Checkpoint
Qalandiya, 1. Freitag des Ramadan, 5. September 2008, 9:30-13:00
Bericht von Tamar Fleishman
“… Jerusalem ist in
politischer Hinsicht geschlossen und in religiöser Hinsicht offen. Wir
haben keinerlei Absicht, eine Berliner Mauer im Herzen Jerusalems zu
bauen und die Kultfreiheit einzuschränken” (Aus einem Interview mit
Shimon Peres, Juli 1994)
Die Zulassungsbeschränkungen wurden
peinlich genau eingehalten: Der Zugang zu den Freitagsgebeten in der
Al-Aksa-Moschee in Ost-Jerusalem war Frauen über 45 und Männern über 50
erlaubt, soweit sie nicht auf der Schwarzen Liste des israelischen
Geheimdienstes stehen.
Wie in den Medien angekündigt, waren Sicherheitskräfte an jeder Kreuzung
in der Umgebung der Altstadt stationiert. Der Checkpoint von Qalandiya
war durch Polizei, Grenzpolizei und die Spezialeinheit zur Kontrolle von
Demonstrationen abgeriegelt, und es wurden keine Fahrzeuge durchgelassen.
Innerhalb des Checkpoints
waren zwei Durchgänge für Fußgänger geöffnet worden: der eine, für
Frauen, an der Ostseite des Gebäudes, der andere, für Männer, auf dem
üblichen Weg durch die vergitterten, käfig-ähnlichen Gänge zu den
Kontrollpunkten. Viele arabisch-sprachige Polizisten gaben Anweisungen.
Überall war die größere Anzahl von Frauen als von Männern auffallend.
Die erste Auslese der Durchgangsberechtigten fand auf dem Platz nördlich
des Parkplatzes statt, so dass der Parkplatz selber zur “sterilen” Zone
wurde.
11:00: Die Reihe der Soldaten
zog sich hinter die Polizeiabsperrungen und die neu aufgestellten
Betonblocks, die den Parkplatz umgeben, zurück. Scharfschützen standen
mit dem Gewehr im Anschlag einsatzbereit auf ihren Posten. Es wurde
verkündet, dass der Durchgang geschlossen sei. Dennoch wurden noch
Einzelne, die entweder im Besitz israelischer Personalausweise waren
oder die entsprechende Altersgrenze erreicht hatten, in Richtung
Jerusalem durchgelassen. Hinter den Absperrungsgittern befanden sich
einige hundert Personen, denen der Durchgang verweigert worden war. Die
Soldaten richteten sich darauf ein, dass “Unruhen” begännen. Rauchbomben,
Schreckgranaten, Gummigeschosse und Tränengas wurden unter sie verteilt.
Ihre Begierde darauf, endlich “loslegen” zu dürfen, war unverkennbar.
11:15: Der Durchgang wurde
endgültig geschlossen.
Ein Chirurg aus Nablus, über
fünfzig Jahre alt, bat einen Offizier, ihn zum Gebet durchzulassen und
erhielt eine grobe Antwort: “Jetzt kommt keiner mehr durch. Etwas Geduld,
noch zwei oder drei Stunden, hast du keine Geduld?” – Der Arzt hatte
Geduld, die hat er im Übermaß, schon mehr als 41 Jahre. Er blieb in der
sengenden Sonne stehen und hoffte, dass sich die Tore zum Gebet
vielleicht doch öffnen würden.
Ein Angestellter der jüdischen
Beerdigungsgesellschaft, der eine Bescheinigung über seine Tätigkeit bei
sich hatte und sagte, dass er zu einer Beerdigung auf dem Friedhof bei
Giv’at Shaul müsse, erhielt die Antwort: “Heute wird nicht gestorben und
nicht beerdigt”.
Eine Gruppe von Frauen, die mit ihren
grünen Personalausweisen winkten, erregte den Zorn eines der Offiziere.
Er nahm sich eine von
ihnen vor und brüllte in ihre Richtung: “Halt den Mund!”
Ein Offizier der Grenzpolizei,
der es müde war, den Leuten zu sagen, dass sie nicht mehr durchgelassen
würden, ließ einen Schwall von Flüchen los, wies auf seinen Kopf und
fragte: “Was hat man euch da statt Verstand hingesteckt?”
12:00 Auf die Soldaten wurden
Steine geworfen. Sie reagierten zunächst mit Schreckgranaten, danach
schossen sie mit allem, was ihnen in die Hand kam. Rauch stieg über dem
Checkpoint auf. Einer der Soldaten streckte seine Hände aus und presste
sie zusammen wie ein Kind, das verlangt, das man ihm seinen Wunsch
stille und rief seinen Kameraden zu: “Bringt mir Granaten, bringt mir
Granaten …”. Er bekam sie, warf sie und beruhigte sich. Louis Ferdinand
Céline schreibt in seinem Roman “Reise ans Ende der Nacht”: “Das ist die
Natur der Soldaten, wenn sie nicht damit beschäftigt sind zu töten,
benehmen sie sich wie Kinder”. … Der scharfe Geruch des Tränengases
füllte die Luft und brannte in der Kehle und in den Augen. Ein am Kopf
verletzter Palästinenser wurde zu dem Krankenwagen gebracht, der schon
die ganze Zeit neben der Mauer stand, wurde behandelt und verbunden. Ein
15-jähriger Junge war am Hals verletzt worden, sein Hemd war angesengt.
