Plappern und drohen
Baerbock phantasiert von deutscher »Schutztruppe« im Gazastreifen. Israel will Krieg »bis zur Zerstörung der Hamas« weiterführen
Knut Mellenthin - 4.06.2024
»Die Deutschen nach vorn!«, soll sich angeblich der britische Truppenführer am 22. Juni 1900 während der westlichen Militärintervention zur Aufstandsbekämpfung in China gewünscht haben.
Jetzt ist Annalena Baerbock an der Reihe, deren Ressort genau betrachtet nicht das Verteidigungs-, sondern das Außenministerium ist:
Beim Parteitag der Grünen verkündete sie am Sonnabend kaum missverständlich ihre Bereitschaft, Bundeswehr-Soldaten in den palästinensischen Gazastreifen zu schicken, »wenn es jetzt nicht nur einen Wiederaufbau braucht, sondern eine internationale Schutztruppe«.
Die Bild ließ allerdings sofort einen »Experten« mahnen: »Vor einem möglichen Einsatz muss die Hamas zerschlagen werden.«
Die Zerschlagung der Hamas ist auch die Position der israelischen Regierung. Die Stationierung einer »internationalen Schutztruppe« gehört jedoch nicht zu ihren Vorstellungen, sondern sie bevorzugt eine zeitlich unbegrenzte Kontrolle des Gebiets durch die israelischen Streitkräfte.
Der Vorstoß der munter plappernden deutschen Außenministerin war durch eine Rede des US-Präsidenten Joseph Biden beflügelt worden, in der er einen angeblich israelischen Vorschlag für eine dauerhafte Beendigung des Gazakriegs präsentiert hatte. Israelische Medien kommentieren die Zuschreibung des Drei-Phasen-Plans an ihre Regierung mit leichter Ironie bis hin zu scharfem Sarkasmus.
Benjamin Netanjahu hatte Bidens Vorschlag umgehend eine Absage erteilt: Der Krieg werde weitergeführt bis zur »Zerstörung der Hamas«. G
leich nach dem 7. Oktober hatten der Premierminister und sein Verteidigungsminister Joaw Gallant verkündet, dass jedes Mitglied der Hamas, nicht nur im Gazastreifen, schon jetzt »ein toter Mann« sei. Englischsprachige israelische Medien gaben den Begriff mit »dead man walking« wieder, was in den USA für zum Tode Verurteilte steht.
Für kurzzeitige Verwirrung sorgte Ophir Falk, angeblich außenpolitischer Chefberater Netanjahus, der in der britischen Sunday Times behauptete, Bidens Vorschlag habe zwar schwere Mängel und erfordere noch viel Arbeit, aber Israel habe ihm trotzdem zugestimmt, um endlich die Geiseln freizubekommen.
Wenn man das Interview mit ihm vollständig las, fand man dort aber auch die Aussage, dass die israelischen Bedingungen für ein Kriegsende, einschließlich der »Zerstörung der Hamas«, unverändert Quelle |
Netanjahu ist zurück und führt die Umfragen an -
dank des Internationalen Strafgerichtshofs.
In Israel kann eine mögliche Verhaftung wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit dazu beitragen, die Popularität eines Politikers zu steigern.
Jonathan Ofir - 2. Juni 2024 - Übersetzt mit DeepL
Benjamin Netanjahu und der Likud erleben ein beachtliches politisches Comeback, nachdem die Unterstützung für die Partei nach dem 7. Oktober dramatisch zurückgegangen war.
Seit über einem Jahr liegt die Partei der Nationalen Einheit (NU) von Benny Gantz in den Umfragen gleichauf mit Netanjahus Likud. Vor dem 7. Oktober sah es nach einem Unentschieden aus, da beide Parteien in den Umfragen jeweils etwa 30 Sitze (von den 120 Sitzen der Knesset) erhielten. Doch der 7. Oktober führte zu einer entscheidenden Verschiebung - in den nächsten fünf Monaten kam die NU in den Umfragen auf etwa 40 Sitze, während der Likud unter 20 Sitze lag. In den nächsten zwei Monaten glich sich das Verhältnis etwas aus, aber nicht viel - der Likud hatte eindeutig zu kämpfen, während die NU im Aufwind war.
Es war klar, dass das Versäumnis, den von der Hamas angeführten Angriff am 7. Oktober vorherzusehen und abzuwenden, einen Tiefpunkt des Vertrauens in Netanjahu in Bezug auf das Thema markierte, das die Israelis am meisten zu beschäftigen scheint: Sicherheit.
Ein ähnliches Muster zeigte sich bei der Wahl des von den Israelis bevorzugten Politikers für das Amt des Premierministers (obwohl das israelische Wahlsystem auf der Wahl einer Partei und nicht eines Regierungschefs als solchem basiert). Vor dem 7. Oktober war Gantz ein Rivale von Netanjahu, und die Umfragen zeigten oft einen Abstand von 40 % zu 40 %. Am 7. Oktober führte Gantz mit rund 50 % Unterstützung und Netanjahu fiel unter 30 %. Im März begann sich die Lage für Netanjahu zu verbessern, sowohl in Bezug auf die Popularität als auch auf die Position des Likud gegenüber der NU, aber die Nationale Union und Gantz lagen immer noch häufig in Führung.
Aus diesem Grund fühlte sich Gantz zuversichtlich genug, um ein Ultimatum zu stellen: Entweder Netanjahu legt bis zum 8. Juni ein klares Ziel für die künftige Verwaltung des Gazastreifens vor (eine Alternative zur Hamas usw.), oder er wird die Koalition verlassen. "Ein Krieg kann nur mit einem klaren und realistischen strategischen Kompass gewonnen werden", sagte Gantz. Man beachte "strategisch", nicht "moralisch". Wir dürfen nicht vergessen, dass die beiden Generäle an der Spitze der NU - Benny Gantz und Gadi Eisenkot - diejenigen sind, die sich damit brüsteten, den Gazastreifen in die Steinzeit zurückversetzt zu haben, bzw. die die kriminelle Dahiya-Doktrin geprägt haben. Die beiden traten dem Kriegskabinett nach dem 7. Oktober als Notmaßnahme bei.
Netanjahus Büro spottete über Gantz' Ultimatum: "Er sollte der Hamas ein Ultimatum stellen, nicht der Premierminister".
Gantz spielte ein Spiel mit hohem Einsatz. Aber vielleicht hat er nicht geahnt, was auf ihn zukommen würde.
Letzte Woche erklärte der Chefankläger des Internationalen Strafgerichtshofs (IStGH), Karim Khan, dass er unter anderem gegen Netanjahu einen Haftbefehl wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit beantragen werde. Dies war ein Geschenk für Netanjahu. Er bezeichnete das Gericht als antisemitisch, verglich Khan mit einem Nazi-Richter und nutzte die Gelegenheit, um einen weiteren völkermörderischen biblischen Bezug auf Amalek herzustellen. Selbst Netanjahus liberale Gegner scharten sich um ihn. Was die meisten Israelis beleidigte, war offenbar die Tatsache, dass sowohl Hamas-Führer als auch israelische Führer in dem gesuchten Haftbefehl gleichgesetzt wurden. Wie der scharfe Netanjahu-Kritiker und ehemalige Premierminister Ehud Olmert sagte:
"Man nehme einen Mörder, einen Killer, einen Mann, der seine Leute schickt, um unschuldige Israelis abzuschlachten, und verbinde ihn mit dem israelischen Premierminister, der für eine Gegenoffensive verantwortlich ist, ich meine, das ist etwas, was die Israelis nicht akzeptieren können... Das spielt Netanjahu in die Hände. Die Israelis sagen bereits: 'Seht her, das sind alles Antisemiten. Sie sind alle gegen uns.'"
Netanjahu verstand es, diesen Moment für seine persönliche und nationale Opferrolle auszunutzen.
So zeigte die letzte Umfrage von Channel 14, dass der Likud auf satte 27 Sitze angewachsen war, während die NU auf relativ magere 19 Sitze fiel. Obwohl eine mögliche Regierungskoalition ohne die Nationale Union in den Umfragen nur 58 Sitze erreichte (und damit knapp unter der erforderlichen Mehrheit von 61 Sitzen lag), müsste eine Oppositionskoalition ohne den Likud die palästinensischen Parteien mit 10 Sitzen einbeziehen, um eine Mehrheit zu bilden, und das scheint unwahrscheinlich, da die Oppositionsparteien meist aus dem Mitte-Rechts-Lager kommen. In der Beliebtheitsskala für das Amt des Ministerpräsidenten liegt Netanjahu bei 44 % und Gantz bei 33 %.
Die 27 Sitze für den Likud sind zwar immer noch weniger als die 32 Sitze, die er bei den letzten Wahlen im November 2022 gewonnen hat, aber der Abstand ist nicht so groß. Und plötzlich scheint es, als ob Gantz' Ultimatum an Netanjahu dessen politisches Schicksal besiegelt haben könnte.
Netanjahu ist also wieder da, und alles, was er brauchte, war die Drohung mit einer Verhaftung durch den Internationalen Strafgerichtshof. Es ist bezeichnend, wie in Israel die Aussicht auf einen Haftbefehl wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit die eigene Popularität so sehr steigern kann. Quelle |
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Siedler brennen weite Teile des Landes westlich von Hebron nieder
Hebron, 3. Juni 2024 - WAFA - Übersetzt mit DeepL
Siedler brannten heute Abend große Landflächen in der Stadt Tarqumiya, westlich von Hebron, nieder.
Suleiman Jaafra, ein Aktivist gegen die Kolonialisierung, sagte, dass die Siedler unter dem Schutz der Besatzungstruppen das Land von Bürgern im Taybeh-Gebiet östlich von Tarqumiya in Brand gesetzt hätten. Die Besatzungstruppen hätten die Bürger daran gehindert, das Gebiet zu erreichen, um das Feuer zu löschen, und zwei von ihnen, die Brüder Baraa und Ahmed Muhammad Dhabayna, festgenommen, nachdem sie sie angegriffen hatten.
