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Ein Brief junger Juden aus
arabischen und islamischen Ländern, die in Israel leben, und
an Ihresgleichen im Nahen Osten und Nordafrika schreiben.
Ruh Jedida. Ein neuer Geist für 2011
http://portside.org/submittons3
Wir, die Abkommen aus jüdischen Gemeinden der
arabischen und muslimischenWelt, dem Nahen Osten und dem
Magreb und als 2. und 3. Generation der Misrahim-Juden in
Israel, beobachten mit großer Erregung und Neugierde die
außerordentliche Rolle, die Männer und Frauen unserer
Generation so mutig bei den Demonstrationen für Freiheit und
Wandel in der arabischen Welt spielen. Wir identifizieren
uns mit euch und sind sehr hoffnungsvoll für die Zukunft der
Revolutionen, die in Tunesien und Ägypten schon mit Erfolg
verliefen. Gleichzeitig schmerzt und beunruhigt uns der
große Verlust an Leben in Libyen, Bahrein, Jemen, Syrien und
vielen anderen Orten in der Region.
Der Protest unserer Generation gegen
Unterdrückung und unterdrückerische und ausfallende Regime
und sein Ruf nach einem Wandel, nach Freiheit und die
Errichtung demokratischer Regierungen, die die Beteiligung
der Bürger beim politischen Prozess fördert, markiert einen
dramatischen Moment in der Geschichte des Nahen Ostens und
Nordafrika, einer Region, die generationenlang zwischen
verschiedenen internen und externen Kräften zerrissen war
und deren Führer oft die politischen, wirtschaftlichen und
kulturellen Rechte seiner Bürger mit Füßen getreten haben.
Wir sind Israelis, die Kinder und Enkel von Juden, die im
Nahen Osten und Nordafrika seit Hunderten und Tausenden von
Jahren lebten. Unsere Vorfahren haben sich an der
Entwicklung der Kultur dieser Region beteiligt und sind ein
Teil davon. Deshalb ist die Kultur der islamischen Welt und
die Verbindung seit vielen Generationen und die
Identifizierung mit dieser Region ein untrennbarer Teil
unserer eigenen Identität.
Wir sind ein Teil der religiösen, kulturellen und
linguistischen Geschichte des Nahen Ostens und Nordafrika,
obwohl es so aussieht, als seien wir die vergessenen Kinder
seiner Geschichte.
Zunächst in Israel selbst, das sich einbildet, seine Kultur
käme von irgendwo zwischen dem kontinentalen Europa und
Nordamerika her. Dann in der arabischen Welt, die oft die
Dichotonie (Zweiteilung) von Juden und Arabern akzeptiert
und der eingebildeten Ansicht aller Juden als Europäer, die
gern die Geschichte der arabischen Juden unterdrücken, als
ob sie eine geringere Bedeutung in seiner Geschichte habe
oder gar nicht existieren würde. Und schließlich innerhalb
der Misrahim-Gemeinden selbst, die im Gefolge des westlichen
Kolonialismus, jüdischem Nationalismus und arabischem
Nationalismus sich ihrer Vergangenheit in der arabischen
Welt schämen.
Folglich versuchen wir uns oft dem Mainstream der
Gesellschaft anzupassen, während wir unsere eigene
Vergangenheit streichen oder herabsetzen. Die gegenseitigen
Einwirkungen und Beziehungen zwischen der jüdischen und
arabischen Kultur waren starken Versuchen ausgesetzt, in den
vergangenen Generationen ausgelöscht zu werden. Doch kann
sie in vielen Gebieten unseres Lebens, einschließlich der
Musik, beim Gebet, in der Sprache und der Literatur noch
gefunden werden.
Wir wollen unsere Identifizierung und unsere Hoffnungen zum
Ausdruck bringen, dass in diesem Stadium des
Generationenübergangs in der Geschichte des Nahen Ostens und
Nordafrikas unsre Identifikation die Tore zu Freiheit und
Gerechtigkeit öffnet und zu einer fairen Teilung der
Ressourcen dieser Region beiträgt.
Wir wenden uns an euch, die ihr zu unserer Generation in der
arabischen und muslimischen Welt gehört und die ihr für
einen ehrlichen Dialog kämpft, der uns in die Geschichte und
Kultur der Region mit einschließt. Wir sahen neidisch auf
die Bilder aus Tunesien und vom Tahrirplatz und bewunderten
eure Fähigkeit, einen gewaltfreien zivilen Widerstand zu
organisieren, der Hunderttausende auf die Straßen und Plätze
brachte und schließlich Eure Regierenden dazu bewegte,
zurückzutreten.
