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Die Entwurzelung von 30.000 Beduinen in Israel
Wie Zwangsumsiedlung "freiwillig" geschieht
Neve Gordon - 04.04.2012
"Es
geschieht nicht alle Tage, dass eine Regierung ein Programm für eine
zwangsweise Ansiedlung von fast 0,5% der eigenen Bevölkerung in
einem städtischen Raum beschließt", stellt Rawia Aburabia fest und
sagt, es sei genau das,
"was Prawer machen will".
Die
Versammlung, in der verschiedene Aktionen gegen den Prawer-Plan
koordiniert werden sollten, ging gerade zu Ende, und Rabia, der
Versammlungsleiter, ein offenherziger Beduine, der in einem Verein
für zivile Rechte in Israel arbeitet, war eindeutig verärgert. Es
war ihm klar geworden, dass es äußerst unwahrscheinlich war, dass
sie den Lauf der Ereignisse ändern können, und dass die Regierung
schließlich 30.000 Beduinen aus dem Negev entwurzeln und in
Townships bringen würde. Das wäre auch das Ende ihrer ländlichen
Lebensweise und würde sie ihres Lebensunterhalts und ihrer Rechte
auf das Land berauben.
Die
Wut von Rawia richtete sich auf Ehud Prawer, den Leiter der
Abteilung für Planungspolitik des Büros des Premierministers
Benjamin Netanyahu. Als Prawer diese Aufgabe übernahm, hatte er
vorher als Vizedirektor des Nationalen Sicherheitsrates Israels
gearbeitet. Seine Aufgabe ist es, die Beschlüsse des Komitees
Goldberg für die Gestaltung der arabischen Ansiedlungen im Negev
umzusetzen und eine "konkrete Lösung" für das Problem der 45 nicht
anerkannten Beduinendörfer in der Region anzubieten.
Zur
Zeit leben in diesen Dörfern schätzungsweise etwa 70.000 Menschen,
denen per Gesetz untersagt ist, ihre Häuser an das Stromnetz
anzuschließen oder Wasser- oder Abwasserleitungen zu haben. Auch
Bautätigkeit ist streng reguliert, allein im vergangenen Jahr wurden
1.000 Wohnungen und Tiergehege von Beduinen, die die Regierung
üblicherweise als "Strukturen" bezeichnet, zerstört. In diesen
Dörfern gibt es keine gepflasterten Straßen, und es ist verboten, an
den Autostraßen Ortsschilder aufzustellen. Auch ein Blick in die
Landkarte hilft dann nicht, da keines dieser Dörfer eingezeichnet
ist. Jedenfalls geografisch existieren diese Bürger Israels nicht.
Geschichte
Die
Beziehung des Staates zu den Beduinen war von Anfang an schwierig.
Vor der Gründung des Staates Israel lebten etwa 70.000 Beduinen im
Negev. Nach dem Krieg von 1948 waren nur noch etwa 12.000 geblieben,
während die anderen nach Jordanien und Ägypten geflohen oder
vertrieben worden waren.
Auf
Grund der Direktiven des ersten israelischen Premierministers, David
Ben Gurion, wurden viele der gebliebenen Beduinen von ihrem Land,
auf dem sie über Generationen gelebt hatten, gerissen und in einer
unfruchtbaren Gegend, meist im Nordosten des Negev, konzentriert,
einer Region, die man als "Siyag" (Einfriedung) kennt.Diese Region
umfasst eine Million Dunam (1 Dunam enstprechen 1.000 Quadratmetern)
bzw. etwas weniger als 10 Prozent des Territoriums des Negev. Durch
diese Zwangsumsiedlung wurden die fruchtbarsten Böden von den
arabischen Einwohnern gesäubert und den neuen Kibbutzim und Moshavim
übergeben, jüdischen Landwirtschaftskommunen, die die fruchtbaren
Böden uneingeschränkt nutzen.
Nach ihrer Umsiedlung bis 1966 standen die Beduinen, israelische
Bürger, unter einem strengen Militärregime; ihre Mobilität wurde
eingeschränkt, man verweigerte ihnen grundlegende politische,
soziale und wirtschaftliche Rechte. Aber sogar noch in der Zeit des
Militärregimes in den 60er Jahren meinten viele israelische
Politiker, die Beduinen im "Siyag" seien eine Bedrohung, weshalb der
Staat trotz der in den 50er Jahren erfolgten Umsiedlung beschloss,
eine bessere Lösung für das "Beduinen-Problem" zu suchen.
