......Und die Mauern
stürzten zusammen
Ghazi Hamad, The Palestine Report, 28.4.04
Zwischen den Ruinen seiner beiden
Gebäude saß Scheich Salah Abu Taha, 53, und sah sich den Schaden an. Die
beiden Gebäude hatten 30 Wohnungen und wurden während einer Invasion der
israelischen Armee in der Yubna-Region von Rafa im letzten Dezember mit
Sprengstoff dem Erdboden gleich gemacht. 30 Familien, einschließlich der
Familie Taha, wurden obdachlos gemacht.
„Ich war überrascht, als die
Soldaten mein Haus betraten und uns befahlen, das Haus zu verlassen. Sie
sagten, dass sie nach einem unterirdischen Tunnel suchten, wovon ich gar
keine Ahnung hatte“ sagte er.
Der Offizier befahl jedem, das
Haus innerhalb von 10 Minuten zu verlassen.
„Ich konnte nichts aus dem Haus
mitnehmen, kein Geld, nicht den Schmuck meiner Frau oder Möbel. Alles
wurde unter dem Schutt begraben“. Abu Taha sagte, dass die Armee in die
Ecken des Gebäudes Sprengstoff legten und es so von innen her in die Luft
sprengten.
Rafah wird oft
wegen der andauernden Hauszerstörungen als Katastrophengebiet
bezeichnet. Nach der Statistik der Rafahbehörde sind seit Beginn der
Intifada mehr als 1600 Häuser von der isr. Armee zerstört worden. Bis Ende
2003 haben 1767 Familien bzw 9567 Menschen ihre Wohnung verloren. 600
Häuser sind teilweise zerstört worden, und isr. Beschuss hat 3520 Häuser
beschädigt.
Nach der UNRWA-Statistik wurden
in den letzten 3,5 Jahren im ganzen Gazastreifen 14 850 Bewohnern von der
isr. Besatzungsarmee die Wohnungen zerstört.
Die Hauszerstörungen in Rafah sind
auf den 6km langen Grenzstreifen Gazastreifen-Ägypten konzentriert .
Heute ist das an die Grenze anschließende Land völlig von Häusern geräumt
und zu einem vom isr. Militär kontrollierten Gebiet geworden, auf dem
militärische Wachtürme errichtet wurden und zwei Mauern, die Ägypten von
Gaza trennen. Dieser Landstreifen ist als Philadelphi-Streifen bekannt und
wird nach dem Rückzugsplan des isr. Ministerpräsidenten Sharon unter isr.
Kontrolle bleiben.
Majid Al-Agha, Rafahs
Bürgermeister, sagt, Israel habe eine Pufferzone geschaffen, die sich 150m
breit an der Grenze hinzieht. Israel behauptet, das Ziel hinter dem
Zerstören der Häuser sei das Verhindern des Waffenschmuggels aus Ägypten
durch unterirdische Tunnel. In Statements der Presse rechtfertigt der
Armeesprecher Sharon Val-Blod das Geschehen in Rafah: „Wir zerstören
nicht unnötig Häuser. Das muss klar sein. Wir zerstören nur Häuser, wenn
es dort Tunnel gibt.“
Agha bestreitet diese Behauptungen
und sagt, Israel benötigt keine Entschuldigungen, um seine Aggressionen zu
rechtfertigen. „ die Angriffe gegen unsere Heimat gehen weiter, um
politischen Lösungen aus dem Wege zu gehen. Sie drücken sich um den
politischen Prozess, um ihre Politik der Zerstörung und des Tötens
fortführen zu können.“
Er fährt fort: „Falls, wie die
Israelis behaupten, dort Tunnel seien, warum werden dann Olivenbäume auf
der Grenze zwischen Rafah und Khan Younis zerstört? Was haben die damit
zu tun? Oder das Töten der Kinder und Zivilisten – wie hängt das mit ihrer
Behauptung von vorhandenen Tunnels zusammen?“
Zerstörung und Dynamit
Die Bewohner von Rafah sagen,
Hauszerstörungen werden auf zweierlei Weise ausgeführt.: entweder mit
Bulldozern oder mit Sprengstoff. Einige Häuser sind durch Beschuss
teilweise zerstört worden oder wenn Panzer durch die engen Gassen der
Flüchtlingslager fahren.
