Israelische Menschenrechtsverletzungen in den besetzten palästinensischen Gebieten
(Wöchentliches Update 13. -26. April 2023[1])
[1] Dieser Bericht umfasst 2 Wochen aufgrund des ‘Eid al-Fitr Festes.
Verletzung des Rechts auf Leben und auf körperliche Unversehrtheit:
Zwei Palästinenser wurden getötet und 23 weitere verletzt, darunter 4 Kinder, eine Frau und ein Sanitäter, während dutzende andere bei Angriffen der israelischen Besatzungsstreitkräfte in der Westbank, einschließlich des besetzten Ostjerusalems, Atemnot und Prellungen erlitten. Im Gazastreifen wurden durch israelische Luftangriffe Materialschäden an mehreren Häusern und Einrichtungen verursacht. Einzelheiten, wie folgt:
Am 24. April 2023 erlag Suliman ‘Ayish ‘Owaid (22) nur Stunden nach der Verhaftung seinen Verletzungen. ‘Owaid und 3 andere Palästinenser wurden von einer israelischen Sondereinheit verletzt, als diese in das ‘Aqabat Jaber-Flüchtlingslager in Jericho eingedrungen ist. Ermittlungen des Palästinensischen Zentrums für Menschenrechte (PCHR) zufolge fuhr eine israelische Sondereinheit um circa 15:14 Uhr mit einem Lastwagen und einem Volkswagen Caravelle in das Lager und eröffnete das Feuer auf eine Gruppe junger Palästinenser, die vor einem Haus standen, und verletzte vier von ihnen. Den jungen Männer gelang es, zwei der Verletzten ins Jericho-Krankenhaus zu transportieren, wohingegen die beiden anderen vor Ort blieben. Die Sondereinheit zog sie in ein leeres Warenlager in dem Gebiet, wo man ihnen die Kleidung auszog, sie verhaftete und nach 40 Minuten abtransportierte. Um ca. 20:30 Uhr erklärte die IOF den Tod von einem von ihnen, sein Name war Suliman ‘Owaid. Seinen Leichnam behielt sie ein.
Am selben Tag wurde Hatem As’ad Abu Najma (39) aus dem Dorf Safafa im besetzten Ostjerusalem getötet, nachdem mehrere scharfe Kugeln von einem israelischen Siedler, der behauptete, er habe einen Anschlag an der Agribous-Kreuzung in der Nähe des Machaneh Yehudah Marktes im Zentrum von West Jerusalem verübt, auf ihn abgefeuert worden waren.
Die Verletzten waren Opfer der exzessiven Gewaltanwendung, die die Übergriffe der IOF auf palästinensische Städte und Dörfer oder deren Niederschlagung friedlicher von palästinensischen Zivilpersonen organisierten Proteste begleitete, und zwar, wie folgt:
Am 14. April 2023 wurden gummi-ummantelte Stahlkugeln auf 3 Palästinenser, darunter ein Kind, bei der Niederschlagung des wöchentlichen Protestes von Kafr Qaddoum im Norden von Qalqilya abgefeuert, die ihre Gliedmaßen trafen.
Am 17. April 2023 wurde ein Palästinenser im Neve Ya’akov-Viertel im besetzten Ostjerusalem mit einer scharfen Kugel in seinen Bauch geschossen. Laut einer Stellungnahme der israelischen Polizei, unter dem Vorwand, er habe ein israelisches Fahrzeug in dem Gebiet in Brand gesetzt.
Am 18. April 2023 wurde ein Kind mit einer scharfen Kugel bei Auseinandersetzungen mit der IOF in den Fuß geschossen, nachdem Letztere in das Dorf Beit Ummar in Hebron eingedrungen war. Vor ihrem Rückzug verhaftete die IOF 3 Palästinenser, darunter ein Kind.
Am selben Tag wurden 8 Palästinenser durch das Feuer der IOF bei Zusammenstößen während des Überfalls auf das Jenin-Flüchtlingslager verletzt. Bei den Schießereien der IOF wurde der Haupttransformator im Lager beschädigt, was zu einem Stromausfall führte. Außerdem trafen die Kugeln die Wände der UNRWA-Klinik im Lager und verursachten Schäden an dem Gebäude und an einer Ambulanz, die versuchte, die Verletzten zu evakuieren. Vor ihrem Rückzug verhaftete die IOF 3 Palästinenser und beschlagnahmte das Auto von einem der Verhafteten.
