o

Nie wieder - niemand - nirgendwo - Nachrichten aus dem, über das besetzte Palästina - Information statt Propaganda

   Archiv  -  Themen  - Sponsern Sie  -   Linksammlung20. November 2024  -  Facebook  -  Veranstaltungen - Suchen

 

Häuser und Zelte im Visier

Israel greift Libanon und Gaza pausenlos aus der Luft an.
Hisbollah reagiert verhalten auf US-Vermittlungsvorschlag

Gerrit Hoekman - 19. 11. 2024

Bei israelischen Luftangriffen auf die libanesische Hauptstadt Beirut ist am Sonntag der Sprecher der Hisbollah, Mohammed Afif, getötet worden. Das teilte die Miliz laut AFP mit. Insgesamt starben bei dem Bombardement mindestens sechs Menschen. Die israelische Armee sprach von einem »präzisen Angriff« auf den Sprecher, der »direkt an den terroristischen Aktivitäten der Hisbollah gegen den Staat Israel beteiligt« gewesen sei. Elf Tote waren außerdem in der südlibanesischen Hafenstadt Sur (Tyros) zu beklagen.

Am Sonnabend waren im Libanon erneut »Blauhelmsoldaten« der UN-Friedenstruppe UNIFIL unter Beschuss geraten. Etwa 40mal hätten »wahrscheinlich nichtstaatliche Akteure« auf eine Patrouille gefeuert. Es habe aber keine Verletzten gegeben, berichteten die Vereinten Nationen. Die libanesische Armee, die sich bis jetzt aus dem Konflikt zwischen Israel und der Hisbollah heraushält, verlor nach eigenen Angaben einen Soldaten, als Israel eine Militärstellung beschoss.

Laut libanesischen Medienberichten hat die Hisbollah am Wochenende verhalten positiv auf einen US-amerikanischen Vermittlungsvorschlag reagiert. Er sei eine Basis für Verhandlungen, mehr aber nicht. Die Miliz habe ihre Antwort an das Büro von Parlamentspräsident Nabih Berri übermittelt, dem Chef der schiitischen Amal-Partei. Von dort sei das Schriftstück in die US-Botschaft gelangt. Dem Vorschlag zufolge sollen zunächst 60 Tage lang die Waffen schweigen. In dieser Zeit müsste sich Israel aus dem Libanon zurückziehen. Die libanesische Armee übernimmt als Puffer den Platz der Hisbollah an der Grenze zu Israel.

»Libanons Antwort auf das US-Papier war positiv, aber einige Punkte erfordern eine Diskussion«, zitierte die libanesische Nachrichtenagentur NNA aus einem Interview des libanesischen Ministerpräsidenten Nadschib Mikati mit Al-Arabi TV. Er hoffe auf einen schnellen Waffenstillstand. Mehrere Nachrichtenagenturen meldeten, der US-Gesandte Amos Hochstein werde noch in dieser Woche in den Libanon reisen. Sollte Israel allerdings an seiner Forderung nach einer totalen Entwaffnung der Hisbollah festhalten, dürften die Verhandlungen schnell zum Scheitern verurteilt sein. Es ist nicht unbedingt zu erwarten, dass die Hisbollah darauf eingehen wird.

Auch in Gaza gingen die israelischen Angriffe am Wochenende weiter. Bei einer Attacke auf ein Wohnhaus in Beit Lahia am Sonntag im Norden des Küstenstreifens wurden nach palästinensischen Angaben mindestens 50 Menschen getötet. Ein Drittel der Toten soll demnach minderjährig gewesen sein. In dem fünfstöckigen Gebäude hatten laut der palästinensischen Nachrichtenseite Maan vor allem Vertriebene Schutz gesucht. Das Medienbüro der von der Hamas geleiteten Regierung in Gaza sprach am Sonntag von insgesamt acht Familien, die sich zum Zeitpunkt des Angriffs dort aufgehalten hätten. Aufgrund der israelischen Belagerung des nördlichen Gazastreifens könnten die Rettungskräfte möglicherweise noch lebenden Verschütteten nicht zur Hilfe eilen, so der Sprecher des Zivilschutzes in Gaza, Mahmud Basal.   mehr >>>


Kostenlos ist leider nicht kostenfrei.

Tausende von Menschen besuchen „"Das Palästina Portal" “,
nur ein sehr kleiner Teil trägt zu seinem Fortbestand bei.

Unterstützt das Weiterbestehen des „Das Palästina Portal“.

Wenn Sie dieses Portal nützlich und notwendig finden - entscheiden Sie sich - eine der Ausnahmen zu sein - unterstützen Sie diese Arbeit - damit es weiterhin über die Ereignisse in Palästina berichten kann.  Mehr >>>

Israels Eskalation und das Versagen der Verbündeten

Wie jetzt eine diplomatische Lösung möglich wäre

René Wildangel - »Blätter« 11/2024

An einem sonnigen Tag im Mai 2000 herrschte Festtagsstimmung im Südlibanon. Familien machten Picknick, Kinder tanzten zu dröhnender Musik. Nur verlassene Straßensperren und zurückgelassenes Militärgerät erinnerten noch an die Kämpfe der Vergangenheit. Gefeiert wurde der Abzug der israelischen Armee und ihrer Handlanger von der „Südlibanesischen Armee“ (SLA), einer vorwiegend christlichen libanesischen Miliz. Der Abzug galt als Erfolg des Guerillakampfs der Hisbollah, den die mit iranischer Hilfe gegründete Gruppierung seit 1982 gegen die israelische Armee führte. 18 Jahre lang hatte Israel nach der Invasion zur Vertreibung der PLO einen etwa 30 Kilometer breiten Streifen jenseits der Grenze im Südlibanon besetzt. Jetzt wehten dort die gelben Fahnen mit dem Schriftzug der Hisbollah und dem in die Höhe gereckten Gewehr.

Die Unterstützung für die Hisbollah und ihren Anführer Hassan Nasrallah hatte einen ersten Höhepunkt erreicht. Die Hisbollah hatte scheinbar das geschafft, was arabischen Armeen und Staatschefs seit Jahrzehnten nicht gelungen war: der übermächtigen israelischen Armee die Stirn zu bieten. In den Folgejahren blieb es an der libanesisch-israelischen Grenze, von kleineren Scharmützeln abgesehen, weitgehend ruhig, während der Iran die Hisbollah weiter aufrüstete. In der Folge der US-Invasion im Irak 2003 und anhaltender Forderungen in den USA, auch den Iran anzugreifen, baute das Land nicht nur seine Atomanlagen aus, sondern stärkte auch die regionalen Verbündeten, die zu einer „Achse des Widerstands“ erklärt wurden.

Die Popularität der Hisbollah steigerte sich noch einmal mit dem Jahr 2006. Damals wie heute entfalteten sich gleichzeitige Krisen in Gaza wie im Libanon: Nach dem Abzug der israelischen Siedler und des Militärs aus Gaza unter dem damaligen israelischen Regierungschef Ariel Sharon im Jahr zuvor und dem Sieg der Hamas bei den palästinensischen Wahlen im Januar riegelte Israel den Küstenstreifen weitgehend ab. Im Juni 2006 entführte die Hamas dann den israelischen Soldaten Gilad Shalit, was ein nationales Trauma in Israel auslöste. Und nur einen Monat später überfiel die Hisbollah eine israelische Grenzstreife, entführte dabei ebenfalls zwei israelische Soldaten und tötete acht weitere.

Der damalige israelische Ministerpräsident Ehud Olmert reagierte mit einem massiven Militäreinsatz, der in 34 Tagen 1100 Opfer auf libanesischer und über 160 auf israelischer Seite forderte – Zahlen, die im Vergleich einiges über den Charakter der aktuellen Auseinandersetzung deutlich machen: Diese forderte in deutlich kürzerer Zeit bis Anfang Oktober bereits doppelt so viele Opfer im Libanon, aber deutlich weniger auf israelischer Seite. 2006 konnte Israel zwar schnell erhebliche Kapazitäten und Waffensysteme der Hisbollah zerstören, dennoch wurde der Krieg in Israel als ein Desaster angesehen, denn während der gesamten Auseinandersetzung konnte seine Armee den Raketenhagel der Hisbollah nicht vollständig unterbinden.

In der Region wurde Hassan Nasrallah in der Folge wie ein Popstar verehrt. Viele Libanesen sahen dagegen angesichts der Zerstörungen im Land wenig Grund, sich zu begeistern – Nasrallah entschuldigte sich damals sogar bei seinen Landsleuten dafür, den israelischen Angriff durch die Attacke der Hisbollah ausgelöst zu haben. Die Hisbollah, die nun schlagkräftigste Miliz im Nahen Osten, nahm in den Folgejahren an Kriegseinsätzen in Syrien, Iran und Jemen teil. Dem syrischen Diktator Baschar al-Assad rettete sie aufseiten Russlands und Irans die Macht. Zwar verfolgt die Hisbollah seit ihrer Gründung ihre eigene, von der iranischen Revolution beeinflusste ideologische Vision, dennoch galt sie als Partei im Gefüge der komplizierten ethnisch-religiösen politischen Landschaft im Libanon als weitgehend berechenbar.

Allerdings hat sie im Laufe der vergangenen Jahre enorm an Ansehen verloren: Ihre regionalen militärischen Interventionen, vor allem jene an der Seite des syrischen Diktators Assad, die zunehmende innenpolitische Blockadehaltung und ihr Agieren als Staat im Staate, die Unterdrückung des demokratischen Aufbruchs im Libanon 2019 (den sie unterstützt hatte, bis sie merkte, dass er sich auch gegen die Hisbollah richtete), die mutmaßliche Mitverantwortung für die verheerende Hafenexplosion in Beirut 2020 und das immer brutalere Vorgehen gegen ihre Kritiker, wie bei dem kaltblütigen Mord an dem libanesischen Intellektuellen Lokman Slim – all das brachte viele Menschen im Libanon gegen die Hisbollah auf.

Zwar befanden sich die Hisbollah und ihr Anführer nicht mehr auf dem Höhepunkt ihrer Popularität, aber die Miliz war gut gerüstet, als sie in der Folge des Terrorangriffs der Hamas vom 7. Oktober 2023 und der massiven Bombardierung des Gazastreifens Raketen auf Nordisrael abfeuerte. Israel antwortete zunächst mit begrenzten Luftangriffen auf Ziele der Hisbollah. Obwohl auf beiden Seiten Zehntausende Zivilisten aus dem Norden Israels sowie dem Süden Libanons evakuiert werden mussten und mehrere Hisbollah-Kommandeure bei Angriffen getötet wurden, gingen die meisten Beobachter davon aus, dass auf beiden Seiten kein Interesse an einer Ausweitung des Konflikts bestehe. Zu groß schien die Abschreckungswirkung der Hisbollah und ihres gefüllten Raketenarsenals. Wie schon viele scheinbare Gewissheiten erwies sich auch diese als folgenreicher Irrtum.

Schritt für Schritt wuchs die Gefahr einer größeren Eskalation in Nahost: Im April hatte die israelische Luftwaffe bei einem Angriff in Damaskus gleich mehrere hochrangige Kommandeure der iranischen Revolutionsgarden getötet.[1] Der folgende Vergeltungsschlag des Iran war eine offensichtlich sorgfältig abgewogene Attacke. Die Revolutionsgarden setzten langsame Drohnen und Lenkraketen ein, außerdem kündigten sie den Angriff indirekt an, sodass die Geschosse fast ausnahmslos abgefangen werden konnten – von Israel, aber auch von benachbarten arabischen Staaten wie Jordanien. Als im Juli Hamas-Führer Ismail Hanijeh bei einem Besuch in Teheran mutmaßlich vom israelischen Geheimdienst mit einer Bombe getötet wurde, wuchsen die Sorgen vor einer regionalen Eskalation weiter.

Israels lange vorbereitete Offensive gegen die Hisbollah

Mitte September sah die israelische Regierung dann den Zeitpunkt für einen Krieg an der Nordfront gekommen, der nicht erst seit Monaten, sondern offensichtlich schon seit Jahren vorbereitet worden war. Sie ließ zuvor präparierte Pager und Funkgeräte von Tausenden Hisbollah-Angehörigen explodieren. Das Ergebnis waren 37 Tote, fast 3000 Verletzte, darunter auch unbeteiligte Zivilisten. Unmittelbar nach der Attacke folgten massive israelische Bombenangriffe auf Ziele der Hisbollah-Miliz im ganzen Land, die ebenfalls verheerende Folgen für die Zivilbevölkerung hatten.

Und gerade als die USA und weitere Verbündete einem Waffenstillstand zum Durchbruch verhelfen wollten, dem nach Aussagen beteiligter Diplomaten sowohl Israel als auch der Führer der Hisbollah schon zugestimmt hatten[2], erfolgte überraschend die Tötung Hassan Nasrallahs und der Beginn einer israelischen Bodenoffensive – eine erneute Brüskierung von US-Präsident Joe Biden und weiterer israelischer Verbündeter. Auch deren Drängen auf einen Waffenstillstand in Gaza inklusive eines Deals zum Austausch der Geiseln ignoriert Benjamin  mehr >>>

 


Symbol des Bataillons 749. Quelle: Wikipedia.

 

BIP-Aktuell #326: 


Bataillon 749


„Unsere Aufgabe ist es, Gaza plattzumachen. Niemand wird uns aufhalten.“

  1. Bataillon 749

  2. Erfreulich

  3. Das Beduinendorf Umm al-Hiran im Negev wird dem Erdboden gleichgemacht

In einer Sonderuntersuchung dokumentiert Dropsite News die Operationen des Bataillons 749 der israelischen Kampfpioniere in Gaza. Sie zeigen die vorsätzliche Tötung von Zivilisten, die Zerstörung der lebensnotwendigen Infrastruktur und das Verbrechen des Domizids, also die systematische und großflächige Zerstörung von Wohnraum und ziviler Infrastruktur.
 
