutschland
ist und
der Vorwurf
des „Antisemitismus“
gegen Mbembe
in der Luft
hängt? Was
die Hexenjagd
gegen Israelkritiker
oder Andersdenkende
betrifft,
ist nichts
Neues aus
Deutschland
zu vermelden.
>>>
Achtung:
Satire!
Wolfgang
Pfannekuch
- 20.04.2020
Wenn man
die Stellungnahmen
von Reiner
Bernstein
und von
Rolf Verleger
liest und
deren familiengeschichtlichen
Hintergründe
kennt, erscheint
es mir stets
von neuem
unfassbar,
dass weder
Bundesregierung
(und nachgeordnete
Institutionen)
noch die
Mehrheit
unserer
BT-Abgeordneten
der Koalition,
der GRÜNEN
und der
FDP auch
nur mit
einem Zucken
der „geistigen“
Augenbrauen
auf Bernsteins
und Verlegers
überzeugende
Argumente
reagieren.
Auch unsere
LINKE ist
halbherzig
und begeistert
mich nicht
gerade durch
mutige Stellungnahmen.
- Von der
restlichen
Opposition
möchte ich
keine Unterstützung
ersehnen.
Die Antisemitismusbeauftragten,
ob offizielle
oder selbst
ernannte,
können sich
stattdessen
mit stereotypen,
von einander
anscheinend
abgeschriebenen
oder nachgeplapperten
Sprechblasen
gegen jegliche
Kritiker
israelischer
Regierungspolitik,
welche die
Einhaltung
von Völker-
und Menschenrecht(en)
anmahnen,
auslassen,
ihnen letztlich
Maulkörbe
verpassen,
ihre Reputation,
wie jetzt
die von
Achille
Mbembe anzweifeln,
...
Und es ändert
sich dennoch
nichts an
der offiziellen
Linie, gerade
so, als
hätte es
nie UN-Resolutionen
gegen Besatzung,
Illegale
Besiedlung
und sonstige
Verletzungen
internationaler
Rechtsstandards
zum Nachteil
der Palästinenser
gegeben.
Hat unsere
offizielle
Politik
nicht mal
Sorge davor,
von niemandem
mehr außerhalb
Deutschlands
bei von
Berlin aus
gegen anderweitiges
Unrecht
auf unserem
Erdball
erhobenen
moralischen
Zeigefingern
ernst genommen
zu werden?
Es ist doch
eigentlich
undenkbar,
dass Berlin
nicht erkennt,
wie es durch
seine sture
Linie inländisch
wie international
gefährliche
Sympathieverluste
gegenüber
Israel produziert
und darüberhinaus
das, was
angeblich
bekämpft
werden soll,
geradezu
zum Nachteil
Israels
provoziert.
- Grobe
Fahrlässigkeit
(Kriterium
des inneren
Tatbestandes:
„wird schon
gutgehen“)
wäre insoweit
bereits
sträflich
leichtsinnig,
... und
billigendes
Inkaufnehmen
der Folgen
(also dolus
eventualis
mit dem
Gedanken
„na wenn
schon“ als
Kriterium)
oder gar
bewusstes
Hervorrufen
dieses Effekts
(bewusster
Vorsatz)
ist ja wohl
hoffentlich
ausgeschlossen.
- Ein Schelm,
wer Böses
dabei denkt!
Ich bin
ratlos und
frage mich
beschämt,
ob mein
Fremdschämen
über die
„taktische“
Feigheit
unserer
Außenpolitik
nicht völlige
Energieverschwendung
ist. Vor
allem weiß
ich nicht
mehr, wie
ich gegenüber
ausländischen
Gesprächspartnern
diese Regierungspolitik
erklären
oder gar
rechtfertigen
könnte.
- Mich fragen
gute Bekannte,
ob ihr Land
sich auf
den Beistand
unserer
Bundesregierung
verlassen
könnte oder
ob diese
ihnen und
ihren Lieben
zu Hause
eher etwa
Bärendienste
leisten
würde. Bedauernde
Grüße
Wolfgang
Pfannekuch
German cultural
festival director urged to be
fired for BDS antisemitism
- BENJAMIN WEINTHAL APRIL
15, 2020 - "Once again, the
director of the Ruhrtriennale
Stefanie Carp sets an
anti-Israel accent and stages
the defamation of the Jewish
state in the guise of freedom of
art and expression,” said Uwe
Becker. >>>
„Wer diese
Haltung unterstützt, kann kein
Redner bei der Ruhrtriennale
sein“ - 06.04.2020
- Christiane Hoffmans, Stefan
Laurin - (...) Achille
Mbembe fühlt sich auch als
Wissenschaftler missverstanden.