Der
Plan bestand darin, die Beduinen-Bevölkerung in semi-urbanen Räumen
zu konzentrieren, die schließlich nur einen winzigen Prozentsatz
ihrer ursprünglichen Stammesböden ausmachten. Mehrere Jahre lang
trafen sich Regierungsbeamte mit Beduinenscheichs und kamen mit
vielen von ihnen zu Vereinbarungen. In einem stufenweisen Prozess,
der 20 Jahre dauerte, gründete man sieben Townships: Tel-Sheva,
Rahat, Segev Shalom, Kusaife, Lqya, Hura und Ar'ara.
In
einigen Fällen lebten noch Beduinen an den Orten, wo eine Township
errichtet wurde, die große Mehrheit aber wurde wieder umgesiedelt
und in diese Townships gebracht, die nur für Beduinen gedacht sind.
Einige gingen freiwillig, andere wurden gezwungen. Der Preis, den
die Familien für ihre Umsiedlung zahlen mussten, war beträchtlich:
Verzicht auf große Teile ihres Landes und ihre bäuerliche
Lebensweise.
Noch viele Jahre nach der Errichtung der Townships war es den dort
lebenden Beduinen nicht erlaubt, demokratische Wahlen abzuhalten,
und ihre Gemeindeverwaltungen wurden von jüdischen Beamten der
Innenministeriums geleitet. Die Townships waren rasch überbevölkert,
die Infrastruktur armselig, es gab kaum Arbeitsmöglichkeiten. Jetzt
stehen die sieben Townships, in denen etwa 135.000 Menschen leben,
am untersten Ende der sozioökonomischen Skala in Israel, bei 1 von
10; typisch für sie ist die hohe Arbeitslosigkeit, hohe Geburtsraten
und drittklassige Bildungseinrichtungen.
Nachdem jahrelang keine Entscheidung getroffen worden war, ernannte
die Regierung Prawer, der versuchen sollte, ein für alle Mal das
"Beduinen-Problem" zu lösen. Er hat den Auftrag, die Beduinen, die
nicht bereit sind ihre Eigentumsrechte abzugeben und in nicht
anerkannten Dörfern geblieben sind, umzusiedeln. Die Begründung der
Regierung für die Nichtanerkennung dieser Dörfer ist, dass sie
relativ klein sind (von einigen hundert bis mehrere tausend
Personen) und über eine weite Fläche verstreut, was, wie die
Regierung sagt, die Versorgung mit einer ausreichenden Infrastruktur
erschwert. Für ein modernes Leben möchte die Regierung deshalb die
Beduinen in wenigen Townships konzentrieren.
Wadi Na'am
Nach dem Treffen mit Rawia fuhr ich nach Wadi Na'am, einem nicht
anerkannten Beduinendorf etwa 20 Minuten südlich meines Hauses in
Beer Sheva. Ich wollte einige Personen über ihre Meinung zum Plan
Prawer befragen.
Entlang der Autostraße fuhr ich an buchstäblich hunderten
Beduinenbehausungen vorbei, die aus Blechplatten, Holzabfällen und
Zeltplanen errichtet worden waren. Hühner, Schafe, Ziegen und Esel
schmückten die Terrassen. Wieder beeindruckten mich die Weideflächen
der Beduinen mit dem Anbau von Weizen, weil nicht bewässert wird;
die Höhe der Halme hängt von der Regenmenge ab, die in dem
jeweiligen Jahr fällt; Weizen von Beduinen ist leicht zu erkennen,
da seine Höhe im Vergleich zum gut bewässerten "jüdischen" Weizen
sehr gering ist.
Obwohl ich einige Male in Wadi al Na'am gewesen war, war ich
plötzlich unsicher, wo ich von der Autostrasse herunterfahren
sollte und rief Ibrahim Abu Afash an. "Erinnerst Du Dich nicht?",
sagte er, "beim Wegweiser zum Elektrizitätswerk fahre nach links,
wir erwarten Dich oben auf dem Hügel".
Ich
folgte dem Subaru von Ibrahim etwa 10 Minuten über schmutzige
Strassen bis wir zum shieg kamen, einem großen Zelt über einem
Betonfundament, das mit Teppichen, einer Reihe Matratzen und im
Umkreis verteilten Kissen bedeckt war. In der Mitte des Zeltes gab
es ein Loch im Beton mit einem eisernen Topf, in dem über einem
Kohlenfeuer Tee brodelte. Ibrahim setzte sich neben seinen Bruder
Labad auf eine Matratze und direkt hinter ihnen waren einige junge
Leute, die israelische Zigaretten rauchten und Tee tranken.
