Palestine
Update Nr. 60
–
Neue Narrativen zur politischen
Geschichte
Meinung
-
Ranjan Solomon, Redakteur - Diese Ausgabe der
Palestine Updates bringt Perspektiven von unten
zum palästinensischen Kampf. Palästina
wird seit 70 Jahren von einem
rassistisch-kolonialen Regime tyrannisiert.
Während dieser Zeit war Israel eifrig,
Narrativen über den Israel-Palästina-Konflikt
von einer Warte aus zu schaffen, die jüdische
Menschen gegenüber der arabischen Bevölkerung in
Israel wie auch jener in den besetzten Gebieten
und in der Diaspora bevorzugt. Die Mainstream
Medien, die wie überall kontrolliert sind durch
zionistische Gruppen, berichten Neuigkeiten aus
Israel/Palästina in einer Art, die Araber als
rohe Terroristen vorstellt, die Israelis um
jeden Preis auslöschen wollen. Die öffentliche
Wahrnehmung, besonders im Westen, sieht
Palästinenser in einem negativen Licht.
Die
politischen Umstände, unter denen Israel
geschaffen wurde, hat die Palästinenser massiv
und grausam marginalisiert. Palästinenser sehen
sich einer Unterdrückung gegenüber, die in der
Weltgeschichte keine Parallele hat. Juden würden
argumentieren, dass sie während des Holocaust in
nie dagewesener Weise zum Opfer gemacht wurden.
Vergleiche aber bieten wenige oder überhaupt
keine Lösungen. Nur die Unterdrückten können ihr
Leiden verstehen und beschreiben. Die Besetzung
und der Holocaust sind nur unterschiedliche
Formen von politischer Unterdrückung. Einem
ganzen Volk Menschlichkeit abzusprechen und
Besetzung eines ganzen Volkes unterscheiden sich
nicht. Diejenigen, die eine solche
Interpretation zurückweisen verleugnen die harte
Wahrheit über Besetzung.
Palästinenser haben eine lange und reiche
Geschichte. Unter ihnen befinden sich
Politikanalysten, Historiker, Soziologen,
Anthropologen; sie haben die Palästinenser
befähigt, ständig ihren Glauben zu stärken und
Geduld anlässlich der Unterdrückung zu wahren.
Diese Gruppe der palästinensischen „Intelligentsia“
sucht in vielen Bemühungen, eine allgemeine
gleiche Narrative über ihre Situation zu
kreieren.
Rifat
Kassis, einer der führenden Sozialdenker
Palästinas und prominenter
Menschenrechtsaktivist markiert, dass diese
Einheit oben ebenso essentiell ist wie an der
Basis. „Wir brauchen eine wirkliche Einheit
aller Parteien und nicht nur ein
„Papierübereinkommen“ zwischen Hamas und Fatah.
Wir müssen den zivilen Widerstand stärken,
stärken die BDS-Kampagne international, und
daran arbeiten, die Menschen zu schützen und
ihre Existenz zu erhalten, indem wir sie
unterstützen, standfest zu sein und Widerstand
zu leisten“.
Kassis ist mit dieser Forderung nicht allein.
Viele andere palästinensische Intellektuelle
sind ebenso enttäuscht vom Fehlen einer
konkreten Führerschaft und erkennen die
Notwendigkeit von dringender und profunder
struktureller Veränderung durch politischen
Diskurs. Klar, nichts wird sich verändern, ehe
die vorherrschenden politischen Trennungen
weggeräumt sind. Sie sind das Hindernis für den
Frieden. Aber zusätzlich wird die Veränderung
auch durch Druck von außen kommen und durch
internationale Solidarität. Das wird in Folge
ein neues Lesen der Geschichte nach sich ziehen,
und nicht die jetzt vorherrschenden stereotypen
Ansichten zum Konflikt.
In
der Hoffnung, dass die Artikel in dieser Ausgabe
den LeserInnen neues Verständnis bieten oder
ihre bereits vorhandenen Ansichten und
Informationen stärken. - Ranjan Solomon,
Redakteur
Israel
beichtet das Massaker, das IDF (Israel Defence
Force) zu verbergen sucht.
