Die
Isolierung Bethlehems und seiner Bürger
17. April 2004
Bethlehem ist eine der berühmtesten Städte der Welt, dank der
Auszeichnung, die Geburtsstätte Jesu und damit der Christenheit zu
sein. Zum Bethlehemer Bezirk gehören 72 Städte und Dörfer mit einer
Bevölkerung von mehr als 169 000 christlich und muslimisch
palästinensischen Bewohnern (PCBS 2003). Die Stadt Bethlehem war und ist
bis heute das wichtigste wirtschaftliche, soziale, kulturelle und
städtische Zentrum nicht nur des Bezirkes, sondern auch eines größeren
Regionalzentrums in der Westbank.
Bethlehem und die
Absperrung:
Seit dem 22. Februar 2004 eskalieren die Maßnahmen der israelischen
Armee gegenüber den palästinensischen Bürgern Bethlehems. Es wurde eine
strenge Absperrung über den Bezirk verhängt. Die Absperrung wurde nach
der Ermordung des Scheichs Ahmed Yassin am 22.3.2004 noch strenger
gehandhabt. Die palästinensischen Bürger konnten auf Grund verschärfter
israelischer Maßnahmen an den israelischen Kontrollpunkten ihre
Bestimmungsorte in den benachbarten Bezirken wie Ramallah und Jerusalem
nicht mehr erreichen. (s. Karte : Checkpoints im Raum Bethlehem!)
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Die israelischen
Maßnahmen:
1. Die Palästinenser
müssen alternative Wege benützen,
die
die vom Militär abgesperrten Hauptstraßen ersetzen. Z.B. die
Hauptstraßen in
der Nähe von Husam, al Khader und die Straße im Kidrontal, die jetzt die
einzige Zufahrtsstraße für Bethlehemer Bewohner von Jerusalem, Ramallah und der
nördlichen Region darstellt. Die israelischen Soldaten, die an den
Checkpoints stehen, haben den Checkpoint 300 und DCO blockiert und
hindern palästinensische Zivilisten daran, auch zu Fuß hinauszugehen-
und hereinzukommen und machen so das tägliche Leben unerträglich, da sie
als Folge davon in Bethlehem wie in einem Gefängnis eingesperrt sind.
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Israelische
Soldaten, die am Checkpoint Gilo 300 stehen, setzen ihr demütigendes
Verhalten gegenüber den Palästinensern fort, die auf ihrem Weg zur
Arbeit, Schule, ins Krankenhaus, zu Orten des Gebetes, zum Markt und
anderen sozialen Diensten sind. Die Soldaten erklärten die Umgebung von
Rahels Grab und Gilo 300 zum militärischen Sperrgebiet. Das hat hier
die völlige Lähmung des palästinensischen Verkehrs zur Folge. Zusätzlich
werden viele Palästinenser von israelischen Soldaten geschlagen. Fahrer
müssen große Umwege fahren, bevor sie in den Bereich des Checkpoints
kommen, weil sie fürchten müssen, dass ihnen die Reifen zerstochen
werden. In einigen Fällen wurden Taxifahrern, die von isr. Soldaten
gefangen wurden, die Autoschlüssel abgenommen und sie mussten den Wagen
stundenlang am Straßenrand stehen lassen
2. Die Straße durch
das Kidrontal, die sog. „Feuertalstraße“
Früher
brauchte man 10 Minuten hinunter und um die Berge herum, um am
israelischen Checkpoint (Container-Checkpoint) an der Kreuzung
anzukommen, von wo man nach As Sawahra, Ash Sharquiya, Abu Dis,
Ramallah und die anderen nördlichen Bezirke gelangt.
Die israelischen
Soldaten blockierten seit Errichtung des Checkpoints die Straßen mit
dicken Betonblöcken (siehe oben). Palästinenser, die zu ihrem
Arbeitsplatz oder zu den Universitäten wollen, kommen wegen der
strengen Maßnahmen am Kontrollpunkt gewöhnlich zu spät.
Wenn
man heute z.B. von Bethlehem zur benachbarten palästinensischen Stadt
Abu Dis auf der Feuertalstraße fahren möchte, die der einzige Ausgang
für die Menschen in Bethlehem und Hebron ist, braucht man mehr als drei
Stunden, um an sein Ziel zu gelangen. So versäumen die Studenten der
al-Quds-Universität viele ihrer Vorlesungen, weil sie am Checkpoint zu
lange aufgehalten werden oder die Umwege zu lang sind. Oft können sie
nicht einmal diese Umwege nehmen.