Auch er wurde von den Sanitätern aus Ramallah verbunden. Ein
frustrierter junger Mann erzählte, dass er vor kurzem nach 13 Jahren
Haft im israelischen Gefängnis entlassen worden sei. Er liess seinen
Zorn an uns aus, schrie, dass er einmal an Zusammenleben und eine
friedliche Lösung des Konflikts geglaubt habe, aber inzwischen all
diesen schönen Worten keinen Glauben mehr schenke und keine andere
Zukunftsmöglichkeit für sich sehe, als der nächste Shahid zu sein. Zum
Abschluss zeigte er auf mich und sagte: “Und ihr seid sowieso vom
Geheimdienst”.
Auf dem Weg nach Hause hörten
wir in den 14 Uhr-Nachrichten, dass “die Sicherheitskräfte in Qalandia
eine Demonstration von 300 Palästinensern zerstreut hätten; es gab keine
Verletzten.” Bezieht sich die Armee nur auf ihre eigenen Leute, wenn sie
von Verletzten spricht? Werden verletzte Palästinenser nicht gezählt?
Checkpoint
Qalandiya, 2. Freitag des Ramadan, 12.
September 2008, 9:30-13:30
Bericht von Tamar Avraham
Es galten dieselben
Anordnungen wie in der vergangenen Woche. Freier Zugang nach Jerusalem
wurde nur Männern ab 50, Frauen ab 45 und Kindern gewährt. Da das
muslimische Mondjahr, im Gegensatz zum jüdischen, keinen Schaltmonat
einschiebt, hat sich der Ramadan vom jüdischen Feiertagsmonat Tischri
gelöst und ist zum Elul übergegangen. Dadurch kamen die
Zugangsbestimmungen für die Freitage des Ramadan nicht mehr mit dem
allgemeinen Passierverbot von den Besetzten Gebieten nach Israel, das an
jüdischen Feiertagen erlassen wird, in Konflikt, und wer das ersehnte
Alter erreicht hatte, durfte tatsächlich passieren. Blieben die “zu
jungen”, die keinerlei Möglichkeit haben, in der Al-Aksa-Moschee zu
beten.
Eine junge Frau, amerikanische
Staatsbürgerin, kehrte weinend von den Soldaten zurück, die ihr den
Durchgang verweigert hatten. “Was für eine Demokratie ist das”, fragte
zornig ihr Mann. Eine Frau, der nur noch wenige Wochen bis zu ihrem 45.
Geburtstag fehlten, versuchte ihr Glück, aber die Soldaten sahen sich
das Geburtsdatum in den Ausweisen genau an. Frauen unter 45 versuchten
zuerst an der einen, dann an der anderen Seite des Checkpoints
durchzukommen, vergeblich. Manche setzten sich auf Steine oder
Betonblöcke und öffneten den Koran und Gebetbücher. Wenn man für einen
Augenblick die Umgebung des Checkpoints vergisst, glich dieser Anblick
dem religiöser Jüdinnen, die in Autobussen und Wartezimmern Gebet- und
Psalmenbücher öffnen – aber die meisten von ihnen würden diesen
Vergleich wohl nicht schätzen.
Der Checkpoint war weiträumig
abgesperrt – in Richtung Jaba’ an dem Kreisverkehr, an dem sich die
Straße zum Checkpoint und die Straße nach Ramallah trennen und in
Richtung Ramallah an dem äußeren Wachturm in der Mauer. Infolgedessen
war der Parkplatz für Fahrzeuge nicht zugänglich, und die Busse,
Sammeltaxis und Privatwagen parkten auf jedem freien Fleck entlang der
Strasse in einer Länge von mehreren hundert Metern. Zugang zur
Wartehalle des Checkpoints, dem einzigen Schatten weit und breit, hatte
nur, wer bereits die Kontrollen passiert hatte. So standen die Menschen,
die seid fünf-sechs Uhr morgens nichts gegessen und getrunken hatten,
stundenlang in der Sonne.
Vor dem Durchgang auf der
Seite von Jaba’ stand eine Reihe von etwa zehn Soldaten, die die
Ausweise kontrollierten, und einige dutzend Meter weiter, am Eingang zum
Parkplatz, wurde ein zweites Mal kontrolliert. Auf den Betonblocks um
den Checkpoint war ein Scharfschütze postiert.
Auf dieser Seite des Checkpoints
befanden sich die ganze Zeit nicht mehr als einige dutzend Personen.