-
„Ich
sah eine ziemlich große Anzahl von Leichen,“
erinnerte sich das frühere Knesset-Mitglied und
israelischer Regierungsminister Yair Tsaban über
das Massaker, das in dem palästinensischen Dorf
Deir Yassin durchgeführt wurde, gegenüber dem
Direktor Neta Shoshani. „Ich erinnere mich nicht
an die Leiche eines kämpfenden Mannes. Überhaupt
nicht! Ich erinnere mich vor allem an Frauen und
alte Männer… Ein alter Mann und eine Frau, in
der Ecke eines Zimmers hockend, mit dem Gesicht
zur Wand, und beide in den Rücken geschossen,“
erinnert er sich. „Das kann nicht in der Hitze
der Schlacht geschehen sein. In keinster Weise!“
Trotzdem, trotz beträchtlichen Aussagen, die das
Gegenteil beweisen, bestehen Kritiker schmähend,
dass ein derartiger Angriff nie stattgefunden
habe, und dass die Dorfbewohner von Deir Yassin
etliche vor-staatliche Milizen angegriffen
hätten, welche für ein unabhängiges Israel in
sicheren Grenzen gekämpft hätten. Einige der
Überlebenden redeten ungenau von Augenzeugen und
Teilnehmern an den Scheußlichkeiten, die von
Shoshani bei der Suche nach Erinnerungen für die
Dezimierung des Dorfes für eine Dokumentation
mit dem Titel „In Deir Yassin geboren“
festgehalten wurden. (Das Massaker begann am
Morgen des 9. April 1948 als Teil einer
Operation, mit der die Blockade einer Straße
nach Jerusalem zerstört werden sollte, einem
der vielen Ereignisse, die letztendlich zu dem
führten, was Israel „Unabhängigkeitskrieg“
nennt)
Aber,
wie jede Nation, deren gewaltsame Aggression zum
geostrategischen oder politischen Sieg über
weniger vorbereitete Verteidigungskräfte führt,
hat die israelische Regierung die Dokumentation,
die Fotos und Aussagen, und die Darstellungen
von Zeugnissen über das entsetzliche Blutbad von
Deir Yassin weggeräumt. Sieben Jahrzehnte nach
dieser Tat wurden zahlreiche Anfragen von
Shoshani und Haaretz von Israel nicht bewilligt
unter dem Vorwand, die Information würde ohne
Notwendigkeit zu weiteren Kontroversen führen
und möglicherweise die Reputation des Landes
beschädigen. Ein einfacher flüchtiger Blick auf
die Informationen, die Shoshani für die
Dokumentation zusammengetragen hat, beweist
Israels böse Ahnungen mehr als vermutet.
Lesen Sie die ganze Narrative auf Free Thought
Project website
>>>
Archive
strafen Israels Narrative über den
Palästina-Konflikt Lüge
-
Frühe
Mitglieder der zionistischen Bewegung und später
Israelis haben ständig versucht, die Narrative
des Konflikts mit den Palästinensern zu
kontrollieren, auch durch die Wegnahme
photographischer Belege von Palästina und der
palästinensischen Geschichte.
Das
scheint der Schluss zu sein, den zwei Frauen –
eine Israelin und eine Palästinenserin –
erreicht haben, die den größten Teil ihres
Lebens genutzt haben, um Bilder zu erforschen,
die mit dem Konflikt und dessen Gebrauch und
Schicksal in Verbindung stehen. Sie kamen zum
Schluss, dass im Palästinensisch-israelischen
Konflikt ein Bild genauso gefährlich sein kann
wie eine Schrift. Bilder sind mächtig. Wenn
richtig eingesetzt kann ein Bild 1000 Worte
ersetzen.
Rona
Sela, Kuratorin und Lektorin an der Tel Aviv
Universität, erklärte gegenüber „Al Monitor“,
wie sie vor 20 Jahren zum ersten Mal auf diese
Bilder stieß: „Ich habe Mitte der 1990er
Forschungsarbeiten durchgeführt“, fing sie an.
„Mein Schwerpunkt war die Analyse der
zionistischen Photographie in den frühen Stadien
des Staates Israel. Ich forschte über den Weg,
den institutionelle zionistische
Propaganda-Abteilungen von den 1920ern bis 1948
anwendeten, um durch visuelle Bilder eine
nationale Identität zu formen, um das
Bewusstsein der Leute für nationale Themen
aufzubauen. Da die palästinensische Narrative in
der zionistischen fehlte, habe ich angefangen,
in palästinensischen Bildern zu kramen.“
Al Monitor verfügt über den ganzen Artikel. >>>
Dazu mehr >>>
Die
Identität Jerusalems und der laufende
Israel/Palästina Konflikt
-
Restriktionen im Zugang zur Heiligkeit der
Heiligen Stadt Jerusalem bleibt Zündstoff für
das Feuer im palästinensisch-israelischen
Konflikt, schreibt Dr. Ibrahim Natil.