Am 22. Oktober veröffentlichte die investigative Journalismus-Website Dropsite News eine umfangreiche Recherche, durchgeführt von zwei Journalisten, Younis Tirawi und Sami Vanderlip. Sie untersuchten anhand von Postings der Soldaten die Aktivitäten eines israelischen Bataillons, des Bataillons 749 der israelischen Kampfpioniere, in Gaza. Der Bericht wurde ins Deutsche übersetzt und am 11. November von der Gesellschaft Schweiz-Palästina unter dem Titel "Unsere Aufgabe ist es, Gaza platt zu machen. Niemand wird uns aufhalten. - Einblick in die Zerstörungsmission eines israelischen Bataillons während eines Jahres“ veröffentlicht.
 
Das Bataillon 749 ist ein Reservisten-Bataillon, wurde 1976 gegründet und gehörte im Laufe der Jahre verschiedenen Divisionen an. Derzeit ist es Teil der Division, die der Infanterie-Militärschule unterstellt ist (Quelle auf Hebräisch). Die Soldaten des Bataillons sind Absolventen des Combat Engineering Corps, das Soldaten im Sprengen ausbildet. Das Bataillon kommt nach den Kampfeinheiten zum Einsatz und bringt Gebäude und Häuser zum Einsturz, die durch die Luftangriffe nicht zerstört wurden.
 
Die Untersuchung identifiziert die Offiziere, die die Einheit befehligen. Sie und die ihnen unterstellten Soldaten haben bereitwillig Beiträge in den sozialen Medien veröffentlicht, in denen sie die Verbrechen, die sie begehen, zugeben und feiern. Die Soldaten des Bataillon 749 dokumentieren, wie sie Sprengstoff legen, palästinensische Häuser beschmieren und verschiedene Schilder hochhalten. Begleitet werden die Bilder und Videos von biblischen Bezügen, von Anspielungen auf die Populärkultur, von geistlosen Witzen und Musik.
 
Der stellvertretende Kommandeur des Bataillons, Oberstleutnant Adi Bekore, schrieb am 9. Oktober 2023 auf Facebook ein Zitat aus der Bibel, Buch Samuel 1, Kapitel 15, Vers 3:
"Darum zieh jetzt in den Kampf und schlag Amalek! Weihe alles, was ihm gehört, dem Untergang! Schone es nicht, sondern töte Männer und Frauen, Kinder und Säuglinge, Rinder und Schafe, Kamele und Esel!Auch Ministerpräsident Netanjahu benutzte diese genozidale Rhetorik.
 
Der Einsatzoffizier David Zoldan sagte in Bezug auf Gaza: „Er ist unheilbar krank, und es ist unsere Aufgabe, ihn von den Sauerstoffgeräten abzutrennen, und je früher, desto besser." Feldwebel Ori Fadida schrieb, dass „wir keine einzige Maus auf der Erde atmen lassen werden, wir sind fertig mit dem Shuja'iya-Viertel“ und verglich die Palästinenser in einer naziähnlichen Sprache mit Mäusen.   mehr >>>

 



Newsletter vom 19. 11. 2024

"Wenn dies kein Völkermord ist, was dann?" Übersetzte Beiträge zum Thema Genozid in Gaza


„Die Soldaten zeigten uns einen Weg, dem wir folgen sollten, aber die Scharfschützen schossen wahllos auf uns, und meine Mutter wurde am Bein getroffen. (...) Sie töteten auch zwei unserer Nachbarn - einen älteren Mann aus der Familie a-Talouli, der im Rollstuhl saß, und eine junge Frau aus der Familie al-'Ajrami. Wir haben das jetzt ein Jahr lang überlebt. Unser Leben dreht sich um Vertreibung, Hunger und die ständige Suche nach Wasser, Nahrung und Brennholz. Jedes Mal, wenn wir das Haus verlassen, riskieren wir unser Leben. Der Beschuss und die Granaten sind unaufhörlich, es gibt keine Stabilität, nur Angst und Schrecken. Ein Jahr einer neuen Nakba und eines Völkermordes.“

Yaser Abu Rukbeh, 31, Vater eines sieben Monate alten Babys, Jabalya (aufgezeichnet von B’Tselem)

 

„Was für mich besonders erschütternd war, ist die Tatsache, dass eine Bombe abgeworfen wurde, vielleicht auf einen überfüllten Zelt-Bereich, und dann darauffolgend die Drohnen herunterkamen. Ich habe Tag für Tag Kinder behandelt, die nach Bombenangriffen von Drohnen angegriffen worden waren. Die Drohnen kamen herunter und schossen auf ZivilistInnen – Kinder. Wir [operierten] an Kindern, die uns erzählten: „Ich lag auf dem Boden, nachdem eine Bombe gefallen war, und dieser Quadcopter kam herunter, schwebte über mir und schoss auf mich.“ Das ist eindeutig eine vorsätzliche Handlung, und es war eine konstante Handlung – anhaltende Angriffe auf ZivilistInnen, Tag für Tag.

Die Kugeln, die die Drohnen abfeuern, sind kleine quaderförmigen Kügelchen, und ich habe einige davon aus dem Bauch von Kleinkindern geholt. Das jüngste Kind, das ich operiert habe, war drei Jahre alt. Diese Kügelchen sind in gewisser Weise zerstörerischer als normale Kugeln. Bei den Drohnenkugeln stellte ich fest, dass sie eindrangen und im Körper herumwirbelten, so dass sie mehrere Verletzungen verursachen konnten. Ich hatte beispielsweise einen siebenjährigen Jungen; er hatte eine Verletzung der Leber, der Milz, des Darms, der Arterien, also eine ziemlich weitreichende Zerstörung durch einen einzigen Einschusspunkt.“

Prof. Nizam Mamode, britischer Chirurg im August und September 2024 auf medizinischer Hilfsmission in Gaza, in einer Anhörung vor dem britischen parlamentarischen Ausschuss für internationale Entwicklung, 14. November 2024

 „Die Kinder in Gaza schreien auf eine Art, die ich nie gehört habe und die ich nie vergessen werde. In diesem Schreien liegt Todesangst. Sie sind dann nicht erreichbar und lassen sich nur sehr schwer beruhigen. Dieses Schreien zu hören, ist furchtbar schmerzhaft. Diese Kinder hören auf zu spielen, sie hören auf zu lernen. Sie entwickeln sich nicht mehr. Auch wenn dieser Krieg heute aufhören würde: Diese Kinder haben sehr viel nachzuholen.“

Katrin Glatz Brubakk, norwegische Kinderpsychologin und Trauma-Expertin, als Mitarbeiterin von Ärzte ohne Grenzen im August 2024 auf medizinischer Hilfsmission in Gaza, in einem Interview mit der Berliner Zeitung, 14. November 2024

 

„Wir erhalten Notrufe von Menschen, die unter den Trümmern festsitzen, sie atmen und sprechen noch, aber wir können ihnen nicht zu Hilfe kommen.“

Dr. Hussam Abu Safiya, Direktor vom Kamal Adwan Krankenhaus, 14. November 2024

 

„In der Völkermordkonvention geht es nicht darum, ob man Israel etwas anlasten kann oder nicht. Sie gibt eine Definition, was Völkermord ist. Und wenn Sie ein Land sehen, das auf diese Weise handelt, und Sie reagieren nicht... dann brechen Sie das gesamte Regelwerk des internationalen Rechts, das nach dem Holocaust geschaffen wurde, um genau das zu verhindern.“

Omer Bartov, israelisch-amerikanischer Professor für Holocaust- und Völkermordforschung, in einem Interview mit Mehdi Hassan, 18. November 2024

 

Was in Gaza geschieht, ist ein Völkermord, denn Gaza existiert nicht mehr.“

Amos Goldberg, israelischer Holocaustforscher, in einem Interview mit Le Monde, 29. Oktober 2024

 

 

 

Sehr geehrte Damen und Herren,

Die heutige Aussendung ist dem Thema „Genozid in Gaza“ gewidmet.

 
In Artikel II der Völkermordkonvention wird der Begriff des Völkermordes/Genozids definiert. Völkermord ist demnach:

Eine der folgenden Handlungen, die in der Absicht begangen wird, eine nationale, ethnische, rassische oder religiöse Gruppe als solche ganz oder teilweise zu zerstören:

a) Tötung von Mitgliedern der Gruppe;

b) Verursachung von schwerem körperlichem oder seelischem Schaden an Mitgliedern der Gruppe;

c) vorsätzliche Auferlegung von Lebensbedingungen für die Gruppe, die geeignet sind, ihre körperliche Zerstörung ganz oder teilweise herbeizuführen;

d) Verhängung von Maßnahmen, die auf die Geburtenverhinderung innerhalb der Gruppe gerichtet sind;

e) gewaltsame Überführung von Kindern der Gruppe in eine andere Gruppe.

 

Nach Artikel III der Konvention sind folgende Handlungen zu bestrafen:

a) Völkermord,

b) Verschwörung zur Begehung von Völkermord,

c) unmittelbare und öffentliche Anreizung zur Begehung von Völkermord,

d) Versuch, Völkermord zu begehen,

e) Teilnahme am Völkermord

 

Von deutschsprachigen Medien fast vollständig ignoriert, erschien am 14. November 2024 ein aufsehenerregender Bericht der Vereinten Nationen, der feststellt, dass Israels Methoden der Kriegsführung in Gaza einem Völkermord gleichkommen. Es ist wichtig darauf hinzuweisen, dass der Bericht nur den Zeitraum von Oktober 2023 bis Juli 2024 abdeckt, d.h. die Geschehnisse im Norden von Gaza seit Anfang Oktober 2024 noch gar nicht untersucht und in den Bericht miteingearbeitet wurden. Folgend finden Sie eine Übersetzung der UN-Pressemitteilung, die die wichtigsten Erkenntnisse des UN-Berichts auflistet. Danach finden Sie die Übersetzung eines kürzlich erschienenen, sehr lesenswerten Interviews mit der UN-Sonderberichterstatterin Francesca Albanese. Sie sagt darin: „Der Punkt ist, dass diese extreme Zerstörung, diese Verletzung grundlegender Regeln zum Schutz der Zivilbevölkerung und ziviler Einrichtungen und des zivilen Lebens durch die israelische Logik, dass jeder tötbar ist – entweder als Terrorist oder als menschliches Schutzschild oder als Kollateralschaden – und dass alles zerstörbar ist, das internationale Recht völlig ausgehebelt hat. Und deshalb haben wir 402 Tage später ein Gaza, das nicht mehr bewohnbar ist. Gaza ist zerstört. Wenn dies kein offensichtlicher Völkermord ist, was dann?

 

UN-Sonderausschuss stellt fest, dass Israels Methoden der Kriegsführung im Gazastreifen einem Völkermord gleichkommen, einschließlich des Einsatzes von Hunger als Kriegswaffe

Presseaussendung der Vereinten Nationen, 14. November 2024

(Originalbeitrag in englischer Sprache: https://www.ohchr.org/en/press-releases/2024/11/un-special-committee-finds-israels-warfare-methods-gaza-consistent-genocide; Link zum 27-seitigen Originalbericht in englischer Sprache: https://documents.un.org/doc/undoc/gen/n24/271/19/pdf/n2427119.pdf)

 

NEW YORK - Israels Kriegsführung im Gazastreifen entspricht den Merkmalen eines Völkermordes, mit massenhaften Opfern unter der Zivilbevölkerung und lebensbedrohlichen Bedingungen, die den PalästinenserInnen dort absichtlich auferlegt werden, so der UN-Sonderausschuss zur Untersuchung israelischer Vorgehensweisen* in einem heute veröffentlichten neuen Bericht.

"Seit Beginn des Krieges haben israelische PolitikerInnen öffentlich eine Politik unterstützt, die den PalästinenserInnen das Lebensnotwendige – Nahrung, Wasser und Treibstoff – entzieht", so der Ausschuss. "Diese Äußerungen sowie die systematische und rechtswidrige Beeinträchtigung der humanitären Hilfe verdeutlichen Israels Absicht, lebensrettende Hilfsgüter für politische und militärische Zwecke zu instrumentalisieren."

Der Bericht, der den Zeitraum von Oktober 2023 bis Juli 2024 abdeckt, untersucht die Entwicklungen in den besetzten palästinensischen Gebieten und auf dem besetzten syrischen Golan allgemein, konzentriert sich jedoch insbesondere auf die katastrophalen Auswirkungen des derzeitigen Krieges in Gaza auf die Lage der PalästinenserInnen.

"Durch die Belagerung des Gazastreifens, die Behinderung humanitärer Hilfe sowie gezielte Angriffe und die Tötung von ZivilistInnen und MitarbeiterInnen von Hilfsorganisationen verursacht Israel trotz wiederholter Aufforderungen der Vereinten Nationen, verbindlicher Anordnungen des Internationalen Gerichtshofs und Resolutionen des Sicherheitsrats vorsätzlich Tod, Hunger und schwere Verletzungen, indem es Hunger als Kriegsmethode einsetzt und die palästinensische Bevölkerung kollektiv bestraft", so der Ausschuss.

Der Bericht dokumentiert, wie Israels ausgedehnte Bombardierung des Gazastreifens lebenswichtige Dienste zerstört und eine Umweltkatastrophe ausgelöst hat, die dauerhafte Auswirkungen auf die Gesundheit der Bevölkerung haben wird. Bis Anfang 2024 wurden über 25 000 Tonnen Sprengstoff – das entspricht zwei Atombomben – auf den Gazastreifen abgeworfen, was zu massiven Zerstörungen, zum Zusammenbruch der Wasser- und Abwassersysteme, zur Verwüstung der Landwirtschaft und zu toxischer Verschmutzung führte.

"Durch die Zerstörung lebenswichtiger Wasser-, Sanitär- und Nahrungsmittelsysteme und die Verseuchung der Umwelt hat Israel eine tödliche Mischung von Krisen geschaffen, die auch kommenden Generationen schweren Schaden zufügen wird", so der Ausschuss.

