Die Lichter
ausschalten
Yitzhak Laor, 6.10.2009
Ein frischer Luftzug begleitet die Panik, die das israelischen
Establishment mit der Veröffentlichung des Goldstone-Berichtes
erfasst hat. Der humane israelische Macho-Mann mit seinem welligen
Haar erscheint nicht mehr auf dem Cover des Life-Magazins, sondern
eher auf den Listen von Verdächtigen der
Menschenrechtsorganisationen und in Zukunft vielleicht vor dem
internationalen Tribunal in Den Haag. Nach Jahren völliger
Nichtbeachtung der internationalen Gemeinschaft, der Verletzung von
Gesetzen und Verträgen, während israelische Rechtsexperten zu einer
Art öffentlichen Verteidigungsrates für unsere Generäle wurden, gibt
es schließlich Mitglieder der militärischen Elite, die nicht mehr in
die Schweiz zum Skifahren oder zur Oper in den Covent Garden oder
zu einer High-tech-Ausstellung nach Spanien fahren können, ohne
vorher ihre Rechtsanwälte zu konsultieren. Und das ist gut so.
David Ben Gurions prahlerischer Ausspruch: „Es ist unwichtig, was
Nicht-Juden sagen; wichtig ist allein, was Juden tun,“ ist immer ein
Teil des Staates Israels gewesen. Er gab nicht nur dem
Verteidigungsestablishment, einschließlich des Mossad, der Armee,
dem Atomforschungsinstitut Genehmigungen, sondern versorgte auch
die Öffentlichkeit mit dem nationalistischen Eifer, der half, sich
rund um die Idee zu vereinigen: „die ganze Welt ist gegen uns.“
Eine andere dumme Bemerkung Ben Gurions „ein Licht unter den
Völkern“ - aus den Tagen des Überfalls auf Qibiya 1953 und den
Gazastreifen - wurde im Laufe der Jahre zum Ausschalten des Lichtes,
damit keiner mehr sehen und keiner mehr wissen kann. Kurz gesagt,
Pnina Sharvit Baruch, die der IDF im Gazastreifen Rechtsrat gab,
wurde an die Universität eingeladen, um dort Jura zu lehren, während
die wirkliche Arbeit eines „Lichts unter den Völkern“ vom jüdischen
Richter Richard Goldstone getan wurde. (Was unsere Rechtsexperten
betrifft, die jetzt nach einer „Untersuchungskommission“ schreien –
wo waren sie während des letzten Krieges?)
Ben Gurions Slogan war auch nicht richtig. Israel war immer von dem
abhängig, was die Welt „sagt“, sogar jetzt, mit all seiner
militärischen Macht. Israel wurde durch eine dramatische
Entscheidung der UN-Vollversammlung geboren, erlaubte sich aber erst
dann in den Brunnen zu spucken, als Dutzende von Ländern ihre
Freiheit gewonnen und sich der Organisation angeschlossen hatten.
Diese wurden dann als nicht fortschrittlich und unterentwickelt (
von Israel) nicht ernst genommen. Die Welt wurde auf die früheren
Kolonialländer des Westens reduziert und auch diese wurden von
Israel jedes Mal mit Hohn zurückgewiesen, wenn die Besatzung keinen
guten Fototermin abgab. Mit was für einer Entschuldigung? Heuchelei
natürlich oder wegen (angeblichem) Antisemitismus seit Generationen.
Mit der Zeit wurde der Westen auf die USA reduziert, die wieder auf
die Israel-Lobby reduziert wurde, (die dort sehr unpopulär ist),
auf die Rüstungsindustrie und die Nachrichtendienste und das
Pentagon. Kurz gesagt: die Welt wurde auf das reduziert, was die
militärische Elite als ihre Welt identifizierte. Die „besonderen
Beziehungen“ wurden als eine Errungenschaft angesehen, weil sich
Israel seit seiner Staatsgründung sehr darum bemühte , die USA
davon zu überzeugen, dass es ein strategischer Aktivposten sei.
Unsere Demokratie wurde nur als Verpackung verkauft – wir werden
unsere Arbeit tun, die auch eure Arbeit sein wird.
Wenn damals vor langer Zeit Israels Kriege so geplant waren, dass
die Anzahl der Schlachttage der Zeit entsprachen, die der
Sicherheitsrat brauchte, um einen Entschluss zu fassen, so hat uns
seit 1967 das Vetorecht der USA sogar von diesem Hindernis befreit.
Das Verteidigungsestablishment hat die Erfahrung gemacht, dass die
öffentliche Meinung der Welt sich auf Bilder von Gräueltaten
gründet. Also wurde das strategische Konzept der Einschaltquoten um
Negativnachrichten entwickelt. Der Gazastreifen wurde für
Photographen gesperrt und der Krieg wurde für die
Sacharin-Jahreszeit des westlichen Fernsehens zwischen Weihnachten
und Neujahr geplant.
Um
es kurz zu sagen: der Bluff über „Es ist nicht wichtig, was die Welt
sagt“ explodiert wieder einmal mitten in unseren Gesichtern. Es gibt
eine Welt. Nicht alle verkaufen Waffen. Nicht alle sind so
heuchlerisch. Nicht alle sind Antisemiten. Es gibt gute Juden, die
nicht alle Befehle der IDF ausführen. Jetzt wird es ( höchste) Zeit
für uns, um uns mit einigen neuen Prüfern der Realität
auszustatten. (dt. Ellen Rohlfs)
Haaretz
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