Jaafra fügte hinzu, dass das Feuer Dutzende Hektar mit Olivenbäumen, Weinreben und Mandelbäumen bepflanzte Fläche zerstört und auch eine Reihe von Blechhäusern von Landwirten beschädigt habe.
Er betonte, dass die Besatzungstruppen seit dem 7. Oktober Landwirte daran hindern, ihr Land in den Gebieten Al-Taybeh, Al-Hardash, Al-Muteena und anderen von der Beschlagnahmung zugunsten der Siedler bedrohten Gebieten zu betreten.
Unter Verletzung des Völkerrechts leben zwischen 500.000 und 600.000 Israelis in rein jüdischen Siedlungen im besetzten Ost-Jerusalem und im Westjordanland.
Internationale Organisationen berichteten, dass die Gewalt von Siedlern gegen palästinensische Zivilisten im besetzten Westjordanland in den letzten Jahren stark zugenommen hat. F.N Quelle |
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Die Zahl der Hungertoten ist
noch nicht bekannt, aber es ist klar, dass viele Menschen
irreversible Schäden erleiden. Menschen, die sich monatelang von
Unkraut und Viehfutter ernähren, werden nicht lange überleben.
Warum die Zahl der Toten in Gaza
wahrscheinlich höher ist als berichtet
Das Ausmaß des Tötens sowie
das Auftreten von Krankheiten und Todesfällen aufgrund des
Mangels an grundlegenden sanitären Bedingungen, Nahrungsmitteln
und medizinischer Versorgung erfordern eine dringende
öffentliche Debatte in Israel
Liat Kozma und Wiessam Abu Ahmad - 28. Mai 2024
- Übersetzt mit DeepL
Die Zahl der Todesopfer im Gaza-Streifen in den letzten sieben
Monaten ist erschreckend. Nach Angaben des UN-Büros für die
Koordinierung humanitärer Angelegenheiten wurden mehr als 34.000
Menschen getötet und über 77.000 verwundet, weitere 11.000 sind
unter den Trümmern ihrer Häuser eingeschlossen und gelten als
vermisst.
Aber das ist nur ein Teil des Gesamtbildes. Wir glauben, dass
die Morbiditäts- und Todesfallzahlen in Gaza tatsächlich höher
sind. Unsere Schlussfolgerung stützt sich auf Vergleiche mit den
Problemen der öffentlichen Gesundheit in den Flüchtlingslagern
unmittelbar nach dem Krieg von 1948 und auf unsere Kenntnisse
epidemiologischer Daten im Allgemeinen. Wir sind der Meinung,
dass das Ausmaß des Tötens sowie die Häufigkeit von Krankheiten
und Todesfällen aufgrund mangelnder sanitärer Bedingungen,
Nahrungsmittel und medizinischer Versorgung eine dringende
öffentliche Debatte in Israel erfordern sollten.
Hilfsorganisationen schätzen, dass alle durch
Wasser übertragenen Krankheiten im Gazastreifen bereits weit
verbreitet sind.
Bei der Lektüre historischer Dokumente ergeben sich einige
wichtige Parallelen, aber auch Unterschiede, die sich meist zum
Nachteil der heutigen Situation auswirken. Damals wie heute
mussten Hunderttausende von Menschen ihre Häuser verlassen, ohne
die Möglichkeit, zurückzukehren.
Im Jahr 1948 wurden etwa 700.000 Flüchtlinge auf das
Westjordanland, den Gazastreifen und die arabischen Länder
verteilt. Im Westjordanland nahmen 400.000 Einwohner 300.000
Flüchtlinge auf, während die 80.000 Einwohner des Gazastreifens
dreimal so viele Flüchtlinge aufnahmen. Im gegenwärtigen Krieg
haben die Belagerung des Gazastreifens und die Schließung der
Grenze zu Ägypten über den Winter rund 1,5 Millionen Menschen
nach Rafah gezwungen, ein Gebiet, das normalerweise nur ein
Zehntel dieser Bevölkerungszahl hat. Die Menschen wurden so
dicht zusammengedrängt, dass die Auswirkungen lebensbedrohlich
sind.
In den Jahren 1948 und 1949 bemühten sich die internationalen
humanitären Organisationen, das zu verhindern, was als Gefahr
für das Leben aller Menschen in der Region angesehen wurde,
nicht nur für die Flüchtlinge. Eine Art der Intervention war die
Verhinderung einer Hungersnot durch die Bereitstellung von Mehl,
Öl, Zucker und Trockenobst sowie Milch für Kinder (finanziert
von UNICEF). Diese protein- und vitaminarmen Produkte galten als
ausreichend für den kurzen Zeitraum, bis die Konfliktparteien zu
einer Einigung gelangten, was bekanntlich dann nicht der Fall
war.
Doch wie das Internationale Rote Kreuz feststellte, wurden die
Lebensmittellieferungen in den Gazastreifen bereits am 7.
Oktober drastisch und ohne Präzedenzfall im Vergleich zu
früheren Kampfhandlungen gekürzt. Zusätzlich sorgte die
Zerstörung der wenigen landwirtschaftlichen Nutzflächen dafür,
dass die Menschen im Gazastreifen keine lokalen Alternativen
hatten bzw. haben.
Was zu Beginn des Krieges zu steigenden Lebensmittelpreisen und
Armut führte, hat sich in den folgenden Monaten zu einer
regelrechten Hungersnot entwickelt, zunächst im nördlichen
Gazastreifen und inzwischen für über 2 Millionen Menschen. Es
gibt Berichte von Familien, die sich von Viehfutter, Insekten
und normalerweise ungenießbaren Pflanzen ernähren - schlechte
Nahrung, die für den menschlichen Verzehr ungeeignet ist. Es
kommen nicht genügend Hilfslieferungen an, sodass der Bedarf an
Lebensmitteln und Grunderzeugnissen bei weitem nicht gedeckt
werden kann. Der Abwurf von Hilfsgütern aus der Luft ist
ineffizient, manchmal sogar tödlich, und ein Teil der Hilfsgüter
landet im Meer.
Da es kein Aufsichtssystem gibt und die polizeilichen Behörden
in Gaza zerstört sind, beschlagnahmen Banden die Hilfspakete und
verkaufen sie zu einem hohen Preis an die Bedürftigen. So
erreichen die Lebensmittel noch immer nicht die hungernde
Bevölkerung und die Zahl der Hungertoten steigt.
Nach Angaben des UN-Büros für die Koordinierung humanitärer
Angelegenheiten leiden rund 31 Prozent der Kinder unter 2 Jahren
im nördlichen Gazastreifen und rund 10 Prozent in Rafah an
schwerer Unterernährung. Die Zahl der Hungertoten ist noch nicht
bekannt, aber es ist klar, dass viele Menschen irreversible
Schäden erleiden. Menschen, die sich monatelang von Unkraut und
Viehfutter ernähren, werden nicht lange überleben.
Die zweite Intervention im Jahr 1948 war die Erkenntnis, dass
ohne sauberes Wasser und angemessene sanitäre Bedingungen durch
Wasser und Insekten übertragene Epidemien für alle Menschen in
der Region tödlich sein würden. Aus diesem Grund bemühten sich
die Organisationen um die Bereitstellung von Trinkwasser und
Impfstoffen, verhängten Quarantänen bei Krankheitsausbrüchen und
versprühten häufig Pestizide. Letzteres erwies sich auf lange
Sicht als giftig, bewahrte aber kurzfristig die Flüchtlingslager
vor tödlichen Epidemien.
Heute jedoch ist sauberes Wasser für die meisten BewohnerInnen
des Gazastreifens praktisch nicht mehr verfügbar.
Hilfsorganisationen schätzen, dass alle durch Wasser
übertragenen Krankheiten in Gaza bereits weit verbreitet sind.
Nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation könnte die Zahl der
Menschen, die an vermeidbaren Krankheiten erkranken, bald die
Zahl derer übersteigen, die den militärischen Angriffen zum
Opfer fallen. Der Mangel an sauberem Wasser und medizinischer
Versorgung kann zum Ausbruch von tödlichen, durch Wasser
übertragenen Krankheiten, sogar Cholera, führen.
Die WHO-Sprecherin Margaret Harris erklärte gegenüber The
Guardian, dass bereits Anfang November die Durchfallrate bei
Kindern in den Lagern im Gazastreifen mehr als das Hundertfache
des normalen Wertes betrug. Ohne verfügbare Behandlung kann dies
zu Dehydrierung und sogar zum Tod führen; schwerer Durchfall ist
weltweit die zweithäufigste Todesursache bei Kindern unter 5
Jahren. Auch Infektionen der oberen Atemwege, Windpocken und
schmerzhafte Hautkrankheiten sind auf dem Vormarsch.
Darüber hinaus sind Gebiete mit einer großen Anzahl von Leichen
und verstreuten Körperteilen ein ideales Umfeld für Bakterien
und den Ausbruch von Krankheiten über Luft, Wasser, Lebensmittel
und Tiere. Bei einer hohen Bevölkerungsdichte ist es praktisch
unmöglich, Quarantäne zu verhängen oder Pestizide zu versprühen,
und ohne eine angemessene sanitäre Infrastruktur ist es auch
unmöglich, durch Wasser übertragene Krankheiten zu bekämpfen.
Eine dritte Maßnahme im Jahr 1948 war die Einrichtung von
Kliniken und Krankenhäusern. Die Hilfsorganisationen erweiterten
bestehende Krankenhäuser, errichteten neue und eröffneten
Kliniken in Lagern und Flüchtlingszentren. Nichts von alledem
findet heute statt. Der Beschuss und die lange Belagerung haben
das Gesundheitssystem des Gazastreifens völlig zerstört. In den
Krankenhäusern, die noch teilweise funktionsfähig sind, herrscht
ein großer Mangel an medizinischer Ausrüstung und Medikamenten.
Bereits vor einem halben Jahr wurde über Kaiserschnitte und
Amputationen ohne Betäubung berichtet. Das Gesundheitssystem ist
nicht nur unfähig, Routinebehandlungen und Präventivmaßnahmen
durchzuführen, sondern auch Notfälle zu behandeln. Das
anhaltende Fehlen dieser drei Behandlungsarten - Routine-,
Präventiv- und Notfallbehandlung - kann zu einem exponentiellen
Anstieg der Sterberaten, Krankheiten und sogar Epidemien führen.