Ibrahim ist der Scheich von Wadi al Na'am. Als junger Mann hatte er
dem israelischen Militär als Späher gedient, was erklären mag, dass
sein Hebräisch besser ist als meines. Nach einigen Höflichkeiten kam
er zum Kern der Sache. "Ich habe mit Prawer gesprochen, er ist ein
guter Mensch" sagt er und fügte dann hinzu, dass "gute Menschen oft
schlimme Dinge machen".
"Die Tatsache, dass Wadi al Na'am wie viele andere nicht anerkannte
Dörfer direkt unter den Stromleitungen und nahe bei den
Hauptwasserleitungsrohren liegt und uns niemals erlaubt wurde,
unsere Häuser an diese Basisversorgung anzuschließen, ist ohne
Zweifel ein krimineller Akt von Diskriminierung."
"Sie werden ja wissen" fuhr er fort, "dass in den letzten beiden
Jahrzehnten im ganzen Negev mehrere dutzend jüdische
landwirtschaftliche Betriebe von einzelnen Familien entstanden sind;
in jüngster Zeit wurden zehn neue jüdische Außenposten genehmigt –
die Siedlungen sollen in der Nähe der jüdischen Stadt Arad auf Land
von Beduinen errichtet werden. In diesem Zusammenhang sollen
mindestens zwei nicht anerkannte Beduinendörfer, al-Tir und Umm
al-Hiran, von allen etwa 1.000 Bewohnern gesäubert werden, um für
die Errichtung dieser neuen jüdischen Gemeinden Raum zu schaffen".
Ibrahim erwähnte nicht, dass es im Norden des Negev verstreut
bereits 100 jüdische Siedlungen gibt, in denen jeweils etwa 300
Menschen leben, er betont aber, dass der Prawer-Plan im Kern
verhängnisvoll ist. Und auch wenn er sich nie in dem Sinn geäußert
hat, dass das eigentliche Motiv hinter dem Plan der Wunsch ist, das
Land zu judaisieren, ist es eindeutig, dass genau das die Absicht
ist. Es ist keine andere Erklärung dafür möglich, dass die
Regierung, nicht nachgibt und die nicht anerkannten Dörfer nicht
legalisiert.
Der
Beduine als Bedrohung
Während der Ausarbeitung des Plans traf sich Ehud Prawer mit
zahlreichen Beduinen, um die komplexen Probleme zu verstehen, die
sich bei dem Versuch ergaben, eine Lösung für die nicht anerkannten
Dörfer zu finden. Jahre im Dienst des Establishments der
israelischen Sicherheitsbehörden haben jedoch seine Beziehung zu den
Beduinen geprägt: er sieht sie weniger als individuelle Träger von
Rechten denn als nationales Risiko, das begrenzt werden muss.
Mit
Prawer arbeiten einige Personen eng zusammen, die wie er lange Zeit
zu den israelischen Sicherheitsbehörden gehört haben. Seine rechte
Hand ist Doron Almog, ein General im Ruhestand, während Yehuda
Bacher, Vorstandsdirektor der Koordination Regierung –
Beduinenaktivitäten im Negev, ein hoher Offizier bei der
israelischen Polizei war. Nicht zufällig hat Prawer, bevor er seinen
Plan der Regierung vorlegte, ihn von Yaakov Amidror, dem Leiter des
Nationalen Sicherheitsrates, absegnen lassen.
Die
Tatsache, dass fast alle verantwortlichen Personen, die eine Lösung
für die nicht anerkannten Beduinen-Dörfer ausarbeiten sollen, früher
mit Sicherheitsangelegenheiten befasst waren, ist nicht
unwesentlich, da für sie die Beduinen in erster Linie eine Bedrohung
der inneren Sicherheit darstellen. Das "Beduinen-Problem" hat
folglich wenig mit Rechten, aber viel mit der Kontrolle von Risiken
zu tun.
Zahlenrechnen für die Enteignung
Ironischerweise gehen der von Prawer ausgearbeitete Plan und der
darauf basierende Gesetzesentwurf die Probleme dieser
Beduinen-Dörfer nicht wirklich an.