Nach dem Al-Hayat
al Jadida-Korrespondenten Abdel Razzak Abu Jazar hängt die Methode vom
Gebiet ab. Wenn es ein eng bewohntes Gebiet ist, und Panzer und Bulldozer
dies nicht erreichen können, wird Sprengstoff verwendet. Wenn es ein
offenes, wenig bewohntes Gebiet ist, erledigen Bulldozer diese Arbeit.“
Aber es gab auch Fälle, wo Häuser
mitten im Lager durch Bulldozer zerstört worden sind; da sind dann die
meisten Häuser der Umgebung auch zerstört worden.
Sprengstoff wirkt genau so
zerstörerisch. Die isr. Truppen verwenden äußerst wirksamen Sprengstoff.
Der Schaden an den anderen Häusern ist unvermeidlich.
Mousa Abu Zanoun, 54, lebt in der
Angst, dass sein Haus auch zusammenbricht. Das Sprengen der Häuser in
seiner Nachbarschaft glich einem Erdbeben und hat fast alle Häuser im
Grenzstreifen beschädigt. Er befürchtet, dass die Wände seines Hauses,
die sowieso schon mitgenommen sind, schließlich als Folge der fast
täglichen Explosionen in diesem Gebiet auch einstürzen werden.
„Wir können nicht mehr für die
Sicherheit der Kinder in unseren eigenen Häusern sorgen,“ sagt Abu Zanoun
bitter.
Leben im Warenhaus
Der größte Teil der
Rafah-Bevölkerung sind Flüchtlinge : 100893 Menschen oder etwa 85 % der
ganzen Bevölkerung, nach den Statistiken des Paläst. Zentralstatistikbüros
von 2003. Und für die Flüchtlinge, deren Häuser zerstört wurden, setzt
sich die Zerstörung im Prozess der Enteignung von 1948 fort.
„Nichts hat sich von gestern bis
heute verändert“, sagte Haj Saber Baroun, 66. Gestern war die Vertreibung
von 1948 und heute sagt mir ein isr. Soldat, der in die Wohnung kam, ich
solle hinausgehen. Sie schossen auf mich , also musste ich das Haus
verlassen. Als ich zurückkam, fand ich mein Haus in Trümmern, als ob sich
die Erde geöffnet und alles verschlungen hätte. Es war nichts übrig
geblieben, nur Staub und Schutt.“
Ismael Radwan, 53, ist inzwischen
das Opfer von mehreren Zerstörungen in Rafah. „Es genügte anscheinend den
Besatzungsbulldozern nicht, mein Haus im Yubna-Lager zu zerstören, sie
folgten mir zu dem Haus, das ich in Block O gemietet hatte. Sie rissen es
letzten Monat ein.“
Seit 1948 zählt Radwan drei
aufgezwungene Vertreibungen durch Israel.
Von
der Hilfe für den Lebensunterhalt abhängig, haben die Hauszerstörungen ein
großes zusätzliches Obdachlosenproblem für die Flüchtlinge geschaffen.
Während es einigen gelungen war, ein eigenes Haus in der Stadt zu haben,
haben viele nichts, wo sie jetzt hingehen könnten.
Nach Abdel Hakim Issa, dem
Vorsitzenden des Volkskomitees von Besitzern zerstörter Häuser in Rafah,
wurden Notmaßnahmen getroffen, und jeder verfügbare Platz wird für
Obdachlosen genützt.
„Familien mit 17 Mitgliedern,
leben nun in Warenhäusern ohne Schlafzimmer, Küche oder andere notwendige
Haushaltseinrichtungen,“ sagt Issa.
Issa hat wie die meisten Bewohner
von Rafah keine Zeit für Israels Rechtfertigungen der Zerstörungen.
Während der ganzen Intifada, hat Israel eine Politik der Zerstörung
ausgeführt. Es hat einen systematischen Programmplan formuliert und führt
ihn bis zum Ende durch.
Quelle der Bilder 1, 2 und 3 und mehr >>>
Quelle des Bildes 4 und mehr >>>
(Aus dem Englischen: Ellen Rohlfs)
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