Der Bericht gibt Anlass zu ernster Besorgnis über Israels Einsatz von KI-gestützten Zielsystemen bei der Steuerung seiner Militäroperationen und über die Auswirkungen auf die Zivilbevölkerung, die insbesondere in der überwältigenden Zahl von Frauen und Kindern unter den Opfern zum Ausdruck kommen.

"Der Einsatz von KI-gestützten Zielsystemen durch das israelische Militär mit minimaler menschlicher Aufsicht in Kombination mit schweren Bomben unterstreicht die Missachtung der Verpflichtung Israels, zwischen Zivilisten und Kombattanten zu unterscheiden und angemessene Schutzmaßnahmen zu ergreifen, um den Tod von Zivilisten zu verhindern", so der Ausschuss.

Angesichts der Verwüstungen im Gazastreifen stellt der Ausschuss fest, dass Israels eskalierende Medienzensur, die Unterdrückung abweichender Meinungen und die gezielte Verfolgung von JournalistInnen vorsätzliche Bemühungen sind, den weltweiten Zugang zu Informationen zu blockieren. Er stellt des Weiteren fest, dass Unternehmen der sozialen Medien im Vergleich zu Posts, die zur Gewalt gegen PalästinenserInnen aufriefen, unverhältnismäßig viele "pro-palästinensische Inhalte" entfernten.

Der Ausschuss verurteilte die anhaltende Verleumdungskampagne und andere Angriffe gegen das UNRWA und die Vereinten Nationen im Allgemeinen.

"Diese absichtliche Unterdrückung der Berichterstattung in Verbindung mit Desinformation und Angriffen auf humanitäre HelferInnen ist eine klare Strategie, um die lebenswichtige Arbeit der UNO zu untergraben, die Lebensader der Hilfe, die Gaza noch erreicht, zu durchtrennen und die internationale Rechtsordnung zu demontieren", so der Ausschuss.

Der Ausschuss forderte alle Mitgliedstaaten auf, ihren rechtlichen Verpflichtungen nachzukommen und Israels Verstöße gegen das Völkerrecht zu verhindern, zu stoppen und Israel zur Rechenschaft zu ziehen.

"Es liegt in der kollektiven Verantwortung aller Staaten, den Angriff auf Gaza und das Apartheidsystem im besetzten Westjordanland, einschließlich Ost-Jerusalem, nicht länger zu unterstützen", so der Ausschuss.

"Die Einhaltung des Völkerrechts und die Sicherstellung der Rechenschaftspflicht für Verstöße obliegt in erster Linie den Mitgliedstaaten. Wenn sie dies nicht tun, schwächen sie den Kern des internationalen Rechtssystems und schaffen einen gefährlichen Präzedenzfall, der es ermöglicht, dass Gräueltaten ungeahndet bleiben.“

Der Bericht des Ausschusses wird auf der 79. Tagung der UN-Generalversammlung am 18. November 2024 vorgelegt.

*Der Sonderausschuss der Vereinten Nationen zur Untersuchung der israelischen Praktiken, die sich auf die Menschenrechte des palästinensischen Volkes und anderer Araber in den besetzten Gebieten auswirken, wurde im Dezember 1968 von der UN-Generalversammlung eingesetzt, um die Menschenrechtslage auf dem besetzten syrischen Golan, im Westjordanland, einschließlich Ost-Jerusalem, und im Gazastreifen zu untersuchen.

Der Sonderausschuss setzt sich aus drei Mitgliedstaaten zusammen: Malaysia, Senegal und Sri Lanka. In diesem Jahr werden die Mitgliedstaaten durch S.E. Herrn Ahmad Faisal Muhamad, Ständiger Vertreter Malaysias bei den Vereinten Nationen in New York, S.E. Herrn Cheikh Niang, Ständiger Vertreter Senegals bei den Vereinten Nationen in New York, und S.E. Herrn Peter Mohan Maithri Pieris, Ständiger Vertreter Sri Lankas bei den Vereinten Nationen in New York (Vorsitzender des Sonderausschusses) vertreten.

 

_____________________

 

Wenn dies kein Völkermord ist, was dann?

Interview von Owen Dowling mit Francesca Albanese, Tribune, 13.11.2024

UN-Sonderberichterstatterin Francesca Albanese spricht mit Tribune über Israels Völkermord als eine Form der „kolonialen Auslöschung“ - und warum die palästinensische Sache ein Symbol des Widerstands gegen alle Formen der Ausbeutung ist.

(Originalbeitrag in englischer Sprache und mit entsprechenden Querverweisen: https://tribunemag.co.uk/2024/11/if-this-is-not-genocide-what-is-francesca-albanese-palestine)

 

Seit dem Beginn des israelischen Vernichtungskrieges gegen die Bevölkerung des Gazastreifens vor dreizehn Monaten hat Francesca Albanese, Sonderberichterstatterin der Vereinten Nationen für die besetzten palästinensischen Gebiete, internationales Ansehen als öffentliche Chronistin, juristische Expertin und politische Gegnerin des Völkermords erlangt. Seit ihrer Ernennung im Mai 2022 – dem Monat, in dem die israelischen Streitkräfte die palästinensisch-amerikanische Journalistin Shireen Abu Akleh in Jenin ermordeten – hat die in Campagna geborene internationale Menschenrechtsanwältin eine Reihe offizieller Berichte verfasst, in denen sie das Apartheidregime, dessen Umbau des Westjordanlands in ein „ständig überwachtes Panoptikum unter freiem Himmel“, das von kolonialen Siedlungen durchzogen ist, und seit Oktober 2023 auch die Verbrechen des Völkermords an den PalästinenserInnen detailliert beschreibt.

Als Vorreiterin der dringenden Forderung in internationalen Gremien nach einem sofortigen und bedingungslosen Waffenstillstand und der Mobilisierung aller Formen von weltweitem Druck auf den israelischen Staat war Albanese aufgrund ihres gestiegenen Bekanntheitsgrades natürlich denselben routinemäßigen Diffamierungskampagnen ausgesetzt, die allen UnterstützerInnen der palästinensischen Befreiung in Großbritannien vertraut sind. Nun hat die Sonderberichterstatterin trotz der jüngsten Forderungen von Organisationen, die sich für Israel einsetzen, ihr den Zutritt zu westlichen Universitäten zu verwehren, eine Vortragsreise durch Londoner Universitäten unternommen, auf der sie Israels gegenwärtigen Völkermord und die Rolle (und die Grenzen) der internationalen Menschenrechte beim Kampf dagegen anspricht. Angesichts der Tatsache, dass der so genannte Plan der Generäle [auch Eiland-Plan genannt, Anm.] zur ethnischen Säuberung des nördlichen Gazastreifens voranschreitet und sich weiterhin palästinensische und libanesische Kinder zu den Tausenden und Abertausenden getöteten Kindern gesellen, war allen Anwesenden bei Albaneses Rede am Montagabend an der SOAS [Universität von London] klar, dass die Lage nicht schlimmer sein könnte.

Als ich mich dem Campus am Russell Square näherte, fand ich meinen Weg durch die Tore der SOAS zunächst durch ein kleines Hindernis versperrt: pro-zionistische DemonstrantInnen – mit Unions- und israelischen Flaggen und Plakaten mit der Aufschrift "BAN FRAN" und Rufen "I-I-IDF!" – flankiert von der Polizei, und zwischen ihnen und der Universität eine wesentlich größere, lautere, jüngere und vielfältigere pro-palästinensische Gruppe, die meisten davon StudentInnen. Als die versammelte Menge Albanese mit Jubel und Trommelschlägen begrüßte, verdeutlichte dieser feierliche Empfang die Ähnlichkeiten, die die Pro-Palästina-AktivistInnen zwischen Albaneses internationalen Einsatz für die Menschen in Gaza angesichts persönlicher Angriffe und ihrem eigenen Aktivismus angesichts der disziplinarischen Unterdrückung an der SOAS verspürten.

Dr. Michelle Staggs Kelsall, Co-Direktorin des Zentrums für Menschenrechte der Universität, eröffnete die Veranstaltung, die eine enormen Besucherandrang verzeichnete, mit den Worten: " Wir sind solidarisch mit Francesca Albanese und wehren uns gegen die Versuche, ihre kraftvolle und mutige Stimme zum Schweigen zu bringen." Albaneses juristisches Fachwissen wurde von ihrer ehemaligen Dozentin, Professor Lynn Welchmann hervorgehoben und dem eines anderen Absolventen der SOAS, David Lammy, gegenübergestellt, nachdem der Außenminister vor kurzem im Parlament behauptet hatte, dass die Verwendung des Begriffs "Völkermord" zur Beschreibung des israelischen Vorgehens in Gaza "die Ernsthaftigkeit dieses Begriffs untergräbt". Albanese, deren unermüdlicher Einsatz zur Unterstützung Palästinas und gegen Völkermord bei der UNO als "mutig" gelobt wurde, erhielt für ihren Vortrag Imperialism, Colonialism, and Human Rights: The Litmus Test of Palestine Standing Ovations.

Anstelle einer Zusammenfassung des Vortrags lohnt es sich, Albaneses einleitende Beschreibung der Topographie des Völkermords in Gaza bis November 2024 vollständig zu zitieren:

„Erlauben Sie mir, die Situation des palästinensischen Volkes, so wie sie jetzt ist, in unser Bewusstsein zu rücken. Seit 401 Tagen müssen wir in Gaza mit ansehen, wie Israel durch ständige Bombardierungen, Beschuss und Artilleriebeschuss nichts und niemanden verschont. Die Kriegsführung hat sich von ihrer rücksichtslosesten Seite gezeigt. Groß angelegte, wahllose Bombardierungen, der Einsatz von Systemen, die mit Hilfe künstlicher Intelligenz ausgewählte Ziele anvisieren, die ständige Überwachung durch unbemannte Drohnen; automatische Scharfschützen, die auf Menschen schießen, während sie auf Märkten einkaufen, Wasser holen, medizinische Hilfe suchen oder sogar in Zelten schlafen; Soldaten, die in Panzern untergebracht sind und unbewaffnete Zivilisten angreifen. Bei lebendigem Leibe verbrannt, unter den Trümmern einem langsamen, qualvollen Tod überlassen; ganze Generationen von Familien, zusammengepfercht in Häusern, die in einem einzigen Augenblick bombardiert und zerstört werden; Krankenhäuser und Flüchtlingslager, die sich in Friedhöfe verwandelt haben, voll mit JournalistInnen, StudentInnen, ÄrztInnen, KrankenpflegerInnen, Menschen mit Behinderungen, die einst in diesen nun zerstörten Gebieten lebten.“

Nach unserem ersten Treffen bei einem überfüllten Empfang im Paul Webley Wing der SOAS im Anschluss an die Vorlesung verabredete Tribune ein Treffen mit Albanese für den nächsten Tag in einem afghanischen Restaurant in Mile End. Umgeben von Straßen mit Laternenpfählen, die mit palästinensischen Flaggen geschmückt waren, sprachen wir über den Völkermord im Gazastreifen, den israelischen Siedlerkolonialismus, die Rechte und Pflichten von Völkern und Staaten nach dem Völkerrecht und über die Herausforderungen, denen sie im Rahmen ihres Mandats als UN-Sonderberichterstatterin für die besetzten palästinensischen Gebiete begegnet.

 

Vielen Dank, dass Sie mit Tribune sprechen. Ich habe Ihre UN-Berichte "Anatomie eines Völkermordes" (März 2024) und kürzlich "Völkermord als koloniale Auslöschung" (Oktober 2024) gelesen und natürlich gestern Abend Ihren Vortrag in der SOAS besucht, in dem Sie erklärten, dass Sie auf dem Begriff "Völkermord" bestehen, weil "die Zerstörung, die wir in Palästina sehen, genau das ist, was der Siedlerkolonialismus tut. Das ist es, was ein siedlungskolonialer Völkermord ist".

Könnten Sie das Argument erläutern, das Sie im Hinblick auf den völkerrechtlichen Diskurs vorgebracht haben, und zwar in Bezug auf die Frage, inwiefern der laufende Völkermord in Palästina als ein siedlungskoloniales Unterfangen verstanden werden kann?

Zunächst einmal wird der Begriff "Völkermord" nicht durch persönliche Meinungen oder persönliche Geschichten oder durch Vergleiche mit Ereignissen in der Vergangenheit definiert, obwohl die Vergangenheit uns viel darüber sagen kann, wie ein Völkermord aussieht. Was ein Völkermord aus rechtlicher Sicht ist, wird in Artikel zwei der Völkermordkonvention festgelegt. Er besteht aus einer Reihe von Handlungen, die an sich strafbar sind, wie Tötungshandlungen, Zufügung schwerer körperlicher oder seelischer Schmerzen, Schaffung von Lebensbedingungen, die zur Vernichtung einer Gruppe führen, Zwangsverschleppung von Kindern, Verhinderung von Geburten. Dies sind Handlungen, die in der Völkermordkonvention als Völkermord anerkannt werden.

Das entscheidende Element für einen Völkermord ist die Absicht, eine Gruppe – ganz oder teilweise – durch eine dieser Handlungen zu vernichten. Man könnte, wie in Australien oder Kanada geschehen, einen Völkermord in erster Linie, wenn auch nicht nur, durch die Verschleppung von Kindern begehen, also ohne zu töten. Das erste Problem ist also, dass einige Leute bestreiten, dass das, was Israel tut, als Völkermord bezeichnet werden kann, weil Israel nur 45.000 Menschen getötet hat, als ob das normal wäre, während es den gesamten Gazastreifen zerstört hat.

Einige Menschen sehen die Brutalität dieses Vorgehens und verteidigen es dennoch als "Selbstverteidigung". Der Punkt ist, dass diese extreme Zerstörung, diese Verletzung grundlegender Regeln zum Schutz der Zivilbevölkerung und ziviler Einrichtungen und des zivilen Lebens durch die israelische Logik, dass jeder tötbar ist, entweder als Terrorist oder als menschliches Schutzschild oder als Kollateralschaden, und dass alles zerstörbar ist, das internationale Recht völlig ausgehebelt hat. Und deshalb haben wir 402 Tage später ein Gaza, das nicht mehr bewohnbar ist. Gaza ist zerstört. Wenn dies kein offensichtlicher Völkermord ist, was dann?