Eine Gruppe von Frauen,
denen der Durchgang verweigert worden war, wartete mehrere Stunden am
Rand, in der Hoffnung, dass sie vielleicht doch durchkämen. Es war
vergebens. Die Soldaten fühlten sich von den Frauen, die nicht bereit
waren, die Lage der Dinge hinzunehmen, gestört. “Zurück, ich habe genug
von euch”, schrie einer. “Schade um die Zeit”, fügte ein anderer hinzu.
Zwei Militärjeeps bahnten sich ihren Weg, den die Frauen bereits
freigemacht hatten, unter Motorgeheul und gereizten, wegwerfenden
Handbewegungen des Fahrers.
Vor dem Durchgang zum
Checkpoint auf der Seite von Ramallah befanden sich wesentlich mehr
Menschen. Gegen 10:00-10:30 waren es einige hundert, darunter einige
dutzend Jugendliche, die im Moment nur zuschauten und herumgingen, aber
sich im nächsten Augenblick vielleicht auf eine Konfrontation mit den
Soldaten einlassen würden. Vier Scharfschützen standen paarweise auf den
Betonblocks um den Checkpoint, und eine dicht gedrängte Reihe von
Soldaten stand vor den Menschen, die passieren wollten. Eine zweite,
nicht ganz so eng geschlossene Reihe, stand einige Meter weiter nach
innen, als zweiter Kontrollposten. Es sah so aus, als könne die Lage
jeden Moment außer Kontrolle geraten. Dennoch passierten gleichzeitig
große Mengen von Menschen, zu einem bestimmten Zeitpunkt wurde eine
große Gruppe durchgelassen, und dutzende rannten über den Parkplatz zur
letzten – dritten – Kontrolle innerhalb des Checkpoints. Diejenigen, die
nicht durchgelassen wurden, waren für die Soldaten ein Störfaktor und
wurden immer wieder zurückgedrängt. Bei ihnen stand auch ein etwa
fünfzigjähriger Mann, der einen blauen, israelischen Personalausweis
hatte (er zeigte ihn dem Soldaten). Er hätte passieren können, aber er
wollte nicht. Er wollte bei denen sein, denen verboten wurde, in der
Al-Aksa-Moschee zu beten und sich ihrem Protest anschließen. Zu dem
Soldaten, der ihn vertreiben wollte, sagte er: “Ich stehe hier, ich
übertrete kein Gesetz”. Für einen Augenblick nahm der Soldat das hin,
aber als er zurückkam, um eine Gruppe Jugendlicher zu vertreiben, stieß
er auch den Mann, der sein Vater hätte sein können, zurück. Ein anderer
Soldat näherte sich einem Jungen, der ihm kaum bis zu den Hüften
reichte, mit so zornerfüllten Augen als wolle er mit dem Blick allein
das Kind vertreiben. Rufe “Lasst uns durch”, wurden laut. Eine Reihe von
Soldaten drängte sich zwischen die Wartenden, um sie vom Checkpoint zu
entfernen.
Gegen 11:00 hatte sich die
Lage entspannt. Vielen waren durchgelassen worden, hundert-zweihundert
warteten noch. Es gab nur noch eine Reihe kontrollierender Soldaten.
Mitten auf dem leeren Parkplatz, den die Durchgelassen einer nach dem
anderen erreichten, stand ein Soldat mit Lautsprecher. Jedes Mal, wenn
er sah, dass sich eine Frau näherte, schrie er durch den Lautsprecher
auf arabisch: “Frauen nach links”.
Die Frauen konnten die Wartehalle
von außen umgehen und gelangten dann durch ein Drehkreuz zum
Kontrollposten. Die Männer dagegen passierten den Checkpoint auf dem
“normalen” Weg durch die
vergitterten Gänge, die
Drehkreuze und die Kontrollposten.
Um 11:45 wurde der Durchgang
geschlossen, denn es war sowieso schon zu spät, um noch rechtzeitig die
Al-Aksa-Moschee zu erreichen. Aber den Wartenden war es wichtig,
wenigstens Jerusalem betreten zu können. Besonders die Frauen drängten
immer mehr, dass man sie durchlasse. Ein Soldat ging bereits mit
schussbereitem Gewehr und Schreckgranaten in seiner kugelsicheren Weste
herum. Der Regimentskommandant hatte eine halbe Stunde vorher gesagt,
dass seine Soldaten die Munition je “nach Einsatzbedarf” benutzen
würden. Schließlich wurde der Durchgang erneut geöffnet, aber es blieben
etwa hundert, vielleicht 150 zurück, die noch nicht das “richtige” Alter
erreicht hatten. Im
Schatten der Mauer standen einige Jugendliche aus Jenin.
