Presseerklärung -
Eine Jüdin soll im Gasteig nicht über
Israel sprechen dürfen
- „Es
ist höchst beunruhigend für die Informationsfreiheit
in unserem Land, daß der Sprecherin der
Jüdisch-Pälästinensischen Dialoggruppe, der in
Jerusalem geborenen
und aufgewachsenen Judith
Bernstein, das Recht bestritten wird, am 3. Oktober
im Gasteig einen Vortrag über Jerusalem zu halten.“
Das erklärte Elfi Padovan, die Organisatorin der
Veranstaltung und Sprecherin der
Landesarbeitsgemeinschaft Frieden und internationale
Politik der Linkspartei, am Sonntag. Dagegen werde
sie eine Einstweilige Verfügung beantragen. Die
Geschäftsführung
des Gasteig begründete die
fristlose Kündigung des Vertrags u.a. damit, daß es
sich „bei einigen der Mitveranstalter um
Gruppierungen handelt, die der BDS-Kampagne
zumindest nahe stehen oder diese auch unterstützen“.
(BDS steht für die Kampagne Bocott Divestment,
Sanctions. ) Zur Begründung des Gasteig, daß dies
bei Vertragsabschluß nicht bekannt gewesen, erklärte
Elfi Padovan, das Gegenteil lasse sich leicht
belegen. „Offenbar soll hier, noch bevor über einen
gemeinsamen Stadtratsantrag von SPD und CSU zur
Einengung der Versammlungsfreiheit in München
abgestimmt sei, in vorauseilendem Gehorsam ein
Wunsch der Stadtregierung erfüllt werden“, erklärte
sie. Zu den Mitveranstaltern des Vortrags gehören
u.a. Pax Christi, die Münchner Gruppe von „Frauen in
Schwarz“, das Münchner Friedensbündnis die
Landesarbeitsgemeinschafr5t Frieden und
internationale Politik und Salam Shalom
(Arbeitskreis Palästina-Israel e.V.).
Die Landesarbeitsgemeinschaft Frieden und
internationale Politik vermutet, das Vorgehen des
Gasteig könne im Zusammenhang mit einer seit Tagen
in München laufenden Unterschriftenaktion gegen den
Stadtratsantrag von SPD und CSU stehen, der von
einer Reihe prominenter Persönlichkeiten, u.a. der
Kabarettistin Lisa Fitz, dem
Wissenschaftspublizisten Martin Urban und Clemens
Verenkotte, dem früheren ARD-Hörfunkkorrespondenten
in Israel unterstützt wird.
Um den Antrag zu
lesen, auf das Bild klicken (pdf)
Hände weg von der
Meinungsfreiheit in München!
Wir,
Bürgerinnen und Bürger aus München und Umgebung,
möchten frei und demokratisch diskutieren dürfen
- auch über die Besatzungs- und Siedlungspolitik
der israelischen Regierung und ihre Folgen für
die Palästinenser. Die Mehrheitsfraktionen von
SPD und CSU im Stadtrat wollen mit dem Antrag „
Gegen jeden Antisemitismus!" dieses vom
Grundgesetz geschützte Recht in städtischen
Räumen einschränken. Wir protestieren gegen die
Unterstellung, hinter der Kritik an der
israelischen Regierung verberge sich in Wahrheit
eine antisemitische Gesinnung. Wir verurteilen
Rassismus, Nazi-Terror und Antisemitismus. Wir
bejahen das Existenzrecht des Staates Israel.
Wir wehren uns dagegen, mit Juden-Hassern und
Rassisten in einen Topf geworfen zu werden, weil
wir uns auch für das Selbstbestimmungsrecht der
Palästinenser einsetzen.
Alle
internationalen Bemühungen um eine Lösung des
Nahost-Konflikts sind gescheitert. Deshalb ist
vor mehr als zehn Jahren auf Initiative
palästinensischer Friedensgruppen weltweit eine
zivilgesellschaftliche Bewegung entstanden, die
versucht, die israelische Regierung zum
Einlenken zu bewegen. Boykott wird international
von vielen Staaten als gewaltfreies Druckmittel
eingesetzt, wenn es zum Beispiel um Russland,
Iran, oder Kuba geht oder früher um Südafrika.
Wer sich jedoch wie die Münchner
"Jüdisch-Palästinensische Dialoggruppe" im Falle
Israels für einen Boykott bis zum Ende der
Besatzung ausspricht, wird im Stadtratsantrag
als "antisemitisch" diffamiert. Diese
Unterstellung ist haltlos: Gerade diese Gruppe
bemüht sich seit 1985 um ein friedliches und
gleichberechtigtes Miteinander von Israelis und
Palästinensern im Nahen Osten.
Sollte
der von SPD und CSU eingebrachte Antrag
beschlossen werden, dann könnten viele
internationale Referenten, z.B. auch der
israelischen Friedensbewegung, nicht mehr in
städtischen Räumen auftreten. Der Vortrag „50
Jahre israelische Besatzung", den der
israelische Journalist Gideon Levy (Haaretz) im
Mai dieses Jahres im Gasteig hielt, wäre künftig
nicht mehr möglich. Selbst der südafrikanische
Friedensnobelpreisträger Desmond Tutu dürfte
nicht mehr im Gasteig sprechen. Wer mit falschen
Begründungen Auftrittsverbote erläßt, beschädigt
die Demokratie. Demokratie lebt von kontroversen
Diskussionen.
Shimon Stein,
ehemaliger Botschafter Israels in Berlin, hat
kürzlich treffend festgestellt: ,,Wer
Antisemitismus ruft, wo keiner ist, der schadet
dem Kampf gegen den Antisemitismus."
Wir sind in großer
Sorge um die Informationsfreiheit in unserer
Stadt. Deshalb appellieren wir an die
Stadtratsmitglieder von SPD und CSU: Ziehen Sie
Ihren Antrag zurück!
Erstunterzeichnerlnnen:
Dr. Peter Barth,
Politikwissenschaftler - Dr. Reiner Bernstein,
Historiker - Gaby dos Santos, Kulturmanagerin -
Lisa Fitz, Kabarettistin - Josef Hanneschläger,
Schauspieler- Gisela Heidenreich,
Familientherapeutin und Autorin - Almut
Hielscher, Journalistin - Henning Hintze,
Journalist - Uta König, Journalistin und
Filmemacherin - Ecco Meineke, Musiker und
Kabarettist - Brigitte Obermayer, Internationale
Frauenliga für Frieden und Freiheit - Anatol
Regnier, Musiker und Schriftsteller - Clemens
Ronnefeldt, Referent beim Internationalen
Versöhnungsbund - Dr. Peter Scholze, Internist -
Tilman Spengler, Autor - Stefanie Sycholt,
Filmregisseurin und Autorin - Johano Strasser,
Schriftsteller - Clemens Verenkotte, BR-
Redakteur und früherer ARD-Korrespondent in
Israel - Hans Well, Musiker - Dr. Gerd
Tersteegen, Rechtsanwalt - Michael Teutsch,
Filmemacher - Martin Urban,
Wissenschaftspublizist
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