Danke,
Smotrich
Uri
Avnery. 23. September 2017
ICH SCHULDE
Bezalel Smotrich großen Dank. Ja, ja gegenüber Smotrich von der
extremen Rechten, gegenüber Smotrich, dem Faschisten.
Vor kurzem hielt
Smotrich vor seinen Anhängern eine Rede, von der er annahm, sie sei
ein nationales Ereignis, der Wendepunkt in der jüdischen Geschichte.
Er war freundlich genug, mich in dieser monumentalen Botschaft zu
erwähnen.
Er sagte, dass nach
dem 1948er-Krieg, in dem der Staat Israel gegründet wurde, Uri
Avnery und eine kleine Gruppe von Anhängern die Ideologie der „Zwei
Staaten für zwei Völker“ schuf und durch geduldige Arbeit über viele
Jahre Erfolg hatte, diese Idee zu einem nationalen Konsens,
tatsächlich zu einen Grundsatz zu machen. Smotrich sagte seinen
Verehrern, auch sie müssten ihre Ideologie formulieren und auch sie
müssten geduldig daran arbeiten, dass sie anstelle von Avnerys
Ideologie zum nationalen Konsens würde.
Ein Kompliment, das
von einem Feind kommt, ist immer angenehmer, als wenn es von einem
Freund kommt. Umso mehr als ich nie viel Komplimente von Freunden
erhielt. In der Tat versuchen die vielen Politiker, die jetzt für
„zwei Staaten für zwei Völker“ zu kämpfen versprechen, die Tatsache
vergessen, dass ich es war, der als erster diese Idee proklamierte,
lange bevor sie selbst davon überzeugt waren.
Also Smotrich danke
schön!. Verbunden mit meinem Dank, kann ich den Wunsch ausdrücken,
dass du einen hebräischen Namen annehmen möchtest, der einem Manne
ziemt, der dahin strebt, ein hebräischer Duce zu werden?
NACH DEM
Kompliment, hat Smotrich seinen Plan für die Zukunft Israels
ausgeführt-
Er gründet sich auf
die Forderung, dass die Araber, die zwischen dem Jordan und dem
Mittelmeer leben, zwischen drei Alternativen wählen:
Erstens, sie können
eine finanzielle Vergütung akzeptieren und das Land verlassen.
Zweitens, sie
können Untertanen des jüdischen Staates werden, ohne die
Staatsangehörigkeit zu bekommen und ohne das Recht zu wählen.
Drittens können
sie einen Krieg machen und besiegt werden.
DIES IST
Faschismus, ganz einfach. Abgesehen davon, dass Benito Mussolini
den Terminus erfand (vom lateinischen fasces, ein Bündel von Ruten,
das alte römische Symbol der Autorität) predigte er nie die
Massen-Auswanderung von irgendjemandem. Nicht einmal die der
italienischen Juden, von denen viele eifrige Faschisten waren.
Schauen wir uns den
Plan selbst an. Kann ein ganzes Volk dazu gebracht werden, friedlich
seine Heimat für Geld aufzugeben? Ich denke nicht, dass dies jemals
geschah. Tatsächlich zeigt allein die Idee eine miserable
Geringschätzung der Palästinenser.
Einzelne Personen
können ihre Heimat in Zeiten von Stress verlassen und in bessere
Gegenden auswandern. Während der großen Hungersnot sind Massen von
Irländer und Irländerinnen von ihrer grünen Insel nach Amerika
ausgewandert. Im heutigen Israel wandert eine ganz schöne Anzahl
von Israelis nach Berlin oder Los Angeles aus.
Doch können dies
Millionen tun? Freiwillig? Gegen Gewinn? Ganz abgesehen von der
Tatsache, dass der Preis von einem Auswanderer zum nächsten
Auswanderer ständig steigen wird. Es würde dafür nicht genug Geld
in der Welt geben.
Ich würde Smotrich
raten, noch einmal ein Lied vom nationalen Poeten Nathan Alterman
lesen. Es wurde lange, bevor er geboren wurde geschrieben. Während
der „Arabischen Revolte“ 1937 lobte Alterman die Einheiten der
illegalen hebräischen Untergrundkräfte: „Kein Volk zieht sich aus
dem Schützengräben seines Lebens zurück“ Keine Chance.
Das zweite Angebot
würde leichter sein. Die Araber, die schon jetzt eine leichte
Mehrheit zwischen dem Fluss und dem Mittelmeer darstellen, werden
ein Pariah-Volk und werden ihren israelischen Herren dienen. Die
arabische Mehrheit wird dank der viel höheren palästinensischen
Geburtenrate schnell wachsen. Wir werden bewusst eine
südafrikanische Apartheid-Situation schaffen.
Die alte und neue
Geschichte zeigt, dass solch eine Situation ausnahmslos zu einer
Rebellion und letztendlich zu einer Befreiung führt.
Da bleibt also noch
die dritte Lösung. Sie passt zum israelischen Temperament viel
besser: Krieg. Nicht die endlosen Kriege, in die wir seit Beginn des
Zionismus verwickelt gewesen sind, sondern ein großer,
entscheidender Krieg, der dem ganzen Kuddelmuddel ein Ende setzt.