Außerdem wurde eine palästinensische Frau durch 2 scharfe Kugeln an der Schulter und am Bein verletzt, nachdem die IOF das Feuer auf sie eröffnet hatte. Die IOF behauptete, sie habe einen Messerangriff verübt, bei dem ein israelischer Siedler in der Nähe der Gush Etzion-Siedlungs-Kreuzung im Süden von Bethlehem verletzt wurde. Die verletzte inhaftierte Frau wurde zur Behandlung in das Medizinische Shaare Zedek Zentrum in Westjerusalem transportiert.
Außerdem erlitt ein Palästinenser Prellungen, nachdem er von der IOF, die sein Fahrzeug an einem Kontrollpunkt am nördlichen Eingang von Jericho angehalten hatte, brutal geschlagen worden war.
Am 21. April 2023 wurden 3 Palästinenser mit gummi-ummantelten Stahlkugeln angeschossen. Andere litten bei Zusammenstößen mit der IOF unter Atemnot, nachdem diese in das Dorf Beta, im Südosten von Nablus, am ersten Tag von Eid al-Fitr eingedrungen waren.
Am 24. April 2023 wurden 3 Palästinenser, darunter 2 Kinder und ein Sanitäter, mit gummi-ummantelten Stahlkugeln angeschossen und von einer Blendgranate der IOF bei deren Unterdrückung der Palästinenser getroffen, als sie versuchten, die Beschlagnahmung eines Fahrzeuges im Dorf Qarawat Bani Hassan, im Westen von Salfit, zu verhindern.
Im Gazastreifen wurden mindestens 11 Schießereien der IOF auf landwirtschaftliche Gebiete im Osten des Gazastreifens verzeichnet, sowie 9 Schießereien auf Fischerboote vor der Westküste von Gaza.
Bis heute in 2023 töteten die Angriffe der IOF 99 Palästinenser, darunter 51 Zivilpersonen; 16 von ihnen waren Kinder sowie 1 Frau, und der Rest waren Mitglieder bewaffneter palästinensischer Gruppen, darunter 2 Kinder, 7 wurden von Siedlern getötet, und einer starb in israelischen Gefängnissen. Mittlerweile wurden 456 Palästinenser, darunter 60 Kinder, 3 Frauen und 11 Journalisten verletzt.
Landeinebnungen, Zerstörungen und Bescheide
Die IOF verwüstete 6 Läden, beschlagnahmte Grundstücke und Fahrzeuge und stellte Dutzende von Baustoppbescheiden in der Westbank aus. Einzelheiten, wie folgt:
Am 16. April 2023 beschlagnahmte die IOF einen Tucson SUV in der Nähe des al-Jalama-Militärkontrollpunktes im Norden von Jenin.
Am 18. April 2023 zerstörte die IOF 6 geschlossene Läden mit einem JCB-Bagger auf dem alten Markt in Hebrons Altstadt. Es ist erwähnenswert, dass die israelischen Behörden erklärt hatten, dass das Gebiet im Jahre 2002 als Militärsperrzone deklariert worden war, und zwangen die Ladeneigentümer zur völligen Schließung, Circa 30 Läden gab es auf dem Markt.
Am 19. April 2023 stellte die IOF 3 Baustopp-Bescheide für 3 Wohngebäude im Dorf Ni’lin, im Westen von Ramallah aus, unter dem Vorwand nicht genehmigter Baumaßnahmen.
Am selben Tag stellte die IOF einen Militärbefehl aus, um 53 Dunum zu Militärzwecken im Dorf Sanniriya im Süden von Qalqilya zu beschlagnahmen. Gemäß dem Befehl wird die Beschlagnahmung bis Ende 2027 in Kraft sein und könnte ähnlich wie vorherige Befehle, verlängert werden.
Am 20. April 2023 stellte die Israelische Zivilbehörde eine Verordnung aus, um ein Dunum an Land zu beschlagnahmen, um eine Siedlungsstraße im Dorf Al-Khader im Südwesten von Bethlehem zu erweitern.
Am selben Tag beschlagnahmte die IOF eine im Dorf Kaft ad-Dik arbeitende Planierraupe, unter dem Vorwand, sie arbeite im Gebiet C.
Außerdem beschlagnahmte die IOF einen Traktor im Dorf Deir Ballut, im Westen von Salfit, unter dem Vorwand, er befände sich im Gebiet C.
Am 24. April 2023 hinderte die IOF einen Palästinenser an der Planierung seines Landes mit einem Bulldozer, um einen Parkplatz in der Nähe einer Straße anzulegen, die das Dorf Nabi Ilyas mit dem Dorf Jayyous im Osten von Qalqilya verbindet, unter dem Vorwand, er arbeite im Gebiet C.
Am 25 April 2023 stellte die IOF 23 Baustopp-Bescheide für unbewohnte Häuser, für weitere im Bau befindliche und für eine Moschee im Dorf Az-Zawiya, im Westen von Salfit, aus.
