Donald Trump:
Ein Präsident ohne Scham
Felicia Langer, Tübingen 16.August 2017
Man hat vieles über die gewaltsamen Vorfälle am
12. August in Charlottesville anlässlich der
Demontage eines Denkmals des Südstaatengenerals
Robert Lee geschrieben, vor allem über die Opfer
– eine Tote und 19 Verletzte durch einen
Amokfahrer. Die gewalttätigen Zusammenstöße
zwischen Demonstranten und Gegendemonstranten
waren aus dem Ruder gelaufen, so dass die
Versammlung ad hoc verboten und der Notstand
erklärt wurde – danach brauste der Amokfahrer
in die protestierende Menschenmenge. Gegner der
Demontage, Neonazis, Alt-Right Anhänger und
White Supremacists hatten schon seit April
Stimmung gegen das Vorhaben gemacht, in der
Nacht auf Samstag waren sie zu Hunderten in
einem Fackelzug durch die Universität gezogen.
In der Rally gegen die Demontage liefen einige
mit Gewehren in voller Kriegsausrüstung mit. Die
Befürworter der Demontage des rassistischen
Generals waren vorsorglich mit Holzknüppeln und
Pfefferspray bewaffnet.
Diese Vorkommnisse zeigen überdeutlich, wie
gespalten die Vereinigten Staaten sind und wie
sehr sich die amerikanischen weißen Rassisten
durch die Wahl Donald Trumps zum Präsidenten im
Aufwind sehen. Er hatte die Wahl mit dem Slogan
‘‘America first“ und ‘‘I shall make America
great again“ gewonnen und einen bekennenden
Rechtsextremen, Steve Bannon, zu seinem engen
Berater gemacht.
Als wenn er die explosive Lage nicht einschätzen
könnte, ließ sich Trump geschlagene zwei Tage
Zeit für eine öffentliche Erklärung, - und diese
Erklärung ließ die Empörung landauf landab dann
noch steigen. Verurteilte er doch pauschal die
Gewalt auf allen Seiten, ohne Ross und Reiter zu
nennen. Offensichtlich eine absichtliche
Schonung seiner Gefolgsleute am rechten Rand.
Der Ku-Klux-Klan bedankte sich auch artig. -
Wahrscheinlich auf Druck seiner eigenen
Parteileute wandte er sich am Tag darauf noch
einmal ans Volk und nannte Neonazis,
Ku-Klux-Klan, Alt-Right- und White
Supremacist-Anhänger beim Namen, verurteilte
Gewalt und erinnerte an die demokratischen
Grundwerte, dass alle Menschen gleichwertig
seien. Im Nachhinein hat es den Anschein, als
seien ihm diese Worte von außen via Prompter
diktiert worden, denn kaum hatte sich die
Stimmung etwas beruhigt, kam er auf einer
Pressekonferenz, auf der er eigentlich nur zu
Infrastrukturvorhaben sprechen sollte, auf seine
ursprüngliche Einschätzung der Vorkommnisse
zurück. Er sprach von Gewalt auf beiden Seiten,
sinuierte gar, die ‘‘Alt Left“ (ein vom ihm
geprägter Terminus) sei schuld am Ausufern der
Gewalt. Außerdem dürfe man Proteste anständiger
Leute (fine people) gegen die Demontage von
Südstaatenmilitärs eben nicht auf die leichte
Schulter nehmen, als nächste Demontageopfer
kämen dann vielleicht George Washington und
Thomas Jefferson, Urvorbilder des amerikanischen
Patriotismus, an die Reihe. Das klingt
verdächtig nach einer entschuldigenden
Verteidigung à la „Wehret den Anfängen“…
Von der bitter notwendigen Einsicht, dass er mit
seinen Parolen und seinem ganzen Gehabe Geister
beschworen hat – „Die extreme Rechte regiert
mit“ laut Bernd Pickert in der FAZ am 14.August
– die er dringend loswerden sollte, wenn er
Amerika nicht unwiederbringlich schaden will,
ist Donald Trump offensichtlich weit entfernt.
Diese Geister interpretieren seine Slogans mit
dem rassistischen Zusatz ‘‘White“ und handeln
auch danach. Seit Trumps Amtsantritt hat vor
allem für Juden, Muslime, Farbige, Homosexuelle
die gefühlte und faktische Bedrohung stark
zugenommen.
Wenn mich solche Nachrichten erreichen, packt
mich eine ungeheure Wut, eine hilflose Wut, eine
lähmende Wut. Dieser Mann mit seiner pubertären
Sprunghaftigkeit und Selbstbezogenheit sitzt am
Schalthebel des mächtigsten Staates der Welt –
und keiner in seiner Nähe scheint in der Lage,
ihn dauerhaft zu verantwortungs-bewusstem
Handeln zu bewegen können: Trump bleibt
Trump…Einziger Trost sind mir die aufrechten
Menschen, die zu Tausenden gegen die
rassistische Rechte demonstrieren, die Medien,
die über die wachsende Gefahr von rechts
informieren und dagegen anschreiben. Die
Empörung von Tausenden als Reaktion auf die
schockierenden Demonstrationen von Neonazis
macht Hoffnung – ein hoffentlich wachsendes und
erstarkendes Gegengewicht zu Donald Trump, dem
Präsidenten ohne Scham. |