Um 3 Uhr morgens waren sie
aufgebrochen, gegen 6/7 Uhr hatten sie den Checkpoint erreicht. Die
Entfernung zwischen Jenin und Jerusalem beträgt etwa hundert Kilometer,
aber wegen der Checkpoints auf dem Weg dauert die Fahrt Stunden. Etwa
dreißig Autobusse waren von Jenin losgefahren, meistens mit älteren
Menschen, denen es auch gelang, den Checkpoint von Qalandiya zu
passieren. Die Jugendlichen hatten gehofft, dass es ihnen vielleicht
gelingen würde, gemeinsam mit den anderen durchzukommen. Aber statt den
Mauern der Jerusalemer Altstadt sahen sie nur die moderne Betonmauer um
Jerusalem.
Je weiter die Zeit
fortschritt, desto mehr nahm die Ungeduld der Soldaten den Abgewiesenen
gegenüber, die sich weigerten, das Feld zu räumen, zu. Immer wieder
stießen sie Frauen zurück, packten sie am Rücken oder am Arm.
Einige der Frauen stießen
Protestschreie aus.
Gegen 12:30 begannen immer mehr
der Abgewiesenen, den Checkpoint zu verlassen, vielleicht um noch
rechtzeitig zum Gebet in der nahegelegenen Moschee zu kommen.
Einige dutzend blieben. Ein
älterer Mann in traditioneller Kleidung stieg auf einen Stein und began
zu predigen. Ein Soldat richtete auf ihn die auf den Gewehrlauf
geschraubte Kamera, um den Mann, der sich als Führungspersönlichkeit
präsentierte und vielleicht hetzerische Parolen ausstieß, im Bild zu
dokumentieren.
Um 12:45 begann unter
Anleitung des Predigers das Gebet, vier Reihen von Männern und zwei
Reihen von Frauen gegenüber den Betonblocks, genau vor dem Visier der
Scharfschützen, Absperrungsgitter zu beiden Seiten, alle Kameras auf sie
gerichtet. Unter den Betenden befand sich der Mann, der von seinem
Recht, Jerusalem zu betreten, keinen Gebrauch machen wollte, solange
andere nicht hineingelassen werden. 10 bis 15 Jugendliche, die schon den
ganzen Vormittag hier verbracht hatten, nahmen nicht am Gebet teil,
standen abseits. Einer der Scharfschützen richtete, wie zum Spaß, das
Gewehr auf sie. “Was?, was?”, riefen die Jugendlichen und zogen sich für
einen Augenblick zurück. Danach machten sie Bewegungen, die zwei
Soldaten veranlassten, auf sie zuzumarschieren und sie zu vertreiben.
Eine Sekunde später
näherten sie sich wieder.
Um 13:00 endete das Gebet.
Etwa 15 Frauen standen immer noch vor den Soldaten und baten,
durchgelassen zu werden. Die Soldaten begannen, die Absperrungsgitter
einzusammeln. Um 13:15 marschierten etwa zwanzig Soldaten mit
vorgehaltenen Gewehren in die Menge von etwa zwanzig bis dreißig
Personen, die noch herumstanden und scheuchten sie zurück. Die
Jugendlichen standen wenige Meter vor den Soldaten. “Gleich werden sie
Steine werfen”, sagte einer der Soldaten.
Kein Stein wurde geworfen. Ein
Bulldozer räumte zwei Betonblocks beiseite, um die Zufahrt zum Parkplatz
frei zu machen. Die Soldaten zogen sich dorthin zurück, gingen
rückwärts, die Gewehre auf die Wartenden gerichtet, dass sie es ja nicht
wagen, sich auch nur einen Zentimeter zu nähern.
Um 13:25 wurde ein Band über
die Zufahrtsstraße zum Checkpoint gespannt. Ein weiterer Ramadan-Einsatz
war beendet. Gestelle mit frischem Brot für Jerusalem wurden gebracht.
Das Gewehr des beschäftigungslos gewordenen Scharfschützen war auf sie
gerichtet.
Später stellte sich heraus,
dass die Ereignisse des Tages damit noch nicht abgeschlossen waren. Ein
paar deutsche Studenten, die den Checkpoint gegen 15:00 passierten,
berichteten, dass Massen von Menschen vom Gebet zurückkehrten,
irgendwann wurde ein Stein geworfen und die Soldaten drangen mit
vorgehaltenen Gewehren in die Menge ein.
Es fehlte nicht viel, und die
Situation wäre außer Kontrolle geraten.
Checkpoint Qalandiya, 4.
Freitag des Ramadan und Vortag von Leilat al-Qadr, 26.9.2008, 9:30-14:30
Bericht von Tamar Avraham
“Schafft man so Frieden?”
(Ein Mann aus Nablus, dem der Zugang zum
Gebet verweigert wurde, obwohl er eine Arbeitserlaubnis für Israel hat)
Wir hatten gehört, dass die Probleme
bereits am Donnerstag abend begonnen hatten. Ältere Menschen, die vor
dem Andrang am Morgen zurückschreckten, wollten am Abend den Checkpoint
passieren, aber die “erleichterten Zugangsbedingungen”, die Männern ab
50 und Frauen ab 45 den Zugang nach Jerusalem ohne besonderen
Erlaubnisschein ermöglichen, traten erst am Freitag morgen im Kraft, und
die alten Menschen saßen fest.
