"Schlüssel der Rückkehr", ein
Hochzeitsgeschenk in Gaza
Von Sami Abu Salem für
WAFA Palestine News Agency
GAZA, 15. Mai 2005 (WAFA):
Unterschiedliche Größen des hölzernen "Schlüssels der
Rückkehr", verziert mit den eingebrannten Namen
palästinensischer Städte, hängen im Zelt des 34jährigen Nasser
Flaifel in Gaza.
Andere palästinensische
Antiquitäten - einschließlich einiger Karten von Palästina
- liegen verstreut auf seinem kleinen Tisch und hängen an der
Wand hinter ihm. Traditionelle palästinensische Musik mengt sich
in die historische Atmosphäre.
Unermüdlich brennt Flaifel Namen
in seine Schlüssel und meint: "Der Schlüssel ist ein Symbol
der Palästinenser auf ihr Rückkehrrecht in ihre Heimat. Am 57.
Jahrestag der Nakba wiederholt das palästinensische Volk ihr
Festhalten am Rückkehrrecht. Jeder drückt dieses Festhalten auf
seine eigene Art und Weise aus".
Er fährt fort: "Es ist mein
individueller Weg, diese Schlüssel anzufertigen, um uns und die
Welt daran zu erinnern, dass wir unser Recht auf Rückkehr in
unsere Häuser niemals vergessen werden".
Nakba ist ein arabisches Wort,
das Desaster, Katastrophe, Verheerung und Elend bedeutet. Es ist
der Begriff, den Palästinenser üblicherweise auf 1948 beziehen,
als Tausende von ihnen abgeschlachtet und Hundertausende
zwangsweise durch zionistische Truppen aus dem Land gedrängt
wurden.
Zwei alte Metallschlüssel
liegen auf Flaifels Tisch. Er erklärt: "Der kleinere der
beiden ist der Schlüssel unseres Hauses in der Stadt Beer Sheva,
der größere gehört zu unserem Garten. Diese beiden Schlüssel
sind ein wertvoller Bestandteil unseres großväterlichen Erbes".
Während er dies sagt, wiegt er die beiden Schlüssel andächtig in
seiner Hand.
Flaifels Großvater und alle
anderen Familienangehörigen wurden 1948 durch zionistische
Truppen gewaltsam aus ihren Häusern vertrieben. Die Söhne und
Enkelsöhne der Familie haben noch die Besitzurkunden ihres
Hauses sowie den Ausweis ihres Vaters ... herausgegeben 1938 von
der Palästinensischen Regierung.
"Mein Großvater hinterließ
den Schlüssel meinem Vater, mein Vater hinterließ ihn mir, und
ich will ihn für meinen Sohn bewahren. Wir werden niemals unser
Haus vergessen; wir warten immer noch auf die Umsetzung der
UN-Resolution 194, damit wir in unsere Heimat zurückkehren
können."
1999 besuchten Flaifel und seine
Familie ihr Haus in Beer Sheva, und sie waren überrascht
darüber, dass die Israelis es in eine Synagoge umgebaut hatten.
Nur der alte Garten umgab noch das neue Gebäude.
Gemäß palästinensischer Tradition
gibt der Bräutigam auf seiner Hochzeit den Gratulanten ein
symbolisches Geschenk. Flaifel gab ihnen den hölzernen
Schlüssel.
Er meint, er habe versucht, seine
Hochzeitsfeier auf den 15. Mai zu legen, also auf den Gedenktag
an die Nakba, aber er habe seine Meinung geändert, da dieser Tag
mit dem dritten Todestag seines Vaters zusammenfalle.
Flaifel ist stolz, denn den
ersten von ihm gefertigten Schlüssel schenkte er damals Yasser
Arafat: "Ich war so stolz, als Präsident Arafat sich meinen
Schlüssel ansah und ihn anschließend in seinem Büro in
al-Moqata'a in Ramallah aufhängte".
Jetzt will er seine erste
Ausstellung vorbereiten. "Für das Nichtvergessen" sollen
Schlüssel und künstlerische Antiquitäten und Symbole der Nakba
gezeigt werden.
Mehrere Male wurde Flaifel
während der 1987er-Intifada von den israelischen Besatzern
eingesperrt. "Ich war 17 Jahre alt, als ich verhaftet wurde.
Ich verbrachte viereinhalb Jahre in israelischen Gefängnissen
und wurde beschuldigt, gegen die israelische Besatzung gekämpft
zu haben. Ich fühle, dass ich durch die Schlüsselherstellung
weiter für meine Rechte kämpfen kann. Mein größter Traum ist es,
in das Haus meines Großvaters zurückzukehren. Ich hoffe, dass
die UN-Resolution 194 umgesetzt wird, damit wir in unser
Haus heimkehren dürfen und für die Jahrzehnte entschädigt
werden, die wir als Flüchtlinge leben mussten."
16.05.2005, Übers. v. Gabriele Al
Dahouk
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