Lehrer, Schüler,
Studenten, Angestellte, Arbeiter, Frauen und alte Leute haben Mühe, ihre
Taschen und anderes Gepäck mit sich zu schleppen, wenn sie täglich
versuchen, hier durchzukommen und täglich diese Schikanen über sich
ergehen lassen oder Verspätungen in Kauf nehmen müssen, weil sie 1-1,5
km weit 2-300 m hoch über einen gefährlichen Abhang klettern müssen, um
die von israelischen Soldaten durchgeführten Absperrungsmaßnahmen am
Checkpoint zu umgehen.
Israelischer
Militarismus gegen die Palästinenser im Kidron/Feuertal wird stärker:
keiner darf die Straße benützen. Die Zufahrtstraße nach Abu Dis
(Ostjerusalem) erreichte einen Höhepunkt der Konfrontationen mit den
Palästinensern, die dort seit langem am Morgen zu ihrem Bestimmungsort
und am Abend nach Hause gingen.
3. Die israelische
Zivilverwaltung
im
Bethlehemer Distrikt gab an palästinensische Christen während der
Osterzeit Passierscheine aus - als Teil einer absichtlichen Politik, die
ein Gefühl der Diskriminierung zwischen Christen und Muslimen in
Bethlehem schafft. Während es den Christen zu Weihnachten und zu Ostern
erlaubt war, die heiligen Stätten zu besuchen, erhielten die Muslime
während des Ramadan und des Id –Festes keine Passierscheine und durften
Jerusalem nicht betreten. Sie werden also daran gehindert, während der
Feiertage in der al-Aksa-Moschee zu beten. Das Prinzip, Passierscheine
nur an Christen zu verteilen und Muslime auszuschließen, zeigt die
israelische Absicht, ein Gefühl von Ungerechtigkeit zwischen Muslimen
und Christen zu schaffen, die in Bethlehem in Frieden und Harmonie
zusammenleben.
4. Leider sahen sich
auch die Leute mit Passierscheinen,
die Bethlehem am Gilo oder DCO-Checkpoint verlassen wollten, um die
Osterfeiern in Jerusalem zu erleben, mit einer üblen Behandlung durch
israelische Soldaten an den Checkpoints konfrontiert.
Hunderte von
palästinensischen Christen, die sich nach Jerusalem aufmachten, standen
in einer langen Reihe und warteten darauf, bis ihre Identitätskarten
kontrolliert waren. Sie hofften, dass die israelischen Soldaten ihnen
das Passieren des Checkpoints erleichtern würden, da sie Passierscheine
für Jerusalem hatten. Doch die militärischen Aktionen an den Checkpoints
waren schmerzlich sarkastisch und weit entfernt von Vorteilen und
moralischen Prinzipien Menschen gegenüber. Dies widersprach den Genfer
Konventionen, Artikel 27, §1, der sich mit religiösen Überzeugungen,
Praktiken und der Achtung vor dem Menschen befasst: „geschützte Personen
haben unter allen Umständen den Anspruch auf Achtung ihrer Person, ihrer
Ehre, ihrer Familienrechte, ihrer religiösen Überzeugungen und
Praktiken, ihrer Sitten und Gebräuche. Sie sollen immer menschlich
behandelt werden und besonders vor allen Akten der Gewalt und Bedrohung
geschützt werden auch gegen Beleidigung und vor öffentlicher
Neugierde.“
Während die Bürger
von Bethlehem noch immer die Freude und den Frieden der Osterzeit
feierten, lebten sie eingeschüchtert und unruhig weiter mit den
täglichen Schikanen und mit einer seit langer Zeit auf die Region
auferlegten Absperrung, die sie daran hinderten, ihr Recht auszuüben
Gottesdienst zu feiern.
Seit der zweiten
Intifada gibt es eine Reihe israelischer Maßnahmen gegen die
Palästinenser und ihren Privatbesitz, die die palästinensische
Wirtschaft schwer beeinträchtigen und gleichzeitig zu Verzweiflung und
humanitären Krisen führen.
(dt. Übersetzung
Ellen Rohlfs)
Originalartikel:
http://www.poica.org/casestudies/Bethlehem%2004-2004/index.htm |