"Wenn der Staat so sehr darauf besteht, die Dörfer, dort, wo sie
bestehen, nicht anzuerkennen, hätte ich zumindest erwartet, dass
Prawer klar sagt, dass die Regierung eine bestimmte Zahl von Döfern
und Townships errichtet, dass er genau erklärt, wo diese liegen
werden, und dass er verspricht, dass sie so geplant werden, dass die
ländliche Lebensweise der Beduinen berücksichtigt wird", erklärt Hia
Noach, Leiter des Forums Koexistenz Negev, in einem Interview.
"Statt dessen konzentriert sich der Plan, der bald Gesetzeskraft
haben wird, auf Zahlenrechnereien, um den privaten Landbesitz der
Beduinen aufzuteilen, und diskutiert inzwischen die aktuelle Lösung
für die nicht anerkannten Dörfer in wenigen mehrdeutigen Sätzen. Ist
es nicht mysteriös, dass zu dem Plan, der von der Umsiedlung der
Beduinen handelt, keine Landkarte gehört, die zeigt, wohin wir
umgesiedlt werden?
Die
Zahlenrechnerei von Prawer ist ein sehr komplexer Mechanismus der
Enteignung, der auf der Annahme beruht, dass die Beduinen keine
Rechte am Land besitzen. Er weiß, dass in den 70er Jahren, als
Israel die Beduinen in Townships umsiedelte, etwa 3.200 Beduinen
beim Justizministerium Petitionen eingereicht haben, um ihre Rechte
an dem Land, das über Generationen im Besitz ihrer Familien war,
einzuklagen.
Sie
klagten auf insgesamt ein einhalb Millionen Dunam, wovon 971.000
sich auf Privatbesitz bezog, der Rest von einer halben Million Dunam
war Land, das gemeinschaftlich als Weideflächen genutzt wurde. Im
Lauf der Zeit hat das Justizministerium Anträge, die sich auf zwei
Drittel des Landes bezogen, abgewiesen, was bedeutet, dass die
Entscheidung über Petitionen, die sich auf den Besitz von 550.000
Dunam bzw. 4% des Bodens im Negev beziehen, noch aussteht.
Der
Prawer-Plan zielt auf eine Lösung für alle Petitionen, über die noch
nicht entschieden ist, und zwar ein für alle Mal. Dem liegt seine
Annahme zugrunde, dass alle Klagen unberechtigt sind. Am Ende
des Regierungsbeschlusses ( Beschluss 3707 vom 11.9.2011), der den
Prawer-Plan genehmigt, liest man:
"Seit Jahren ist es Grundannahme des Staates, dass zumindest die
große Mehrheit der Kläger nach den israelischen Eigentumsgesetzen
kein anerkanntes Recht an dem Land hat, das sie beanspruchen...
Daraus wird gefolgert, dass weder der Regierungsbeschluss noch der
Entwurf des Gesetzes, das später vorgelegt werden wird, die
Rechtmäßigkeit der Eigentumsklagen anerkennen, sondern die Lösung im
Gegenteil im Kern eine Lösung ex gratia ist und auf der Annahme
basiert, dass keine Eigentumsrechte bestehen."
Die
Strategie ist eindeutig: Alles in Besitz nehmen, dann müssen die
Beduinen für jedes Stückchen Land dankbar sein, das man ihnen
zurückgibt. Auf diese Weise funktioniert nun tatsächlich Prawers
Zahlenrechnerei der Enteignung.
Erstens: nur Land, um das noch gestritten wird (d.h. Land, um das
von den Besitzern vor 35 Jahren geklagt wurde), auf dem die Familie
gelebt, und das sie (im Gegensatz zu gemeinschaftich genutzten
Weideflächen) durchgehend genutzt hat, wird mit Land entschädigt,
aber nur zu 50%. Wenn also jemand 100 Dunam besitzt, auf diesem Land
gelebt und während der letzten drei einhalb Jahrzehnte Weizen
angebaut hat, erhält er 50 Dunam an landwirtschaftlich nutzbarem
Land. Der größte Teil dieses jetzt "anerkannten Landes" wird nicht
auf dem Land der Vorfahren liegen, sondern dort, wo auch immer der
Staat entscheidet.
Zweitens: die tatsächliche Entschädigungsumme für Land, um das
geklagt worden war, das aber in staatlichem Besitz und das
infolgedessen von Beduinen nicht genutzt worden ist, wird
einheitlich sein, gleichgültig wo es liegt, ob es fruchtbar ist oder
nicht, entfernt oder in der Nähe.