Wir müssen auch den Kontext verstehen, in dem sich dieser Völkermord abspielt. Aus diesem Grund habe ich den letztgenannten Bericht Genozid als koloniale Auslöschung verfasst. Die Tötung, die Unmöglichkeit zu leben, die gewaltsame Vertreibung der PalästinenserInnen, die Bombardierung von Norden nach Süden, von Westen nach Osten, der Zwang, an den unwirtlichsten Orten im Gazastreifen zu leben, nachdem alles zerstört wurde, was den Menschen den Zugang zum Lebensunterhalt ermöglichte; nachdem sie über ein Jahr lang kein Wasser, keine Nahrung, keine Medizin, keinen Treibstoff mehr hatten – ein Jahr! – und Tausende von PalästinenserInnen willkürlich verhaftet, ihrer Freiheit beraubt, gefoltert und vergewaltigt wurden. Sehen wir die Realität?

Und die Sache ist auch die, dass dies nicht erst vor einem Jahr begonnen hat. Die PalästinenserInnen werden seit Jahrzehnten unterdrückt, bedrängt, misshandelt, zum Objekt von Missbrauch, Demütigungen, Erniedrigungen und ungeheuerlichen Verstößen gegen das Völkerrecht gemacht. Israel tut dies in dem Bestreben, ein "Groß-Israel" zu errichten, einen Ort jüdischer Souveränität zwischen dem Fluss und dem Meer. Deshalb sage ich, dass es sich um einen Völkermord handelt, der nicht nur aus ideologischem Hass, der in eine politische Doktrin umgewandelt wird, begangen wird, wie es bei anderen Völkermorden durch die Entmenschlichung des "Anderen" geschah; dieser Völkermord wurde wegen des Landes, für Land begangen. Israel will das Land ohne die PalästinenserInnen. Für die PalästinenserInnen ist der Verbleib auf dem Land ein Teil dessen, was sie als Volk ausmacht. Deshalb nenne ich es Völkermord als koloniale Auslöschung.

 

In Ihrem Bericht stellen Sie fest, dass die israelische Besatzung nach dem Völkerrecht an und für sich einen Akt der Aggression darstellt, was, wie Sie schreiben, jeden Anspruch Israels auf das Recht eines souveränen Staates auf Selbstverteidigung zunichte macht. Könnten Sie noch einmal völkerrechtlich erklären, was die Tatsache, dass die Besatzung selbst als ein Akt der Aggression gilt, für das oft behauptete "Recht Israels auf Selbstverteidigung" und damit auch für das Recht der PalästinenserInnen als Volk auf bewaffneten Widerstand im Prinzip bedeutet?

Der Internationale Gerichtshof hat festgestellt, was seriöse RechtsexpertInnen, WissenschaftlerInnen und andere seit Jahrzehnten sagen. Israel hält in den besetzten palästinensischen Gebieten, d. h. im Gazastreifen, im Westjordanland und in Ostjerusalem, eine unrechtmäßige Besatzung aufrecht. Sie hindert die PalästinenserInnen daran, ihr Selbstbestimmungsrecht, d. h. ihr Recht, als Volk zu existieren, zu verwirklichen. Sie ist gleichbedeutend mit Rassentrennung und Apartheid, da sie eine kontinuierliche Annexion von palästinensischem Land ausschließlich zum Nutzen jüdischer israelischer BürgerInnen bedeutet und ermöglicht. Aus diesem Grund muss die Besatzung [gemäß dem Urteil des IGH] bis September 2025 vollständig, unmissverständlich und bedingungslos aufgelöst werden. Das bedeutet, dass die Truppen abgezogen, die Siedlungen aufgelöst und die israelischen BürgerInnen nach Israel zurückgebracht werden müssen, es sei denn, sie wollen als palästinensische BürgerInnen bleiben. Aber das Land muss an die PalästinenserInnen zurückgegeben werden. Die Ressourcen können nicht weiter von Israel ausgebeutet werden. Das ist ganz klar, und das ist die einzige Möglichkeit, einen Weg nach vorn zu finden. Dies ist meiner Meinung nach auch der Anfang vom Ende, der wirkliche, konkrete Anfang vom Ende der israelischen Apartheid in den besetzten palästinensischen Gebieten und darüber hinaus.

Da Israel eine Besatzung aufrechterhält, die sich in der Unterdrückung des palästinensischen Volkes niederschlägt, sieht sich Israel Bedrohungen für seine Sicherheit ausgesetzt, die von den besetzten palästinensischen Gebieten ausgehen. Diese Bedrohungen ergeben sich jedoch aus der Unterdrückung, die Israel in diesen Gebieten ausübt. Und die einzige Möglichkeit, diese Sicherheitsbedrohung zu beseitigen, ist die Beendigung der Besatzung. Israel hat das Recht, sich innerhalb seines Territoriums gegen Angriffe anderer Staaten auf sein Territorium zu verteidigen. Dies würde Israel das Recht geben, militärische Gewalt anzuwenden und einen Krieg gegen ein anderes "Land" zu führen. Aber der Punkt ist, dass Israel das Volk angreift, das es unter Besatzung hält. Und die Verletzung des Selbstbestimmungsrechtes [der Palästinenser] führt zum Widerstand. Das Recht auf Widerstand ist für ein Volk das, was das Recht auf Selbstverteidigung für einen Staat ist, es besteht also ein enger Konflikt und eine Überschneidung von zwei gegensätzlichen Interessen. Das Völkerrecht steht jedoch eindeutig auf der Seite des palästinensischen Selbstbestimmungsrechts. Das Recht auf Widerstand hat natürlich seine Grenzen. Es darf sich nicht gegen ZivilistInnen richten, indem es sie tötet und Geiseln nimmt. Daraus folgt, dass es Gerechtigkeit, Ermittlungen und strafrechtliche Verfolgung für solche Taten geben muss, nicht aber einen Vernichtungskrieg.

 

Im Vereinigten Königreich hat Keir Starmer, der damalige Oppositionsführer, gleich zu Beginn des Völkermords in Gaza seine Unterstützung für das "Recht" Israels signalisiert, den Gazastreifen von Wasser und Strom abzuschneiden. Und jetzt, als Premierminister, haben er und sein Außenminister David Lammy, die beide zuvor auf pro-palästinensischen Plattformen standen, die Behauptung des Völkermords zurückgewiesen, wobei Lammy argumentierte, dass die Verwendung dieser Behauptung die Bedeutung des Begriffs historisch untergräbt. Gleichzeitig haben sie ihre Regierung als eine Regierung charakterisiert, die „das Völkerrecht zutiefst respektiert". Inwiefern passt die Haltung Großbritanniens, dass es sich bei den Ereignissen in Israel nicht um einen Völkermord handelt, und die fortgesetzte Lieferung von Waffen und anderen Hilfsgütern an den israelischen Staat zu seiner Behauptung, sich an das Völkerrecht zu halten?

Zunächst einmal möchte ich sagen, dass ich nicht glaube, dass man sich als Anwalt für Menschenrechte bezeichnen kann, wenn man nicht ohne politische oder ideologische Hintergedanken für die Menschenrechte eintritt. Zu sagen, dass Verhungern akzeptabel ist, ist schlichtweg ein Verrat an dem, wofür das internationale Recht steht, nämlich dem Schutz von Zivilistinnen in bewaffneten Konflikten, Feindseligkeiten, Krisen usw. Hier haben wir einen Außenminister, der leugnet, dass ein Völkermord im Gange ist, selbst wenn der Internationale Gerichtshof ihn als solchen ansieht. Lammy sollte erklären müssen, wie er das widerlegen kann. Aber auf jeden Fall werden wir, denke ich, Ausreden hören. Die Geschichte wird über diese Menschen urteilen, die nichts in ihrer Macht Stehendes getan haben, um Gräueltaten zu verhindern. In der Zwischenzeit verstößt das Vereinigte Königreich damit gegen seine völkerrechtlichen Verpflichtungen, nämlich einen Staat, der internationales Unrecht begeht, nicht zu unterstützen. Das ist der Punkt, an dem wir stehen. Es gibt Verantwortlichkeiten; es könnte eine Mitschuld geben. Deshalb ermutige ich zu strategischen Gerichtsverfahren in diesem Land, um die Verantwortlichen zur Rechenschaft zu ziehen, aber auch, um sicherzustellen - und das ist die Macht des Volkes -, dass die gewählten FührerInnen dieses Landes seine SteuerzahlerInnen nicht in die Finanzierung eines Vernichtungskrieges hineinziehen.

 

Wie gestern Abend festgestellt wurde, wurden Sie an der SOAS (und auch an anderen Institutionen) als internationaler Menschenrechtsanwalt ausgebildet. In der Fragerunde nach Ihrem Vortrag wurden unterschiedliche Sichtweisen über die Nützlichkeit, Lebensfähigkeit und Glaubwürdigkeit des internationalen Rechts und der Institutionen der internationalen Nachkriegsordnung als Mittel zur Eindämmung von Aggressionsakten und Verbrechen gegen die Menschlichkeit diskutiert, wenn wir gleichzeitig darin eingebettete imperialistische Hinterlassenschaften und machtstrukturelle Realitäten erkennen und verstehen können.

Die Tribune ist eine seit langem bestehende sozialistische und internationalistische Publikation, die die Anti-Apartheid-Bewegung von Anfang an unterstützte, um zur Befreiung Südafrikas beizutragen. Wie können AktivistInnen, die sich Fragen der globalen Politik aus einer solchen Perspektive nähern, mit den Argumenten umgehen, die dafür sprechen, sich mit dem Diskurs und dem Rahmen des internationalen Rechts und der bestehenden internationalen Institutionen zu befassen, um zu versuchen, die palästinensische Selbstbestimmung zu sichern und gleichzeitig die kritische antikoloniale Perspektive auf diese Institutionen beizubehalten?

Wir müssen das Problem in unseren Systemen sehen, die zwar am Rand der internationalen Beziehungen zu liegen scheinen, aber immer noch die Zentren des Imperialismus sind: ein System, das das Land anderer Menschen, den Willen anderer Menschen und die Ressourcen anderer Menschen kontrollieren kann und ihnen das Leben zur Hölle macht. Dies geschieht nicht mehr nur im globalen Süden, sondern auch im globalen Norden. Es ist an der Zeit, dies in der Zerbrechlichkeit und Unsicherheit vieler Kategorien von Menschen zu sehen, von ArbeiterInnen bis zu älteren Menschen, Menschen mit Behinderungen, LGBT-Menschen und MigrantInnen. Menschenrechte wie das Recht auf freie Meinungsäußerung und Redefreiheit sowie das Recht auf eine angemessene Entlohnung oder das Recht auf angemessenen Wohnraum und Gesundheitsversorgung werden immer häufiger verletzt, auch im Globalen Norden, und können nicht losgelöst von den Verletzungen betrachtet werden, denen die Menschen im Globalen Süden durch ein stark westlich geprägtes System ausgesetzt sind. Palästina verkörpert dieses System, den Kampf der indigenen Völker, den Kampf der Opfer des anhaltenden Erbes des Kolonialismus, einschließlich der Diskriminierung von Flüchtlingen und Migranten aus dem Globalen Süden, den Kampf für Umweltgerechtigkeit. Deshalb wird der Kampf Palästinas für viele, die in einer gerechteren, faireren und diskriminierungsfreien Ordnung leben wollen, zu einem Symbol des Widerstands in der ganzen Welt.

 

Sie haben kürzlich die Reformierung des alten UN-Sonderausschusses gegen Apartheid gefordert. Welche praktische Bedeutung hat Ihrer Meinung nach die Rolle der Vereinten Nationen und UN-naher Institutionen während der internationalen Anti-Apartheid-Bewegung gegen Südafrika für die heutige internationale Solidaritätsbewegung mit Palästina?

Ich denke, dass die Vereinten Nationen allmählich eine Rolle spielten, in dem Sinne, dass es eine Debatte gab, die in erster Linie von den Staaten des globalen Südens angestoßen wurde, um die Apartheid abzuschaffen, aber sie war weitgehend ein Spiegelbild der Unruhen, die die Welt umgaben. Die internationale Anti-Apartheid-Bewegung war eine Graswurzelbewegung, die in diesem Teil der Welt – in Großbritannien und Irland – ihren Ursprung hatte, aber auch bald in anderen Teilen des Westens Wurzeln schlug, um durch die wirtschaftliche Entmachtung des Apartheid-Regimes Widerstand zu leisten und den SüdafrikanerInnen zu helfen, sich von dieser repressiven Staatsform zu befreien. Das zeigt, dass heute wie damals globales Handeln gefragt ist, globales Handeln in der neuen, wiederbelebten Basisbewegung, die es gibt. Es gibt BDS, und es gab StudentInnenproteste und StudentInnenaktionen, um den Kern des internationalen Rechts, die Grundprinzipien des internationalen Rechts wiederherzustellen. Es geht weiter, aber es muss noch viel mehr getan werden. Wir müssen die Unternehmen zur Verantwortung ziehen, die Gewerkschaften zum Handeln drängen, die politischen FührerInnen – und jene Menschen, die als Teil des israelischen Apartheidregimes gekämpft haben, sei es als Teil des Unternehmens oder als SoldatInnen – zur Verantwortung ziehen. Es ist an der Zeit, die Rechenschaftspflicht auf nationaler Ebene und nicht nur auf internationaler Ebene zu fordern.