Wie bereits in der vergangenen Woche war
der Zugang zum Checkpoint neu geregelt worden. Während es an den ersten
beiden Freitagen des Ramadan an jeder Seite sowohl eine Reihe für Männer
als auch eine für Frauen gab, war jetzt der Zugang aus Richtung Ramallah
für die Frauen reserviert und der Zugang aus Richtung Jaba’ für die
Männer. Wer mit seinem Fahrzeug an der für das andere Geschlecht
bestimmten Seite ankam, musste sich daher seinen Weg zwischen parkenden
und fahrenden Wagen auf der den Checkpoint umgehenden Straße bahnen in
der Hoffnung, nicht angefahren zu werden. Die neue Regelung erschwerte
es auch Eheleuten, einander nach den Kontrollen wiederzufinden.
Vor dem Checkpoint befanden sich hunderte
von Männern und Frauen, darunter viele unter dem “zugangsberechtigten”
Alter. Eine lange Reihe von mehreren hundert Männern wartete auf die
Ausweiskontrolle. Die Soldaten achteten – mit Hilfe von “Zurück,
zurück”-Schreien durch das Megaphon, Gesten mit den Händen und den
Gewehren und Stößen – genau darauf, dass die Wartenden in einer
ordentlichen Reihe standen. Der demütigende Anblick erinnerte an einen
Appell im Gefängnis. Ein Panzerwagen und eine Reihe von Soldaten
sperrten den Zugang zu der Schlange ab. Erst wenn sie kürzer wurde,
ließen sie eine weitere Gruppe durch, und alle begannen zu rennen, um
einen etwas besseren Platz in der Reihe zu fassen. Die Soldaten neben
dem Panzerwagen kontrollierten die Ausweise nicht, und so warteten in
der Schlange viele, die schließlich zurückgeschickt wurden, weil sie
noch nicht fünfzig waren. Viele der Abgewiesenen gaben noch nicht auf
und warteten. Einige ließen sich auf Kartons nieder, auf dem Bordstein
oder direkt auf dem Boden, andere blieben stehen. Die Soldaten
versuchten, sie zu vertreiben. Etwa zehn Minuten nach unserer Ankunft
wurde ein Schuss abgegeben. Die Männer wichen zurück. “Wer war das?”,
schrie einer der Soldaten und drang mit seinen Kameraden in die Menge.
Sie kamen mit zwei Jungen zurück, die hinter dem Panzerwagen, so dass
nicht zu sehen war, was genau geschah, durchsucht wurden und dann mit
Handschellen gefesselt zum Checkpoint geführt wurden. Ob sie wirklich
einen Stein geworfen hatten, haben wir nicht gesehen.
Auf der Frauenseite hatte man nicht
versucht, eine ordentliche Warteschlange zu schaffen, sondern zwei
Reihen von Soldaten standen vor den hunderten von Frauen und bildeten
zwischen sich zwei Durchgänge. Unter den Wartenden befanden sich viele
junge Frauen und auch einige dutzend Männer. Sie hatten entweder noch
nicht begriffen, dass auf dieser Seite nur Frauen durchgelassen wurden
oder waren sowieso zu jung um durchzukommen und standen nur da und
betrachteten das Geschehen. An der Seite befand sich der “humanitäre
Korridor” für Gehbehinderte und Personen, die zu schwach waren, in der
Menge zu warten. Einer der “ökumenischen Begleiter” (Freiwillige des
Weltkirchenrates), der auch am vergangenen Freitag hier war, meinte,
dass der Korridor heute in besserem Zustand sei als vor einer Woche,
denn jetzt war er für Rollstühle passierbar. Dennoch konnte der
Rollstuhlfahrer immer noch jeden Stein auf dem nicht asphaltierten Weg
spüren, und wer sich auf einen Stock stützte, hatte Schwierigkeiten,
Halt zu finden. Die Soldaten versuchten auch auf der Frauenseite immer
wieder, die Wartenden zurückzuscheuchen. Ein Soldat plazierte sein
Megaphon vor dem Ohr einer Frau, brüllte sie an, dass sie weggehen
sollte und stieß sie zurück. Ein anderer Soldat brüllte genau vor dem
Gesicht eines alten Mannes in sein Megaphon. Das Gedränge war groß. Die
Frauen wurden immer wieder zurückgestoßen. Zu einem bestimmten Zeitpunkt
versuchten die Soldaten, eine “sterile” Zone von etwa dreißig Metern
zwischen sich und den Frauen zu schaffen, aber nach kurzer Zeit ließen
sie wieder eine große Gruppe passieren. Ein Ehepaar suchte seinen
kleinen Sohn, der die Kontrollen mit der Großmutter passiert hatte und
im Checkpoint verschwunden war. Die Eltern durften nicht passieren, sie
waren zu jung. Der Vater war bereit, seinen Personalausweis bei den
Soldaten zu hinterlegen, wenn sie ihn nur in den Checkpoint
hineinließen, um sein Kind zu suchen. “Ich kann meine Befehle nicht
übertreten”, erklärte der erste Soldat. Der zweite Soldat wollte den
Vater auf die Männerseite schicken. Aber auch dort wäre er nicht
durchgekommen. Schließlich rief der Soldat den Kommandanten herbei und
dieser, des Arabischen mächtig und bereit zuzuhören, ließ den Vater
sofort durch, ohne von ihm seinen Ausweis zu verlangen. Dieser Offizier
war der Ausnahmefall. “Alle Männer auf die andere Seite. Ihr versteht ja
Hebräisch”, war die Stimme eines Soldaten durch das Megaphon zu hören.