Er sei erstaunt, auf so viel
Hass und Vorurteile zu stoßen,
schließlich arbeite er für eine
universale Toleranz und
Versöhnung. Deutschs offenen
Brief nennt er eine
Diffamierungskampagne, die nicht
nur dumm und ignorant, sondern
auch ein Zeichen von Rassismus
gegen einen unabhängigen, freien
und international anerkannten
afrikanischen Geist sei.
>>>
Das koloniale Grundprinzip
Zu den Vorwürfen gegen Achille Mbembe.
Jörg Häntzschel - 19. April 2020
Deutschland hat ein wachsendes
Antisemitismus-Problem.
Übergriffe auf jüdische Bürger
und jüdische Einrichtungen
häufen sich. Letzter trauriger
Höhepunkt war der Angriff auf
die Synagoge in Halle im
Oktober. Um dieses Problem in
den Griff zu bekommen, hat die
Bundesregierung 2018 das Amt
eines Antisemitismusbeauftragten
geschaffen. Besetzt wurde die
Stelle mit dem früheren
Diplomaten Felix Klein.
Angesichts der grassierenden
Hetze und Gewalt gegen Juden in
Deutschland ist es umso
überraschender, dass für Klein
antisemitische Gefahr nun
ausgerechnet von einem weltweit
bekannten und renommierten
Wissenschaftler aus Kamerun
ausgeht, dem Historiker,
Politikwissenschaftler und
Postkolonialismus-Denker Achille
Mbembe.
Mbembe, der an der Universität
Witwatersrand in Johannesburg
lehrt, soll im August den
Eröffnungsvortrag der
Ruhrtriennale halten. Und das
will Felix Klein verhindern.
Mbembe sei "durch die
Relativierung des Holocaust
aufgefallen". Er habe in seinen
Schriften "den Staat Israel mit
dem Apartheidsystem Südafrikas
gleichgesetzt, was einem
bekannten antisemitischen Muster
entspricht", und habe "das
Existenzrecht Israels in Frage
gestellt". Er würde mit seinem
Vortrag der Ruhrtriennale
"erheblichen Schaden" zufügen.
Von der FAZ um Belege für seine
Vorwürfe gebeten, verwies Klein
auf einen offenen Brief des
kulturpolitischen Sprechers der
FDP-Fraktion im
nordrhein-westfälischen Landtag,
Lorenz Deutsch. >>>
Alan Posener ist als unkritischer Lobbyist
des Zionismus bekannt. Er hat auch keine
Hemmung jemanden als Antisemit abzustempeln.
Was in Palästina angerichtet wird, scheint
ihn nicht zu bewegen. So ist er eines der
deutschen Gesichter des Zionismus.
Es reicht mit dem
steuerfinanzierten Israelhass! -
Alan Posener - 18.04.2020 -
Achille Mbembe soll bitte nicht die
Ruhrtriennale eröffnen. Zum wiederholten Mal
lädt das Festival Gäste ein, die Israel
nicht anerkennen. Das Problem ist leider
strukturell – und hat mit den blinden
Flecken der Postcolonial Studies zu tun. Ist der Philosoph Achille Mbembe ein
Holocaustrelativierer und Israelhasser? Und
wenn ja, darf er bei der Ruhrtriennale die
Hauptrede halten? Die Antworten: Ja. Nein. Ist die Leiterin der Ruhrtriennale Stefanie
Carp in Sachen Propaganda gegen Israel eine
Wiederholungstäterin? Wenn ja, ist sie als
Chefin des kulturellen Aushängeschilds des
Landes NRW tragbar? Die Antworten: Ja. Nein. Haben Mbembe und Carp weiterhin das Recht,
ihrem Israelhass freien Ausdruck zu
verleihen? Selbstverständlich. Auch in
Deutschland. Nur nicht steuerfinanziert und
in offizieller Position. Deshalb geriet der
Plan, Achille Mbembe die Eröffnungsrede der
Ruhrtriennale halten zu lassen, zu Recht in
die Kritik >>>
Polemik statt Verstand
Reiner Bernstein - April 18, 2020
Da kommt also ein bisher politisch
unauffälliger Abgeordneter des
Landtags Nordrhein-Westfalen mit
einem Antisemitismus-Vorwurf daher,
um endlich öffentliche
Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen.