Seit Anfang 2023 machte die IOF 64 Familien zu Obdachlosen, insgesamt 406 Personen, darunter 81 Frauen und 183 Kinder. Das war das Ergebnis der Zerstörung von 67 Häusern durch die IOF; 16 wurden zwangsweise von ihren Eigentümern selbst zerstört und 6 im Rahmen der kollektiven Bestrafung zerstört. Die IOF zerstörte außerdem 64 weitere zivile Objekte, verwüstete weiteres Eigentum und stellte Dutzende von Abriss- und Baustopp-Bescheiden in der Westbank, einschließlich Ostjerusalems, aus.
Siedlerangriffe gegen palästinensische Zivilpersonen und ihr Eigentum:
Israelische Siedler beschlagnahmten ein Haus und griffen Palästinenser und ihre Fahrzeuge bei 4 Anschlägen in der Westbank an. Einzelheiten, wie folgt:
Am 13. April 2023 beschlagnahmten israelische Siedler ein Landwirtschaftshaus in der Nähe eines Lagers der IOF, im Süden des Dorfes von Al-Mazra’a al- Gharbiyia, im Norden von Ramallah. Die Siedler befestigten eine israelische Flagge auf dem Haus, stellten ein Zelt im Hof aus, beharrten im Innern und hinderten dessen Eigentümer am Betreten desselben.
Am 14. April 2023 warfen israelische Siedler Steine auf palästinensische Schafhirten, die sich auf dem Weideland im Osten von Yatta in Hebron befanden und versuchten, diese mit Stöcken zu schlagen. Die IOF kam daraufhin, nahm die Schafhirten fest und befahl ihnen dann, sich zu entfernen.
Am 15. April 2023 warfen israelische Siedler, die sich in der Nähe des östlichen Eingangs zum Dorf Jab’a in Bethlehem versammelt hatten, Steine auf die Palästinenser und ihre Fahrzeuge, zerbrachen die Scheiben eines Fahrzeugs und verletzten dessen Fahrer mit einem Stein am Kopf.
Am 18. April 2023 drangen israelische Siedler in landwirtschaftliche Gebiete im Dorf Al-Khader in Bethlehem ein, griffen zahlreiche Palästinenser an und verletzten einen von ihnen.
Am 19. April 2023 drangen israelische Siedler in palästinensische Gebiete im Dorf Kisan, im Osten von Bethlehem ein, beschädigten sein Eigentum und stahlen 3 Schafe.
Am 22. April 2023 durchstachen israelische Siedler die Reifen eines landwirtschaftlichen Traktors im Dorf Turmus Ayya, im Osten von Ramallah, nachdem sie Nägel auf der Straße, die die Bauern und andere Palästinenser benutzen, befestigten.
Seit Anfang des Jahres führten Siedler mindestens 180 Angriffe gegen palästinensische Zivilpersonen und ihr Eigentum durch. Das Ergebnis war, dass 7 Palästinenser getötet und dutzende weitere verletzt wurden; die meisten von ihnen, nachdem sie geschlagen und mit Steinen beworfen worden waren. Außerdem wurden Dutzende von Häusern, Fahrzeugen und zivilen Einrichtungen in Brand gesetzt.
Verletzungen der Glaubensfreiheit
Am 15. April 2023 intensivierte die IOF ihre Stationierung in der besetzten Altstadt Ostjerusalems und deren Gassen, schloss ihre Tore mit Eisenstangen und machte sie zu einer Militärbaracke. Sie behinderten den Zugang von Tausenden von christlichen Gläubigen zur Grabeskirche in der Altstadt, die an den Feierlichkeiten des Heiligen Samstags teilnehmen wollten, der Ostern vorausgeht.
Des Weiteren unterdrückte die IOF Hunderte der Gläubigen, die an den Feierlichkeiten teilnahmen, stießen und schlugen sie in mehreren Bereichen, nachdem sie versucht hatten, durch die Eisenzäune, die die israelische Polizei an allen Straßen des besetzten Ostjerusalems errichtet hatte, zu gelangen. Um circa 13:00 Uhr, als die Feierlichkeiten der drei orthodoxen Kirchen am Heiligen Samstag in der Grabeskirche begannen, wurden Tausende von Christen daran gehindert, durch diese Absperrungen zu gelangen. Das erzeugte eine Massenpanik, bei der die IOF einige der Protestierenden im Außenhof der Kirche angegriffen hat, darunter auch ausländische Pilger.