Chronische Krankheiten - wie Herz- und Nierenerkrankungen, Krebs
und Diabetes - werden nicht behandelt, und es ist sehr zu
bezweifeln, ob chronische Patienten den Krieg überleben können
bzw. überlebt haben; nur wenige Glückliche haben es aus dem
Gazastreifen geschafft, um in Ägypten medizinisch versorgt zu
werden.
Vor diesem Hintergrund kostet das Schweigen der israelischen
Bevölkerung Menschenleben. Selbst diejenigen, die vor einer
„zweiten Nakba“ warnen, müssen anerkennen, dass die Schäden des
gegenwärtigen Krieges die der ersten Nakba bereits weit
übertroffen haben. Und jeder Tag, der vergeht - mit dem Mangel
an Nahrungsmitteln, angemessenen sanitären Bedingungen und
medizinischer Versorgung - erhöht die Opferzahlen weiter. Jede
Debatte über den Krieg muss seine weitreichenden, langfristigen
Folgen für alle, die in diesem Land leben, mit einbeziehen.
Quelle |
Der Geruch von Tod und Blut weht durch das Lager
Jabalia
Im nördlichen Gazastreifen müssen die Palästinenser nach einem
israelischen Angriff eine unmögliche Entscheidung treffen: die
Verwundeten dem Tod überlassen oder ihr Leben riskieren, um sie
zu retten.
Ibrahim Mohammad - 29. Mai 2024
Am Morgen des 11. Mai gab ein
Sprecher der israelischen Armee bekannt, dass das Militär eine
neue Operation in Jabalia, der Stadt und dem angrenzenden
Flüchtlingslager im nördlichen Gazastreifen, begonnen hat. An
die palästinensischen BewohnerInnen mehrerer Stadtteile wurden
Evakuierungsanordnungen ausgegeben, aber viele waren gar nicht
in der Lage, die Stadt zu verlassen; andere wiederum entschieden
sich zu bleiben, da es im gesamten Gazastreifen keine sicheren
Gebiete gibt.
Die nördliche Hälfte des Streifens wurde in den ersten Wochen
des Krieges von der israelischen Armee am stärksten bombardiert
und war am 27. Oktober die erste Region des Gazastreifens, die
von der israelischen Bodeninvasion betroffen war. Im März befand
sich der Norden in Phase 5 der Hungersnot - der höchsten Stufe
der Integrierten Klassifizierung der Ernährungssicherheit, die
als „Katastrophe“ bezeichnet wird. Fast keine humanitäre Hilfe
erreicht die Bewohner des Nordens, und schätzungsweise ein
Drittel aller Kinder unter zwei Jahren leidet dort an akuter
Unterernährung.
Am schlimmsten ist die Lage vielleicht im Flüchtlingslager
Jabalia, dem größten im Gazastreifen, in dem vor dem Krieg über
100.000 Palästinenser auf einer Fläche von nur 1,4
Quadratkilometern lebten. Wahllose israelische Angriffe in einer
so dicht besiedelten Region haben daher massive tödliche
Auswirkungen. Im Oktober wurden zwei 2.000-Pfund-Bomben auf
Jabalia abgeworfen, die mindestens einhundert Menschen töteten.
Weniger als zwei Monate später forderte ein weiterer Angriff
einen ähnlich hohen Tribut. Und allein in den letzten zwei
Wochen haben israelische Bomben Wohnhäuser, einen Kindergarten
und die Notaufnahme eines Krankenhauses zerstört.
Der jüngste israelische Angriff auf das Lager, an dem sowohl
Flugzeuge als auch Bodentruppen beteiligt waren, hatte
verheerende Folgen: Die Armee hat ganze Wohnviertel, Märkte und
Lebensmittellager bombardiert und mit Bulldozern niedergewalzt,
wodurch sich die ohnehin schon verzweifelte humanitäre Krise
weiter verschärft hat, während die Leichen auf den Straßen
verstreut liegen.
Sabri Abu Al-Nasr, 43 Jahre alt, ist ein Bewohner des Lagers,
der vor den israelischen Bombenangriffen in die
Al-Fakhoura-Schule geflüchtet ist, die der UNRWA angegliedert
ist. „Die Bedingungen im Lager sind schrecklich, und niemand
wird von den Artillerie- und Luftangriffen verschont“, sagte er
gegenüber +972. „Israelische Scharfschützen befinden sich auf
hohen Gebäuden - sie schießen auf jedes sich bewegende Objekt.“
„Als der israelische Angriff begann“, fuhr er fort, „erwachte
das Lager vom Lärm riesiger Explosionen. Der Himmel war durch
die Intensität des Beschusses mit schwarzem Rauch gefüllt, und
die BewohnerInnen flohen, um zu entkommen.“
Am 29. Oktober verlor Abu al-Nasr seine Frau Nisreen (40) und
seine Kinder Nisma (16), Hamza (14) und Mohammad (13), als
Israel einen an das Haus der Familie angrenzenden Wohnblock
bombardierte. Ihre Leichen sind noch immer unter den Trümmern
begraben, so dass Abu al-Nasr seine Angehörigen nicht angemessen
beerdigen kann. Sieben Monate später, inmitten eines neuen
israelischen Angriffs, sagt er, dass „der Geruch von Tod und
Blut durch das ganze Lager weht“.
Abu al-Nasr lebt mit seinen überlebenden Familienmitgliedern
zusammen, die sich wie Zehntausende andere weigern, Jabalia zu
verlassen, obwohl sie ständig krank sind und es kein sauberes
Trinkwasser gibt. „Wir können nicht ertragen, was jetzt mit uns
geschieht“, sagte er.
Der Klang von Lachen wurde durch den Klang von Raketen ersetzt
Nazmi Hijazi, ein Bewohner der Al-Hoja-Straße in Jabalia, war
gezwungen, sein Haus unter heftigem Bombardement zu verlassen,
als israelische Militärfahrzeuge auf sein Haus zufuhren; er kam
daraufhin im Jemen-Krankenhaus westlich des Flüchtlingslagers
unter.
Hijazi beschrieb die Geschehnisse in Jabalia als eine zweite
Nakba [arabisch für Katastrophe], da die Straßen des Lagers mit
Toten und Verwundeten übersäht sind und niemand in der Lage ist,
die Leichen zu bergen oder die Überlebenden zu retten. Nach
einem Bombenanschlag oder einer Schießerei stehen die
BewohnerInnen vor einer unmöglichen Entscheidung: Sie müssen die
Verwundeten entweder dem Tod überlassen oder ihr eigenes Leben
riskieren, indem sie versuchen, sie zu retten.
„Es gibt keinen sicheren Ort in Jabalia“, sagte Hijazi gegenüber
+972. „Es gibt keine Schule und kein Krankenhaus, das die Armee
eingenommen hat, ohne es zu stürmen und wehrlose Zivilisten
anzugreifen.“
Am 17. Mai wurde Hijazis Sohn Basil von israelischen Soldaten
erschossen, als er versuchte, Lebensmittel aus ihrem Haus zu
holen, um die achtköpfige Familie zu ernähren. Nach Angaben von
Hijazi überfuhr ein israelischer Panzerwagen seinen Sohn, bis
seine Gesichtszüge nicht mehr erkennbar waren. Hijazi konnte ihn
nur noch an den Schuhen erkennen, die er trug.
Wie alle Menschen in Jabalia konnten auch Hijazi und seine
Familie nicht richtig trauern: Sie leiden immer noch unter
brutalem Hunger und Durst und müssen sich darauf konzentrieren,
das Nötigste aufzutreiben. „Die Bewohner haben sich mit Tier-
und Vogelfutter ernährt, aber selbst das ging zur Neige, als das
israelische Militär in das Lager eindrang und es umzingelte“,
sagt er. Die meisten Familien haben seit über einer Woche kein
Mehl, Brot, Weizen oder sogar Gerste mehr gegessen.
Da Israel den Zugang für humanitäre Hilfe im nördlichen
Gazastreifen blockiert, sind palästinensische Kinder am
stärksten betroffen. Nisreen Abu Al-Aish, 37, war gezwungen, aus
Hibiskus, einer in der Nähe wachsenden Pflanze, eine Suppe zu
kochen, um ihre Kinder mit Mittagessen zu versorgen. Sie
flüchtete mit ihrer Familie in die Abu-Hussein-Schule, die
ebenfalls der UNRWA angegliedert ist. Ihre beiden Kinder haben
Hepatitis-Symptome, eine Krankheit, die unter den Bewohnern des
Gazastreifens immer häufiger auftritt und auf schlechte
Ernährung und Hygiene zurückzuführen ist.
„Wir sind umzingelt“, sagte Abu al-Eish. „Die Bombardierung hört
nicht auf, also verlassen wir den Schulunterstand nicht. Wir
haben Angst, dass wir jeden Moment getötet werden“. Dieser
Zustand des Terrors hat auch ihre Kinder erfasst: „Der Klang
ihres Lachens wurde durch den Klang der Bomben und Raketen
ersetzt, die auf das Lager niedergingen.“
Für Sami al-Batsh, 41, ist der Tribut der Invasion auch für
seine Kinder besonders schwer. „Wir können wegen der
Bombardierung nicht schlafen und haben Angst, dass die Armee
plötzlich unser Haus stürmen könnte“, sagte er gegenüber +972.
„Meine Kinder leiden unter schrecklichen psychischen Problemen.
Einige von ihnen leiden unter unwillkürlichem Harndrang, weil
sie so große Angst haben, und sie haben oft mehrere Tage am
Stück nichts gegessen.“
Abu al-Eish, die Mutter von zwei Kindern, beschrieb Jabalia als
ein Flüchtlingslager, das nicht mehr bewohnbar ist. „Die Armee
zerstört systematisch alle Häuser in Jabalia“, sagte sie, „so
dass das Lager wie eine Geisterstadt geworden ist: ohne Bewohner
und nur mit zerstörten Häusern.“ Und für diejenigen, die übrig
bleiben, prophezeite Al-Batsh, „wer nicht an Hunger stirbt, wird
von den Bomben getötet“.