Auf der Männerseite waren die Soldaten und
Polizisten weiterhin damit beschäftigt, die Warteschlange ordentlich
aufzustellen, drangen in die Menge ein, schwangen Stöcke. Wer aus der
Schlange heraustrat, wurde ans Ende zurückgeschickt. Ein Polizist packte
einen Mann mit einem kleinen Kind an der Hand an der Brust, und die
beiden schrien aufeinander ein. Ein Soldat schrie auf einen Mann mit
zwei kleinen Mädchen, der versucht hatte, die Schlange zu umgehen, ein.
Vertreibende Handbewegungen des Soldaten gegenüber den erklärenden
Handbewegungen des Vaters. Der Soldat gewann. Als die Soldaten eine
weitere Gruppe durchließen, um sich in der Schlange anzustellen,
verloren sie die Kontrolle und schafften es nicht, die laufende Menge
anzuhalten. Ein Mann, der von der Seite zusah, lachte angesichts des
hilflos gewordenen Besatzers. Ein kleiner Trost inmitten der großen
Frustration.
Plötzlich drang eine Gruppe Soldaten in
vollkommener Ruhe in die Menge jenseits des Panzerwagens ein und ging
zwischen den parkenden Sammeltaxis durch. Sie kehrten mit einem weiteren
verhafteten Jungen zurück, ohne das klar war, was er getan hatte.
Während zwei Soldaten dem Jungen die Hände auf den Rücken hielten, gab
ihm der Offizier eine Ohrfeige. Auch dieser Junge wurde hinter dem
Panzerwagen gefesselt und zum Checkpoint geführt.
Die Soldaten schrien. “Alle weg hier”,
“hallo, ho”, “zurück”, “ihr werdet nicht durchkommen, da hilft nichts”,
“alle zurück”. Die Männer machten einige Schritte nach hinten, bis die
Soldaten aufhörten zu schreien und kehrten dann auf ihren alten Platz
zurück. So ging es immer wieder, eine Welle zurück und eine Welle nach
vorne. Die Schreie der Soldaten wurden die ganze Zeit von wegwerfenden
Handbewegungen begleitet, als wollten sie lästige Fliegen vertreiben. Es
begann zu regnen – der erste Regen nach dem langen Sommer – und ein
kalter Wind wehte. So wie es keinen Schutz vor der Sonne gegeben hatte,
so gab es auch keine Zuflucht vor dem Regen.
Um 12:00 war der Gebetsruf des Muezins zu
hören. In der Schlange standen noch einige hundert Männer und einige
dutzend warteten vor dem Panzerwagen. Im Gegensatz zu den vorigen Wochen
wurde diesmal der Durchgang nicht mit der Behauptung, es sei sowieso
schon zu spät, rechtzeitig in die Al-Aksa-Moschee zu kommen,
geschlossen. Die Soldaten erhielten neben dem Panzerwagen Anweisungen.
Sie wollten den Ramadan-Einsatz beenden. “Passieren oder weggehen”,
stellten sie die Wartenden vor die Alternative, dass nur ja keine
Menschenansammlung, wie ruhig auch immer, vor dem Checkpoint bleibe.
Etwa zehn Soldaten gingen zwischen den parkenden Sammeltaxis hindurch
und verlangten von den Fahrern wegzufahren. “Los, weg hier, steigt in
die Autos. Schluss. Nach Hause”. Wieder die Handbewegungen, dass sie
verschwinden sollen. Andere Soldaten kontrollierten die Ausweise der in
der Schlange Wartenden, um die Nicht-Durchgangsberechtigten
zurückzuschicken, noch bevor sie den Kontrollposten erreichten.
Auf der Frauenseite warteten noch dicht
aufeinandergedrängt etwa zweihundert Frauen und neben ihnen einige
dutzend Männer. In der Mitte erhob sich über den Köpfen der Frauen ein
Soldat, der auf einem Stein oder einem Betonblock stand und Anweisungen
gab. Innerhalb des Checkpoints setzten Soldaten der Spezialeinheit zur
Kontrolle von Demonstrationen Helme mit einem durchsichtigen
Schutzvisier für das Gesicht auf, um einsatzbereit zu sein, falls es
nötig werden sollte. Zwei Scharfschützen postierten sich einige Meter
vor dem Zugang zum Checkpoint, dort wo die Jugendlichen, die
potentiellen Steinwerfer, standen.
