Die Ermordung
des S. M. Ahdad durch einen Siedler
Nablus 02.10.04
Sail Mustafa Ahdad, ein 47-jaehriger
Taxifahrer aus Salem bei Nablus wurde vor drei Tagen von einem
Siedler aus der nahe gelegenen Siedlung Alon More getötet.
Der folgende Bericht gibt wieder, was einer
der Augenzeugen miterlebt und uns heute geschildert hat. "Sail
Mustafa Ahdad ist ein angesehener und geschätzter Mann aus unserem
Dorf. Er war verheiratet und hat 6 Kinder, zwei sind blind. Er war
Taxifahrer und verdiente so sein Geld, um seine Familie zu!
ernähren. Er ist nie aufgefallen durch politische Aktivitäten,
Extremismus oder Teilnahme am gewaltsamen Widerstand gegen die
Besatzung. Vor drei Tagen fuhr ich mit ihm und vier anderen
Fahrgästen von Nablus in Richtung Beit Dajan. Auf dem Weg mussten
wir an einer Stelle eine Strasse befahren, die oft von Siedlern
benutzt wird, aber keine "klassische" Siedlerstrasse ist. Wir sahen
schon aus der Ferne ein rotes Auto am Straßenrand, dessen Fahrer
neben seinem Fahrzeug stand - ein Siedler. Da die Gegend absolut öd
und unbewohnt ist, besprach ich mich kurz mit dem Fahrer und er
entschied, den Siedler zu fragen, ob dieser vielleicht Hilfe
brauche. Er fuhr langsam heran und als wir ca 4 Meter von dem Mann
entfernt waren, kurbelte Sail sein Fenster herunter. Das nächste,
was passierte war, dass der Siedler aus ca. 2 Metern Entfernung auf
Sail schoss. Die Kugel durchdrang seinen linken Arm und bohrte sich
in seine Herzgegend. Er lebte noch einen Augenblick, während dies
geschah, hatte er noch seinen Fuss auf dem Gaspedal, das Auto fuhr
also noch langsam weiter. Es gelang mir, das Auto zum Stehen zu
bringen. Wir waren alle aufgebracht, ich verließ das Auto und sprach
den Siedler an. Ich bat ihn, einen Krankenwagen zu bestellen, der
Mann müsse sonst sterben und er hätte sicherlich ein Handy. Alles
was der Mann zu mir sagte war:" Ich hoffe, das er sterben wird. Das
war meine Absicht und seine Bestimmung.". Er stieg dann in sein Auto
und fuhr weg. Gleich danach kam ein Siedlerkleinbus, der, wie der
Mann in Richtung Siedlung unterwegs war. Ich nötigte den Fahrer
anzuhalten, doch es gelang mir nicht wirklich- der Widerspruch
seiner Fahrgäste war zu groß. Im Endeffekt haben wir dann Sail auf
den Beifahrersitz geschafft und ich habe das Taxi zum Checkpoint
gefahren. Die Soldaten dort nötigten uns noch, den inzwischen
Verstorbenen in ein anderes Taxi zu schaffen. Ich fuhr ihn dann ins
Krankenhaus nach Nablus." Die Fortsetzung schilderte uns ein anderer
in der Runde! anwesender Mann. "Wir haben natürlich sofort die
israelische Polizei informiert, eine halbe Stunde später wird er
verhaftet, nicht ohne sich vorher noch rasiert und umgezogen zu
haben. Er leugnete zu Beginn, auch nur annähernd in die Tat
verwickelt gewesen zu sein. Da aber alle fünf Augenzeugen einstimmig
widersprachen, gestand er- dies nachdem man ihn an den Tatort
zurueckgeführt hatte und er sich dort auffällig verhielt. Er gab
aber sogleich an, dass er von dem Taxifahrer bedroht worden war und
in Selbstverteidigung gehandelt habe. Der Fahrer hätte ihn sonst
getötet. Die Polizei nahm ihn daraufhin mit zur Polizeistation in
Ariel, liess ihn aber kurz darauf frei. Erstens glaubten sie seiner
Version der Notwehr, zweitens stünde ein jüdischer Feiertag an und
man respektiere mit diesem Akt seine Religiosität. ( Das ist
wirklich der Hohn schlechthin. Unglaublich. Hanan). Arabische
Abgeordnete der israelischen Knesset - dem Parlament - legten
Widerspruch gegen seine Freilassung ein. Es gibt nun eine Anhörung
am Montag, derzeit ist der Mann unter Hausarrest. Sein Name ist
übrigens Yaschur Yitzhar, er ist allen hier bekannt für seine
extreme Brutalität und die hohe Zahl seiner Gewaltverbrechen gegen
die Dorfbewohner. Er arbeitet in Israel für eine zionistische
Organisation und hat unter anderem die deutsche Staatsbürgerschaft.
Unter anderem besitzt er ausserdem die Erlaubnis, eine besondere
M-16-Waffe zu tragen, die ausschließlich für geplante Angriffe und
nicht zur Selbstverteidigung benutzt werden. Das Geschoss, welches
er benutzte, ist das bekannte und grundsätzlich tödlich wirkende
Dumm-Dumm-Geschoss. Es tritt mit einem kleinen Radius in den Körper
ein und explodiert dann innerlich."
Diese Geschichte ereignete sich im Vorfeld der
am Samstag in Salem beginnenden Olivenernte. Diese besondere Zeit
des Jahres könnte so schön, geradezu romantisch verbracht werden.
Die unmittelbare und allgegenwärtige Bedrohung durch die
unberechenbaren Siedler lässt allerdings wie jedes Jahr die Hoffnung
auf friedliches Einbringen der Ernte erlöschen.
Viele Grüsse Hanan