Quelle
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Bella und Gigi Hadid spenden eine Million Dollar für
Palästinenserhilfe
Die Models Bella und Gigi Hadid haben palästinensische Wurzeln,
jetzt bedenken sie das Kriegsgebiet in Gaza mit einer Spende.
Auf Instagram hatten sie sich bereits zuvor zu dem Konflikt
geäußert.
Spiegel online - 03.06.2024
Die US-Supermodel-Schwestern Bella
und Gigi Hadid spenden eine Million Dollar (921.000 Euro), um
damit palästinensische Hilfsmaßnahmen zu unterstützen. Das
berichtete die BBC am Sonntag . Ein Sprecher von Bella sagte
demnach, das Geld werde zu gleichen Teilen an vier humanitäre
Organisationen verteilt, die sich um Kinder und Familien
kümmern, die vom Konflikt in Gaza betroffen sind.
Die Schwestern, deren Vater der palästinensische
Immobilienmagnat Mohamed Anwar Hadid ist, haben sich bereits
mehrfach für die betroffenen Menschen eingesetzt. In einem
Instagram-Post schrieb
mehr >>> |
UNRWA:
Stoppt Israels gewaltsame Kampagne gegen uns
Philippe Lazzarini - 30. Mai 2024
Der Krieg im Gazastreifen hat zu
einer eklatanten Missachtung des Auftrags der Vereinten Nationen
geführt. Dazu gehören auch ungeheuerliche Angriffe auf die
Mitarbeiter, Einrichtungen und Operationen des Hilfswerks der
Vereinten Nationen für Palästinaflüchtlinge.
Diese Angriffe müssen aufhören und die Welt muss handeln, um die
Täter zur Rechenschaft zu ziehen.
Während ich diese Zeilen schreibe, hat unser Hilfswerk
festgestellt, dass mindestens 192 UNRWA-Mitarbeiter in Gaza
getötet wurden. Mehr als 170 UNRWA-Gebäude wurden beschädigt
oder zerstört. Vom UNRWA betriebene Schulen wurden abgerissen;
etwa 450 Vertriebene wurden getötet, während sie in
UNRWA-Schulen und anderen Einrichtungen Schutz suchten. Seit dem
7. Oktober haben israelische Sicherheitskräfte UNRWA-Mitarbeiter
im Gazastreifen zusammengetrieben, die über Folter und
Misshandlung während ihrer Inhaftierung im Gazastreifen und in
Israel berichtet haben.
Quelle |
Steve
Coogan, Riz Ahmed und andere Prominente fordern Labour-Chef Starmer auf, die
Waffenverkäufe an Israel zu beenden
Mehr
als 100 Musiker, Filmemacher und Schauspieler haben einen Brief
unterzeichnet, in dem sie den Labour-Chef und Spitzenkandidaten
für die Wahlen auffordern, die "britische Komplizenschaft" bei
Kriegsverbrechen in Gaza zu beenden
MEE-Mitarbeitern - 3. Juni 2024 - Übersetzt mit
DeepL
Mehr als 100 Kulturschaffende im
Vereinigten Königreich haben einen Brief unterzeichnet, in dem
Labour-Chef Keir Starmer aufgefordert wird, die Waffenverkäufe
an Israel zu beenden, falls er die bevorstehenden
Parlamentswahlen gewinnt.
Starmers Labour-Partei liegt in den Meinungsumfragen vor der
Wahl am 4. Juli in Führung, doch die Parteiführung sieht sich
heftiger Kritik ausgesetzt, weil sie Israels verheerende
Offensive gegen die Palästinenser in Gaza weitgehend
unterstützt.
In dem am Sonntag veröffentlichten Brief erklärten Prominente,
darunter Steve Coogan, Miriam Margolyes und Riz Ahmed, dass
Starmer als ehemaliger Menschenrechtsanwalt bei der "Beendigung
der britischen Komplizenschaft bei Kriegsverbrechen in Gaza"
eine Vorreiterrolle spielen sollte.
Unter Bezugnahme auf Israels achtmonatigen Feldzug im
Gazastreifen heißt es in dem Schreiben, dass der Staat die
Entscheidung des Internationalen Gerichtshofs ignoriert habe,
seine Militäroffensive in Rafah sofort einzustellen".
Weiter heißt es: "Gegen den israelischen Premierminister
Benjamin Netanjahu liegt derzeit ein Haftbefehl des
Internationalen Strafgerichtshofs (IStGH) wegen Kriegsverbrechen
und Verbrechen gegen die Menschlichkeit vor."
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zu erhalten, beginnend mit Turkey Unpacked Ihre E-Mail
"Es ist moralisch verwerflich, weiterhin Waffen an ein Land zu
verkaufen, dessen Führer solch schwerer Verstöße gegen das
Völkerrecht beschuldigt wird."
Trotz des Umfragevorsprungs der Labour-Partei, der in einigen
Umfragen bei fast 20 Prozent liegt, steht Starmer einer Partei
vor, die über den Krieg in Gaza gespalten ist.
Sowohl die Labour-Partei als auch die regierenden Konservativen
unterstützten Israels Entscheidung, im Oktober 2023 in den Krieg
zu ziehen, obwohl die Opposition seither einen humanitären
Waffenstillstand gefordert hat.
GROSSBRITANNIEN: Der Anti-Apartheid-Aktivist Andrew Feinstein
will Starmer bei den kommenden Wahlen herausfordern Mehr lesen "
In den Tagen nach dem von der Hamas geführten Angriff auf den
Süden Israels sorgte Starmer für Kontroversen in den Reihen
seiner Partei, als er die Entscheidung Israels unterstützte, die
Einfuhr von Lebensmitteln, Wasser, Strom und anderen
lebenswichtigen Gütern nach Gaza zu blockieren.
Der Krieg, der sich nun schon dem achten Monat nähert, hat einen
Großteil der Enklave in eine unbewohnbare Höllenlandschaft
verwandelt.
Ganze Stadtviertel wurden ausgelöscht. Häuser, Schulen und
Krankenhäuser wurden durch Luftangriffe verwüstet und durch
Panzerfeuer verbrannt.
Berichten zufolge ist fast die gesamte Bevölkerung aus ihren
Häusern geflohen, und die im nördlichen Gazastreifen
Verbliebenen stehen am Rande einer Hungersnot.
Letzten Monat ergab eine YouGov-Umfrage, dass mehr als zwei
Drittel der Briten einen Waffenstillstand im Gazastreifen
wünschen. Die Wahrscheinlichkeit, dass die Briten mit der
palästinensischen Seite sympathisieren, ist deutlich höher als
bei den Israelis.
Die YouGov-Forscher fanden auch heraus, dass eine Mehrheit der
Briten ein Verbot des Waffenverkaufs an Israel befürwortet.
Quelle |
Mittlerweile 145 Staaten haben Palästina als
Staat anerkannt |
MSF-Einsatzleiterin in Gaza: "Angst ist ein täglicher Begleiter,
genauso wie der Tod"
Die Österreicherin Lisa Macheiner ist derzeit für Ärzte ohne
Grenzen im Gazastreifen im Einsatz. Die Zerstörung beschreibt
sie als "so flächendeckend, es ist eine einzige Katastrophe"
Noura Maan Kim Son Hoang - 31. Mai 2024
Hunger, Suche nach Sicherheit,
Hoffnung auf Überleben: Für viele Menschen im umkämpften
Gazastreifen wiederholt sich seit fast acht Monaten ein schier
endloser dramatischer Kreislauf, aus dem es kein Entkommen zu
geben scheint. Derzeit steht Rafah im Fokus der israelischen
Armee, jene Stadt im Süden des Gazastreifens, in die seit Beginn
des israelischen Militäreinsatzes hunderttausende
Palästinenserinnen und Palästinenser geflüchtet sind und in der
Israel Hochburgen der Terrororganisation Hamas vermutet. Die
Armee ist am Freitag trotz internationaler Kritik weiter ins
Zentrum der Stadt vorgerückt.
Auch Hilfsorganisationen, die die vielen Verwundeten und
Geflüchteten versorgen, sind davon betroffen. "Wir spüren die
Offensive dadurch, dass wir wieder unsere Infrastruktur
verlieren und immer wieder von vorne beginnen müssen", erzählt
Lisa Macheiner, die für Ärzte ohne Grenzen (MSF) derzeit als
Leiterin des Noteinsatzes in Rafah tätig ist. Weil Internet- und
Telefonverbindungen immer wieder abreißen, schickt sie per
Whatsapp Audionachrichten an den STANDARD. Zum insgesamt 14. Mal
sei mittlerweile eine MSF-Einrichtung evakuiert worden. "Wieder
werden Menschen, die dringend Versorgung brauchen, davon
abgeschnitten", kritisiert die 34-Jährige. So viele seien von
schweren Verletzungen betroffen, Amputationen oder großflächigen
Verbrennungen.
Systematische Angriffe
"Die Zerstörungen sind so flächendeckend, es ist eine einzige
Katastrophe",
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Für die uneingeschränkte Achtung des Völkerrechts und der Menschenrechte aller im Nahostkonflikt
Germanwatch - 3. 6. 2024
Der Nahostkonflikt berührt auf verschiedene Weise die Kernziele und die Arbeit von Germanwatch, auch wenn wir dazu nicht direkt arbeiten. Unsere tiefe Bestürzung über die bisher ungebremste Eskalation des Nahostkonflikts sowie die damit einhergehende humanitäre Katastrophe veranlassen uns dazu, uns nach Oktober und November 2023 erneut zu diesem Konflikt zu äußern. Mit diesem Text wollen wir beantworten, wie wir zu dem Konflikt stehen und was wir von den Verantwortlichen in Deutschland außen- wie innenpolitisch erwarten und einfordern.
Unsere Grundlinie
Als Menschenrechts-, Entwicklungs- und Umweltorganisation verurteilen wir jegliche Verstöße gegen Menschenrechte und gegen das Völkerrecht, unabhängig davon, wer sie wann und wo begeht. Menschenrechte gelten universell.