 

Eine letzte Frage, die vielleicht etwas persönlicher ist: Als UN-Sonderberichterstatterin und insbesondere seit dem 7. Oktober hat sich Ihre internationale Bekanntheit sehr erweitert und Sie sind Ziel erheblicher Anfeindungen, persönlicher Verleumdungen, Rufmordkampagnen usw. (auch von VertreterInnen der Regierung Biden) geworden, wobei sich pro-israelische Interessengruppen beispielsweise gegen Ihre Redefreiheit an den Universitäten wenden. Wir haben gestern Abend einige Demonstranten vor der SOAS gesehen, die sowohl "BAN FRAN" als auch "I-I-IDF" skandierten. Welche Erfahrungen haben Sie mit dieser Gegenbewegung gemacht, und wie hat sich dies Ihrer Meinung nach auf Ihr Mandat als UN-Sonderberichterstatter ausgewirkt? Haben Sie eine Botschaft an jene Menschen, die versuchen, Sie zum Schweigen zu bringen?

Zunächst einmal möchte ich die Proteste relativieren, denn wer nicht dabei war, aber Ihren Artikel liest, könnte einen falschen Eindruck bekommen. Es waren etwa zehn Personen, die schrien, es waren mehr Fahnen als Füße auf dem Boden. Das war kein echter Protest. Sie waren ein Ärgernis. Ein kleines, winziges Ärgernis. Aber, ich meine, es ist ok. Sollen sie doch kommen. Sollen sie doch 'BAN FRAN' schreien, während Menschen abgeschlachtet und 17.000 Kinder getötet werden. Sollen sie doch tun, was sie wollen. Offen gesagt, ich halte das nicht für wichtig. Ich glaube nicht, dass das relevant ist. Ebenso irrelevant ist die Tatsache, dass Regierungen, die an einem Völkermord mitschuldig sind, mich angreifen, anstatt sich mit ihren unerfüllten rechtlichen Verpflichtungen zu befassen. Ich möchte keine Diskussionen darüber führen, wie unsinnig diese Angriffe sind. Sie sind nur ein weiterer Beweis dafür, wie heftig die Unterdrückung Palästinas, der palästinensischen Identität und des palästinensischen Widerstands ist, insbesondere in den westlichen Gesellschaften.

_________________

 

Lesehinweis:

„Gaza ist eine stille Katastrophe“

Die Kinderpsychologin Katrin Glatz Brubakk war zwischen 2017 und 2023 zwölf Mal im berüchtigten Flüchtlingslager Moria auf Lesbos im Einsatz. Im August war sie zum ersten Mal in Gaza. Im Gespräch mit profil berichtet sie von ihren Erfahrungen in der Arbeit mit kriegstraumatisierten Kindern.

Von Natalia Anders, profil, 16. Oktober 2024

https://www.profil.at/ausland/gaza-katrin-glatz-brubakk-aerzte-ohne-grenzen-palaestina-nahost-libanon-israel-moria/402963010

Quelle: Dr. Martha Tonsern - Büro des Botschafters - Vertretung des Staates Palästina in Österreich, Slowenien und Kroatien und ständige Beobachtermission des Staates Palästina bei der UN und den internationalen Organisationen in Wien

Sagt nicht, Ihr hättet es nicht gewusst Nr.870 ff

Posted on Mai 11, 2024, von Claus & gespeichert unter Amos‘ News, ICAHD Newsletter.

Nr. 870

Am Mittwoch, dem 8.5.24, rückten Regierungsvertreter in Begleitung großer Polizeikräfte an und zerstörten alle 47 Gebäude des Beduinendorfes Wadi Al Khalil (in der Nähe von Umm Batin) im Negev. Über 320 Menschen wurden obdachlos!
Wadi Al Khalil liegt auf dem Plan der südlichen Fortsetzung der Route 6. Ich frage mich, ob sie es in einem solchen Fall wagen würden, eine jüdische Siedlung zu zerstören, oder ob sie den Plan ändern würden. Ursprünglich hatten die Bewohner dem Vorschlag des Staates zugestimmt, in ein neu zu errichtendes Viertel in Tel Sheva umzuziehen.
Der Staat hat diesen Vorschlag dann zurückgezogen und bietet nun einen Wohnsitz in einem neuen Viertel in Umm Batin an, wo es einen konkurrierenden Besitzanspruch auf das Land durch eine andere Beduinenfamilie gibt, die das gesamte Gebiet benötigt.
Auf jeden Fall hat die Regierung noch immer nicht mit dem Bau von Ersatzhäusern begonnen, und trotzdem hat der Staat ihre Häuser und die Gebäude, die ihre Lebensgrundlage im Wadi al Khalil bilden, zerstört!

871

Zwei Beduinen-Großfamilien, etwa 240 Personen, die in Aum Matnan (in der Nähe der Aro’ar-Kreuzung) im Negev leben, wurden gezwungen, mit ihren eigenen Händen alle ihre Häuser und die Strukturen, die ihnen ihren Lebensunterhalt sichern, abzureißen. Sie taten dies unter der Drohung, dass der Staat sie abreißen und sie zwingen würde, für die Kosten aufzukommen, wenn sie sie nicht zerstören würden! Sie zerstörten 49 Wohnhäuser und weitere 100 Gebäude, die ihren Lebensunterhalt sicherten! Am Sonntag, dem 2. Juni, haben sie den Abriss abgeschlossen. Da sie keine andere Unterkunft haben, haben sie Zelte als Notunterkünfte aufgestellt. Nun beabsichtigen Regierungsvertreter, die Zelte zu zerstören und die Bäume zu entwurzeln, die ihnen Schatten spenden. Neue Grenzübergänge und ein „schwimmendes Dock“ sind nur kosmetische Änderungen, da der humanitäre Zugang in Gaza immer schwieriger wird, warnen Hilfsorganisationen.

872

Die Beduinen im Negev werden weiterhin misshandelt. Am Montag, dem 1. Juli 2024, wurde eine Beduinenfamilie aus dem Wadi Al-Na’am gezwungen, neun ihrer Häuser abzureißen, unter der Drohung, dass der Staat den Abriss durchführen und sie die Kosten tragen würde, wenn sie sich weigerten. Als sie mit der Beseitigung der Trümmer begannen, traf die Polizei der Yoav-Einheit ein, vertrieb sie und brachte Lastwagen und Bulldozer für die Aufgabe herbei. Nachdem sie nur einen Bulldozer-Eimer mit Schutt in den Lkw geleert hatten, fuhren sie ihn praktisch leer weg. Die Kosten für diese absichtlich ineffiziente Vorgehensweise wurden natürlich von den Opfern getragen…

Auch am Montag, dem 1. Juli 2024, wurde al-Araqib wieder abgerissen.

873

Die israelische Regierung setzt ihren Krieg gegen diejenigen ihrer Bürger fort, deren einziges Verbrechen darin besteht, Beduinen zu sein, die im jüdischen Staat geboren wurden.

Am Donnerstag, den 13.6.24, während Diplomaten aus England und Kanada das Wadi Al Khalil (in der Nähe von Umm Batin) besuchten, kamen Vertreter der Regierung in Begleitung der Polizei und zerstörten zum dritten Mal alle Zelte, die von den Bewohnern nach dem vorherigen Abriss benutzt wurden, dem zweiten in Folge. Nach dem Abriss besuchte der niederländische Botschafter in Israel den Ort.

874

Am Donnerstag, Freitag und Samstag, den 11.-13.7.24, wurden Mitglieder der Beduinenfamilie Al-Ghoul, die in der Stadt Arara im Negev leben, gezwungen, 40 Häuser und fast 100 Gebäude, die sie für ihren Lebensunterhalt nutzen, zu zerstören. Sie taten dies, weil der Staat ihnen drohte, dass der Staat ihre Häuser zerstören würde, wenn sie sie nicht eigenhändig zerstörten, und sie die Kosten dafür tragen müssten.

Es handelt sich um einen Fall von Erpressung durch Drohungen, bei dem die Regierung eine ganze Familie schädigt, um einen bestimmten Teil der Familie unter Druck zu setzen, damit sie mehr aufgibt, als sie bisher bereit war aufzugeben, nämlich ihr Land.

875

Dreimal im September (das letzte Mal am 29. September 2024) kamen israelische Regierungsvertreter in Begleitung von Polizisten der Yoav-Einheit in das Beduinendorf Um-Al Hiran und verteilten Befehle zur Räumung des Dorfes. Den Dorfbewohnern wurde befohlen, ihre Häuser während des zweiwöchigen Zeitraums vom 24.10.11.24 zu evakuieren.

In dem Dorf leben 80 Familien, etwa 450 Menschen, in 80 Häusern. Im April 2018 traf die Regierung eine Vereinbarung mit den Bewohnern, das Dorf zu evakuieren und sie in die Beduinenstadt Hura umzusiedeln. Der Staat hat sich nicht an die Vereinbarung gehalten, und die Bewohner können ihre Häuser nicht in Hura bauen. Dennoch beabsichtigt der Staat, das gesamte Dorf zu zerstören.

Seit Anfang des Jahres hat der Staat bereits drei Beduinendörfer im Negev zerstört: Wadi al-Khalil, Um Matnan und den Alrul-Komplex in Arara. Nun plant der Staat die Zerstörung von 11 weiteren Dörfern: Umm Al Hiran (auf dessen Ruinen eine jüdische Siedlung „Dror“ gebaut werden soll), Atir (auf dessen Ruinen „Yatir“ gebaut werden soll), Um Ratham (auf dessen Ruinen „Talia“ gebaut werden soll), Ras Jaraba (auf dessen Ruinen das „Rotem-Viertel“ von Dimona gebaut werden soll), Um Elbadon, Al-Bakiya, Karkur, Elsir, El Bat West, Dahiah und Tel Arad (auf dessen Ruinen vier Siedlungen gebaut werden sollen).das Problem   mehr >>>

Netanjahu bittet Shin Bet um Intervention, um Aussage zu verzögern

Palestine Chronicle Staff - 19. November 2024 - Übersetzt mit DeepL

Der Shin Bet hat sich Berichten zufolge geweigert, eine sofortige Stellungnahme zur Unterstützung der Argumentation des israelischen Premierministers Netanyahu abzugeben.

Das Büro des israelischen Premierministers Benjamin Netanjahu hat den Sicherheitsdienst Shin Bet gebeten, eine sicherheitsrelevante Stellungnahme abzugeben, um seine für den 2. Dezember geplante Aussage vor Gericht zu verschieben, berichtet die israelische Zeitung Haaretz.

Der Antrag basiert auf der Behauptung, dass die öffentliche Bekanntheit seines Auftritts ein Sicherheitsrisiko darstelle.

„Das Büro des Premierministers hat die Behörde gebeten, zu erklären, dass Netanjahu aus Sicherheitsgründen nicht längere Zeit an Orten verbringen kann, an denen seine Anwesenheit lange im Voraus öffentlich bekannt ist“, heißt es in dem Bericht.

Der Shin Bet habe sich jedoch geweigert, eine sofortige Erklärung abzugeben, die dieses Argument stütze.

„Stattdessen habe er eine umfassende Untersuchung eingeleitet, ob die Zeugenaussage wie geplant stattfinden und gleichzeitig die notwendige Sicherheit für den Premierminister gewährleistet werden könne“, so Haaretz.

Die Weigerung habe zu wachsenden Spannungen zwischen Netanyahu und dem Direktor des Shin Bet, Ronen Bar, geführt.

Haaretz zitiert hochrangige Verteidigungsbeamte, die glauben, dass „der Druck auf Bar, sofort entlassen zu werden, von seiner Weigerung herrührt, die von Netanyahu gewünschte Aussage zu machen und stattdessen ernsthaft die Durchführbarkeit einer Zeugenaussage zu prüfen“.

Laut Haaretz „berichtete die Internet-Nachrichtenseite Walla, dass Netanjahu tatsächlich die Entlassung von Bar in Erwägung ziehe und auch darüber nachdenke, ob die Tatsache, dass am Samstagabend Leuchtraketen auf sein Privathaus in Caesarea geworfen wurden, als Sicherheitsverstoß zu werten sei, der eine Entlassung rechtfertigen würde“.

Am 19. Oktober traf eine vom Libanon aus gestartete Drohne das Privathaus des israelischen Premierministers Benjamin Netanjahu in Caesarea und löste eine gewaltige Explosion aus.

Laut Haaretz haben Beamte des Shin Bet das Jerusalemer Bezirksgericht besucht, um mögliche Lösungen für die Sicherheit des Premierministers während seiner Zeugenaussage zu prüfen.

Sollte die Behörde zu dem Schluss kommen, dass seine Sicherheit nicht gewährleistet werden kann, wird sie wahrscheinlich offiziell empfehlen, die Aussage zu verschieben.

Netanyahus Anwaltsteam musste einen Rückschlag hinnehmen, nachdem das Gericht seinen ursprünglichen Antrag auf Verschiebung seiner Aussage abgelehnt hatte. Eine offizielle Stellungnahme des Shin Bet, in der die Sicherheitsbedenken untermauert werden, würde die Bemühungen um eine weitere Verschiebung unterstützen.

Am 13. November lehnte das Gericht in Jerusalem den Antrag von Premierminister Benjamin Netanyahu ab, den Beginn seiner Aussage in seinem Korruptionsprozess um zehn Wochen zu verschieben.

Das Jerusalemer Bezirksgericht habe Netanjahu eine lange Vorbereitungszeit für seine Aussage eingeräumt, indem es den Termin im Juli auf den 2. Dezember festgesetzt habe.

„Wir waren nicht davon überzeugt, dass eine wesentliche Änderung der Umstände eingetreten ist, die eine Änderung des in unserer (ursprünglichen) Entscheidung festgelegten Termins rechtfertigen würde“, so das Gericht.

Netanjahu wird demnach voraussichtlich in knapp drei Wochen erscheinen.

Ein hochrangiger Vertreter der Verteidigung lobte die Unparteilichkeit des Shin Bet: “Die Behörde ist ein echter Torwächter. Er gibt keine Sicherheitsstellungnahme ab, es sei denn, es ist absolut notwendig“.    Quelle

Israel, unterstützt vom Westen, ist besessen von einer Allmachtsphantasie

Mit Unterstützung der USA versucht Netanjahu, die gesamte Nahostregion mit brutaler militärischer Gewalt umzugestalten.