Um 12:30 sah es immer noch nicht so aus,
als habe sich die Zahl der wartenden Frauen vermindert. Etwa zwanzig
Frauen saßen auf dem Boden. Der zweite Gebetsruf des Muezins ertönte,
ein Mann in der Menge der Wartenden wiederholte ihn, die Männer ordneten
sich in Reihen zum Gebet an, ein Mann begann zu predigen. Er sprach
leise, mit einem Lächeln auf dem Gesicht. Seine Hände wiesen wieder und
wieder auf die Mauer, auf den Wachturm, auf den Checkpoint und in
Richtung des ersehnten Zieles, dass sie nicht erreichen werden. Dann
begannen sie, einige dutzend Männer und Frauen, vor dem abgesperrten
Zugang zu beten. Einige Frauen breiteten ihre Gebetsteppiche in einiger
Entfernung vom Checkpoint neben einem wartenden Autobus aus. Es war sehr
ruhig.
Um 12:50 endete das Gebet, und die Betenden
zerstreuten sich. Es blieben die Frauen, die immer noch darauf warteten,
durchgelassen zu werden und einige dutzend Männer, unter ihnen die
Jugendlichen, die vielleicht Steine werfen würden. Ihnen gegenüber
standen zwei Soldaten mit vorgehaltenem Gewehr. Auf den Betonblöcken,
die den Checkpoint umgeben, wurden zwei weitere Paare von Scharfschützen
postiert. Ein Soldat und eine Soldatin zogen zwei Frauen aus der Menge,
die nicht durchgangsberechtigt waren. Zwei andere Frauen brachen in
Tränen aus und flehten, dass man sie durchlasse. Vergebens.
Die Soldaten wollten nach Hause gehen.
“Verschwindet”, ließ sich die Stimme des Soldaten auf dem Wachturm
vernehmen. “Geht nach Hause, genug”, schrien seine Kameraden. Es half
nichts. Die kommende Nacht ist Leilat al-Qader, die Nacht, in der nach
der Tradition der Prophet Muhammad den Koran empfangen hat. Wer das
Freitagsgebet versäumt hatte, hatte noch nicht die Hoffnung aufgegeben,
in dieser besonderen Nacht zur Al-Aksa-Moschee zu gelangen. Die Soldaten
drangen in die Menge der Männer ein, drängten und stießen sie zurück und
verlangten von den Fahrern, mit ihren Wagen den Platz zu räumen. Ein
Soldat schlug einen Jungen auf die Schultern, damit er sich schneller
zurückziehe – und einige Minuten später, als ein anderer Soldat auf
einen Wagen einschlug, sagte er zu ihm: “Ohne Schläge”. Um 13:15
versuchten die Soldaten, auch die Frauen zu vertreiben. Es gelang ihnen
nicht. Dann wurden sie aggressiver, und die Frauen wichen einige Meter
zurück.
Plötzlich war ein “wau” vom Wachturm zu
hören. Einige Jugendliche machten in Richtung des Turmwächters eine
Handbewegung, die sagen wollte: “Was willst du von uns?” Einige Minuten
später holten die Soldaten vier Jungen aus dem Bereich zwischen den
Wagen hervor und führten sie unter Gewaltanwendung zum Checkpoint. Wir
haben nicht gesehen, dass ein Stein geworfen wurde. Es sah so aus, als
ob der Soldat auf dem Wachturm seine Kameraden auf Jungen hinwies, deren
Verhalten ihm provokativ erschien, und sie wurden zur Abschreckung
verhaftet. Die Menge zog sich in Panik zurück und stand in einem
Halbkreis gegenüber der Reihe der Soldaten. Einige dutzend Frauen, vom
langen Warten müde und geschwächt von der Sonne, die längst wieder die
Regenwolken abgelöst hatte, ließen sich im Schatten der Mauer, dem
einzigen verfügbaren Schatten, nieder. Der Soldat auf dem Wachturm
fühlte sich durch diese Ansammlung zu Füßen seines Turmes gestört. Er
schlug an sein Fenster und schrie: “Geht nach Hause”. Die Frauen
verließen den Schatten, blieben aber vor Ort.
14:15. Auf der Männerseite befanden sich
noch einige dutzend Männer, und auch hier waren die Soldaten immer noch
damit beschäftigt, sie zurückzudrängen. Verstärkung traf ein. Einer der
neu angekommen Soldaten sagte mit leiser Stimme: “Geht jetzt”. Niemand
ging. Die Soldaten standen verwirrt da. Sie begriffen, dass sie
Menschen, die einfach so, ohne etwas zu tun, auf der Straße stehen,
nicht mit Gewalt auseinandertreiben konnten. Aber sie konnten sich nicht
dazu durchringen, den Zugang zum Checkpoint unbewacht zu lassen, obwohl
die Eindringlinge im Höchstfall bis zu den Drehkreuzen vorgedrungen
wären, die per Knopfdruck verriegelt werden können. So standen beide
Seiten wahrscheinlich noch Stunden einander gegenüber.