Adressat ist der in Kamerun
gebürtige Philosoph und Historiker
Achille Mbembe, der an der
Universität in Köln als Dozent und
am Düsseldorfer Schauspielhaus tätig
war.
Wie verhält sich der
Bundesbeauftragte für jüdisches
Leben und gegen Antisemitismus Felix
Klein dazu? Ohne in der Lage zu
sein, den Vorwurf zu substantiieren,
beruft er sich auf jenen
Abgeordneten, um die Eröffnungsrede
Mbembes bei der diesjährigen
international besetzten
Ruhrtriennale zu verhindern. Da
stört es Klein nicht, dass der
Wissenschaftler 2015 in München den
Geschwister-Scholl-Preis aus den
Händen von Oberbürgermeister Dieter
Reiter erhielt und drei Jahre später
mit dem Gerda-Henkel-Preis der
gleichnamigen Stiftung geehrt wurde.
Ja, der Beauftragte lässt es sich
nicht nehmen, die Kritik Mbambes an
der Anti-BDS-Bewegung so zu drehen,
dieser stelle die „Existenz des
Staates Israel in Frage“.
Da will der Frankfurter
Stadtkämmerer Uwe Becker natürlich
nicht nachstehen und haut in
dieselbe Kerbe. Sein kommunales
Mandat gibt er mal eben an der
Garderobe ab und hüllt sich in die
Pelerine des Ehrenamts als Präsident
der Deutsch-Israelischen
Gesellschaft (DIG), die vom Berliner
Auswärtigen Amt mit einer
institutionalisierten Förderung von
über 300.000 Euro pro Jahr bedacht
wird.
Felix Klein hat dafür gesorgt, dass
aus diesen Mitteln die Lesereise von
Arye Sharuz Shalicar mitgetragen
worden ist, der in seinem Buch „Der
neu-deutsche Antisemit“ vom
Bundespräsidenten abwärts
reihenweise Politiker und
Diplomaten, Medien und in den
palästinensischen Gebieten tätige
Hilfsorganisationen in die Ecke des
Antisemitismus-Verdachts
einsortiert. Auch die EU-Kommission
und Japan, das mit erheblichen
Mitteln Projekte in den
palästinensischen Gebieten
finanziert, sind vor üblen
Nachstellungen nicht bewahrt worden.
Auf Nachfragen hat mir Klein vor
anderthalb Jahren mitgeteilt, dass
er nach reiflichen Überlegungen
keinen Anlass sehe, die Förderung
einzustellen, jedoch zugesagt,
darüber mit der DIG zu sprechen. Da
Shalicars Buch unredigiert weiter
verkauft wird, lässt sich vermuten,
was aus diesem Versprechen geworden
ist. Dass der Autor nach seiner
Mitarbeit im israelischen
Ministerium für Strategische
Angelegenheiten nunmehr mit stolz
geschwellter Brust im Range eines
Abteilungsleiters den Außenamtschef
Israel Katz auf dessen Weltreisen
begleitet und dass die Regierung in
Jerusalem mit Millionenbeträgen
dafür sorgen will, dass die
Antisemitismus-Klage die Befassung
mit der Politik gegenüber den
arabischen Palästinensern verhindern
will, scheint in Berlin bislang
niemand zu stören. Wäre es anders,
würde den Beschuldigungen, Mbembe
ziele auf das Ende >>>
Philosoph Achille
Mbembe : Unter
Antisemitismusverdacht -
Patrick Bahners - 17.04.2020 -
Sollte man nicht annehmen, dass ein
in Johannesburg lehrender Afrikaner
weiß, wovon er redet, wenn er von
Apartheid spricht? Achille Mbembe
2017 bei einem Vortrag in Hamburg
Neuer Streit um die Ruhrtriennale
und Israel: Der
Antisemitismusbeauftragte der
Bundesregierung wirft dem
Philosophen Achille Mbembe vor, den
Holocaust zu relativieren. (...)