Alain Gabon - 18. November 2024 - Übersetzt mit DeepL

Isabelle Defourny, Präsidentin von Ärzte ohne Grenzen Frankreich und eine der wenigen Personen, denen Israel die Einreise nach Gaza erlaubt hat, hat diesen Monat einen seltenen und bewegenden Bericht über das, was sie dort gesehen hat, veröffentlicht.

Trotz ihrer umfangreichen Erfahrung, die sie in mehr als zwei Jahrzehnten in Kriegsgebieten auf der ganzen Welt gesammelt hat, war sie von mehreren Faktoren betroffen, die die Situation in Gaza verschlimmerten. Dazu gehörten die totale Belagerung, die unverhältnismäßig hohe Zahl von Kindern unter den Toten und das halsbrecherische Ausmaß der Zerstörung, bei der mehr als 80 Prozent der Gebäude in dem Gebiet beschädigt oder zerstört wurden, darunter auch Krankenhäuser und Schulen.

Defourny stellte auch fest, wie wenig humanitäre Hilfe Israel nach Gaza durchließ. Im September, so Defourny, sei es den UN-Beamten nur gelungen, ein Fünftel der Lebensmittelvorräte, die sie an der Grenze hatten, ins Land zu bringen - und die Situation habe sich seither erheblich verschlechtert.

In den letzten Tagen, in denen sie dort war, so Defourny, seien nur sieben Lastwagen in den Gazastreifen gelassen worden, obwohl täglich mindestens 500 benötigt würden - und überhaupt keine in den Norden des Gebiets.

Dies allein würde ausreichen, um die genozidale Logik und die Methoden Israels zu bestätigen, das weiterhin Massenhunger und Krankheiten als Waffen einsetzt. Selbst der israelisch-jüdische Historiker Amos Goldberg, Inhaber des Lehrstuhls für Holocaust-Studien an der Hebräischen Universität Jerusalem, hat zugegeben, dass Israel Völkermord begeht.

Dank der mutigen Zeugenaussagen von Menschen wie Defourny, zusammen mit Journalisten, die immer noch unter großen persönlichen Risiken vor Ort sind, und anderen Dokumentationsbemühungen - wie dem kürzlich erschienenen „Black Book of Gaza“ oder der Schätzung von „The Lancet“, dass die offiziell angegebene Zahl von rund 43.000 palästinensischen Todesopfern in Wirklichkeit bei Hunderttausenden liegen könnte - wird niemand mehr behaupten können, er habe nichts gewusst.

Trotz der Propagandabemühungen Israels, der Mainstreammedien und westlicher Politiker, die Hamas für den Angriff vom 7. Oktober verantwortlich zu machen, bleibt Israel der Hauptschuldige.

Jahrzehntelanger Kolonialismus
Lange vor dem Oktober 2023 war Israel in die ungehinderte illegale Kolonisierung palästinensischen Landes, die illegitime militärische Besatzung und massive und anhaltende Verstöße gegen das Völkerrecht verwickelt. Der Angriff der Hamas war genau die Art von unvermeidlicher, wenn auch nicht zu rechtfertigender Reaktion, die durch Jahrzehnte des israelischen Kolonialismus, der Zerstörung und des Tötens provoziert werden musste.

Israel hätte seine militärischen Siege und die starke Schwächung der Hamas als Chance für einen Waffenstillstand nutzen und einen neuen Friedensprozess einleiten können, der zu einer dauerhaften Lösung oder zumindest zu einer echten Anerkennung der Gleichberechtigung der Palästinenser geführt hätte. Dies läge im langfristigen strategischen und innenpolitischen Interesse Israels.

Stattdessen steuert der israelische Premierminister Benjamin Netanyahu, unterstützt von der Mehrheit der israelischen Bevölkerung, die nur ihr eigenes Leid wahrzunehmen scheint, das Land und die Region in die entgegengesetzte Richtung.

Mit Hilfe seiner Siedler, seines Militärs und seiner rechtsextremen religiösen Führer hat Israel einen verdeckten Krieg im besetzten Westjordanland begonnen, um die Kolonisierung und Annexion voranzutreiben, wobei es die Tatsache ausnutzt, dass alle Augen auf Gaza gerichtet sind.

Im Ausland hat Israel, berauscht von kurzfristigen „Siegen“ wie der Tötung von Hamas- und Hisbollah-Führern, seine eigenen langfristigen Interessen aus den Augen verloren und vergessen, dass man einige Schlachten gewinnen, aber den Krieg verlieren kann; dass militärische Siege keinen dauerhaften Frieden und keine Sicherheit bedeuten; und dass solche taktischen Siege sogar kontraproduktiv sein können.

Der sprichwörtliche „Narr des Nahen Ostens“ ist nun von Allmachtsphantasien besessen

Schon lange vor dem 7. Oktober fühlte sich Netanyahu durch eine Reihe politischer und internationaler Siege ermutigt.

Dazu gehörten die Abraham-Abkommen, die die Normalisierung der Beziehungen in der Region mit Israel förderten; der extreme Erfolg der israelischen Propaganda im Westen, die Unterstützung für Palästina mit Antisemitismus gleichsetzte, was in Verbindung mit der Schuld am Holocaust viele Kritiker zum Schweigen brachte oder neutralisierte; und die anhaltende, bedingungslose Unterstützung der Regierungen in den USA und Europa.

Netanyahu überschritt damit eine kritische Grenze der Selbstüberschätzung, die durch seine wachsende Popularität unter den Israelis, die in der Ermordung der Hamas- und Hisbollah-Führer eine Vergeltung für das Debakel vom 7. Oktober sahen, noch verstärkt wurde.

Der sprichwörtliche „Narr des Nahen Ostens“ ist nun von Allmachtsphantasien besessen, greift die Vereinten Nationen an, verbannt UN-Generalsekretär Antonio Guterres von israelischem Boden, droht dem Libanon mit dem gleichen Schicksal wie Gaza und ruft sogar die gesamte libanesische Bevölkerung zum Aufstand gegen die Hisbollah auf.

Dramatische Überforderung
Hinter der Eskalation der Kriege gegen Gaza und den Libanon steht das weitergehende mittelfristige Ziel Israels, den gesamten Nahen Osten mit brutaler Gewalt umzugestalten.

Diese dramatische Überforderung entspricht einer strategischen Verschiebung, die mit Zustimmung der USA beschlossen wurde, wie mehrere israelische und amerikanische Offizielle, die anonym bleiben wollten, kürzlich gegenüber Politico erklärten. Es ist daher kein Zufall, dass Netanjahu die gleiche Rhetorik von der „Achse des Bösen“ verwendet wie der ehemalige US-Präsident George W. Bush während des Irakkriegs, der seinerseits als erster Schritt des neokonservativen Projekts des „Greater Middle East“ betrachtet wurde.

Tatsächlich gehen Netanyahus Ziele weit über die Zerschlagung von Hamas und Hisbollah hinaus.

Sie umfassen auch die Wiederbesetzung des völlig zerstörten Gazastreifens, sowohl als kollektive Bestrafung für den 7. Oktober als auch, um die Gründung eines palästinensischen Staates zumindest für Jahrzehnte unmöglich zu machen; die Vollendung der Annexion des Westjordanlandes; die Ausschaltung der Hisbollah und die Umstrukturierung der libanesischen Politik zugunsten Israels; sowie die Schwächung, wenn nicht Beseitigung des iranischen Regimes.

Netanyahu will all dies erreichen und gleichzeitig seinem Volk und dem Rest der Welt beweisen, dass Israel alles tun kann, was es will - einschließlich Völkermord - ohne jemals die volle Unterstützung der USA zu verlieren, dem einzigen Verbündeten, der für seinen Schurkenstaat von Bedeutung ist.

Offensichtlich dient diese Eskalation zynischerweise auch Netanyahus eigenen persönlichen Interessen. Er ist jetzt im vollen messianischen Modus und präsentiert sich offen als Befreier sowohl des libanesischen Volkes (gegen die Hisbollah) als auch der Iraner (gegen ihr eigenes Regime).

Er nutzte das echte Entsetzen des Westens über den 7. Oktober aus und schaffte es auch, die Erzählung von der illegitimen Besatzung und der Brutalität Israels in eine falsche, eigennützige, manichäische „Gut gegen Böse“-Erzählung zu verwandeln, in der Israel als Verteidiger der „Zivilisation“ dargestellt wird, der im Namen des Westens gegen die Kräfte der „Barbarei und Wildheit“ kämpft.


Der Kampfhund des Westens

Leider hat diese Operation im gesamten Westen gut funktioniert. Die westliche Welt, strukturiert durch Jahrhunderte der Kolonialisierung und der Vorstellung von „minderwertigen Rassen“, zu denen auch Araber und Muslime gehören, war schon immer empfänglich für solche Lügen.

Israel war immer der wichtigste Handlanger des Westens, wenn es darum ging, arabische Staaten und Völker zu schwächen und zu drangsalieren. Es ist der wichtigste Kampfhund des Westens im Nahen Osten.

In Wirklichkeit wird dieses schreckliche Massaker an den Palästinensern nicht nur von Israel begangen, sondern von einer Achse des Völkermords. Die westlichen Medien haben gute Arbeit geleistet, indem sie die Verantwortung westlicher Länder für die wahrscheinlich erste wirkliche Massenvernichtung eines Volkes im 21.

Ihre überwiegend pro-israelische Berichterstattung und ihre Euphemisierungsstrategien haben erfolgreich den Mythos verbreitet, der Westen sei „unfähig“, Druck auf Israel auszuüben, um das Töten und die Kolonisierung zu stoppen.

Das ist eine glatte Lüge. Diese Länder sind nicht plötzlich macht- oder einflusslos geworden. Im Gegenteil, sie verfügen über alle Mittel und Hebel, um Israel innerhalb weniger Wochen, wenn nicht Tage, zu stoppen.

Ein sofortiges und vollständiges Embargo westlicher und arabischer Staaten gegen Israel könnte mit weit größerer Wirksamkeit verhängt werden als gegen Russland oder den Iran. Israel ist ein winziges Land, das nach wie vor stark vom Westen abhängig ist.

Ein Embargo, das aufgehoben oder gelockert werden könnte, wenn Israel mit dem Völkermord aufhört, könnte dem Land die notwendigen Ressourcen entziehen, indem Importe und Exporte gestoppt, alle Finanztransaktionen unterbunden, Handelsabkommen ausgesetzt und ausländische Vermögenswerte beschlagnahmt werden. Einige Länder haben bereits begonnen, solche Maßnahmen zu ergreifen.

Weitere Instrumente, die von westlichen, arabischen und anderen Staaten ganz oder teilweise eingesetzt werden könnten, sind die diplomatische und militärische Isolierung, die Einstellung aller Reisen nach und aus Israel sowie die Aussetzung aller Visa und Forschungskooperationen. Die erste Maßnahme sollte jedoch ein vollständiger und sofortiger Stopp aller Waffenverkäufe sein.

Wenn die westlichen Staats- und Regierungschefs keines dieser Instrumente einsetzen, dann nicht, weil sie machtlos sind, sondern weil sie es nicht wollen. Die westliche Welt hat sich damit zu Komplizen eines Völkermordes gemacht, der schon vor Monaten hätte gestoppt werden können.

Im Kampf zwischen „Zivilisation“ und „Barbarei“ ist die westliche Achse des Völkermordes eindeutig der Barbarei zuzuordnen.  Quelle

Die New York Times hat ihre Recherche über israelische Hooligans eingestellt, wie aus einer internen E-Mail hervorgeht.

Fans des israelischen Klubs Maccabi Tel Aviv haben vor und nach dem Spiel ihres Klubs gegen die niederländische Mannschaft Ajax in der Europa League am 7. November in Amsterdam randaliert.

Asa Winstanley  18. November 2024 - Übersetzt mit DeepL

Die New York Times hat die Untersuchung eines ihrer eigenen Reporter über israelische Mob-Gewalt in Amsterdam Anfang dieses Monats eingestellt.

In einer internen E-Mail der Times, die versehentlich an The Electronic Intifada weitergeleitet wurde, erklärte der niederländische Reporter Christiaan Triebert einem Manager, dass er „eine visuelle Untersuchung der Ereignisse vom [6.-8. November] in Amsterdam“ vorgeschlagen habe.

„Leider wurde diese Geschichte gestoppt“, schrieb er, “ich bedauere, dass die geplante visuelle Untersuchung, die von Moment zu Moment durchgeführt werden sollte, nicht weiter verfolgt wurde“.

„Das war, gelinde gesagt, sehr frustrierend“, schrieb Triebert.

Die E-Mail war an Times-Chef Charlie Stadtlander adressiert - einen ehemaligen Chefpressesprecher der amerikanischen National Security Agency und der US-Armee.

Triebert schien an einer Berichterstattung interessiert zu sein, die die Dinge richtigstellen und die von seiner eigenen Zeitung hartnäckig verbreitete falsche Darstellung korrigieren würde, dass die israelischen Fans Opfer einer von antijüdischem Hass motivierten Mobgewalt geworden seien.

Auslöser für den Briefwechsel zwischen Triebert und Stadtlander am Freitag war eine Anfrage von The Electronic Intifada, die Times möge sich zu der äußerst irreführenden Berichterstattung der Zeitung über die Gewalt des israelischen Mobs in Amsterdam äußern.

Wie dieser Reporter am Mittwoch im Livestream von The Electronic Intifada erklärte, hat die Zeitung die Realität tatsächlich verzerrt.
Sie können den gesamten Livestream im Video oben sehen, in dem wir die Beweise im Detail aufschlüsseln.
Es gibt nach wie vor genau null Beweise dafür, dass es in Amsterdam auch nur einen einzigen antisemitischen Angriff gegeben hat - ganz zu schweigen von dem „Pogrom“, von dem israelische Regierungsvertreter sofort behaupteten, es habe stattgefunden.