Im Folgenden die Eindrücke von Dorit
Hershcoviz von den Vorgängen am Checkpoint Qalandiya am selben Tag:
Das war das erste Mal, das ich sah, was man
in Qalandiya am letzten Freitag des Ramadan sieht. Und ich denke, dass
man das, was ich heute gesehen habe, nicht verzeihen kann oder begreifen
oder mit anderem vergleichen. Der Korrespondenz im E-Mail-Netz von
Machsom Watch konnte ich entnehmen, dass es im letzten Jahr schlimmer
war und in den Jahren davor noch schlimmer. Gerade weil ich es dieses
Jahr zum ersten Mal gesehen habe, möchte ich darum bitten, keine
Vergleiche zu ziehen und das, was heute geschieht, ohne Beziehung zur
Vergangenheit zu sehen, es einfach so zu sehen, wie es war, denn auch
wenn es schon schlimmer war, was jetzt war, war unendlich schlimm und
furchtbar! Nicht alles habe ich fotografiert, nicht alles konnte ich
fotografieren, nicht bei jedem Anblick konnte ich noch atmen, ganz zu
schweigen davon, die Kamera zu heben und einzustellen. Aber ich habe
gesehen und werde nicht vergessen, und ich möchte es denen erzählen,
denen es nicht gleichgültig ist:
Ich habe Unmengen von Frauen, Männern und
Kindern gesehen, die nicht durchgelassen wurden. Unmengen von Menschen,
die von Jenin und Nablus und anderen entfernten Orten kamen, Stunden um
Stunden dastanden und sich weigerten, nach Hause zu fahren und zu
verzichten und trotzdem nicht durchkamen. Und trotzdem gekommen waren
und dastanden. Und eine Frau sagte uns, dass sie wenigstens den Versuch
macht, am heiligsten Tag des Jahres zu dem ihr heiligen Ort zu kommen,
und sie wird es weiterhin tun. Und nichts wird sie dazu bringen, es
nicht zu versuchen.
Ich habe einen Jungen gesehen, 14-15 Jahre
alt, der von Grenzpolizisten abgeführt wurde. Sein Gesicht war
geschwollen und seine Nase blutete, und mit seiner einen Hand hielt er
ein weißes, mit seinem Blut gefärbtes Tuch an seinen Mund.
Ich habe Soldaten gesehen, die mit ihren
Händen Frauen jeden Alters, junge und alte, stießen.
Ich habe einen Soldaten gesehen, der aus
kürzester Entfernung auf eine Frau losbrüllte, die ihn mit der
Fingerspitze auf die Schulter getippt hatte, damit er sich ihren
Erlaubnisschein ansehe. “Rühr mich nicht an, wag’ es nicht, mich
anzurühren”.
Ich habe Soldaten mit geschwungenen Stöcken
gesehen, die Männer bedrohten, die zu ihrem Pech noch nicht ihren
fünfzigsten Geburtstag vollendet hatten, aber nicht weit von ihm
entfernt waren.
Ich habe neben der Schlange herrenlose Sandalen gesehen, die jemandem
von den Füßen gefallen waren, der versucht hatte, sich
hindurchzudrängen.
Ich habe eine junge Frau gesehen, die weinend die Soldaten anflehte,
während ihr kleiner Sohn, ein etwa vierjähriges Kind, sie mit
herzergreifendem Weinen am Kleid zurückzog, denn er hatte Angst und
wollte nach Hause.
Ich habe Jugendliche gesehen, die aus der großen Menge herausgefischt
wurden, gefesselt wurden und so zum Polizeiwagen geführt wurden, nachdem
irgendein Kommandant dort zu seinen Soldaten gesagt hatte: Kommt mit
mir, wir gehen dazwischen, nehmen ein paar mit, dann werden sie sich
zerstreuen. (Das half ihm nichts - “sie” zerstreuten sich nicht.)
Ich habe eine Frau gesehen, deren Personalausweis in dem Durcheinander
oder bei den Soldaten verlorengegangen war, und ihr Gesicht sagte, dass
ihr klar war, was das bedeutet.
Ich bin sicher, dass die Verantwortlichen für den Checkpoint und der
Armeesprecher über diese Dinge nicht berichten werden. Sie werden sicher
anders über das, was heute in Qalandiya geschehen ist, berichten, sie
werden vielleicht auf diejenigen hinweisen, die durchgelassen wurden
oder auf die Tatsache, dass die großen Abschreckungsinstrumente – die
Gewehre und die Kugeln und die Schreckgranaten und das Gas und all die
anderen Dinge, die sie vor Ort hatten, nicht eingesetzt wurden,
jedenfalls nicht in den Stunden, in denen wir da waren. Aber mir ist das
wichtig, was dort ja geschehen ist. Und es war dort schlimm und
furchtbar.
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