Am 24. April 2023 verbot die IOF den Ruf zum Isha-Gebet „adhan“ in der Al-Aqsa Moschee und hinderte den Muezzin „einen Offiziellen, der zum Gebet aufruft“ daran, den Aufruf zu vollenden, unter dem Vorwand von Siedlerfeierlichkeiten an der Westmauer der al-Aqsa Moschee.
Am 25. April 2023 unterdrückte die IOF Dutzende von palästinensischen Gläubigen in der Nähe des Bab al-Rahma (Goldenes Tor) an der al-Aqsa Moschee im besetzten Ostjerusalem, griff sie brutal an, stieß und schlug sie und trieb sie gewaltsam auseinander. Sie verhaftete auch eine türkische Touristin, die unter den Gläubigen war und griff sie brutal an. Es sollte angemerkt werden, dass die IOF seit dem 22. April 2023 ihre Angriffe auf die Bab al-Rahma Moschee fortgesetzt hat, in die sie mit Stiefeln mehrere Male eingedrungen ist. Die IOF verhinderte den Aufruf zum Gebet in der al-Rahma Moschee, beschädigte die Stromnetzwerke, Lautsprecher und Beleuchtungen, entnahm ihr Inventar, vertrieb die Gläubigen und beschlagnahmte ihre Ausweise.
Übergriffe und Verhaftungen palästinensischer Zivilpersonen durch die IOF:
Die IOF führte 294 Übergriffe auf die Westbank aus, einschließlich des besetzten Ostjerusalems. Diese Überfälle beinhalteten Razzien und Durchsuchungen ziviler Häuser und Einrichtungen sowie die Errichtung von Kontrollpunkten. Bei diesen Übergriffen wurden mindestens 158 Palästinenser verhaftet, darunter 10 Kinder und 2 Frauen. Im Gazastreifen verhaftet die IOF am 16. April 2023 vier Fischer und beschlagnahmte ihr Fischerboot, nachdem sie es abgefangen hatte, als es sich innerhalb 8 Seemeilen vor Rafahs Küste befand. Drei der Fischer wurden am nächsten Tag wieder entlassen, während der vierte eine Woche später entlassen wurde. Außerdem führte die IOF am 23. April 2023 einen begrenzten Übergriff auf den Osten von Rafah durch.
Bis heute in 2023 verübte die IOF 3292 Überfälle auf die Westbank, darunter das besetzte Ostjerusalem, aus, bei denen 2011 Palästinenser verhaftet wurden, darunter 25 Frauen und 242 Kinder. Außerdem verhaftete die IOF 27 Palästinenser aus dem Gazastreifen, darunter 10 Fischer und 14, die in Israel eingedrungen waren sowie drei, die den Erez-Übergang passierten. Die IOF verübte 10 Überfälle.
Israelische Absperrung und Einschränkungen der Bewegungsfreiheit sowie kollektive Bestrafungspolitik:
Die israelische Besatzung hält ihre illegale und unmenschliche 16-jährige Blockade des Gazastreifens aufrecht. Einzelheiten sind im monatlichen Update von PCHR über die Gazaübergänge verfügbar: monthly-update.
Die IOF gab eine umfassende Absperrung der Westbank bekannt und schloss alle Übergange nach Gaza vom 24. bis 25. April 2023, unter dem Vorwand des „Unabhängigkeitstages“ in Israel und dem Gedenken an die toten israelischen Soldaten.
In der Westbank, darunter das besetzte Ostjerusalem verhängte die IOF auch weiterhin Einschränkungen der Bewegungsfreiheit. Zusätzlich zu ihren 110 permanten Kontrollpunkten errichtete die IOF 155 temporäre Militärkontrollpunkte in der Westbank, einschließlich des besetzten Ostjerusalems, an denen sie 14 Palästinenser verhaftete.
In der fünften Woche in Folge hat die IOF die Verhängung einer Absperrung des Dorfes, Huwara, im Südosten von Nablus, fortgesetzt, nachdem sie es zur „militärischen Sperrzone“ am 25. März 2023 erklärt hatte und einen Kordon über sie verhängt hatte. Sie sperrte auch die internationalen Straßen mit Sandbermen, errichtete noch mehr Militärkontrollpunkte und stellte Zementblöcke auf die Hauptstraße des Dorfes im Rahmen einer kollektiven Bestrafungspolitik infolge des Angriffs gegen die IOF mit Schusswaffen in dem Dorf.
Diese Woche sperrte die IOF die Militärkontrollpunkte mehrere Male im besetzten Ostjerusalem und Bethlehem und blockierte den Verkehr.
Bis heute in 2023 errichtete die IOF 1958 temporäre Militärkontrollpunkte und verhaftete 88 Palästinenser an diesen Kontrollpunkten. Quelle
(übersetzt von Inga Gelsdorf) |