Die Times geriet unter Beschuss, weil sie ein Video über die Gewalt israelischer Fußball-Hooligans in Amsterdam in der vergangenen Woche benutzte, um das genaue Gegenteil von dem zu behaupten, was das Video tatsächlich zeigte.

Die Times behauptete, die Aufnahmen eines niederländischen Fotojournalisten zeigten „antisemitische Angriffe“ auf Israelis, während sie in Wirklichkeit die Gewalt eines israelischen Mobs gegen einen niederländischen Staatsbürger zeigten.

Mehrere Tage lang waren die Bilder dem Bericht der Zeitung vom 8. November über die Ereignisse in Amsterdam in der Nacht zuvor vorangestellt.

Am Dienstag sah sich die Zeitung jedoch gezwungen, eine Richtigstellung zu veröffentlichen, nachdem die Autorin des Videos, die niederländische Fotojournalistin Annet de Graaf, die internationalen Medien öffentlich dafür kritisiert hatte, ihr Video fälschlicherweise als Beweis für „antisemitische Übergriffe“ auf israelische Fußballfans dargestellt zu haben.

Tatsächlich zeigt das Video einen Mob von Dutzenden israelischer Hooligans, die jemanden angreifen, nachdem ihre Mannschaft Maccabi Tel Aviv am 7. November ein Auswärtsspiel gegen den niederländischen Verein Ajax mit 0:5 verloren hatte.

Times-Manager Stadtlander behauptete am Freitag in einer Stellungnahme gegenüber The Electronic Intifada, dass die Zeitung das Video nach der Korrektur „auf Wunsch des Autors entfernt“ habe.

Aber de Graaf bestand darauf, dass dies nicht wahr sei. „Das habe ich überhaupt nicht gesagt“, sagte sie am Freitag telefonisch zu The Electronic Intifada. „Es ist nicht wahr, was der Chefredakteur [Stadtlander] in der E-Mail sagt. Es ist nicht wahr.“

Als Stadtlander um einen Kommentar gebeten wurde, weigerte sie sich zu antworten und schrieb nur, dass ‚meine Aussage gestern Abend Ihnen gegenüber unseren Kommentar zu dieser Angelegenheit darstellt‘.

Verharmlosung der genozidalen israelischen Gewalt
Keiner der vier Autoren des Artikels - John Yoon, Christopher F. Schuetze, Jin Yu Young und Claire Moses - reagierte auf die Bitte von The Electronic Intifada um eine Stellungnahme.

Stadtlander bestritt, an der Auftragsvergabe oder dem Verfassen des Artikels beteiligt gewesen zu sein.

Nachdem The Electronic Intifada Trieberts „versehentlich kopierte“ E-Mail erhalten hatte, schickte Stadtlander eine weitere E-Mail, die offensichtlich ein Versuch der Schadensbegrenzung war.

Er behauptete, dass „die wertvolle Arbeit, die Christiaan [Triebert] und andere in seinem Team geleistet haben, nicht zu einem eigenständigen Artikel geworden ist“, weil „ein Großteil des Materials in einen anderen Artikel eingeflossen ist, den die Times veröffentlicht hat“.

Der Artikel, auf den Stadtlander verweist, ist jedoch eine weitere Beschönigung der israelischen Mob-Gewalt in Amsterdam - eine von vielen, die von der Times veröffentlicht wurden.

Er verschleiert oder verkehrt sogar Ursache und Wirkung, indem er die israelischen Angriffe auf niederländische Bürger herunterspielt, während er sich fast ausschließlich auf die Behauptungen der israelischen Hooligans stützt.

Er spielt auch ein Video herunter, in dem Maccabi-Hooligans bei ihrer Rückkehr vom Amsterdamer Flughafen nach Tel Aviv eine offen genozidale Parole skandieren und sich darüber freuen, dass es in Gaza „keine Kinder mehr gibt“, was er lediglich als „Hetzgesänge gegen Araber und Bewohner des Gazastreifens“ bezeichnet.

Anti-palästinensische Agenda
Dass die Redaktion der Times von Anfang an eine pro-israelische Agenda bei der Berichterstattung über den Vorfall verfolgte, wird deutlich, wenn man die früheste Version des Artikels liest, die noch im Online-Archiv verfügbar ist.

Diese Version enthielt weder das Video von Annet de Graaf noch irgendeinen Beweis - oder auch nur eine Behauptung - für Antisemitismus, abgesehen von den haltlosen Behauptungen israelischer Regierungsbeamter.

Eine der Hauptquellen für diese Version war Itamar Ben-Gvir, Israels rechtsextremer Polizeiminister, der alle Palästinenser ausweisen will. „Fans, die ein Fußballspiel besuchen wollten, wurden mit Antisemitismus konfrontiert und mit unvorstellbarer Grausamkeit angegriffen, nur weil sie Juden sind“, wird Ben-Gvir in dem Artikel zitiert.

Alle Hinweise auf Ben-Gvir wurden jedoch innerhalb von weniger als zwei Stunden aus dem Artikel entfernt.

Bis heute hat die New York Times mehr als ein Dutzend Artikel veröffentlicht, die sich hauptsächlich mit der Gewalt in Amsterdam befassen.

Dies ist eine erstaunlich hohe Zahl, wenn man bedenkt, dass die Zeitung beispielsweise die schweren Verbrechen, die von Israelis in Palästina begangen werden, systematisch ignoriert oder herunterspielt, darunter die systematischen und gut dokumentierten sexuellen Übergriffe und Vergewaltigungen palästinensischer Gefangener durch israelische Streitkräfte.

Die Berichterstattung der Times umfasst nicht nur zahlreiche Nachrichtenartikel, in denen die Gewalt in Amsterdam grundlos als „antisemitisch“ dargestellt wird, sondern auch Meinungskolumnen mit aufrührerischen Schlagzeilen wie „In Amsterdam geht es um Judenhass - und Gaza“, „Eine weltweite ‚Judenjagd‘“ und „Das Zeitalter der Pogrome kehrt zurück“.

Die Bereitschaft der Times, Israel und Israelis in diesem Fall fälschlicherweise als Opfer darzustellen, erinnert an die hartnäckige Verbreitung der widerlegten Darstellung von „Massenvergewaltigungen“ durch palästinensische Kämpfer am 7. Oktober 2023, einschließlich der falschen Berichterstattung ihres Star-Korrespondenten Jeffrey Gettleman.

Diese als Journalismus getarnte Gräuelpropaganda diente dazu, Israels Völkermord in Gaza zu rechtfertigen.

Eine neue Front in Israels Völkermordkrieg?
In einer internen E-Mail an Stadtlander erklärte der Reporter Christiaan Triebert, dass er sich nach einem Gespräch mit de Graaf „an die Autoren des Artikels gewandt habe, um die darin enthaltenen sachlichen Ungenauigkeiten anzusprechen“.

Triebert schrieb, er sei sich nicht sicher gewesen, „was der Grund dafür war, das Video zu löschen, anstatt die Details in den Artikel aufzunehmen. Ich denke, es wäre hilfreich gewesen, das Video mit dem Kontext zu haben, dass es israelische Fans zeigt, die einen Mann angreifen“.

De Graaf selbst hat dies mehrfach klargestellt, wie selbst die Times in ihrer Richtigstellung zugibt.

„Ich habe mehreren Medienkanälen erklärt, dass die Maccabi-Fans den Aufruhr vor dem Hauptbahnhof absichtlich provoziert haben, als sie vom Spiel zurückkehrten“, schrieb de Graaf auf X, auch bekannt als Twitter.  Quelle


 

Die Angst vor den Juden wird zur Waffe, von Tel Aviv bis Amsterdam.

Die Rhetorik von „Pogromen“ und „Judenjagden“ soll die Realität verschleiern, indem sie eine Massenhysterie erzeugt - die dann genutzt werden kann, um eine rechtsextreme Agenda voranzutreiben.

Em Hilton - 15. November 2024 - Übersetzt mit DeepL

„Morgen vor 86 Jahren fand die Pogromnacht statt - ein Angriff auf Juden, nur weil sie Juden waren, auf europäischem Boden. Es ist wieder da, wir haben es gestern in den Straßen von Amsterdam gesehen. Es gibt nur einen Unterschied: Inzwischen ist der jüdische Staat gegründet worden. Damit müssen wir uns auseinandersetzen.

Diese Aussage des israelischen Premierministers Benjamin Netanjahu zu den Unruhen und Ausschreitungen rund um das Fußballspiel zwischen Maccabi Tel Aviv und Ajax Amsterdam in der vergangenen Woche hat es in sich. Die Ereignisse begannen vor dem Spiel, als die Fans des israelischen Klubs durch die Stadt zogen, palästinensische Fahnen aus den Fenstern rissen, einen Taxifahrer angriffen und skandierten: „Lasst die IDF gewinnen und scheiß auf die Araber“ (bei ihrer Rückkehr nach Israel wurden sie auch dabei gefilmt, wie sie „Warum ist in Gaza die Schule aus? Weil es dort keine Kinder mehr gibt"). Nach dem Spiel am Donnerstagabend kam es stundenlang zu einer Reihe von Angriffen auf Maccabi-Fans durch Einheimische, von denen einige palästinensische Flaggen trugen und pro-palästinensische Parolen riefen, wobei bis zu 30 Personen verletzt und fünf ins Krankenhaus eingeliefert wurden.

Viele prominente Medien und führende Politiker weltweit übernahmen bereitwillig die Darstellung, dass es sich bei den Ausschreitungen um einen eindeutigen Fall antisemitischer Gewalt gehandelt habe. Der israelische Präsident Isaac Herzog bezeichnete die Unruhen prompt als „Pogrom“. Geert Wilders, Vorsitzender der rechtsextremen Partei für die Freiheit, die derzeit die größte Partei im niederländischen Abgeordnetenhaus ist, sprach von einer „Judenjagd“. Der niederländische König sagte zu Herzog: "Wir haben die jüdische Gemeinde der Niederlande im Zweiten Weltkrieg im Stich gelassen, und gestern Abend haben wir erneut versagt.

Die sozialen Medien waren überflutet mit den krassesten Parallelen, die man sich vorstellen kann - darunter Memes von Anne Frank in einem Trikot von Maccabi Tel Aviv -, die die Entwürdigung des Gedenkens an die Verfolgung der Juden durch die Nazis und ihre Verbündeten auf ein neues Niveau hoben. Ironischerweise überschatteten diese Ereignisse den eigentlichen Jahrestag der Pogromnacht zu einem Zeitpunkt, an dem die Folgen rassistischer, staatlich unterstützter Gewalt so aktuell erscheinen.

Nach dem 7. Oktober warnten Wissenschaftler, die sich mit Antisemitismus, Völkermord und jüdischer Geschichte befassen, davor, dass besonders traumatische Episoden der jüdischen Geschichte heraufbeschworen würden, um den israelischen Angriff auf Gaza zu rechtfertigen und gegen diejenigen vorzugehen, die ihn kritisierten. Wie der Antisemitismusforscher Brendan McGeever deutlich gemacht hat, war der Vorfall in Amsterdam, obwohl er brutal und beunruhigend war, kein Pogrom - der Begriff bezeichnet einen Angriff auf eine unterdrückte Gruppe mit Unterstützung der Behörden. Die Verbreitung dieses und ähnlicher Begriffe nach den Gewalttaten diente lediglich dazu, die Realität der Ereignisse zu verschleiern, indem eine Massenhysterie erzeugt wurde.

Das ist natürlich eine gängige Taktik aus dem Handbuch der Rechtsextremen: Chaos und Angst erzeugen, um ihr Weltbild zu bestätigen. In diesem Fall hat das Verschweigen der rassistischen Gewalt von Maccabi-Tel-Aviv-Fans durch die fahrlässige Berichterstattung eines Großteils der Mainstream-Medien den Prozess nur beschleunigt. In einer Zeit, in der realer Antisemitismus auf dem Vormarsch ist und sich jüdische Menschen weltweit besonders bedroht fühlen, war diese Instrumentalisierung jüdischer Ängste besonders ärgerlich.

Die Frage, die wir uns nach diesen Ereignissen und dem sie umgebenden Diskurs stellen müssen, lautet: Welcher Art von Politik dient dies? Sicherlich liegt es im Interesse der israelischen Regierung, die Gewalt ausschließlich als durch antijüdischen Rassismus motiviert darzustellen und damit jeden Versuch zu unterbinden, sie mit dem völkermörderischen Krieg in Gaza in Verbindung zu bringen. Die israelische Führung ist fest entschlossen, das zionistische Prinzip zu bekräftigen, dass Israel der einzige sichere Ort für Juden ist und dass Muslime und Araber eine existenzielle Bedrohung für uns darstellen, wo immer sie sich befinden. Uns in Angst zu halten bedeutet, uns in Schach zu halten - wie sonst können sie weiterhin Unterstützung für den Krieg generieren?

Je länger die Angriffe auf Gaza andauern, desto wahrscheinlicher wird es, dass die Feindseligkeit gegenüber Israelis im Ausland weiterhin zu Gewalt führt und dass es immer schwieriger wird, das Umschlagen von antiisraelischer Feindseligkeit in Antisemitismus einzudämmen. Das haben wir in Amsterdam gesehen, als bei Angriffen auf Maccabi-Fans „Krebsjude“ (Kanker Jood) gerufen wurde.

Das ist ein deutliches und erschreckendes Beispiel dafür, dass Israel nicht das ist, was es immer behauptet hat: die Antwort auf die Frage nach der Sicherheit der Juden. Wenn es ständig erklärt, es führe Krieg gegen die Palästinenser im Namen der jüdischen Sicherheit, und wenn es dafür die begeisterte Unterstützung prominenter jüdischer Organisationen des Establishments in der ganzen Welt erhält, dann ist es unvermeidlich, dass es zu einem Abgleiten zwischen antiisraelischer Feindseligkeit und Antisemitismus kommt. Darüber hinaus hat das Versagen der internationalen Gemeinschaft, Israel zur Rechenschaft zu ziehen, Verschwörungstheorien über jüdische Macht verstärkt, die von den Mechanismen des westlichen Imperialismus ablenken.

