Kaltblütige
Tötungen stellen die israelische
Militärkultur vor Gericht
-
Jonathan Cook -
Es hätte
ein Augenblick sein können, der die
Israelis zur Besinnung gebracht
hätte. Stattdessen hat das Video
eines israelischen Soldaten, der
einen jungen Palästinenser, der
verwundet auf dem Boden liegt und
sich kaum rühren kann, erschossen
hat, den Stammeskriegstanz der
israelischen Öffentlichkeit
intensiviert.
Letzte Woche, als der
Soldat zu einer Untersuchung vor ein
Militärgericht gebracht wurde,
protestierten hunderte Unterstützer
vor dem Gebäude. Er erfreut sich
außerdem der verbalen Unterstützung
von einem halben Dutzend von
Kabinettsministern, ehemaligen
Generälen der Armee, Rabbinern und –
nach den Umfragewerten – einer
bedeutenden Mehrheit der
israelischen jüdischen
Öffentlichkeit.
Es lohnt sich, über
diesen Akt großzügiger Solidarität
nachzudenken. Man kann schwer über
die Fakten streiten. Am 24.März
wurden zwei Palästinenser – Abdel
Fattah al-Sharif und Ramzi Qasrawi,
beide 21 Jahre alt – bei einem
Angriff auf Soldaten an einem
Checkpoint in der besetzten Stadt
Hebron erschossen. Zehn Minuten
später kam der 19-j. Soldat am
Verhörzentrum an. Qasrawi war tot
und al-Sahrif lag verwundet auf der
Strasse. Andere Soldaten wimmelten
in ihrer Nähe herum.
An dieser Stelle
näherte sich der Soldat – dessen
Namen auf Grund eines
Maulkorberlasses nicht genannt
werden darf – al-Sharif, zielte mit
seiner Waffe auf den Kopf des jungen
Mannes und drückte ab. All das wurde
auf dem Video erfasst, ebenso die
Blutspur, die Sekunden später vom
Kopf von al-Sharif läuft. Das war
keine Tötung im Kriegsnebel; es war
eine kaltblütige Exekution. Wie
Amnesty International anmerkt,
stellt ein solcher Akt ein
Kriegsverbrechen dar.
Dennoch ist für die
meisten Israelis der Soldat das
Opfer der Story. Etwa 57% sind gegen
eine Untersuchung, geschweige denn
gegen eine Untersuchung oder Haft.
Etwa 66% beschreiben sein Verhalten
mit positiven Ausdrücken. Nur 20%
denken, Kritik wäre gerechtfertigt.
Nur 5% meinen, die Tötung sollte als
"Mord" beurteilt (verurteilt)
werden. Sollte das Video und seine
Nachwirkungen einem Ziel dienen,
dann um ein Fenster auf das faule
israelische Staatswesen zu öffnen.
Die unbestreitbare
Evidenz der Exekution von al-Sharif
fordert die israelischen Juden
heraus, die an ihrem (Selbst)Betrug
festhalten, unter ihnen selbst und
für die Aussenstehenden, ob die
Institutionen ihres Stammes und
ethnischen Staates sich der
Einhaltung der universellen Werte
und der Menschenrechte in
irgendeiner Weise verpflichtet
fühlen. Jahrzente lang hat Israel
posaunt, seine Armee sei einzigartig
"moralisch". Diese Behauptung war
immer lachhaft. Aber in Zeiten der
Smartphone-Kameras wird es
schwieriger, die Beweise für die
systematischen Verbrechen einer
kriegerischen Besatzungsmacht zu
verbergen.
Die letzten seche
Monate haben eine Welle von
verzweifelten Anschlägen von
Palästinensern für eine Beendigung
der Besatzung gesehen – meist
improvisiert, mit Messern und Autos.
Etwa 190 Palästinenser sind in
diesem Zeitraum getötet worden.
Eine Anzahl dieser
Vorfälle wurde gefilmt. In einem
schockierenden Ausmaß wurden
Palästinenser – einschließlich
Kinder -erschossen, auch wenn sie
für die israelischen Soldaten oder
Zivilisten keine Gefahr darstellten.
In der militärischen Ausdrucksweise
heißt das "die Tötung bestätigen".