Wir haben Empathie mit allen Opfern von Konflikten und Terror, und drängen auf die Einhaltung von Menschenrechten und Völkerrecht sowie darauf aufbauenden Wegen, die zum Frieden führen. Wir bemühen uns, die Bürger:innen auf beiden Seiten eines Konfliktes zu stärken, die sich für eine friedliche und faire Lösung des Konfliktes stark machen.
Anwendung dieser Grundlinie auf den Konflikt im Nahen Osten
Die Kriegshandlungen und Entwicklungen sind sehr dynamisch, wir können diese nicht tagesaktuell kommentieren. Wir sehen jedoch mit Entsetzen, dass sich seit dem Massaker an weit mehr als 1.000 Personen und der hundertfachen Geiselnahme durch die Hamas und weitere bewaffnete Gruppen vom 07.10.23 eine Gewaltspirale beschleunigt hat, in deren Verlauf inzwischen über 30.000 Menschen durch die israelische Militäroffensive im Gazastreifen getötet wurden, darunter sehr viele Kinder. Über 80.000 weitere Menschen wurden schwer verletzt (zu den Opferzahlen, vgl. Anhang).
Mit Blick auf diese Situation sprechen wir unsere Solidarität allen Menschen – insbesondere Zivilist:innen – gleichermaßen aus, die von Terror und Krieg betroffen sind. Wir fordern die Achtung des Völkerrechts, insbesondere des humanitären Völkerrechts, und den Schutz und die Einhaltung der Menschenrechte, sowie die Gewährung von Zugang und Unterstützung für humanitäre Organisationen.
Während und nach dem Konflikt ist es zentral, dass die Menschenrechts- und Kriegsverbrechen beider Seiten unparteiisch aufgearbeitet werden. Dafür sind im internationalen Recht Institutionen und Verfahren vorgesehen, etwa beim Internationalen Gerichtshof und Internationalen Strafgerichtshof. Wir setzen uns dafür ein, die Unabhängigkeit dieser juristischen Instanzen zu wahren und ihre Entscheidungen zu respektieren und zu befolgen.
Konkrete Kritik auf dieser Basis
Als Menschenrechtsorganisation, die auch zum Recht eines:r Jeden auf ausreichende Ernährung arbeitet, steht die Hungerkatastrophe ganz besonders im Zentrum unserer Besorgnis als eine der zentralen Menschenrechtsverletzungen. Die Situation im Gaza-Streifen muss auch mit Blick auf andere Menschenrechte, wie dem Recht auf Wasser, Wohnen und Gesundheit als humanitäre Katastrophe bewertet werden (vgl. Anhang).
Nach dem Massaker der Hamas am 7. Oktober hatte Israel das Recht sich zu verteidigen. Allerdings wird dieses Recht durch das humanitäre Völkerrecht und die Verpflichtung zur Achtung der Menschenrechte begrenzt. Wie jede Konfliktpartei ist auch Israel dazu verpflichtet, alle Reaktionen auf Verhältnismäßigkeit zu prüfen, die Zivilbevölkerung zu schützen und humanitäre Grundbedürfnisse jederzeit sicherzustellen. Anhand dieses Maßstabs verurteilen wir die Kriegsführung der israelischen Regierung, so wie wir auch die massiven Menschenrechts- und Völkerrechtsverstöße der Hamas verurteilen.
Insbesondere besorgen uns folgende Aspekte, basierend vor allem auf diversen Recherchen der Vereinten Nationen, im Anhang dokumentiert:
Auf Seiten der Hamas:
UN-Hochkommissar für Menschenrechte Volker Türk benennt als Menschenrechtsverletzungen der Hamas den Terrorangriff auf Israel, „das wahllose Abfeuern von Geschossen auf Israel und das militärische Agieren aus zivilen Einrichtungen heraus“ (Quelle).
Der brutale Terror der Hamas am 7. Oktobers war ein bewusst in Szene gesetztes Massaker. Noch immer sind rund 100 Geiseln in der Gewalt der Hamas, ein schwerer Verstoß gegen das humanitäre Völkerrecht. Im Kontext des Terrorangriffs und der Geiselnahmen hat laut der UN-Sonderbeauftragten für sexuelle Gewalt in Konflikten massive sexuelle Gewalt stattgefunden, „inklusive Vergewaltigungen und Gruppenvergewaltigungen“. Sie geht davon aus, dass „derartige Gewalt weiter andauert gegen diejenigen, die noch festgehalten werden" (Quelle).
Die Hamas ist mitverantwortlich dafür, dass die dringend notwendige Versorgung der Menschen im Gazastreifen erschwert wird. Beispielsweise haben bereits mehrfach Raketenangriffe der Hamas auf den Grenzübergang Kerem Shalom dazu geführt, dass dieser von Israel geschlossen wurde und Hilfslieferungen nicht mehr passieren konnten (Quelle).
Auf Seiten der israelischen Regierung
UN-Hochkommissar für Menschenrechte Volker Türk sah bereits im Januar 2024 im Vorgehen Israels in Gaza „Anzeichen für Kriegsverbrechen und womöglich auch Verbrechen gegen die Menschlichkeit“ (Quelle) und hat im Februar die anhaltenden Angriffe im Gaza-Streifen als ein „Gemetzel“ bezeichnet (Quelle). Er weist insbesondere darauf hin, dass die kollektive Bestrafung einer ganzen Bevölkerung sowie die gezielte Tötung von Zivilisten Kriegsverbrechen sind (Quelle).
Der UN-Hochkommissar hat weiterhin darauf verwiesen, dass es als unmenschlich bewertet werden müsse, Hunderttausende zwangsweise in Gebiete umzusiedeln, die schon dem Erdboden gleichgemacht worden seien und in denen es am Nötigsten fehle. Die Evakuierung und eine Großoffensive auf Rafah mache die Versorgung der Bevölkerung mit Hilfsgütern und Medikamenten unmöglich. Dies wäre ein Verstoß gegen das humanitäre Völkerrecht (siehe Link und Link). Betroffen ist davon insbesondere auch die Versorgung mit sauberem Wasser (siehe Anhang).
Seit Monaten kommt es zu schweren Menschenrechtsverletzungen und Verstößen gegen das humanitäre Völkerrecht durch die israelische Armee. Dies bezieht sich vor allem auf wiederholte Angriffe auf zivile und medizinische Einrichtungen, unpräzise Bombardements, den unzureichenden Schutz der Einwohner:innen des Gaza-Streifens, Mitarbeiter:innen von Hilfsorganisationen und Journalist:innen, und die Zerstörung ziviler Infrastruktur (siehe Anhang). Es gibt auch Berichte von UN-Experten über sexualisierte Übergriffe, Gewalt gegenüber Frauen und Mädchen und mindestens zwei Vergewaltigungen sowie über außergerichtliche Hinrichtungen.
Über zwei Millionen Menschen im Gazastreifen leiden unter akuter Ernährungsunsicherheit (Quelle), in den kommenden Monaten droht die schwere Hungersnot (Quelle) weiter zu eskalieren (siehe auch Anhang). Seit Oktober blockiert Israel große Teile der Grundversorgung und der dringend notwendigen Hilfslieferungen. Diese Blockade hat sich mit der Eroberung des Grenzübergangs in Rafah durch Israel nochmals verschärft (Quelle). Besorgniserregend ist auch, dass rechtsradikale Teile der israelischen Gesellschaft sich an solchen Blockaden beteiligen (Quelle, siehe auch Anhang).
Die gewaltsamen Übergriffe militanter Siedler:innen in der Westbank haben in den letzten Monaten drastisch zugenommen. Im Windschatten des derzeitigen Konfliktes versuchen radikale Israelis, die illegale Landnahme dort zu beschleunigen und nutzen auch Gewalt, dabei wurden hunderte Bewohner:innen des Westjordanlands getötet. Die rechtsradikale Regierung Benjamin Netanjahus lässt sie gewähren, teilweise werden sie sogar durch israelische Sicherheitskräfte unterstützt (Quelle).
Menschenwürde und Menschenrechte als Grundlage und Begrenzung der Solidarität
Angesichts der systematischen Vernichtung von jüdischen Menschen im Holocaust und des immer noch weltweit, auch in Deutschland und Europa, existierenden Antisemitismus, ist es zentral, das Existenzrecht Israels anzuerkennen und zu unterstützen. In unserem Statement vom 28.11.2023 haben wir darauf hingewiesen, dass „der Schutz der Menschenwürde Grundlage der unverbrüchlichen Solidarität Deutschlands mit dem Staat Israel und (…) gerade deshalb auch der Maßstab möglicher Kritik am konkreten Handeln der israelischen Regierung“ ist.
Wer von „deutscher Staatsraison“ spricht, sollte zugleich klarstellen: Solidarität mit den Menschen in Israel darf nicht verwechselt werden mit Solidarität mit der Regierung in Israel, zumal wenn diese gegen Menschenrechte und Völkerrecht verstößt.
Der Schutz von Menschenwürde, der Menschenrechte und des Völkerrechts begründen und begrenzen ebenso unsere Solidarität mit den Palästinenser:innen. Auch sie haben ein Recht auf ein friedliches und selbstbestimmtes Leben auf der Basis der Menschenrechte in einem demokratischen Staat mit sicheren Grenzen.
Für ein Ende der Spirale aus Gewalt und Gegengewalt
Der brutale Terror der Hamas hat Frieden und Sicherheit für die Palästinenser:innen nicht befördert, sondern weiter erschwert.
Es ist zudem sehr fraglich, ob die Brutalität der israelischen Militäroffensive tatsächlich – wie von der Regierung Netanjahu als Begründung genannt – der Sicherheit der Menschen in Israel dient. Kann eine Strategie Sicherheit und Frieden voranbringen, wenn die unangemessene Härte des Vorgehens zehntausende Menschenleben kostet, die Lebensgrundlagen für die Zukunft zerstört und unzählige Menschen traumatisiert? mehr >>>
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Ahmad mit den Mandelaugen
Asil Almanssi - 3. Juni 2024 - Übersetzt mit DeepL
Die Leiche von Ahmad wurde während des kurzen Waffenstillstands im November gefunden.