Drittens: die Höhe der Entschädigung wird etwa 5.000 Shekel (1.300
Dollar) pro Dunam betragen, eine magere Summe, wenn man bedenkt,
dass ein halber Dunam in einem Township wie Rahat etwa 150.000
Shekel (40.300 Dollar) kostet. Seit die Familien sich in den neuen
Ansiedlungen Land kaufen müssen, sind die Kosten für eine Parzelle
Land beträchtlich. Wenn ein Beduine als Grundbesitzer fünf oder
sechs Nachkommen hat, wird ihm, wenn er Parzellen für die Familie
kauft, wenn überhaupt, nur wenig Land bleiben, das er bearbeiten
kann. Schließlich werden die Beduinen, die Klagen um Land
eingereicht haben und innerhalb von fünf Jahren zu keinem
Übereinkommen mit dem Staat gelangt sind, alle Rechte am Eigentum
verlieren.
Wohin?
Hia
Noach schätzt, dass nach der Umsetzung des Prawer-Plans von den
550.000 Dunam mit offenen, noch nicht erledigten Klagen etwa
100.000, das sind weniger als 1% des Fläche des Negev, in Händen von
Beduinen bleiben wird. Aber das, betont er, sei nur ein Teil des
Problems. Eine andere zentrale Frage hat mit der tatsächlichen
Umsiedlung zu tun. Wohin wird man die Beduinen bringen, in welche
Art von Ansiedlung? Auf diese Fragen muss Ehud Prawer noch
antworten.
Ein
Detail, das öffentlich bekannt geworden ist, ist, dass die nicht
anerkannten Beduinen östlich der Route 40 angesiedelt werden, der
trockensten Region im Negev, die an das südliche besetzte
Westjordanland grenzt. Dieser Teil des Prawer-Plans erinnert an die
Strategie Ben Gurions, die Beduinen innerhalb bestimmter Parameter
zu konzentrieren, um Land für Juden frei zu machen; in diesem Fall
ist es aber möglich, dass etwas Verhängnisvolleres dahinter steckt.
Sollte es einmal zu Landtausch mit Palästinensern im Westjordanland
kommen, was wäre für den jüdischen Staat günstiger als irgend ein
arides Landstück im Negev herzugeben, auf dem zahlreiche Beduinen
leben?
Ohne zu berücksichtigen, wie die Beduinen über diesen Plan denken,
macht die Regierung weiter und hat beschlossen etwa 2.000 Millionen
Dollar für die Umsiedlung der 70.000 Beduinen zur Verfügung zu
stellen. Es ist übrigens fast die gleiche Summer, die für die
Rücksiedlung der 8.000 jüdischen Siedler aus dem Gazastreifen 2005
bestimmt waren. Die Regierung hat zudem erklärt, etwa 300 Millionen
Dollar für die bereits bestehenden Townships zur Verfügung zu
stellen, womit sie andeutet, dass zumindest ein Teil der Beduinen in
diese herunter gekommenen Gemeinden gebracht werden sollen.
Es
ist nicht klar, wie Menschen, die gewöhnt sind, von Landwirtschaft
und Schafzucht zu leben, nach der Zwangsumsiedlung mit ihrem Leben
zurecht kommen werden. Wenn man bedenkt, dass die Beduinen, die in
die ersten sieben Townshps umgesiedelt wurden, es nie geschafft
haben sich in einer städtischen Lebensweise zu sozialisiseren, so
sind das keine rein theoretischen Bedenken. Es wird davon
gesprochen, dass drei weitere Townships errichtet werden sollen,
aber wenn man in die Vergangenheit schaut, ist es wenig
wahrscheinlich, dass sie der bäuerlichen Lebensweise der Beduinen
besser entsprechen.
Vor
meinem Abschied von Wadi Na'am fragte ich Ibrahim, was seiner
Meinung nach wohl passieren wird, wenn sie nicht zu einer
Übereinkunft mit der Regierung gelangen. Er zögerte einen Moment und
antwortete dann, er wolle nicht daran denken, und fügte hinzu, "sie
werden uns nicht in Autobusse setzen und uns umsiedeln, sie werden
einfach die Schulen schließen und warten. Wenn wir dann sehen, dass
wir unsere Kinder nicht mehr zur Schule schicken können, werden wir
'freiwillig' umziehen".
So
wird man aus der Zwangsumsiedlung einen freiwilligen Umzug machen,
und so wird Israel es der Welt präsentieren.
Counterpunch_04.04.2012
Quelle:
http://www.counterpunch.org/2012/04/04/uprooting-30.000-bedouin-in-israel/
aus dem Englischen übersetzt von K. Nebauer
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