Attacks in Gaza – Angriffe
auf Gaza
von Sharon aus Gaza (Sharons Block findet man im
Internet unter:
www.talestotell.wordpress.com
Gaza, 29. Dezember 2008
Dies wird wegen Stromsperre nur
ein schneller und kurzer Bericht hier, bevor wir zu
unseren Schlafplätzen vor der Dunkelheit eilen
müssen.
Letzte Nacht ging meine Gruppe
zum Al Awda-Hospital, um im Jabalia-Gebiet zu sein,
falls ein Angriff erfolgt. Eines der Ziele, das von
den Apachen-Hubschraubern zerbombt wurde, war eine
Moschee in unserer Nachbarschaft; ebenso der Laden
nebenan und das Haus, das über den sechs Töchtern
der Belusha-Familie zusammenbrach.
Wir erlebten live mit, als sie
versuchten, das einzige Kleinkind, das traumatisiert
überlebt hatte, herauszuziehen. Die anderen Kinder
waren alle tot. Wir besichtigten den Ort heute
morgen. Der Fahrer, der uns mit zurück in die Stadt
Gaza nahm, hatte Tränen in den Augen.
In Gaza ging ich zu der
Kabariti-Familie im Hafengebiet, deren Gäste wir
Heilig Abend waren, wie Sie sich erinnern. Sie
bestätigten, dass die gesamte Küste Gazas von 1 Uhr
nachts an die ganze Nacht hindurch mit Granaten
bombardiert worden war, anscheinend von israelischen
Schiffen aus, die nicht zu sehen waren, da sie weit
entfernt auf dem Meer lagen. Wir konnten dies vom
Dach des Al Awda-Hospitals aus beobachten und 14
Granaten zählen, die nacheinander an einer Stelle in
dem kleinen Hafen einschlugen, wo die Dignity
angedockt hatte. Alle Boote der Regierung wurden
zerbombt, aber auch andere. So auch das von Dr.
Eyyad Sarajj, der sich für die Menschenrechte
einsetzt. Bei dem Versuch, das Feuer zu löschen,
wurde auch das Feuerlöschboot zerbombt, auch die
Hafenbüros.
Die Kabariti-Familie, die sechs
Kinder im Alter von 4 – 18 Jahren hat, hatte eine
Nacht voller Angst und Schrecken verbracht und
wirkte erschöpft. Während sie heute morgen mit mir
sprachen, schlug eine andere Rakete in den Hafen
gegenüber der Straße ein. Ich hatte die Familie
nicht mehr gesehen, seit Samstag, dem Tag, an dem
die Angriffe starteten; ich sprach mit ihrem
ältesten Sohn und der Tochter, die berichteten, dass
sie in der Karmel High School (Schule) waren, als
die Raketen bei den ersten Angriffen das Gebäude
trafen. H sagte, er habe sich 5 Minuten außerhalb
des Tores aufgehalten und für sein Examen gelernt.
So wurde er bei dem Angriff nicht verletzt. Nun ist
er nicht sicher, ob das Examen überhaupt
stattfindet.
Die Kinder erzählten mir, dass
ihr 11 Jahre alter Vetter ein verletztes
Kindergartenkind zum Hospital bringen musste. Zur
gleichen Zeit schlug eine Rakete in die Al
Wahda-Schule ein. R, die Mutter der Kinder, sorgt
sich um ihre Eltern. Ihre Wohnung liegt über einem
Geldwechsel-Laden und es kursieren Gerüchte, dass
dieser Laden das nächste Ziel sein wird. Bei
vorherigen Angriffen war das nämlich zweimal der
Fall. Sie berichteten mir, dass an einer anderen
Stelle in Gaza ein Gebäude, in dem Produkte zur
medizinischen Versorgung gelagert waren, bombardiert
worden war und die Tankstelle, die sich daneben
befand, explodierte.
EJ und Mo besichtigten die
Islamische Universität, die gegen Mitternacht von
fünf Raketen eines F-16-Kampfhubschraubers getroffen
worden war. Das fünfstöckige Frauengebäude (wo ich
an einigen Geburtshilfekursen teilgenommen hatte),
das Verwaltungs-Gebäude und das Technische Gebäude
waren auf einen Haufen Schutt reduziert worden. Das
Ausmaß des Schadens erstreckte sich bis zur
benachbarten Al Azahar-Universität.
Bitte bedenken Sie, dass dies nur
einige von vielen Bombeneinschlägen sind, von denen
ich an diesem Tag, voller Hektik Kenntnis hatte.
Heute Abend werden ich wieder zu
den selben Orten gehen wie letzte Nacht. Wir haben
einige Absprachen, dass wir im Falle eines Angriffs
mit den Krankenwagen mitfahren dürfen.
Vielen Dank für all Eure
ermutigenden Schreiben, Demonstrationen und Aktionen
und Arbeit mit den Medien. Ich bedauere sehr, aber
ich kann keine E-Mails individuell beantworten.
Siehe Fotos unter:
www.palsolidarity.org/main/2008/12/29/journal-attacks-last-night-in-gaza
Aktuelle Ergänzung nach
Telefonaten mit Freunden im Gazastreifen von Ellen
Rohlfs: Inzwischen ist auch das Haus von Prof.
Fauwaz und Anke Abu Sitta, Vertreterin der deutschen
Vertretung in Ramallah/ Gaza nicht mehr bewohnbar,
weil das Hochhaus daneben bombardiert wurde.
Und die Fenster der Häuser rund
um eine Straßenkreuzung in Gaza-Remal sind durch das
Bombardieren eines angeblichen Hamasgebäudes dort
alle zu Bruch gegangen, auch die Fenster „Unseres
Kindergartens“. Es gibt aber weder Brot noch
Fensterglas noch irgend etwas zu kaufen. Die
Menschen trauen sich auch gar nicht mehr auf die
Straße.
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