Ahmad hatte mandelförmige Augen. Er war eigensinnig, ehrgeizig und gutmütig. Er liebte Bücher und Musik.
Ahmad - der Cousin meines Vaters - und seine Familie hatten viel Kummer erlebt.
Einer seiner Brüder wurde während der Operation Gegossenes Blei - Israels Angriff auf den Gazastreifen Ende 2008 und 2009 - getötet.
Etwa zur gleichen Zeit starb eine von Ahmads Schwestern an einer Krankheit.
Im Jahr 2020 litt Ahmads Vater bei der Arbeit unter starken Kopfschmerzen. Sein Vater versuchte, weiterzuarbeiten, bis er eines Tages das Bewusstsein verlor.
Bei Ahmads Vater wurde ein Hirntumor diagnostiziert. Der Krebs befand sich in einem fortgeschrittenen Stadium, als er entdeckt wurde.
Einige Mitglieder der Familie brachten seinen Vater zur Behandlung ins Ausland. Etwa zwei Jahre nach der Behandlung brach sein Vater erneut zusammen und starb.
Nach dem Tod seines Vaters und der Heirat seines älteren Bruders war die Familie auf Ahmad angewiesen.
Ahmad und seine Familie lebten in al-Mukhabarat, einem Gebiet nordwestlich von Gaza-Stadt.
In der Anfangsphase des derzeitigen Krieges gegen Gaza forderte Israel die Familie auf, ihr Haus zu verlassen. Kurz nachdem die Familie das Haus verlassen hatte, bombardierte Israel das Viertel.
Die Familie kam bei Verwandten in Beit Lahiya im Norden des Gazastreifens unter.
Am 22. November verließ Ahmad morgens das Haus, in dem die Familie Schutz gesucht hatte. Seine Mutter wurde im Laufe des Tages immer besorgter, da Ahmad nicht zurückkehrte.
Zwei Tage vergingen, ohne dass man etwas von ihm hörte.
Donnerschlag Am 24. November wurde ein Waffenstillstand ausgerufen. Er erwies sich als sehr kurz, aber wir hofften damals, dass er auf unbestimmte Zeit verlängert werden würde.
Meine Familie kehrte in ihr Haus zurück, begann es zu putzen und Essen zuzubereiten. Wir fühlten uns eine Zeit lang glücklich.
Und dann traf uns die Nachricht von Ahmads Märtyrertod wie ein Blitzschlag.
Ahmad wurde auf dem Boden liegend gefunden. Er war von einem Schrapnell im Nacken getroffen worden.
Es scheint, dass er verblutet ist, ohne dass jemand in der Nähe war, der ihm helfen konnte.
Ich konnte die Nachricht nicht glauben, als ich hörte, dass Ahmad getötet worden war.
Zuerst erstarrte ich an Ort und Stelle. Dann begann ich bittere Tränen zu weinen.
Ich weinte darüber, dass uns ein junger Mann mit Träumen und Ambitionen auf so grausame und kriminelle Weise genommen worden war.
Ich weinte um die Mutter von Ahmad. Ich weinte um all die Qualen, die sie erlebt hatte.
Eine Sache, die meine Trauer erleichterte, war das Wissen, dass Ahmads Körper unversehrt war.
Hier im Gazastreifen ist es zum Luxus geworden, mit unversehrtem Körper zu sterben. Ich habe die Leichen von Nachbarn gesehen, die so schrecklich verbrannt waren, dass man sie nicht mehr erkennen konnte.
Menschen wurden enthauptet. Viele Leichen waren in Stücke zerlegt, als sie gefunden wurden.
Ich danke Gott, dass wir Ahmad identifizieren und ihn an einem uns bekannten Ort begraben konnten und nicht in einem Massengrab.
Weitere schreckliche Nachrichten Der Waffenstillstand war nach einer Woche zu Ende.
An dem Tag, an dem der Krieg wieder aufgenommen wurde, wurde unser Haus angegriffen. Wie durch ein Wunder gelang es uns, zu fliehen.
Wir kamen wieder bei unseren Verwandten unter, die uns bereits eine Unterkunft geboten hatten.
Dort erhielten wir weitere schreckliche Nachrichten. Ahmads älterer Bruder wurde bei einem Massaker, das Israel in Beit Lahiya verübte, getötet.
Wie konnte das geschehen?
Wie konnte ihre Mutter den Verlust von zwei Söhnen innerhalb eines so kurzen Zeitraums verkraften?
Im nördlichen Gazastreifen verschlimmerte sich die Situation noch. Nachdem israelische Truppen in das Gebiet einmarschiert waren, in dem wir uns aufhielten, suchten wir Schutz in Gaza-Stadt.
Der Zufall wollte es, dass wir zusammen mit Ahmads Mutter und ihrer verbliebenen Tochter und ihrem Sohn evakuiert wurden.
In der Unterkunft mussten wir mit etwa 20 Personen in einem Raum schlafen.
Ich wachte nachts auf, weil ich auf die Toilette musste. Ich sah Ahmads Mutter in der Nähe der Tür sitzen.
Ich fragte sie, warum sie nicht schlief. Sie antwortete, dass sie auf die Rückkehr von Ahmad warte.
Mir kamen unkontrolliert die Tränen.
"Du denkst, ich bin verrückt", sagte seine Mutter.
Sie erklärte, dass sie zwar Ahmads Leiche gesehen habe, aber "mein Herz fühlt, dass er noch lebt".
Ahmads jüngere Schwester wurde bei dem Massaker in Beit Lahiya verletzt. Das Massaker, bei dem ihr Bruder getötet wurde.
Seine Schwester erzählte mir, dass sie und Ahmad sich immer stritten. Nach einem Streit brachte Ahmad ihr Geschenke und ihr Lieblingsessen, um sie aufzumuntern.
Ahmad habe eine Wohnung gekauft, da er heiraten wolle, sagte sie.
Er hatte begonnen, sie einzurichten. Aber die Arbeit war noch nicht abgeschlossen und würde es auch nie sein.
Der kleine Bruder von Ahmad ist erst 8 Jahre alt.
"Ich vermisse Ahmad", sagte er mir. "Ich möchte erwachsen werden und heiraten und viele Kinder haben, damit ich sie nach meinen Brüdern benennen kann, die alle den Märtyrertod erlitten haben."
Ahmads Mutter erzählte mir, dass Ahmad an dem Tag, an dem sie al-Mukhabarat verlassen mussten, einigen älteren Nachbarn half, von denen einer in seiner Mobilität eingeschränkt war. Ahmad schaffte es, das Gebäude, in dem sie lebten, zu verlassen, kurz bevor Israel es angriff, als er seinen Nachbarn bei der Evakuierung helfen wollte.
Ahmad hat es verdient zu leben. Israel hat ihn dieser Möglichkeit beraubt. Quelle
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Operation al-Aqsa-Flut" Tag 241:
Israel widerspricht Biden wegen Waffenstillstandsvorschlag
Israelische Proteste, die einen Gefangenenaustausch fordern, gehen in Tel Aviv und Jerusalem weiter,
während Blinken den Vorschlag mit Gantz und Gallant bespricht.
Unterdessen sagen die Behörden im Gazastreifen, dass Tausende von Kindern vom Hungertod bedroht sind.
Opfer
36.439 Tote* und mindestens
82.627 Verwundete im Gazastreifen.*
521+ getötete Palästinenser im besetzten Westjordanland und in Ostjerusalem.**
Das Gesundheitsministerium von Gaza bestätigte diese Zahl am 2. Juni 2024 auf seinem Telegramm-Kanal. Einige Menschenrechtsgruppen gehen davon aus, dass die Zahl der Todesopfer weitaus höher liegt, wenn man die mutmaßlichen Toten mit einbezieht.
** Die Zahl der Todesopfer im Westjordanland und in Jerusalem wird nicht regelmäßig aktualisiert. Nach Angaben des Gesundheitsministeriums der Palästinensischen Autonomiebehörde vom 2. Juni ist dies die neueste Zahl. |
Wichtige Entwicklungen
Israel tötet 268 Palästinenser und verwundet 1.207 seit Donnerstag, dem 30. Mai, im gesamten Gazastreifen, wodurch sich die Zahl der Toten seit dem 7. Oktober auf 36.439 und die Zahl der Verwundeten auf 82.627 erhöht, so das Gesundheitsministerium im Gazastreifen.
Israel und die Hamas akzeptieren zunächst Bidens vorgeschlagenen Rahmen für einen Gefangenenaustausch. Blinken bespricht den vorgeschlagenen Deal mit Benny Gantz und Yoav Gallant.
Netanjahu bespricht den Vorschlag mit Ben-Gvir, während Smotrich die Möglichkeiten eines Ausstiegs aus der Regierungskoalition prüft, falls Israel den Deal offiziell akzeptiert. Israels Kanal 13 zitiert Likud-Beamte mit der Aussage, Netanjahu werde Bidens Deal-Vorschlag nicht durchgehen lassen und ihn behindern.
Israelische Gefangenen-Familien protestieren vor dem Knesset-Gebäude in Jerusalem. Ein verwundeter Soldat wirft aus Protest eine Blendgranate in den Eingang des israelischen Kriegsministeriums in Tel Aviv.
Die israelische Armee gibt an, dass seit Donnerstag 46 Soldaten in Gaza verwundet wurden. Vier Tote seit letzter Woche.
Eine Million Fälle von ansteckenden Krankheiten im Gazastreifen aufgrund von Vertreibung, schlechten sanitären Bedingungen und Blockierung der medizinischen Versorgung, laut Medienbüro der Gaza-Regierung.
Israelische Streitkräfte töten zwei Palästinenser im Laufe der Woche und erhöhen damit die Zahl der Toten im Westjordanland auf 521 seit dem 7. Oktober. Israelische Siedler setzen landwirtschaftliche Flächen in Mughayyir, nordöstlich von Ramallah, in Brand.
Israelische Streitkräfte stürmen Nablus und eskortieren Siedler zu religiösen Stätten in der Stadt.
Hisbollah schlägt israelische Armeekommandobasis in Galiläa, Israel bombardiert Südlibanon, tötet zwei. Israelische Angriffe töten 17 in Aleppo.