Das macht Gewalt gegen Juden im Namen der Wut auf Israel nicht akzeptabel - im Gegenteil. Aber um sie zu bekämpfen, müssen wir erkennen, dass die Handlungen Israels die Sicherheit von Juden in der ganzen Welt bedrohen, und versuchen, die Juden in der Diaspora von den Machenschaften eines Nationalstaates zu distanzieren, der kein Interesse an unserer Sicherheit hat.

Handlanger der Rechtsextremen
Aber der Kern des Problems wird immer noch nicht verstanden. Wir schreiben nicht das Jahr 1938, sondern das Jahr 2024. Was in Amsterdam geschah, ist zu einem großen Teil keine Geschichte über Antisemitismus, sondern über die rapide Eskalation von Islamophobie und Rassismus in Europa. Die hässliche Wahrheit ist, dass weniger als ein Jahrhundert, nachdem Juden in ganz Europa von den Nazis und ihren Verbündeten gejagt und vernichtet wurden, die angebliche Sorge um die Juden nun als Handlanger für die Ambitionen der extremen Rechten dient, die unsere Ängste als Keule gegen Muslime, Araber und Migranten aus dem globalen Süden benutzen.

Diese regressiven politischen Kämpfe sind seit dem 7. Oktober in vollem Gange und werden durch die von israelischen Politikern und rechtsgerichteten jüdischen Organisationen weltweit geschürte Erzählung gerechtfertigt, dass die Unterstützung Palästinas eine direkte Bedrohung für die Sicherheit und das Wohlergehen der Juden darstellt. Die Reaktion der niederländischen Behörden auf die Ereignisse der vergangenen Woche war in dieser Hinsicht alarmierend: Wilders bezeichnete Amsterdam als „das Gaza Europas“ und schwor, „Marokkaner, die Juden vernichten wollen“, auszuweisen. Und damit steht er nicht allein: Die niederländische Regierung erwägt, Doppelstaatlern, die wegen „Antisemitismus“ verurteilt wurden, die Staatsbürgerschaft zu entziehen.

Eine palästinensische Flagge hängt an einem Gebäude in Amsterdam, Niederlande, 20. Juni 2024 (Chaim Goldberg/FLASH90).
Eine palästinensische Flagge hängt an einem Gebäude in Amsterdam, Niederlande, 20. Juni 2024 (Chaim Goldberg/FLASH90).
Solche Maßnahmen sind die unvermeidliche Folge der extremen Rhetorik gegen Israelkritiker, die sich im Laufe des letzten Jahres aufgebaut hat. Von der Verunglimpfung pro-palästinensischer Proteste als „Hassmärsche“ und dem Schüren moralischer Panik über „No-Go-Areas“ für Juden bis hin zu gewalttätigen Polizeieinsätzen und der Verhaftung friedlicher Demonstranten erleben wir, wie Antizionismus zu einer Form von Terrorismus und Antieuropäismus wird. Die „Bekämpfung des Antisemitismus“ ist zunehmend zu einem Synonym für die Aufrechterhaltung der Macht des Staates geworden - nicht zuletzt seiner Macht, andere Minderheiten zu bestrafen und zu überwachen.

Im vergangenen Jahr gab es zahlreiche Fälle, in denen der europäische Nationalismus beschworen wurde, um den Kampf gegen Antisemitismus mit einer fremden- und einwanderungsfeindlichen Agenda in Einklang zu bringen. In Frankreich beispielsweise wurde der erste „Marsch gegen Antisemitismus und für die Republik“ von Marine Le Pen, der Vorsitzenden des Rassemblement National, angeführt. Die einst als Staatsfeinde verfolgten Juden sind zu einer Vorzeigeminderheit geworden, in deren Namen Frankreich muslimische Gemeinschaften ausgrenzt und angreift.

Ähnliche politische Veränderungen haben in Großbritannien stattgefunden, wo die Ereignisse des letzten Jahres eine neue Debatte ausgelöst haben, in der die Unterstützung der jüdischen Gemeinschaft zu einem britischen Wert innerhalb der politischen Elite geworden ist, während die Unterstützung Palästinas als ausländischer Import betrachtet wird. Einwanderungs- und Anti-Terror-Gesetze wurden eingesetzt, um gegen Unterstützer Palästinas vorzugehen; in einem Fall intervenierte ein ehemaliger konservativer Minister persönlich, um einem internationalen Studenten, der auf einer pro-palästinensischen Demonstration gesprochen hatte, das Visum zu entziehen. Und im August schürten rechtsextreme Führer wie Tommy Robinson Rassenunruhen in ganz Großbritannien und sprachen von der Notwendigkeit, die Straßen von „Hamas“ zurückzuerobern.

In Deutschland verbot die Polizei pro-palästinensische Demonstrationen und ging mit äußerster Gewalt gegen deutsche Juden und Israelis vor, die gegen das Vorgehen Israels in Gaza protestierten. Erst vor zwei Wochen verabschiedete der Bundestag eine umstrittene Antisemitismus-Resolution, die erstmals nach dem 7. Oktober eingebracht wurde und die Streichung staatlicher Gelder für jede Organisation vorsieht, die zum Boykott Israels aufruft. Ein weiteres Gesetz, das Anfang des Jahres verabschiedet wurde, verpflichtet neue deutsche Staatsbürger, das „Existenzrecht Israels“ anzuerkennen.

Von Netanjahu bis Wilders, von Robinson bis Le Pen, überall haben rechtsextreme Führer ein Interesse daran, Juden als Fußsoldaten in ihrem Krieg gegen diejenigen zu gewinnen, die sie am meisten verachten. Da sie zunehmend versuchen, die Grenze zwischen Antisemitismus und Antizionismus zu verwischen, müssen wir uns dieser Vermischung widersetzen und gleichzeitig den jüdischen Gemeinden gegen die sehr reale Bedrohung durch einen unkontrollierten Antisemitismus zur Seite stehen. Quelle

Palästinenser warten am 18. November 2024 in Deir Al Balah, Gaza, auf die Verteilung von Lebensmitteln durch eine Hilfsorganisation

Wie meine Familie die Hungersnot in Gaza überlebte

Unter der israelischen Belagerung von Gaza ist es ein täglicher Kampf ums Überleben. Familien leben von Brotkrumen und verseuchten Konserven, und meine Kinder träumen von einer einfachen Mahlzeit mit Hühnchen. Von einem Land, das einst voller Leben war, ist nur noch Asche übrig.


Soha Ahmed Hamdouna - 19. November 2024 - Übersetzt mit DeepL

Seit Monaten leben die Menschen im nördlichen Gazastreifen unter extrem harten und unmenschlichen Bedingungen. In jüngster Zeit hat sich die Situation weiter verschlechtert. Am Anfang war es unser Ziel, Nahrung zu finden, aber jetzt ist es ein Glücksfall, wenn wir sauberes Trinkwasser finden.

Eine Frau erzählte mir kürzlich, während wir in der Schlange standen und auf Hilfe warteten: „Die Tage vergingen und ich konnte nur Brot und Wasser für meine Kinder bekommen. Das Warten bringt mich um, ich hoffe jeden Moment, dass dieser Krieg aufhört. Ein Huhn zu haben, ist für mich und meine Kinder im Moment ein Traum“.

Alle Geflügel- und Viehzuchtbetriebe wurden bombardiert. Meine Freundin Iman Najm wurde Zeugin eines Massakers, als sie mit ihrer Familie auf einer Geflügel- und Rinderfarm lebte, die ihren Verwandten gehörte. Mitten in der Nacht wurde sie von einer Rakete getroffen. Iman wachte auf und hörte überall Schreie und sah überall Blut. Kein Huhn, keine Kuh blieb verschont, sogar ihr Onkel wurde bei dem Massaker getötet. Es ist lange her, aber wir können die Verbrechen Israels nicht vergessen, die Menschen, Pflanzen und Tiere gleichermaßen betreffen. Das Land wurde mit Blut und Raketenasche getränkt, und die Farmen sind heute stumme Zeugen dieser Katastrophe.

Noch mehr als mein Hunger schmerzt mich, dass meine Kinder um Essen und sauberes Wasser bitten. Wir leben in einer Zeit, in der es ein Traum ist, überhaupt Gemüse zu finden. Ganz zu schweigen von Früchten, die zu einem Luxus geworden sind, den wir uns nicht leisten können. Aber der palästinensische Durchhaltewille ist stark. Ich möchte Ihnen erzählen, was ich durchgemacht habe, um ein paar Tomaten zu bekommen.

Wir haben kein Land und keinen Platz für die Landwirtschaft, aber wir haben das schöne Haus meiner Großmutter benutzt, das von den israelischen Bulldozern zerstört wurde. Sie war achtzig Jahre alt, hatte einen Schlaganfall erlitten und war seit sieben Jahren rechtsseitig gelähmt, aber sie weigerte sich, ihr Haus und ihr Land zu verlassen. Doch am Morgen des 29. Oktober 2023 wurde ihr Haus während der Razzia in der Nähe des Al-Shifa-Krankenhauses bombardiert und mit Bulldozern niedergewalzt. Sie und mein Onkel starben inmitten von Terror, Bomben und Zerstörung. Ihr Land war nun leer - unsere Erinnerungen an ihr schönes Haus waren gestohlen worden.

Wir haben das überwunden und versucht, mit den Trümmern zurechtzukommen. Vor drei Monaten hat mein Mann dort, wo ihr Haus stand, Tomaten gepflanzt.

Mein Mann hat Tomaten gepflanzt, aber nur drei sind gewachsen. Sie sind das Beste, was wir haben - oder besser gesagt, sie sind neben Mehl alles, was wir haben. Wir schätzen uns glücklich, denn es gibt Menschen, die nicht einmal eine Tomate haben und nur von Konserven leben, die Darminfektionen verursachen und unsere geschwächten Körper schwächen.

Es gab keine ernsthaften Versuche, diese Hungersnot zu beheben. Leere Mägen haben keine Stimme inmitten der Zerstörung, die im Norden stattfindet, mit Leichen auf den Straßen und toten Tieren, die auf den Straßen liegen. Das ist unsere Realität im Norden des Gazastreifens: Wir verbringen unsere Tage zwischen zerstörten Mauern und Land, das wegen der Asche und der chemischen Rückstände der Raketen für die Landwirtschaft ungeeignet ist, anstatt Gemüse und Obst anzubauen.

Der Hunger im Norden ist zu einem allgegenwärtigen Thema geworden, das weder Jung noch Alt verschont. Ein siebzigjähriger Nachbar sagte mir: „Ich habe nicht einmal Mehl, weil ich nicht die Kraft habe, stundenlang anzustehen, um etwas zu bekommen. Ich lebe mit meinen Enkeln, deren Vater als Märtyrer starb, von Brotkrumen, die andere übrig gelassen haben. Ich weiche sie in Wasser ein, damit ich sie besser kauen kann. Seine Worte berührten mich tief und ich weinte vor ihm. Ich habe ihm Mut gemacht und ihm gesagt, dass jeder Krieg einmal zu Ende geht und die Freiheit nahe ist. Ich dachte an ihn, als ich am nächsten Tag ein paar Linsen als Hilfe bekam; ich gab ihm eine warme Mahlzeit und seine innigen Gebete gaben mir Kraft und Geduld.

Es gab keine ernsthaften Versuche, diese Hungersnot zu lindern.

Eine Frau, die mit mir in der Schlange stand, um Medikamente für meine Tochter zu bekommen, die wegen des verseuchten Wassers unter starken Bauchschmerzen litt, sagte zu mir: „Wir haben unsere Zeit und unsere Tage damit verschwendet, in der Schlange zu stehen, um Grundnahrungsmittel, Wasser und Medikamente zu bekommen“. Sie sagte mir, dass ich Glück habe, weil ich nur zwei Kinder habe, während sie fünf hat und sich viel mehr anstrengt, um genug Wasser und Konserven zu bekommen.

Wir erleben gerade die härteste Zeit unseres Lebens, denn der Winter ist über uns hereingebrochen, mit leeren Mägen, kalten Körpern und teilweise zerstörten Häusern oder Zelten, die uns weder Sicherheit noch Wärme bieten. Drinnen ist es kälter als draußen. Am schlimmsten ist es zu sehen, wie unsere Kinder unter Krankheit, Kälte und Hunger leiden, während wir nur Geduld und Gebete haben. Unsere einst so schönen Körper sind abgemagert und die Gesichter bleich.

Wir durchleben die härteste Zeit unseres Lebens.

Nachts schließen sich die Türen, Stille erfüllt den Ort, und alles, was wir hören, sind die Geräusche der Kampfflugzeuge am Himmel. Wir sitzen eng beieinander, geben uns gegenseitig Trost und schauen zum Himmel auf, um mit Gebeten aufzuwachen und die gute Nachricht zu erhalten, dass der Krieg vorbei ist.

Ich möchte nur in Sicherheit aufwachen, um zu retten, was von meiner Heimat noch übrig ist. Ich will nicht, dass meine Kinder verhungern, und ich will nicht, dass ihre Träume sich auf ein gebratenes Huhn oder ein köstliches Essen beschränken, das wir vor dem Krieg mit Liebe zubereitet haben. Wir wollen einfach nur Essen und einen Tag wie die Tage vor dem 7. Oktober. Wir befinden uns in einem täglichen Kampf ums Überleben und auf einer sehr langen Reise der Geduld und des Leidens.  Quelle


Archiv

Ältere Seiten ab dem 18.4.2009 finden Sie im Web Archiv >>>

 

Kontakt | Impressum | Haftungsausschluss | Datenschutzerklärung  | Arendt Art  |  oben  | Facebook


Das Palästina Portal gibt es seit dem
10.4.2002