Diese Warnung hat Felix Klein, der
Beauftragte der Bundesregierung für
jüdisches Leben und den Kampf gegen
Antisemitismus, in der
„Westdeutschen Allgemeinen Zeitung“
geäußert. Der Diplomat, der seinem
Auftrag mit Unterstützung eines
Referats im Bundesinnenministerium
nachgeht, begründete seine
Intervention mit der Finanzierung
des Festivals aus öffentlichen
Geldern und der damit gegebenen
besonderen Verantwortung eines
Eröffnungsredners. „Es sollte eine
Person dafür ausgewählt werden, die
dieser Verantwortung gerecht wird –
und nicht in der Vergangenheit
bereits durch die Relativierung des
Holocaust aufgefallen ist.“ (...)
Um den bibliographischen Nachweis
dieser Schriften gebeten, verwies
Kleins Referat auf den Offenen Brief
des FDP-Landtagsabgeordneten Lorenz
Deutsch, der eine Schrift nennt, den
>>>
Der
der FDP NRW-Landtagsabgeordnete
Lorenz Deutsch hatte einen Offenen
Brief an die Intendantin der
Ruhrtriennale geschrieben
- wie vor zwei Jahren geht es um
den Vorwurf von BDS und
Antisemitismus >>>
Prof.
Dr. Rolf Verleger -
An Herrn Lorenz
Deutsch, MdL Sprecher für
Kulturpolitik der FDP-Fraktion im
Landtag NRW - per e-mail:
Lorenz.Deutsch@Landtag.nrw.de
Betr.: Ihr Offener Brief vom 23. 3.
2020 an die Intendantin der
Ruhrtriennale
Sehr geehrter Herr Deutsch,
Folgendes schreibe ich Ihnen sowohl
aus persönlichem Antrieb – als
jüdischer Sohn von Überlebenden der
nazi-deutschen Judenvernichtung, der
die moralische Botschaft und die
ethischen Werte der jüdischen
Tradition in Ehren hält – als auch,
in direkter Folge davon, in meiner
Eigenschaft als Gründer (u. a. mit
Rupert Neudeck) und Vorsitzender des
Bündnis für Gerechtigkeit zwischen
Israelis und Palästinensern e. V.
Ihre Stellungnahme habe ich mit
großem Unbehagen gelesen. 1)
Antisemitismus Sie schreiben in
Ihrem Offenen Brief, die
BDS-Bewegung sei „in ihrem Kern“
antisemitisch, da sie durch
Dämonisierung, Delegitimierung und
Desinformation auf die Beendigung
von Israels Existenz ziele. Wie
kommen Sie zu Ihrem Urteil? Etwa
durch das in der Resolution des
Landtags NRW vom 11. 9. 2018
beispielhaft benannte Ereignis
(nachdem es davor von manchen Medien
hochgepusht worden war) in dem
kleinen Seminarraum der
Humboldt-Universität, als eine
rechtsgerichtete israelische
Knessetabgeordnete von BDS-Anhängern
durch Zwischenrufe (u. a.
„Apartheid“) am Reden gehindert
wurde? Das soll antisemitisch
gewesen sein? Diese zwischenrufenden
BDS-Anhänger waren in Berlin lebende
israelische Juden. Und ja, es saß
eine "Holocaustüberlebende" neben
der Knessetabgeordneten,
möglicherweise (ich weiß es nicht)
mit deren politischer Ansicht
sympathisierend. Darf man solche
Menschen nicht anschreien? Glauben
Sie, ich hätte den spärlichen Teil
meiner Verwandtschaft, der die
Judenvernichtung überlebt hatte,
einschließlich meiner Eltern, als
Kind, Jugendlicher und Erwachsener
stets nur im Flüsterton
angesprochen? Die Bezeichnung dieses
Ereignisses als „antisemitisch“ ist
Bildzeitungs-Propagandaquatsch. Es
handelte sich vielmehr um einen
heftigen politischen Disput unter
jüdischen Menschen. Haben Sie den
Brief von 240 jüdischen Akademikern
an den Deutschen Bundestag zur
Kenntnis genommen, in der wir von
dieser unsinnigen Klassifizierung
der BDS-Bewegung als antisemitisch
abrieten? Sind WIR, die wir diesen
Brief unterzeichnet haben, die
Antisemiten? (pdf) >>> |
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