Israel tötet 268 im gesamten Gazastreifen seit Montag
Das palästinensische Gesundheitsministerium in Gaza gab bekannt, dass die verbleibenden Krankenhäuser im Gazastreifen seit Donnerstag, dem 30. Mai, 268 getötete Palästinenser bei israelischen Luftangriffen aufgenommen haben, während 1207 weitere verwundet wurden.
Unterdessen berichteten lokale Medien, dass die israelischen Luftangriffe und Artilleriegranaten in den vergangenen 24 Stunden weiterhin die Stadtteile Zeitoun und Sabra in Gaza-Stadt trafen. Mindestens zwei Kinder sollen am Sonntag getötet worden sein.
In Jabalia, im Norden des Gazastreifens, hat der palästinensische Zivilschutz nach eigenen Angaben 70 Leichen aus den Trümmern geborgen, die die israelischen Streitkräfte nach dem Rückzug aus dem Flüchtlingslager Jabalia nach einer dreiwöchigen Bodeninvasion hinterlassen hatten. Die israelische Armee war Mitte Mai zum zweiten Mal seit Beginn des Krieges in Jabalia einmarschiert und hatte sich dabei schwere Kämpfe mit palästinensischen Widerstandsgruppen geliefert. Im Dezember hatte Israel die Kontrolle über den gesamten nördlichen Gazastreifen, einschließlich Jabalia, erklärt.
Jabalia ist die Wiege der Aufstände": Die israelische Armee zieht sich zurück, aber das Lager bleibt
Mehr über die Folgen der Invasion von Jabalia im Mai 2024 lesen Sie hier. Im zentralen Gazastreifen eröffneten israelische Kriegsschiffe das Feuer auf den Strand von Deir al-Balah, während Luftangriffe auf Mighraqa, al-Zaharaa und die Flüchtlingslager Nuseirat und Bureij fortgesetzt wurden. In Nuseirat wurden am Sonntag mindestens zwei Palästinenser getötet, nachdem israelische Luftangriffe das Haus der Familie Abu Nar getroffen hatten. Eine weitere, nicht näher bezeichnete Anzahl von Palästinensern wurde bei einem Angriff auf das Haus der Familie Aqel in Bureij getötet.
Im südlichen Gazastreifen verstärkten sich die israelischen Luftangriffe und der Artilleriebeschuss auf das Viertel Tal al-Sultan im Westen der Stadt inmitten schwerer Kämpfe zwischen israelischen Streitkräften und palästinensischen Kämpfern in diesem Gebiet. Die israelischen Angriffe richteten sich auch gegen das Zentrum und den Norden der Stadt.
In Khan Younis wurden am Sonntag 10 Palästinenser, darunter Kinder, bei israelischen Angriffen auf zwei Familienhäuser im Stadtteil Rumeida im Osten der Stadt getötet. Israelische Angriffe trafen auch die Umgebung des Gaza European Hospital am Rande von Khan Younis.
Bidens Waffenstillstandsvorschlag von der Hamas "positiv" aufgenommen, von Israel zunächst akzeptiert US-Außenminister Antony Blinken erörterte in getrennten Telefonaten mit dem israelischen Benny Gantz und Kriegsminister Yoav Gallant, beides Kritiker Netanjahus und Mitglieder des Kriegskabinetts, den jüngsten Vorschlag von US-Präsident Joe Biden zum Gefangenenaustausch.
Nach Angaben des US-Außenministeriums erklärte Biden den beiden israelischen Staatsoberhäuptern, dass das Abkommen langfristig die Sicherheit Israels garantiere. Am Sonntag erklärte ein Netanjahu nahestehender Mitarbeiter gegenüber der Sunday Times, Israel habe den Rahmen des Abkommens akzeptiert, "obwohl es kein gutes Abkommen ist".
Der Vorschlag sieht drei Phasen vor. Die erste sieht einen sechswöchigen vollständigen Waffenstillstand vor, in dem die Hamas die im Gazastreifen gefangenen Frauen und Kinder freilässt und Israel im Gegenzug palästinensische Gefangene freilässt. Die israelischen Streitkräfte würden sich aus den städtischen Gebieten im Gazastreifen zurückziehen, und die vertriebenen Palästinenser dürften in alle Gebiete zurückkehren, auch in den Norden des Streifens. Während dieser Zeit würden täglich 600 Hilfsgütertransporte in den Gazastreifen gelangen.
In der zweiten Phase würden Israel und die Hamas einen dauerhaften Waffenstillstand aushandeln und palästinensische Gefangene im Austausch gegen die verbleibenden israelischen Gefangenen freilassen. Der Waffenstillstand würde so lange anhalten, wie die Verhandlungen andauern. In dieser Phase würde auch der Wiederaufbau des Gazastreifens beginnen.
Verständnis für Bidens Vorschlag für einen Waffenstillstand im Gazastreifen
WEITERE INFORMATIONEN zu Bidens Vorschlag für einen Waffenstillstand finden Sie HIER. Am Montag berichteten israelische Medien, dass Netanjahu seinen Verbündeten in der Regierungskoalition, Ben-Gvir und Smotrich, mitgeteilt habe, dass der Vorschlag im Gegensatz zu Bidens Behauptungen keine Klausel zur Beendigung des Krieges enthalte. Sowohl Ben-Gvir als auch Smotrich hatten damit gedroht, aus der Koalition auszutreten, falls Israel den Krieg beende, was den Zusammenbruch der Regierung Netanjahu zur Folge hätte.
Unterdessen setzten die Israelis ihre Proteste in Tel Aviv und Jerusalem fort und forderten ein Austauschabkommen, das die Freilassung der israelischen Gefangenen in Gaza vorsieht. Quelle
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Binnenvertriebene Palästinenser drängen sich am Strand von Deir al-Balah im Zentrum des Gazastreifens, 2. Juni 2024
Gegen eine Welt ohne Palästinenser
Wenn die Welt, wie sie ist, die Existenz der Palästinenser nicht ertragen kann, dann müssen wir die Welt verändern. Wir haben bereits damit begonnen.
QASSAM MUADDI - 3. JUNI 2024 - Übersetzt mit DeepL
Als ich fünf Jahre alt war, sagte mir mein Vater, dass ich Palästinenser sei. Ich weiß nicht, ob er sich darüber im Klaren war, was er da tat, aber dieses kleine Stückchen Wissen setzte in meinem damaligen Kind eine Kette des Bewusstseins in Gang, die ein Leben lang andauern sollte. Schließlich führte es zu der bitteren Erkenntnis, der ich mich bis heute nicht entziehen kann - der Erkenntnis, dass wir Palästinenser in einem internationalen System leben, das für uns als Volk keinen Platz hat und uns nicht will.
Stunden nachdem der Chefankläger des Internationalen Strafgerichtshofs, Karim Khan, bekannt gegeben hatte, dass er beim Gericht den Erlass von Haftbefehlen gegen israelische und Hamas-Führer beantragt hatte, veröffentlichte Israels Premierminister Benjamin Netanjahu eine Videoerklärung, in der er seine Empörung über diese Entscheidung zum Ausdruck brachte, weil sie ihn mit Hamas-Führern gleichsetze. Die gleiche Empörung über diese angebliche "falsche Gleichsetzung" wurde vom US-Außenministerium und von Mitgliedern des Kongresses geäußert.
Aber worüber haben sich Netanjahu und seine Verbündeten in Washington wirklich empört? Wenn der IStGH den Erlass eines Haftbefehls prüft, berücksichtigt er - zumindest theoretisch - die Art des Verbrechens, nicht den Täter. Angeblich sollte es keine Rolle spielen, ob es sich um einen demokratisch gewählten Beamten oder den Chef einer Militärjunta handelt, ob es sich um das Oberhaupt eines mit den USA verbündeten Staates oder um den Anführer einer von den USA als terroristische Organisation eingestuften Gruppe handelt. Als der Ankläger des Internationalen Strafgerichtshofs (IStGH) Haftbefehle für die Führer der Hamas und Israels forderte, setzte er das Leben der am 7. Oktober getöteten Israelis mit dem von Tausenden von Palästinensern gleich, die Israel getötet hat.
Wenn man sich die letzten acht Monate ansieht, könnte man leicht auf den Gedanken kommen, dass diese Gleichsetzung von menschlichem Leben, diese Behauptung, dass Palästinenser auf die gleiche Weise leben und sterben, mit dem gleichen inneren Wert wie jedes andere Volk, die führenden Politiker der Welt so verärgert und die israelische Führung so aufgewühlt hat, dass sie bereit ist, zu drohen, zu verleumden und zu unterdrücken. Dadurch konnte der Völkermord über Monate hinweg fortgesetzt werden.
Aber diese Entmenschlichung geht lange vor den Ereignissen und den Nachwirkungen des 7. Oktober zurück. Tatsächlich haben wir Palästinenser sie schon seit Jahrzehnten erlebt, auch wenn wir nicht immer die Worte hatten, um sie zu beschreiben. Der gegenwärtige Völkermord hat ihn soweit verdeutlicht, dass wir ihn nicht mehr ignorieren oder verdrängen können und auch keinen Weg mehr finden, mit ihm zu leben.
Jahrzehnte der Verleugnung
Seit Oktober letzten Jahres wurden etwa 40.000 Menschen ermordet, Menschen, die aussehen und sprechen wie ich, meine Familienmitglieder und meine Freunde, Menschen, die dieselben kulturellen Bezüge, Familientraditionen und gegenwärtigen Ängste haben wie jeder von uns, der in eine palästinensische Familie hineingeboren wurde. Sie wurden in weniger als sieben Monaten auf brutalste und schmerzhafteste Weise physisch eliminiert, und es ist noch nicht vorbei.
Trotz dieses offensichtlichen Schreckens müssen immer noch Kämpfe ausgefochten und Risiken eingegangen werden, auf den Straßen, an den Universitäten und in den Medien, nur um der Welt zu zeigen, wie traumatisch und tragisch diese Realität ist. Es ist, als ob wir seit sieben Monaten versuchen, die Welt davon zu überzeugen, dass die Menschen, die in Gaza kollektiv ermordet werden, im wahrsten Sinne des Wortes Menschen sind - dass sie, bevor sie starben, auch Leben hatten.