Natürlich werden die Araber besiegt und ausgelöscht. Ende der
Geschichte.
ALS ICH
1949 zu der Schlussfolgerung kam, dass der einzige Weg zur
Beendigung des Konfliktes der war, den Palästinensern zu helfen,
einen eigenen Staat zu gründen, Seite an Seite mit dem neuen Staat
Israel, begannen meine Gedanken mit einer sehr originellen Annahme:
dass da ein palästinensisches Volk existiert.
Ehrlich gesagt, war
ich nicht der erste, dem dies klar wurde. Vor mir hat ein weiser
linker zionistischer Historiker, Aharon Cohen, diese Idee
vorgebracht. Alle anderen Zionisten leugneten wütend diese Tatsache.
Golda Meir erklärte einmal berüchtigter Weise: „So etwas wie ein
palästinensisches Volk gibt es nicht.“
Wer sind also diese
Araber, die wir mit eigenen Augen sehen? Ganz einfach, sie sind
Gesindel, die von benachbarten Gegenden in dieses Land zogen,
nachdem wir gekommen waren und dieses Land zum Blühen brachten.
Leicht rein, leicht raus-
Es war leicht so
zu denken, solange die Westbank unter jordanischer Herrschaft und
der Gazastreifen unter ägyptischer Herrschaft war. „Palästina“ war
von der Landkarte verschwunden. Bis ein Mann mit Namen Yasser
Arafat es wieder darauf setzte.
Im 1948er-Krieg
wurde die Hälfte des palästinensischen Volkes aus dem Gebiet
vertrieben, das Israel wurde. Die Araber nennen dies die „Nakba“ –
die Katastrophe. (übrigens wurden sie nicht aus Palästina
vertrieben, wie viele glauben. Ein großer Teil fand Zuflucht in der
Westbank und im Gazastreifen)
SEIT 1949
besteht die einfache Tatsache, dass zwei Völker in diesem kleinen
Land leben.
Keines dieser
beiden Völker will weggehen. Beide glauben inbrünstig, dass dieses
Land ihre Heimat ist.
Diese einfache
Tatsache führte mich zu der logischen Schlussfolgerung, dass die
einzige Lösung ein Frieden ist, der sich auf Ko-Existenz der
beiden Nationalstaaten gründet, Israel und Palästina in enger
Kooperation, vielleicht mit etwas wie einer Föderation.
Eine andere Lösung
würde eine Art unitärer Staat sein, in dem beide Völker friedlich
mit einander leben. Wie ich vor kurzem mehrmals hingewiesen habe,
glaube ich nicht, dass dies möglich sei. Beide sind leidenschaftlich
nationalistische Völker. Außerdem ist der Unterschied ihrer
Lebensstandards sehr groß. Sie sind im Charakter und der
Auffassung so verschieden wie nur zwei Völker sein können.
Nun kommt Smotrich
und schlägt eine dritte Lösung vor, eine Lösung, von der viele im
Geheimen glauben: tötet sie oder vertreibt sie alle zusammen.
Dies ist viel
schlimmer als Mussolinis Programm. Das erinnert einen an eine andere
historische Figur. Und es mag daran erinnert werden, dass Mussolini
von seinem eigenen Volk erschossen wurde, das seinen Körper
kopfunter an einen Fleischerhaken aufhängte.
Smotrich sollte
ernst genommen werden, nicht weil er ein politisches Genie ist,
sondern weil er offen und ehrlich ausdrückt, was viele Israelis im
Geheimen denken.
Er ist 37 Jahre
alt, sieht gut aus, mit einem kultivierten Bart. Er wurde auf den
besetzten Golanhöhen geboren, wuchs in einer Siedlung auf der
Westbank auf und lebt jetzt in einer Siedlung in einem Haus, das
illegal auf arabischem Land gebaut wurde. Sein Vater war ein
Rabbiner; er selbst wurde in einer religiösen Elite-Jeshiva erzogen
und ist Rechtsanwalt. Nun ist er auch ein Mitglied in der Knesset.
Einmal wurde er
drei Wochen lang verhaftet, weil er an einer Demonstration gegen
Homosexuelle teilnahm Doch nachdem er erklärt hat, er stolz ein
Schwulenhasser zu sein sei, entschuldigte er sich. Als seine Frau
eines seiner sechs Kinder gebar, protestierte er dagegen, dass sie
in einem Wöchnerinnen-Zimmer mit einer arabischen Frau zusammen
lag. Er war auch dagegen, dass Wohnungen in jüdischen Stadtteilen
an Araber verkauft werden und schlug vor, arabische Kinder, die
Steine werfen, zu erschießen.
Ein anderer
zionistischer Dichter schrieb einmal, dass wir nicht eher eine
normale Nation werden, bis wir jüdische Kriminelle und jüdische
Huren haben. Gott sei Dank, haben wir nun eine Menge von ihnen. Und
jetzt haben wir auch einen echten jüdischen Faschisten.
(dt. Ellen Rohlfs,
vom Verfasser autorisiert)