Die
Identität und der besondere Status der Altstadt
von Jerusalem haben schon seit der Besetzung der
Stadt 1967 die innersten Themen des
israelisch-palästinensischen Konflikts
komplizierter gemacht. Die Israelis übernahmen
die Altstadt von König Hashemite von Jordanien
und annektierten sie 1948 als einen Teil der
Westbank, nachdem die jüdisch-israelischen
Streitkräfte die palästinensischen Araber
besiegt hatten; und sie besetzten den Westteil
der Heiligen Stadt. Die israelische Besetzung
hat die demographische und die Struktur des
Erbes der Stadt geändert und wiederholt
unablässig, dass sie gemäß ihrer „biblischen
Doktrin“ die Stadt nach 3000 Jahren Besetzung
aus der „Kontrolle der Fremden“ übernommen habe.
Jerusalem hat wegen seiner Lage und dem Faktum,
dass es die Heilige Stadt ist, eine signifikante
Rolle bei der Bildung der nationalen Identität.
In Ostjerusalem sind die berühmten und
allerheiligsten Stätten und Schreine sowohl der
Muslime wie auch der Christen. Die Palästinenser
werden am freien Zugang zu Jerusalem sowohl von
der Westbank wie auch vom Gazastreifen aus
gehindert. Diese Schreine werden als die
Darstellung der innersten Werte der
palästinensischen nationalen Identität
betrachtet. Die derzeitige Protestwelle bedroht
auch die seit langem existierende Vorstellung
der Israelis, dass „Jerusalem vereint sei unter
israelischer Souveränität und die Juden freien
Zugang haben zur Al-Aqsa Moschee“.
Die
lokalen Bürger sind spirituell und kulturell mit
der Moschee verbunden. Jerusalemiten fragen
jeden Morgen zuerst „Wie geht es der Moschee?“ –
und nicht „Wie geht es deiner Familie, den
Kindern, deinem Geschäft?“
Den ganzen Artikel finden Sie in „Independent
Australia“.>>>
Israelische
Beschädigung historischer Dokumente in der
Al-Aqsa-Moschee
- Israelische Sicherheitskräfte haben enorme
Schäden an historischen Dokumenten in der Al
Aqsa Moschee während der zweiwöchigen Krise über
den heiligen Ort der Muslime verursacht. Der
Chef der Manuskript-Abteilung in der Al Aqsa
Moschee hat sich beklagt, dass „die
Besetzungsbehörde enorme und extensive
Zerstörungen an den Bibliotheken und
Arbeitsgeräten der Al Aqsa und der Abteilung für
Manuskripte verursacht hat. Spezialisierte
Komitees sind dabei, die Schäden festzustellen
und zu registrieren und werden den offiziellen
Körperschaften alle Ergebnisse überreichen,
sobald sie fertig sind. Man ist sehr besorgt
über den Diebstahl wichtiger Dokumente aus
Al-Aqsa Abteilungen betreffend Eigentum und
muslimische Stiftungen in Jerusalem wegen des
Mangels an Waqf-Beamten in der Al Aqsa Moschee.
Mehr Details in Palestine News Network -
englisch >>>
Rabbies
for Human Rights (Rabbiner für Menschenrechte)
gegen jüdische Zeichen im palästinensischen
Hebron
-
„Die
Siedler versuchen, ihre Zeichen anzubringen, um
die Identität von Hebron zu verändern, die
palästinensische Geschichte auszuradieren und
vorzugeben, dass es uns überhaupt nicht gibt“,
sagt Issa Amro, Bewohner von Hebron.
Die
Rabbies for Human Rights haben eine Petition
beim Höchstgericht vorgelegt, um gegen die
israelischen Kennzeichen in Hebron vorzugehen;
sie warnen davor, dass die palästinensische
Geschichte in der Stadt in der Westbank dadurch
verwischt und nicht mehr erkennbar gemacht wird.
Die
(jüdischen) Zeichen in Hebräisch und Englisch
führen Fußgänger zu den jüdischen Gebieten der
Stadt, die sich in den kleinen Sektoren unter
israelischer Militärkontrolle befinden. Die
Projekte „Kennzeichnung der jüdischen Gemeinde
in Hebron“ sind die neuesten in einem
israelisch-palästinensischen Kulturkrieg über
die Identität der Stadt, in der bis zu 200.000
Palästinenser wohnen, aber deren jüdische
Geschichte auf biblische Zeiten zurückzuführen
ist. Die jüdische Gemeinde in Hebron hat auch
Mauerbemalungen auf einige der Steinwälle auf
der Straße gemalt, um damit die jüdische
Geschichte der Stadt herauszuheben. Eine solche
Mauerbemalung (mural) zeigt Juden in
altertümlichen religiösen Kaftans, die auf der
Straße spazierengehen.