Einige Jahre, nachdem mein Vater den Samen des Wissens, dass ich Palästinenser bin, in mein Bewusstsein gepflanzt hatte, lernte ich, eine Landkarte zu lesen. Begeistert bat ich meinen Vater, mir auf einer Weltkarte zu zeigen, wo Palästina lag. Mein Vater zeigte auf den winzigen Fleck, der mit Namen von Orten übersät war. Ich schaute genau hin und las alle Namen, aber ich konnte Palästina nicht finden.
Ich begann, etwas zu fühlen, das für ein Kind, dem die Worte fehlten, um es zu erklären, sehr beunruhigend war. Ich wusste etwas über mich, weil mein Vater es mir erzählt hatte, aber die Welt hatte es nicht auf ihrer Karte. Ich hatte das Gefühl, dass es ein Problem gab, nicht mit der Weltkarte, sondern mit mir als Palästinenser. Seitdem und in den folgenden Jahren hatte ich jedes Mal, wenn ich gefragt wurde, woher ich komme, das Gefühl, eine zusätzliche Erklärung abgeben zu müssen, um meine eigene Identität und Existenz zu rechtfertigen.
Um vom Rest der Welt anerkannt zu werden, mussten wir Palästinenser immer sterben.
Im Laufe der Jahre, als ich unsere palästinensische Geschichte kennenlernte, wurde mir bewusst, dass wir Palästinenser immer sterben mussten, um vom Rest der Welt anerkannt zu werden. Im vergangenen Jahrhundert gab es Momente, in denen die palästinensische Existenz im Mittelpunkt der Weltöffentlichkeit stand, gerade weil sie angegriffen wurde - die Belagerung und Bombardierung von Beirut 1982, die anschließenden Massaker von Sabra und Schatila und die erste Intifada. All diese Momente hatten den Tod gemeinsam. Palästinenser wurden getötet, während sie entweder kämpften, protestierten oder hinter den Türen ihrer Flüchtlingsunterkünfte schliefen. Es ist, als ob die Palästinenser, um ohne Rechtfertigung existieren zu können, mit dem Tod vertraut sein mussten - sie konnten ihn beherrschen, die beste Show abziehen, aber sie mussten immer sterben.
Diesmal aber war selbst unser Tod nicht genug. Vorher mussten wir beweisen, dass wir als Volk existierten. Jetzt müssen wir unseren eigenen Tod beweisen. Jedes Mal, wenn die Zahl unserer Toten aufgrund ihrer Quelle (das "von der Hamas geführte Gesundheitsministerium", das der israelische Geheimdienst privat als korrekt ansah) in Frage gestellt wurde, haben wir verstanden, dass selbst unser Tod, geschweige denn unser Leben, nicht wichtig genug war. Jedes Mal, wenn unsere Toten als "menschliche Schutzschilde" abgetan wurden, wurde unser Recht zu trauern in Frage gestellt. Und jedes Mal, wenn ein Palästinenser in einer Fernsehdebatte aufgefordert wurde, "die Hamas zu verurteilen", während palästinensische Schulen und Krankenhäuser ohne jede Verurteilung in die Luft gesprengt wurden, wurde uns ins Gesicht gesagt, dass die Trauer um unsere Toten relativiert und abgesichert werden müsse.
Eine Welt ohne Palästinenser
Diese Botschaft erhalten wir seit acht Monaten, zu einem Zeitpunkt der Geschichte, an dem die palästinensische Befreiungsbewegung alle möglichen Phasen durchlaufen hat, die eine Befreiungsbewegung durchlaufen kann. Es gab die "radikale" Phase in den Anfängen der PLO, die ein einheitliches demokratisches Palästina für alle seine Bürger forderte, eine Periode, die von den idealistischen Revolutionären der frühen 1960er Jahre geprägt war, die wie alle anderen damals davon träumten, die Welt zu verändern. Dann kam die "pragmatische" Phase der Palästinensischen Autonomiebehörde, die sich in einem nicht enden wollenden Verhandlungsprozess für eine vermeintliche Zweistaatenlösung befand, die bereits durch israelische Siedlungen zerstört wurde - eine Zeit, die von den professionellen Bürokraten der 1990er Jahre geprägt war, die um die Integration in die neue neoliberale internationale Ordnung nach dem Kalten Krieg rangen.
Wir präsentierten den Staats- und Regierungschefs der Welt alle möglichen Versionen von uns selbst, aus denen sie wählen konnten. Doch dreißig Jahre nach Oslo, ein Dreivierteljahrhundert nach dem Beginn der Nakba, bei der Tausende von Menschen getötet wurden, ohne dass es dafür mehr als "Bekundungen der Besorgnis" gab, sollen wir uns mit der symbolischen Anerkennung eines Staates zufrieden geben, für den es kein Land mehr gibt.
Einige postkoloniale Akademiker könnten sagen, dass die Entmenschlichung der Palästinenser ihre Wurzeln in der orientalistischen kolonialen Denkweise des 18. und 19. Jahrhunderts hat und dass sie der Logik des Siedlerkolonialismus in der Geschichte folgt. Sie mögen Recht haben. Aber es steckt mehr dahinter.
Die Auslöschung Palästinas - und folglich der Palästinenser - von der Weltkarte war immer Teil der modernen weltkapitalistischen und strategischen Logik.
Das war schon zu Zeiten der Kontrolle Palästinas durch das britische Empire so, als Winston Churchill auf dem Höhepunkt des palästinensischen Volksaufstandes an die Königliche Palästina-Kommission schrieb:
"Ich stimme nicht zu, dass der Hund in der Krippe das endgültige Recht auf die Krippe hat, auch wenn er schon sehr lange dort liegt... Ich gebe zum Beispiel nicht zu, dass den Indianern in Amerika oder den Schwarzen in Australien großes Unrecht widerfahren ist. Ich gebe nicht zu, dass diesen Menschen dadurch Unrecht getan wurde, dass eine stärkere Rasse, eine höherwertige Rasse, eine weltklügere Rasse, um es einmal so auszudrücken, an ihre Stelle getreten ist."
Dieselbe Logik setzte sich bis in die Tage des ehemaligen US-Außenministers Alexander Haig fort, der Israel als Amerikas "unsinkbaren Flugzeugträger" bezeichnete. Das ganze letzte Jahrhundert hindurch war Palästina für die einheimische Bevölkerung alles andere als eine Heimat gewesen. Oder, wie es Arthur Balfour, eine andere hohe Persönlichkeit des britischen Imperialismus und Mitarchitekt des zionistischen Projekts, ausdrückte:
"Der Zionismus wurzelt in jahrhundertealten Traditionen, in gegenwärtigen Bedürfnissen und in zukünftigen Hoffnungen, die von weitaus größerer Bedeutung sind als die Wünsche und Vorurteile der 700.000 Araber, die heute dieses alte Land bewohnen."
Selbst nach 76 Jahren Nakba, selbst nach 100 Jahren Kampf mit allen Mitteln, selbst nach all dem Pragmatismus und den Kompromissen ist die Weltkarte immer noch nicht für die Palästinenser bereit.
Warum Palästina nicht ausgelöscht werden kann
Ich habe das nicht verstanden, als mein Vater auf die Weltkarte zeigte und mir zeigte, dass Palästina dort nicht zu finden war. Aber ich hatte schon genug davon verstanden, was es heißt, Palästinenser zu sein. Ich hatte bereits ein Gefühl der Zugehörigkeit zu allem, was Palästina war und ist, außerhalb der Geopolitik entwickelt - das bestickte Kleid meiner Großmutter, die getrockneten Thymianzweige an ihrer Haustür, der Geruch des Landes nach dem ersten Regen des Jahres bei der Olivenernte, der Akzent meines Vaters, meine Straße, meine Schule, die Gesänge in unserer Kirche, der Gebetsruf der benachbarten Moschee, die ersten Verse von Darwish, die meine Seele berührten, die ersten Schritte der Dabkeh, die ich lernte.
Zu erkennen, dass all das, was deinen Charakter, deine Kultur und deine Erinnerungen ausmachte, in der Welt, wie sie ist, keinen Platz hat, dass all das als "Terrorismus" abgetan werden kann, dass dein Volk ohne Konsequenzen als "menschliche Tiere" bezeichnet werden kann, ist schon brutal genug. Ihnen das jeden Tag mit einem Meer von Blut vor die Nase zu setzen, ist nicht mehr zu ertragen.
Aber jede Medaille hat ihre zwei Seiten. Auch die Welt beginnt zu begreifen, dass wir, die Palästinenser, nirgendwo hingehen werden. 76 Jahre nach unserer Nakba halten wir immer noch an unserem Land und unserer Existenz fest.
Palästina liegt im Herzen der neuen Welt, die danach verlangt, geboren zu werden.
Wenn die Welt in ihrer jetzigen Form unsere Existenz nicht dulden kann, dann müssen wir die Welt verändern, um sie zu ermöglichen. Nicht, weil wir ein besonders revolutionäres Volk sind - das sind wir nicht, oder zumindest nicht revolutionärer als andere Völker -, sondern weil wir keine andere Wahl haben. Die Alternative wäre, aus der Welt zu verschwinden.
Damit haben wir bereits begonnen. Und als wir das taten, wurde uns noch etwas anderes klar: Die Menschheit ist viel größer als die Regierungen der Welt und die Institutionen, die die internationale Weltordnung bilden. Wir haben in den vergangenen Monaten des Völkermords und der Verzweiflung gelernt, dass die Welt voller Menschen ist, die eine andere Welt wollen, frei von Kolonialismus, Völkermord und Entmenschlichung. Wir haben erkannt, dass Palästina nicht auf einer veralteten Weltkarte zu finden ist, sondern in den Straßen jeder größeren Stadt des globalen Nordens und Südens und auf den Universitätsgeländen auf beiden Seiten des Atlantiks präsent ist. Im Grunde liegt Palästina im Herzen der neuen Welt, die an die Mauern der Gegenwart klopft und danach verlangt, geboren zu werden. Und das wird sie auch. Quelle |
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