Das jüngste Video ist so markant,
nicht nur weil der Beweis (für die
Tötung) so unbestreitbar ist,
sondern auch weil es die breite
israelische Militär-Kultur bloß
stellt.
Als der Soldat
geschossen hatte, waren seine
Kameraden nicht im geringsten
überrascht, dass ihr Gefangener
gerade exekutiert worden war. Das
sieht sehr verdächtig nach einem
Vorfall aus, der viele Male zuvor
durchgespielt worden ist:
Standardanweisung für den
Verfahrensablauf. Im letzten
Dezember hat sich die schwedische
Außenministerin Margot Wallstrom
über die schießwütige Einstellung
der israelischen Armee geäußert. Sie
wurde vom israelischen
Premierminister Benjamin Netanyahu
in der Luft zerrissen und darf nicht
mehr nach Israel einreisen.
Letzte Woche wurde
ein Brief von 10 US-Senatoren – vor
dem Mord in Hebron geschrieben –
publik gemacht, er ist ein Echo auf
die Bedenken von Frau Wallstrom.
Herr Natanyahu war wieder empört und
sagte, seine Soldaten seien keine
"Mörder".
Frau Wallstrom war
darüber beunruhigt, dass israelische
Offiziere, wenn sie eine
Untersuchung oder Verurteilung von
eindeutigen standrechtlichen
Hinrichtungen ablehnen, ihren
Soldaten und der breiten
israelischen Öffentlichkeit die
Botschaft vermitteln, dass sie
solche Taten dulden.
Quelle -
bersetzung: K.
Nebauer
Israeli
soldier released to 'open detention'
- Soldier
who killed Palestinian free to roam
military base as court decides
whether to charge him with
manslaughter. - An Israeli soldier
who shot dead a wounded Palestinian
as he lay on the ground was released
to "open detention" at a military
base on Friday while judges decide
whether to charge him with
manslaughter. The soldier had been
incarcerated since last week when he
was caught on video calmly walking
up to the incapacitated Palestinian
man - Abed al-Fattah Yusri al-Sharif
- and shooting him in the head at
point-blank range.
The United Nations said this week
that video of the incident showed
all the signs of an extrajudicial
killing. The Israeli soldier, who
has not been identified for legal
reasons, will have his next hearing
on Tuesday. He has been ordered not
to leave the military base and is
not permitted to carry weapons.
Fattah, 21, and another Palestinian
man - who was earlier shot and
killed - were accused of stabbing an
Israeli soldier in Hebron. After the
initial shooting of the attackers,
the soldier told the military court
that Fattah tried to reach for a
knife while on his back, and he
believed the wounded man had an
explosives belt that he was trying
to detonate. >>>
Cold-blooded killing puts Israeli
military culture on trial
- Jonathan Cook
- It might have been a moment that
jolted Israelis to their senses.
Instead the video of an Israeli
soldier shooting dead a young
Palestinian man as he lay wounded
and barely able to move has only
intensified the tribal war dance of
the Israeli public.
Last week, as the soldier was
brought before a military court for
investigation, hundreds of
supporters protested outside. He
enjoys vocal support too from half a
dozen cabinet ministers, former army
generals, rabbis and – according to
opinion polls – a significant
majority of the Israeli Jewish
public. It is worth reflecting on
this generous act of solidarity.
It is hard to dispute the main
facts. On March 24 two Palestinians
– Abdel Fattah Al Sharif and Ramzi
Qasrawi, both aged 21 – were shot
during an attack on soldiers manning
a checkpoint in the occupied city of
Hebron in the West Bank. Ten minutes
later, the 19-year-old soldier at
the centre of the investigation
arrived. Qasrawi was dead and Al
Sharif was lying in the road
wounded. Other soldiers milled
around, close by.
At that point, the soldier – who
cannot be named because of a gag
order – approached Al Sharif, aimed
his gun at the young man’s head and
pulled the trigger. All of
this was captured on video, as was a
trail of blood that leaked from Al
Sharif’s head seconds later. This
was not a killing in the fog of war;
it was a cold-blooded execution. As
Amnesty International noted, such an
act constitutes a war crime. >>>
|