Auch wir leben unter einem Regime, das, obwohl es sich als
„fortschrittlich“ und „demokratisch“ vorgibt, in
Wirklichkeit große Teile seiner tatsächlichen Bevölkerung in
den besetzten Gebieten und innerhalb der Grünen Linie nicht
vertritt.
Dieses Regime tritt die wirtschaftlichen und sozialen Rechte
der meisten seiner Bürger mit Füßen und befindet sich in
einem anhaltenden Prozess, die demokratischen Freiheiten
einzuschränken und rassistische Grenzen gegen arabische
Juden, das arabische Volk und die arabische Kultur
aufzubauen. Im Gegensatz zu den Bürgern Tunesiens und
Ägyptens sind wir noch weit davon entfernt, die Art von
Solidarität zwischen verschiedenen Gruppen aufzubauen, wie
wir es in diesen Ländern sehen, eine Solidaritätsbewegung,
die uns erlauben würde, uns – die wir hier leben - zu
vereinen und zusammen auf den öffentlichen Plätzen zu
marschieren und ein ziviles Regime zu fordern, das
kulturell, sozial und wirtschaftlich gerecht ist und alle
einschließt.
Wir als Mizrahim in Israel glauben, dass unser Kampf für
wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte auf dem
Verständnis beruht, dass politischer Wandel nicht von
westlichen Mächten abhängt, die unsere Region und seine
Bewohner viele Generationen lang ausgebeutet haben. Wahrer
Wandel kann nur von einem inter-regionalen und
inter-religiösen Dialog in Zusammenhang mit den
verschiedenen Kämpfen und Bewegungen kommen, die
augenblicklich in der arabischen Welt stattfinden. Ganz
besonders müssen wir im Dialog und in Solidarität mit den
Kämpfen der palästinensischen Bürger Israels sein, die für
gleiche politische und wirtschaftliche Rechte kämpfen, für
die Aufhebung der rassistischen Gesetze und mit dem Kampf
des palästinensischen Volkes, das unter israelisch
militärischer Besatzung in der Westbank und im Gazastreifen
lebt, und das ein Ende der Besatzung fordert und
palästinensische nationale Unabhängigkeit.
In unserem früheren Brief, den wir nach Obamas Kairo-Rede
2009 schrieben, riefen wir zu einer Verstärkung der
demokratisch nahöstlichen Identität auf und dass wir in
diese mit eingeschlossen werden. Wir hoffen jetzt, dass
unsere Generation - in der arabischen, muslimischen und
jüdischen Welt – eine Generation von erneuerten Brücken sein
wird, die über Mauern und über Feindseligkeit führen, die
von früheren Generationen geschaffen wurden, und den tiefen
menschlichen Dialog erneuern, ohne den wir uns selbst nicht
verstehen können: zwischen Juden, Sunniten, Schiiten und
Christen, zwischen Kurden, Berbern, Türken und Persern,
zwischen Misrahim und Ashkenasim, zwischen Palästinensern
und Israelis.
Wir schöpfen aus unserer gemeinsamen Vergangenheit, um
hoffnungsvoll in eine gemeinsame Zukunft zu schauen.
Wir haben den Glauben an einen
inter-regionalen Dialog, der reparieren und rehabilitieren
soll, was in früheren Generationen zerstört wurde – quasi
als Katalysator, um das andalusische Modell von
muslimisch-jüdisch-christlicher Partnerschaft zu erneuern –
so Gott will, Insha’Allah – und zu einem Weg in ein
kulturelles und historisches goldenes Zeitalter für unsere
Länder. Dieses goldene Zeitalter kann nicht zustande kommen,
ohne gleiche demokratische Bürgerschaft, gleiche Verteilung
der Ressourcen, gleiche Chancen und Bildung, Gleichheit von
Mann und Frau und die Akzeptanz aller Menschen, egal welcher
Religions- und ethnischen Zugehörigkeit, egal in welchem
Familienstand, Geschlecht, sexueller Orientierung oder
ethnischer Zugehörigkeit. All diese Rechte sind gleichwertig
beim Aufbau der neuen Gesellschaft, nach der wir uns sehnen.
Wir setzen uns dafür ein, diese Ziele innerhalb eines
Dialog-Prozesses zwischen den Völkern im Nahen Osten und
Nordafrika zu erreichen – aber ebenso in einem Dialog, den
wir mit verschiedenen jüdischen Gemeinden in Israel und rund
um die Welt führen wollen.
Nun folgen die Unterschriften von 68 Misrahim,
deren Eltern vor allem (aber nicht nur) aus arabischen
Ländern kommen, Manches Elternteil kommt aus Europa, manche
sind noch in einem arabischen Land geboren worden …….s.
Internet
(dt. ein wenig gekürzt: Ellen Rohlfs )
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