In
ihrer Petition gegen die Zeichen, die vom
Komitee für die Erneuerung von Hebrons jüdischer
Gemeinde errichtet worden waren, wird von den
Rabbies for Human Rights festgehalten: „In einer
systematischen, vorsätzlichen Weise reißt das ‚Committee
of the Renewal of the Jewish Community of
Hebron‘ die palästinensische kulturelle
Identität in der Shuhada Street in Hebron
herunter und ersetzt sie durch eine Narrative,
die für die Stellung ihrer Mitglieder steht.
Quelle
Buchbesprechung:
Trefft
den Hüter der Vergangenheit Palästinas
denn
die Wahrheit kann nicht für immer begraben
bleiben.
-
„Nazareth, die überlieferte biblische Stadt,
voll von den Geistern der Vergangenheit der
Christenheit – oder so ähnlich lautet die
Narrative. Ahmad Mrowat, der 6 ½ Fuß große Turm
mit freundlichem Aussehen, möchte euch eine
andere Seite von der arabischen Hauptstadt (und
darüber) zeigen. Mit alten Photographien,
Dokumenten und Artifakten, die er als Sammler
aufstöbert, malt der 37jährige Archivspezialist
langsam ein Bild davon, was zwischen biblischen
Zeiten und dem Nakba-Tag geschehen ist – Nakba
ist die Bezeichnung für den Exodus von 1948, als
nach Angabe einer Mauerbemalung (Mural) an der
Stadtgrenze „mehr als 750.000 Palästinenser
gezwungen wurden, ihr Heim und ihr Land zu
verlassen – durch die zionistischen
Streitkräfte“.
„Die
Geschichten von denen, die auf diesem Fleckchen
verbauter Erde lebten und wie sie vor der Nakba
(Arabisch für Katastrophe) lebten, versinkt in
Dunkelheit. Das ist weitgehend so, weil die
Israelis viel aus den palästinensischen Archiven
weggenommen haben, was nach Dr. Rona Seli, der
Kuratorin und Forscherin an der Universität von
Tel Aviv an Dokumenten über die Geschichte
vorhanden war und sie veranlasste zur
Herstellung eines neuen Films mit dem Namen
„Geplündert und verborgen: Palästinensische
Archive in Israel“. (IDF
antwortete auf eine Anfrage per Email um einen
Kommentar nicht). Mrowat hat sein ganzes
erwachsenes Leben der Vervollständigung und
Korrektur dieser Angaben gewidmet – sicher für
die rund 12 Millionen Palästinenser, die
weltweit leben, aber großteils doch für die
Nachkommen.
Um
die Bedeutung seiner Arbeit zu verstehen,
betrachten Sie dieses: Im Juni hat der
israelische Schriftsteller Assaf Voll eine
„Geschichte des palästinensischen Volkes“
veröffentlicht: „von der Antike zur Moderne“;
diese wurde als kostenloser Download zur
Verfügung gestellt und kam auf die virtuellen
Bücherborde. Die Tatsache, dass sie sich einen
Platz auf der Bestsellerliste von Amazon
sicherte, ist umso überraschender, wenn sie
betrachten, dass jede der 120 Seiten leer war.
Das Buch führte zum Aufruhr und wurde inzwischen
von der Seite gestoßen. Ein Artikel in Haaretz,
einer israelischen Zeitung, sagte, sein „Autor“
habe der lokalen Radiostation Kol Hai gegenüber
erklärt: „Das palästinensische Volk glaubt, es
sei ein Volk, und jemand muss ihm die Wahrheit
sagen, auch wenn das wehtut.“
Lesen
Sie die detaillierte Version in Ozy.com >>>
Buchbeschreibung
-
Briefe aus Palästina -
Palästinenser berichten von ihrem Leben, ihrem
Land und der Macht der Gewaltlosigkeit
-
Viele
Bücher behandeln den Israel/Palästina-Konflikt
aus der israelischen Perspektive. Wenige jedoch
reflektieren den palästinensischen Standpunkt.
„Briefe aus Palästina“ bieten einer
amerikanischen Hörerschaft die seltene
Gelegenheit, aktuellen Menschen aus Palästina
zuzuhören, wenn sie beschreiben, was leben in
den besetzten Gebieten der Westbank oder in Gaza
heißt, oder als PalästinenserIn in den USA
aufzuwachsen. Ihre Berichte sind lebendig,
treffend, brennend und tragisch, oft aber auch
eingefasst in surrealistischen Humor. Wenn sie
die Palästinenser in ihrer ganzen Menschlichkeit
betrachten, können die amerikanischen LeserInnen
über die üblichen Stereotypen hinaussehen.
Als
Paperback im Handel (US$ 2.77) und mit
Free App zu lesen
Übers.: Gerhilde Merz |